Achtung! Diese Archiv-Seiten dienen nur noch dokumentarischen Zwecken!

Sehr viele Links sind nicht mehr aktiv. Aktuelles finden Sie evtl. auf der khd-Page oder im khd-research.net.




Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 15 khd
Stand:  15.9.2008   (38. Ed.)  –  File: Spiegel/15.html




Dokumentiert sind hier in Auszügen oder als Links zum SPIEGEL-Archiv einige ausgewählte und in einer Zusammenstellung besonders interessante Artikel aus dem SPIEGEL. Dieses Copyright- geschützte Material wurde hier wegen der permanenten Link-Möglichkeit (HTML-Anker) dokumentiert. Bitte beachten Sie das Copyright, das beim Spiegel-Verlag (Hamburg) liegt. Tippfehler gehen zu meinen Lasten.

Hinweis: Der Zugang zum SPIEGEL-Archiv ist im Mai 1997 kostenpflichtig geworden. Deshalb besteht nun meist keine Möglichkeit mehr, direkte Links zu älteren Artikeln anzugeben. Schade! Beachten Sie auch, daß hier angegebene (ältere) Archiv-Links nun nicht mehr funktionieren. Und der Relaunch zum 1. April 1999 hat alles nur noch mehr durcheinandergebracht.

  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (16. Teil).
  • 25.09.1999: Stromhandel: Müller greift ein.
  • 20.09.1999: Strom: Spiel ohne Regeln.
  • 17.09.1999: Eieruhr statt "always online".
  • 14.09.1999: Müller will Strom-Wettbewerb wieder zügeln.
  • 06.09.1999: Online-Dienste: „Operation Jump“. (AOL contra T-Online)
  • 04.09.1999: Deutsche Bank kauft weiter Kabelnetze.
  • 03.09.1999: Kabelnetz – Endlich b(e)reit.
  • 30.08.1999: Von der Kombination von Fernsehen und Internet. (Web-Box)
  • 30.08.1999: AOL-Europachef Schmidt über den Preiskampf mit T-Online.
  • 21.08.1999: Kartellamt-Chef Wolf lehnt Regulierungsbehörde für den Strommarkt ab.
  • 21.08.1999: Flop mit Ökostrom.
  • 14.08.1999: Eichels Sparpaket erhöht die Arbeitslosigkeit.
  • 14.08.1999: Deutsche Bank bietet der Telekom Kompromisslösung an.
  • 09.08.1999: Internet-Werbung: „Wir organisieren den Traffic“.
  • 06.08.1999: Deadheads, Netheads, Ringheads, Bellheads.
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (14. Teil).



    Deadheads, Netheads, Ringheads, Bellheads

    Im Streit um die Zukunft der Kommunikationsnetze treffen zwei Philosophien aufeinander. Es geht ums Prinzip. Und – wie sollte es anders sein – ums Geld.

    Aus:
    Spiegel Online – 6. August 1999, 10.54 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

       
      Diesen Artikel
    gibt es auch in
      In PDF
    Eigentlich ist das Rennen längst entschieden. Gleichgültig, wieviel ihrer täglichen Zeit die Menschen am Telefon zubringen, das Wachstum des Sprachverkehrs stößt irgendwann an natürliche Grenzen. Mehr als 64 Kilobit pro Sekunde sind für das Standardtelefonat einfach nicht nötig. Anders beim allgemeinen Datenverkehr. Die Internetdienste erweisen sich als außerordentlich bandbreitenhungrig, und jede neue multimediale Erfindung läßt den Datenfluß weiter anschwellen. So ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann das globale Datenaufkommen die Telefonie endgültig in den Schatten stellt. Prognosen gehen davon aus, dass die Sprachübertragung in den USA schon in fünf Jahren unter 10 Prozent des gesamten Netzverkehr sinken könnte.

    Für die Telefonnetze könnte der Siegeszug des Datenverkehrs auf längere Sicht tödliche Konsequenzen haben. Aus Sicht ihrer Betreiber ist es nämlich nicht länger ökonomisch, Netzarchitekturen zu installieren, die auf die Übertragung von Sprache spezialisiert sind und Daten lediglich als Sonderfall behandeln. Gefragt sind stattdessen Kommunikationsnetze, die alle Dienste unterstützen und das Telefonieren damit faktisch zu einer Anwendung unter anderen degradieren.

    Technisch betrachtet steht also eine Hochzeit zwischen Sprach- und Datenverkehr ins Haus. Aus bislang grundverschiedenen Netzarchitekturen soll eine werden [Ed: t-off kommentierte bereits im April 1997]. Die große Frage ist nun, unter welchen Bedingungen die alten Rivalen die Ehe eingehen. Die Vorstellungen hierzu liegen weit auseinander, was kaum überrascht, denn es steht einiges auf dem Spiel.

    „Netheads versus Bellheads“

    Worum es dabei geht, erläutert eine Art technischer Kampfschrift namens "Netheads versus Bellheads", erstellt im Auftrag des kanadischen Wirtschaftsministeriums. Bereits der Titel kündet von einer Jahrzehnte alten Frontstellung in der Gemeinde der Netztechniker. Als Netheads bezeichnen sich die Freunde des Internet, bei den Bellheads handelt es sich um die Mitglieder des Telefonlagers. Ihr Dauerzwist dreht sich um nichts Geringeres als die Kontrolle über die Kommunikationsarchitektur der Zukunft. Wer und vor allem was wird die Technik des Universalnetzes bestimmen? Setzt sich das Internet, das zumindest prinzipiell alle neuen Dienste unterstützt, als universale Plattform durch, oder kommt es zu einer Konvergenz der verschiedenen Netze? Was sich bis vor wenigen Jahren als fundamentalistischer Spezialstreit ausnahm, gewinnt angesichts der bevorstehenden Umbrüche in der Telekommunikationsindustrie nun auch ökonomisch eine größere Relevanz.

    Der wichtigste Unterschied zwischen den Designphilosophien von Telefonnetz und Internet, so die Autoren Denton, Ménard und Isenberg, liegt in ihrem Intelligenzgrad. Die Netheads glauben an das dumme Netz, das nichts kann, als Daten von ihrer Quelle zum Ziel zu transportieren. Die Steuerung dieses Vorgangs delegiert das Internet an seine Endpunkte, das heißt an die Anwender bzw. Anwendungen. Die Bellheads sehen das Heil der Netzarchitektur dagegen in der umgekehrten Variante. Die Intelligenz des Telefonnetzes besteht darin, dass es die Kontrolle über den Datenfluß in der Vermittlungsapparatur untergebracht hat. Die unausweichliche Folge davon ist allerdings, dass die Endgeräte und ihre Nutzer die Dummen sind. Denn was sich mit einem Telefon oder Modem tun läßt, entscheidet die intelligente Vermittlungstechnik – und die sieht bislang die Sprachübermittlung als einzige Anwendung vor.

    Tatsächlich kann das Telefonnetz gar nicht anders, als jedwede Verbindung wie ein Telefonat zu behandeln. Das aber heißt: Es weist ihr einen eigens reservierten Kanal zu, auch wenn Datentransfers bequem ohne solcherlei Luxus auskommen. Über den Gebrauch dieses Kanals aber regiert erbarmungslos der Gebührenzähler. Eben darin liegt die Tücke des intelligenten Netzes. Einerseits beschert es uns eine hohe Verbindungssicherheit beim Sprachverkehr, andererseits ist es verantwortlich dafür, dass die Ökonomie des Telefonierens bis heute auch die private Nutzung der Datennetze bestimmt: einloggen, downloaden und möglichst schnell wieder ausloggen.

    Nach dem Willen der Bellheads soll das noch möglichst lange so bleiben. Denn das intelligente Netz garantiert nicht nur jedem seinen privaten Kanal, auch als Einnahmequelle ist es absolut verlässlich. "Für die Telefongesellschaften ist es daher essentiell", so erläutert Grant Lenahan, geschäftsführender Direktor für neue Netzgenerationen bei Bellcore/Telcordia, "Migrationsstrategien zu planen, die die Investitionen in das vorhandene Telefonnetz schützen und es, so weit dies praktikabel ist, weiternutzen." Um das Telefonnetz mitsamt seinem zeit- und erntfernungsabhängigen Tarifsystem möglichst unbeschadet in die künftige Kommunikationsinfrastruktur hinüberzuretten, arbeiten die Bellheads an Konvergenzlösungen zwischen Daten- und herkömmlicher Sprachübertragung. Für dieses Modell der Eheschließung sind die Netheads freilich nicht zu gewinnen.

    Die Architektur der Telefonwelt, so die Autoren von "Netheads versus Bellheads", entstammt einer Zeit, in der die Leitungskapazität eine knappe Ressource und jeder Verbindungsaufbau eine kostspielige Angelegenheit waren. Das intelligente Netz schreibt diese Mangelwirtschaft fort, obwohl ihre Voraussetzungen längst entfallen sind. Die globale Bandbreitenkapazität etwa verdoppelt sich derzeit ca. alle 6 Monate. Gleichzeitig sinken die Kosten für neue Glasfasernetze drastisch, und schließlich lassen sich selbst dem guten alten Kupferkabel immer höhere Übertragungsleistungen abgewinnen.

    Internet – das „dumme“ Netz

    Rein bandbreitentechnisch betrachtet müsste das Paradies eigentlich kurz bevorstehen, und es fehlt nur an der Infrastruktur, die der darbenden Informationsgesellschaft den Weg dorthin ebnet. Nach Überzeugung der Netheads bringt das Internet alle Voraussetzungen dafür mit.

    Als großer Pluspunkt des dummen Netzes gilt, dass es keine Leitungen reserviert. Stattdessen teilt es die verfügbare Bandbreite unter allen Datenflüssen auf. In kleine Pakete zerlegt, wandern sie alle gemeinsam ihren Zielen entgegen. Entsprechend kennt das Internet auch keine Gebührenzähler, die die Entfernungen und Reisezeiten der solchermaßen fragmentierten Datenfracht messen. (Die installieren allenfalls die Provider, die sich nicht zu Pauschaltarifen durchringen können.)

    Das Internet unterläuft also das Reservierungssystem der Telefonwelt. Charmanterweise hebelt es damit zugleich seine Nutzungsökonomie aus. Denn der Rechner, der nur im Falle realen Datentransfers Netzkapazitäten in Anspruch nimmt, kann im Prinzip dauerhaft online sein, ohne deshalb höhere Verbindungskosten zu verursachen. Das dumme Netz stellt uns folglich ein Dasein jenseits des ewigen Ein- und Ausloggens in Aussicht. Die Standleitung für alle scheint unter solchen Bedingungen geradezu erschwinglich – egal, ob das Bandbreitenparadies jemals Wirklichkeit wird oder nicht.

    Den größten Vorzug des dummen Netzes aber sehen die Netheads in seiner Nutzungsoffenheit. Nicht dessen Verbindungstechnik entscheidet darüber, welche Dienste im Internet realisierbar sind, sondern, wenn man so will, die Intelligenz seiner Nutzer [Ed: genauer, die der (Internet-) Anwendungs- Software]. Auch wenn nur mehr eine Minderheit der Digerati davon Gebrauch macht, steht es doch jedem frei, sich an der Entwicklung der nächsten "killer application" zu versuchen.

    Die Kontrolle über den Datenfluss berührt einen Kernpunkt in der Auseinandersetzung zwischen Netheads und Bellheads. Im Telefonlager ist man fest davon überzeugt, dass auch künftige Kommunikationsnetze auf eine intelligente Steuerung des Datenverkehrs nicht verzichten können, vor allem um zeitkritische Anwendungen wie die Sprach- und Videoübertragung vor Datenstaus zu schützen. "Der Markt verlangt danach", so Lenahan von Bellcore/Telcordia, "und die Bereitschaft der Kunden, einen Aufschlag für Qualität und Sicherheit zu zahlen, hat sich auch schon erwiesen." Die Netheads lässt das kalt. Sie setzen auf eine offene Netzarchitektur, die die Wahl der Dienste und ihrer Transportqualität dem Nutzer überläßt. Alles weitere wird der bevorstehende Bandbreitenüberfluß schon richten.

    Letzte Meile

    Als nächsten Schauplatz im Ringkampf um die wahre Netzarchitektur haben die Netheads die berühmte letzte Meile, die den Telefonanschluß mit dem Ortsnetz verbindet, auserkoren. Die Autoren Denton, Ménard und Isenberg appellieren an die Regierungen, eine radikale Entbündelung des Telefonnetzes durchzusetzen. Zwar gibt es im Unterschied zu Deutschland bereits in vielen Ländern auch im Bereich der Ortsnetze Konkurrenz, die beschränkt sich aber bloß auf den Preis. Die Leistung an sich ist die gleiche geblieben, weil das intelligente Netz sie ja qualitätshalber schon vorab definiert hat. Internetprovider und "Netzpartisanen" sollten daher die Reihen schließen und zum Sturm auf das Leitungsmonopol der Telefonwelt ansetzen, empfahl dieser Tage ein Nethead namens Chris Savage seinen Mitstreitern auf der Mailingliste "Cybertelecom".

    Die radikale Entbündelung, wie sie den Netheads vorschwebt, soll den Internet- und Telekommunikationsanbietern Zugang zum nackten Kabel, mehr noch: zum Frequenzspektrum des Ortsnetzes verschaffen. Denn erst wenn sich der Wettbewerb bis ins Innerste der Leitungen vorgearbeitet hat, haben auch dümmere Netze eine Chance, in die privaten Haushalte vorzudringen. Das Resultat wäre eine größere Vielfalt im Bereich der letzten Meile, und die Nutzer hätten die Qual der Wahl zwischen unterschiedlichen Netzphilosophien, Verbindungstechniken und Dienstqualitäten, die über verschiedene Frequenzen der gleichen Leitung angeliefert werden – falls es denn wirklich eine Qual wäre. Natürlich rechnen sich die Netheads unter solchen Umständen einen Ehevertrag zwischen Sprach- und Datenverkehr zugunsten des Internets aus. Ob die Regierungen und Regulierungsbehörden der Welt die Netheads erhören werden?   [In Deutschland bislang jedenfalls nicht] [The Rise of the Stupid Network]



    Werbung: „Wir organisieren den Traffic“

    Brendan Ryan, 56, Chef der Werbeagentur Foote, Cone & Belding World-wide, über Werbung im Internet.

    Aus:
    Der Spiegel – 32/1999, 9. August 1999, Seite 72 (Trends).

    SPIEGEL: Wie wichtig ist das Internet für die Zukunft der Werbung?

    Ryan: Ich glaube, die Auswirkungen werden enorm sein – nicht nur für die Werbung. Wir bekommen übers Netz endlich komplexe Informationen über die Konsumenten. Dadurch können wir viel besser verstehen, wer der Kunde ist. In Zukunft können Sie mit objektiven Daten sagen, auf welchem Weg eine Zielgruppe am effizientesten zu erreichen ist.

    SPIEGEL: Was unterscheidet Werbung im Internet von TV- und Printkampagnen?

    Ryan: Das Web ist für mich nicht in erster Linie ein Werbeinstrument. Nehmen Sie unseren Kunden Amazon. Wir wollen Ihnen nichts verkaufen, sondern Sie nur dazu bringen, die Amazon- Homepage zu besuchen. Dort liegt es dann an Ihnen, ob Sie Bücher kaufen. Das heißt, wir organisieren den Traffic, den Verkehr in den virtuellen Shop.

    SPIEGEL: Macht es Sinn, auch für normale Produkte wie Bier oder Waschpulver im Internet zu werben?

    Ryan: Ich kenne kein sinnvolles Beispiel. Einer meiner Kunden wollte eine eigene Website für ein Fertiggericht. Ich habe ihn gefragt: Wer hat die Zeit, eine solche Seite zu besuchen, und was sollen wir den Kunden dort erzählen? Es gibt Websites für Produkte, da kann man sich nur wundern. Das kommt daher, dass Sie wie ein Dinosaurier wirken, wenn Sie auf eine Cocktail-Party gehen und keine eigene Website vorweisen können.

    9.8.1999 (t-off). Zur Bedeutung der Banner-Werbung im Vergleich zur TV-Werbung im US-Markt meldete "Finance – Internet Daily" am 17. Februar 1999 unter dem Titel "Net ads as effective as TV's":

    A research study indicating that online banner advertisements are as effective as television advertisements in increasing consumer awareness of brands was released today by ad industry research firm Ipsos-ASI. The data show that 40 percent of the respondents who view a static online banner ad will remember it, as compared to 41 percent of those who view a 30 second television commercial. Hailing the research, America Online (AOL) senior vice president for interactive marketing Myer Berlow said, "No other medium allows advertisers the opportunity to immediately capture the attention of active and engaged consumers; to provide them with more information about their product or service; and to complete transactions." The online service co-sponsored the research. Ipsos-ASI researchers have tested more than 45 banner ads on approximately 7,000 randomly recruited consumers in various content and chat areas of the AOL service and AOL.COM, the companies explained.



    Deutsche Bank bietet der Telekom Kompromisslösung an

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 14. August 1999, 11.21 Uhr zum Artikel "Deutsche Bank bietet Kompromisslösung" im SPIEGEL – 33/1999, 16. August 1999, Seite 77 (Trends).

    HAMBURG. Die Deutsche Bank ist zu starken Zugeständnissen an die Deutsche Telekom bereit, um beim Verkauf des Kabelnetzes zum Zug zu kommen. Nach Informationen des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL will Axel Pfeil, Chef ihrer Beteiligungsgesellschaft DB Investor, Telekom-Chef Ron Sommer ein Zustimmungsrecht bei einem späteren Verkauf an andere Interessenten einräumen. "Man kann in den Geschäftsplänen auch einen späteren Börsengang vereinbaren", sagt Pfeil, der höchstens fünf Jahre im Kabelgeschäft bleiben will.

    Ohne die Telekom, die mit jeweils 25,1 Prozent an den neun regionalen Kabelgesellschaften beteiligt bleibt, laufe sowieso nichts. Bis zu zehn Milliarden Mark müssen nach Pfeils Ansicht in den Netzausbau investiert werden, um auch Internet und Telefon über das TV-Kabel zu ermöglichen.

    In jeder der neun Regionen will die DB Investor mit regionalen Partnern für das Netz bieten. An dem Konsortium für Norddeutschland ist die Vereins- und Westbank mit fünf Prozent beteiligt, nun ist auch noch die HypoVereinsbank mit 20 Prozent dabei. In Nordrhein-Westfalen sollen Netcologne und die WestLB zu den Partnern gehören. Ministerpräsidenten wie Reinhard Klimmt (Saarland) und Erwin Teufel (Baden-Württemberg) kümmern sich darum, dass regionale Partner berücksichtigt werden. Doch es wird erwartet, dass auch Unternehmen wie Mannesmann, Bertelsmann oder die Amsterdamer Kabelfirma UPC bis zum Ende der Bieterfrist am 20. August Angebote für das Kabelgeschäft abgeben werden. [mehr]



    Eichels Sparpaket erhöht die Arbeitslosigkeit

    SPIEGEL-Gespräch mit US-Ökonom Paul Krugman

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 14. August 1999, 11.23 Uhr zum Artikel "Wir brauchen Helden" im SPIEGEL – 33/1999, 16. August 1999, Seite 86–91 (Wirtschaft).

    HAMBURG. Das Sparpaket der Bundesregierung wird nach Ansicht des amerikanischen Ökonomen Paul Krugman die Arbeitslosigkeit in Deutschland weiter erhöhen. "Natürlich ist es richtig, langfristig den Haushalt zu sanieren. Kurzfristig wird Eichels Konsolidierungspolitik die Arbeitslosigkeit aber nicht beseitigen, sondern erhöhen", sagte Krugman in einem Gespräch mit dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL, "durch das Sparpaket fallen 30 Milliarden Mark an volkswirtschaftlicher Nachfrage weg. Wer soll die ersetzen?" [Ed: hm, vielleicht eine visionäre und wirklich wegweisende Internet-Politik statt des bisherigen Mittelmaßes].

    Krugman zählt zu den einflussreichsten Ökonomen der Gegenwart; er lehrt und forscht am Massachusetts Institute of Technology in Boston/USA. Schon nach der Bundestagswahl sei er "mit der Wirtschaftspolitik der Schröder-Regierung nur zur Hälfte zufrieden gewesen", sagte Krugman dem SPIEGEL. "So war es völlig falsch, die Reform der Arbeitsmärkte, etwa beim Kündigungsschutz, zurückzudrehen. Richtig war hingegen der Ansatz, auf eine expansive Nachfragepolitik zu setzen. Jetzt ist auch dieser Teil verschwunden."

    Heftige Kritik übte Krugman an der Europäischen Zentralbank (EZB). Die EZB solle "die Zinsen weiter senken, damit die Nachfrage anspringt", so Krugman. Als Vorbild für die EZB empfahl er die amerikanische Federal Reserve Bank: "Die Fed kümmert sich in den USA viel aggressiver um die Arbeitslosigkeit und nimmt dabei auch eine Preissteigerungsrate von zwei Prozent in Kauf. Ein ähnliches Inflationsziel sollte sich auch die EZB setzen." Krugmans These: "Europa als Ganzes braucht mehr Inflation."

    Zudem warnte Krugman vor der Ansicht, dass die globale Finanzkrise schon überstanden sei. "Zwar haben sich einige Krisenländer wieder erholt, aber wenn man sich die fundamentalen Daten anschaut, dann sind die schlechten Daten immer noch vorhanden." Er verwies hierbei auf die Deflationsgefahren in Japan und China, auf Krisensymptome in der Türkei und Südafrika sowie auf den überteuerten Aktienmarkt in den USA. Ein Börsencrash in New York sei, so Krugman, "das Schlimmste, was der Weltwirtschaft widerfahren kann. Die Kurse haben Höhen erreicht, die sich auch nicht durch noch so viele intellektuelle Saltos rechtfertigen lassen."



    Flop mit Ökostrom

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 21. August 1999, 12.02 Uhr zum Artikel "Flop mit Ökostrom" im SPIEGEL – 34/1999, 23. August 1999, Seite 80 (Trends).

    HAMBURG. Anbieter von Öko-Strom geraten durch den Preiskrieg um Stromkunden, den Deutschlands Energiekonzerne derzeit führen, weiter ins Abseits. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL berichtet, sind erst 4.000 Haushalte zu einem der zehn größten Anbieter von umweltfreundlicher Energie gewechselt. Keine dieser Firmen konnte bis August mehr als 1.000 Kunden gewinnen. Der Ökotarif liegt rund 15 bis 20 Prozent über dem – bisherigen – Preis für normalen Strom. Noch im Mai hatten nach einer Emnid-Umfrage 31 Prozent der Bundesbürger solche Preisaufschläge für akzeptabel befunden.

    Da die Stromkonzerne in Zukunft immer billiger anbieten werden, wird der Abstand zum Angebot ihrer grünen Konkurrenz weiter wachsen. Gespannt wartet die Branche nun auf die Reaktion von Greenpeace-Anhängern, denen die Organisation im Herbst "sauberen Strom" anbieten will. 60.000 Haushalte hatten Greenpeace zuvor in Absichtserklärungen versichert, auf umweltschonend erzeugte Elektrizität umschwenken zu wollen. [mehr]



    Kartellamt-Chef Wolf lehnt Regulierungsbehörde für den Strommarkt ab

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 21. August 1999, 12.16 Uhr zum Artikel "Wir brauchen große Firmen" im SPIEGEL – 34/1999, 23. August 1999, Seite 86–90 (Wirtschaft).

    HAMBURG. Der Präsident des Bundeskartellamts, Dieter Wolf, lehnt die von den Grünen geforderte Regulierungsbehörde zur Kontrolle des Strommarkts ab. Er habe diejenigen, die danach riefen, im Verdacht, nicht das Interesse des Verbrauchers und des Wettbewerbs im Auge zu haben, sondern eher am Gegenteil interessiert zu sein, sagte Wolf in einem Gespräch mit dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL. Allenfalls könnte man in einem Jahr über eine solche Institution nachdenken, sofern sich bis dahin "echte Fehlentwicklungen" eingestellt hätten. "Aber bisher sind sie nicht zu sehen", so Wolf.

    Der gegenwärtige Preiskampf auf dem Energiemarkt geht nach Ansicht des Kartellamt-Chefs nicht zulasten von Ökostrom. Die von Stadtwerken betriebene Kraft-Wärmekopplung sei zum Beispiel noch längst nicht ernsthaft gefährdet: "Ich kann nicht verstehen, dass Strom, bloss weil er billiger ist, schlechter sein soll."

    Wolf weist die Sorge der Kommunen, der liberalisierte Strommarkt gefährde bis zu 40.000 Arbeitsplätze in den Stadtwerken, zurück. Sollten die Stadtwerke Stellen abbauen müssen, dann könnte das nach Meinung von Wolf auch daran liegen, dass sie bislang überbesetzt waren. Dass Städte und Gemeinden mit den Gewinnen aus ihrem Elektrizitätsgeschäft Schwimmbäder oder den Nahverkehr finanzierten, sei "rechtlich nicht in Ordnung", so der Kartellamtspräsident: "Da sind die Sitten sehr locker geworden." Die Kommunen müssten andere Wege zur Finanzierung finden, "notfalls über höhere Steuern".



    „Wir arbeiten kostendeckend“

    AOL-Europa-Chef Andreas Schmidt (38) über den Preiskampf mit T-Online

    Aus:
    Der Spiegel – 35/1999, 30. August 1999, Seite 78 (Trends).

    SPIEGEL: AOL hat die Preise gesenkt: 9,90 Mark monatliche Pauschalgebühr und 3,9 Pfennig pro Minute für die Telefonkosten. Können Sie da überhaupt noch Gewinne erzielen?

    Schmidt: Unser Ziel ist es nicht, Telefonminuten zu verkaufen, sondern wir bieten Internet zum Festpreis. Wir arbeiten damit auf jeden Fall kostendeckend. Man darf nicht vergessen, dass wir immer mehr Einnahmen aus Online- Werbung und E-Commerce erzielen. Für die ersten beiden Monate dieses Geschäftsjahres liegen schon Buchungen über 60 Millionen Mark vor.

    SPIEGEL: Der Dienst T-Online der Deutschen Telekom hat angekündigt, ebenfalls die Preise zu senken. Wie viel Luft steckt noch in den Tarifen?

    Schmidt: Ich bin gespannt, wie T-Online nachziehen wird. Ich denke, unser Angebot ist im Moment unschlagbar. Aber das ist nur ein erster Schritt. Unser Ziel ist es, ganz wegzukommen von der minutenabhängigen Abrechnung und die Gebührenuhr abzustellen. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, wie in Amerika einen monatlichen Festpreis anzubieten, der alle Kosten abdeckt [Ed: wie es beim Rundfunk schon sehr lange üblich ist].

    SPIEGEL: Neue am AOL-Tarif ist aber auch, dass der Nutzer künftig wie bei T-Online jedes Mal [Ed: eine Einwahlstrafe von] 6 Pfennig bezahlen muss, wenn er sich einwählt. Das wird zum Beispiel diejenigen ärgern, die häufig ihre E-Mails abfragen.

    Schmidt: Das glaube ich nicht. Der Nutzer geht in Deutschland im Schnitt 32-mal pro Monat ins Netz. 32 mal 6 Pfennig ergibt weniger als 2 Mark pro Monat. Davon kann man sich nicht einmal ein schönes Eis kaufen.

    SPIEGEL: Jetzt nutzen in Deutschland rund 900.000 AOL, T-Online ist mit 3,3 Millionen davongezogen. Mit wie vielen neuen Kunden rechnen Sie?

    Schmidt: Wir machen da grundsätzlich keine Prognosen. Wir sind uns aber sicher, dass sich unser Wachstum in Deutschland jetzt deutlich beschleunigt [Ed: aber auch Bill Gates will nun ein großes Stück vom Kuchen haben].



    Wettlauf mit der Zeit

    In der Kombination von Fernsehen und Internet sieht die Industrie einen neuen Massenmarkt. Doch die ersten Erfahrungen sind ernüchternd.

    Aus:
    Der Spiegel – 35/1999, 30. August 1999, Seite 206–207 (Technik) von KLAUS-PETER KERBUSK. Die Zwischentitel sind von t-off zugefügt worden.

    Für den Frankfurter Börsenguru Gerhard Czerwensky ist die Aktie der Firma Metabox „die heißeste Kiste des Jahres“. Ohne Wenn und Aber sieht der Aktienexperte nur zwei Möglichkeiten für das Unternehmen aus Hildesheim: „Top oder Flop, dazwischen gibt es nichts.“

    Brücke zum Cyberspace
    Wie Internet-TV funktioniert
    Die Web-Box, ein spezieller Computer von der Größe eines Videorecorders, holt die Welt des Internet auf die TV-Mattscheibe. Die Web-Box wird zwischen Fernseher und Telefonbuchse geschaltet. Dann kann man zwischen Internet und Fernsehprogramm hin- und herzappen oder mit einer drahtlos verbundenen Tastatur E-Mails schreiben. Gleichzeitig unterdrückt die Web-Box das Flackern, das normalerweise entsteht, wenn Computerbilder oder Texte auf dem TV- Bildschirm erscheinen.
    Das Produkt, mit dem der Newcomer die Phantasie des Börsianers beflügelt, ist ein unscheinbarer schwarzer Kasten von der Größe eines Videorecorders. Das „weltweit einzigartige Gerät“, so Metabox-Chef Stefan Domeyer, werde eine „völlig neue Dimension im Internet-Geschäft“ erschließen.

    Mit dem Kasten, der demnächst auf den Markt kommt, glaubt Domeyer als Erster ein Ziel erreicht zu haben, von dem viele Manager der Multimediabranche bislang nur träumen: das Zusammenwachsen von Fernseh- und Computertechnik. „Die Metabox“, sagt Domeyer selbstbewusst, „bringt das Internet über den Fernseher in jedes Wohnzimmer.“

    Die Idee der Hildesheimer fasziniert die Firmenstrategen der Unterhaltungselektronik und der Computerindustrie gleichermaßen. Denn trotz gigantischer Zuwachsraten in den vergangenen Jahren verfügen gerade mal 4 % der Weltbevölkerung über einen Computer mit Online- Anschluss – bislang Voraussetzung für den Start in den boomenden Cyberspace. Fernseher und Telefon sind dagegen fast überall weit verbreitet.

    Ein neuer Massenmarkt?

    Wenn es gelingt, das World Wide Web über den Fernseher ins Haus zu bringen, dann, so meinen Branchenkenner, entsteht mit einem Schlag ein völlig neuer Massenmarkt. Dann könnte das Internet auch für alle jene Computermuffel attraktiv werden, die sich standhaft weigern, einen PC zu kaufen. Und das sind nach Beobachtungen von Marktforschern fast 50 % der Europäer [mehr].

    Die Verbindung von Web und TV ist inzwischen [technisch] gelungen. Doch die Hoffnung, dass sich damit ein neuer Massenmarkt entwickelt, wurde bislang kaum bestätigt. Zu viele unterschiedliche Techniken, zu wenig sichere Standards, so glauben Experten, verwirren immer noch den Durchschnittskonsumenten.

    An Versuchen mangelte es nicht. Erste konkrete Vorstellungen über die Koexistenz von TV und Internet entwickelte der englische Allround-Unternehmer John Bentley schon vor sechs Jahren. Er produzierte einen simplen Miniaturcomputer, der zwischen Fernseher und der Telefonbuchse mit Internet-Anschluss geklemmt wurde und das Flackern unterdrückte, das normalerweise entsteht, wenn Computerbilder oder Texte auf dem TV-Bildschirm gezeigt werden. Doch als das Gerät 1995 in London vorgestellt wurde, fand es kaum Interesse.

    Erst als Microsoft-Gründer Bill Gates 1997 für 425 Millionen Dollar die kleine kalifornische Firma WebTV aufkaufte, horchte die Fachwelt auf. Die Kalifornier hatten eine ähnliche Technik entwickelt wie Bentley. Gates witterte die Chance, nun auch Couchpotatoes in großem Stil ins Internet locken zu können und gleichzeitig Einfluss auf die TV-Branche zu bekommen.

    Gehirn ein- oder ausschalten

    Obwohl die dafür von Firmen wie Philips und Sony entwickelten Settop-Boxen zum Preis von inzwischen nur noch 99 Dollar den Anschluss an die Datenbahn sogar für Kleinverdiener erschwinglich machen, hält sich der Erfolg bislang in Grenzen. Nur knapp eine Million der fast 100 Millionen Fernsehhaushalte in Amerika surfen über Microsofts WebTV im Internet. Seither ist für Gates der Unterschied zwischen Couchpotatoes und Web-Surfern klarer: „Vor den Fernseher“, so Gates, „setzt man sich, wenn man sein Gehirn ausschalten will, vor dem Computer schaltet man es hingegen an.“

    Ähnliche Erfahrungen machten in Deutschland Firmen wie Grundig, Schneider und Daewoo, die im vergangenen Jahr mit verschiedenen Settop- Boxen auf den Markt kamen. Auch der Firma Loewe, deren Designer- Geräte höchsten Komfort bieten, erging es nicht anders. Bei den zwischen 4.200 und 7.500 Mark teuren „Xelos“-Fernsehern ist die Settop-Box überflüssig. Nach dem Anschluss an die Telefonleitung kann der Zuschauer vom Fernsehsessel aus mit der Fernbedienung zwischen Internet und TV-Programm hin- und herzappen oder per kabelloser Tastatur E-Mails verschicken [Ed: viel mehr aber auch nicht].

    Fernseher – Internet-Medium der Zukunft?

    Obwohl Loewe bisher kaum mehr als 3.000 „Xelos“-Fernseher verkauft hat, glaubt sich Firmenchef Rainer Hecker auf dem richtigen Weg. Auf der Funkausstellung in Berlin stellt er sogar noch eine weitere Geräte-Serie vor, bei der die Möglichkeit zum Internet-Empfang schon vollständig integriert ist. „Der Trend ist auf unserer Seite“, macht sich Hecker Mut, „der Fernseher wird das Internet-Medium der Zukunft.“

    Das glaubt auch Georg Kerschensteiner. Doch anders als Loewe setzt der Tüftler aus Bayern, der in zweijähriger Entwicklungsarbeit eine neue Web-Box konstruiert hat, auf den Preis. „Mit 5.000 Mark teuren Fernsehern“, so Kerschensteiner, „kann man keinen Massenmarkt erschließen.“

    Zusammen mit dem früheren Telekom-Manager Lothar Hunsel hat Kerschensteiner eine Firma gegründet. Sie soll seine vergangene Woche auf der Funkausstellung präsentierte „EasyBox“ zum Preis von 900 Mark verkaufen oder für rund 20 Mark monatlich vermieten.

    Preiskampf mit MobilCom

    Damit zettelt Kerschensteiner einen Preiskampf mit MobilCom, dem Enfant terrible der Telefonbranche, an. Firmenchef Gerhard Schmid will von September an mit einer „Surfstation“ für ebenfalls knapp 30 Mark im Monat seinen Einstieg ins Internet-Geschäft absichern. Rund 15.000 Geräte hat Schmid bereits bei der Allgäuer TV-Firma Schneider fertigen lassen, für weitere 100.000 hat er eine Option angemeldet.

    „Um die unbedarften Anwender von den Möglicheiten des Internet zu überzeugen“, will Schmid die Käufer der „Surfstation“ mit einem praktischen Service locken: Noch vor Weihnachten installiert MobilCom auf seiner Startseite ins Internet eine Preisagentur, die in verschiedenen Produktbereichen die jeweils günstigsten Angebote der wichtigen Lieferanten im elektronischen Markt herausfiltert.

    Auf ein anderes Zugpferd setzen die Manager der Metabox. Sie haben in ihren Kasten eine von der Telekom entwickelte Technik eingebaut, die es ermöglicht, ohne Telefonkosten im Internet zu stöbern. Denn ein Teil des Web-Angebots, insgesamt bis zu 100.000 Seiten, kann – ähnlich wie der bekannte Videotext – mit dem normalen Fernsehprogramm ausgestrahlt werden. In dieser Auswahl können die Metabox- Abonnenten nach dem Kauf des Geräts für 9,90 Mark im Monat ohne zeitliche Begrenzung surfen, ohne dass weitere Kosten anfallen [Ed: aber das ist dann auch kein „freies“ Internet mehr].

    Für die Hildesheimer indes ist es ein Wettlauf mit der Zeit. Die Metabox funktioniert nur so lange, wie die TV-Sender ihr Programm in der herkömmlichen analogen Technik ausstrahlen. In der [Ed: nahen] digitalen Zukunft verliert das Prunkstück seine Grundlage [Ed: und vielleicht ist ja der Kauf eines universeller nutzbaren Computers doch die vernünftigere Lösung für eine ernsthafte Nutzung des Internets].

    [01.04.1998: Grundig und Primus-Online starten Internet-TV]
    [11.04.1998: Internet im Fernseher und Fernsehen im PC]
    [14.12.1998: TV-Computer: Vom Sofa aus in die globale Datenwelt]
    [04.09.1999: Fernsehen im Datenstrom]



    Kabelnetz – Endlich b(e)reit

    Seit Jahren probieren Medienkonzerne, Telekommunikationsriesen und Kabelnetzbetreiber, dem Fernsehen und seinen Zuschauern die Segnungen der interaktiven Multimedialität beizubringen. Der Bertelsmann-Konzern steht mit seinem Projekt kurz vor der Realisierung.

    Aus:
    Spiegel Online – 3. September 1999, 19.03 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Die IFA ist der ideale Ort zur Ankündigung bald darauf todgeweihter Technologieprojekte der Unterhaltungselektronik. Das war schon in den Siebzigern bei der Quadrophonie so, setzte sich mit der digitale Kompaktkassette Anfang der Neunziger fort und endet noch lange nicht bei den vielen missratenen Versuchen, das World Wide Web auf den viel zu gering auflösenden Fernsehbildschirm zu zwingen. Michael Schacht versucht, diesem Teufelskreis zu entrinnen: Seine wohlgewählten Worte vermitteln dem Zuhörer die Hoffnung, dass der Mann mit seinem Produkt zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.

    Michael Schacht ist bei der Bertelsmann Broadband Group in Hamburg für Plattformen und Endgeräte zuständig. Seine Truppe, die im wesentlichen aus sechs Personen besteht, ist bei der New-Media-Abteilung des Gütersloher Medienriesen angesiedelt. Man merkt Schacht an, dass er selbst einen langen Weg hinter sich hat: weg vom Pay-TV Premiere, das dem Konzern jahrelang Verluste gebracht hat, hin zur breitbandigen Zukunft, die massiv auf Internet-Technologien setzt: "Wir machen kein Pay-TV, vielleicht nicht einmal TV. Aber wir wollen auf den Fernsehschirm im Haushalt, da verknüpft es sich dann wieder". Die Idee: Bertelsmann liefert dem Nutzer auf ein an den Fernseher angeschlossenes Endgerät interaktive Inhalte. Viele bunte Bilder, Töne und Videos – all das, was man heute auch im Internet gerne sehen würde, aber aufgrund der langsamen Zugänge nicht wirklich genießen kann. Natürlich mit dem Unterschied, dass der Medienkonzern aussucht, was seine Zuschauer zu sehen kriegen [Ed: und das ist dann natürlich kein Internet mehr].

    Der Zugriff erfolgt komplett über die bis dahin mit Milliardenaufwand rückkanal- und breitbandfähig zu machenden Kabelnetze. Alle Inhalte sind wie im Internet "on demand" von zentralen Servern zu beziehen. Der Fernseher dient als allgemeinkompatibler Monitor. Das Angebot wird so einfach zu bedienen sein, dass auch Nicht-PC-Benutzer damit klarkommen.

    Zur Zeit denken die Broadbander an ein System basierend auf DHTML 4.0, als Browser in der Beispielkonfiguration hat man sich erst einmal den Internet-Explorer 5.0 ausgeguckt, Netscape oder AOL wären aber genauso möglich, es kommt darauf an, was die Endgeräte später leisten können. "Unsere Produkte werden dann an definierten und transparenten Schnittstellen auf die verschiedenen Betriebssystemoberflächen der Boxen treffen". Transparente Nutzung bewährter Internet-Technologien, nach dieser Möglichkeit lecken sich die Set-Top-Box-Hersteller seit Jahren die Finger, auch wenn es jetzt erst langsam zu gemeinsamen Plattformen kommt. "Bei unserem jetzigen Entwurf schlagen die meisten Techniker in der Industrie trotzdem die Hände über dem Kopf zusammen, weil er so hochgestochen ist", meint Schacht.

    Auch die Anforderungen an die Netze sind gewaltig: Die maximal 0,8 Megabit, die die Telekom für ihre Privatkunden im ADSL-Bereich über die Telefonleitung plant, sind den Bertelsmännern viel zu wenig. Sie wollen videobasiert arbeiten und ihr Material in hoher Qualität anbieten. Ein gut dimensionierter MPEG-2-Strom, wie er beim digitalen Fernsehen nach dem europäischen DVB-Standard gebräuchlich ist, benötigt aber mindestens 5 bis 6 Megabit. Kommerzielle Standleitungen in dieser Bandbreite kosten im Internet-Bereich bislang fünfstellige Beträge im Monat. A propos Internet: Ein Zugang zum globalen Datennetz wird integriert sein, aber er ist für Schacht nur ein Teilprodukt, da er den Fernseher nicht für das geeignete Endgerät hält. Kommunikationstechnologien von AOL-Bertelsmann Europe, vielleicht sogar der komplette Zugang, werden ebenfalls eingebaut. Insgesamt hält man sich aber an die Maxime, dass der Nutzer in ein fernseh-artiges Ambiente geführt wird, in dem er über eine intuitive Benutzeroberfläche frei agieren kann. Die Plattform muss allerdings nicht unbedingt ein Fernseher mit Set-Top-Box sein – ein PC mit Kabelmodem wäre auch möglich: "Es kann dann natürlich sein, dass wir dann unsere Inhalte anpassen müssen, weil PC-Nutzer andere Ansprüche haben".

    Die Schnittstelle ähnelt einem Internet-Portal, die Inhalte werden zum Teil aus dem reichen Pool der Bertelsmann- Medien geschöpft zum Teil von anderen Lieferanten bezogen: "Wir machen nicht selber das Programm, sondern sind der Publisher, der Herausgeber, der die Angebote bündelt und die Partner motiviert, ein interessantes Bouquet zu liefern". Es ist nicht geplant, den Nutzer für alle Inhalte bezahlen zu lassen. Im Vordergrund steht die Bindung an die Plattform: "Es wäre ein glattes Missverständniss, wenn da immer nur 'Pay' stünde. Der Kunde muss frei surfen können. Wenn er dann einmal auf ein teures Produkt stößt, beispielsweise einen Blockbuster- Film, wird es Per-Take-Gebühren geben". Die alten Träume vom Teleshopping via Fernseher könnten durch den Einsatz moderner E-Commerce-Techniken endlich Wirklichkeit werden.

    Einen Namen hat das Kind bisher noch nicht, die Markenfindung ist zur Zeit in vollem Gange. Wenn Ende des Jahres das erste große Pilotprojekt mit dem Netzbetreiber NetCologne in Köln startet, wird allerdings alles ziemlich schnell gehen: Die Broadband- Group rechnet mit einer Versuchsphase von vier bis sechs Monaten, an deren Ende intensive Marktforschung und Produktbildung stehen wird. Wenn dann die regionale Privatisierung des Telekomkabels voranschreitet und immer mehr private Kabelgesellschaften ihre Netze rückkanalfähig machen, könnte das Produkt alsbald eine größere Kundschaft ansprechen.



    Deutsche Bank kauft weiter Kabelnetze

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 4. September 1999, 11.19 Uhr zum Artikel "Deutsche Bank kauft zu" im SPIEGEL – 36/1999, 6. September 1999, Seite 117 (Trends).

    HAMBURG. Im Kaufverfahren um das TV-Kabelnetz hat die Deutsche Bank mit ihrer Tochter DB Investor neue Maßstäbe gesetzt. So bot das Finanzhaus, das sich um alle neun Regionalgesellschaften bewirbt, allein für das Berliner Kabelnetz über drei Milliarden Mark. Das berichtet das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in der neuen Ausgabe. Offenbar geht es der Bank im Kampf gegen Mitbewerber wie der niederländischen Kabelgesellschaft UPC, Mannesmann und Rupert Murdoch darum, auf die "Short list" zu kommen – die Liste mit den Firmen, die für die nächste Runde in Frage kommen. Gleichzeitig will die Bank das Kabelnetz TSS des Augsburger Kabelunternehmers Peter Stritzl mit 1,4 Millionen Haushalten kaufen; sie akquirierte bereits das Netz von Telecolumbus (1,7 Millionen Haushalte).

    Telekom-Chef Ron Sommer will nach den neuesten Plänen in allen Regionen eine Sperrminorität halten und nirgendwo einen Mehrheitsgesellschafter zulassen. Überall soll je eine Finanz- und eine Kabelfirma zum Zuge kommen. Für die Bewertung der Angebote sollen unter anderem externe Unternehmensberater hinzugezogen werden.



    Online-Dienste: „Operation Jump“

    Preiskrieg im Internet, die Tarife sind im freien Fall: Mit gewaltigem Aufwand und aggressiven Angeboten versucht AOL, die Vorherrschaft von T-Online zu brechen. Die Telekom-Tochter schlägt zurück, auch sie baut ihr Geschäft im Netz kräftig aus.

    In:
    Der Spiegel – 36/1999, 6. September 1999, Seite 124–127 (Wirtschaft). Ein lesenwerter Artikel, der aber wegen seiner nur kurzen Bedeutung hier nicht dokumentiert wird.

    6.9.1999 (t-off). In dem Artikel wird auch berichtet, daß bei T-Online demnächst 20 Online-Stunden pro Monat nur 39,90 DM – alles inklusive (!) – kosten sollen.



    Müller will Strom-Wettbewerb wieder zügeln

    Bundeswirtschaftsminister Werner Müller plant, den Wettbewerb unter Stromlieferanten auf kommunaler Ebene einzuschränken. Städte sollen danach selbst entscheiden, ob Privatkunden unter den günstigsten Anbietern wählen können.

    Aus:
    Spiegel Online – 14. September 1999, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BERLIN. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Schwanhold bestätigte am Dienstag in Berlin Berichte, wonach Bundeswirtschaftsminister Werner Müller den SPD-Parlamentariern am Vortag einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet hat. Dieser sieht den Angaben zufolge vor, dass die Städte in Zukunft selbst entscheiden sollen, ob Bürger oder Gewerbetreibende ihren Stromlieferanten frei wählen können oder nicht. Nur Industriekunden soll aufgrund von EU-Vorschriften auch weiterhin die freie Wahl ihres Stromproduzenten garantiert bleiben. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Schmidt, sprach von einem weitgehenden Kompromiss. Schwanhold betonte, eine endgültige Einigung gebe es noch nicht, werde aber spätestens in der nächsten Woche erwartet.

    Bisher hatte sich der parteilose Wirtschaftsminister für einen freien Strommarkt stark gemacht und hält diese Position laut "Berliner Zeitung" nach wie vor für richtig. Eine Mehrheit der SPD-Abgeordneten wolle jedoch die kommunalen Stadtwerke vor der Liberalisierung schützen. Hintergrund sei der wachsende Preisdruck auf dem Strommarkt, der manche Stadtwerke existenziell gefährde. Den Kompromissvorschlag habe Müller in der Sorge erarbeitet, dass sich die SPD-Fraktion andernfalls mit noch radikaleren Einschränkungen des Stromwettbewerbs durchsetzen könnte. SPD-Bundestagsfraktion wolle nicht weniger Wettbewerb, sondern fairen Wettbewerb, erklärte Schwanhold. Das Fünf-Punkte-Papier des Arbeitskreises Energie und Umwelt habe in der Fraktion breite Unterstützung gefunden. Ziel sei, den Konzentrationsprozess nicht weiter voranzutreiben und den kommunalen Energieversorgern einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

    Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) hat die Beschäftigten der kommunalen Energie- und Verkehrsbetriebe für den 27. September zu einer Großkundgebung in Berlin aufgerufen. Es werden bis zu 40.000 Demonstranten erwartet. Am Jahrestag des rot-grünen Wahlsieges wollen sie dafür kämpfen, dass den kommunalen Unternehmen im Wettbewerb faire Chancen eröffnet werden [Ed: wohl auch wg. ausfallender Quersubventionen für den öffentlichen Nahverkehr]. Die CSU wertete den Vorschlag Müllers als Beweis dafür, dass nun auch der Wirtschaftsminister "vor der roten Stadtwerke-Lobby in die Knie geht". Der FDP-Abgeordnete und ehemalige Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt sprach von einem "Stück aus dem Tollhaus" [Ed: was erst recht auf die von ihm mitzuverantwortende Telekom- (Orts-)Tarifreform von 1996 wegen der Internet-Ignoranz und deren fatale volkswirtschaftlichen Folgen zutrifft]. [mehr]

    17.9.1999 (t-off). Das Bundesverfassungsgericht hat heute Anträge von 13 Städten abgelehnt, das erst 1998 in Kraft getretene Energiewirtschaftsgesetz im Wege einer Einstweiligen Anordnung bis zum 10. August 2000 auszusetzen. Die Kommunen hatten u. a. argumentiert, sie seien dem durch das Gesetz ausgelösten hemmungslosen Wettbewerb auf dem Strom-Markt nicht gewachsen. Auch der Einwand, daß die mit hohen Investitionen gebauten umweltfreundlichen Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung [Ed: erzeugen Strom und Fernwärme mit sehr hohem Wirkungsgrad] als Folge des Preiskampfs dicht machen müßten, konnte die Karlsruher Richter nicht überzeugen. Für solche Anlagen habe der Gesetzgeber ausdrücklich eine Schutzklausel im Gesetz verankert (Az: 2 BvR 1646/98 und 2257/98). [Spiel ohne Regeln]



    Eieruhr statt "always online"

    Der Zugang zum Netz ist hier zu Lande noch immer viel zu teuer: Von einer wirklichen "Flatrate", dem günstigen Alles-Inklusive-Tarif, ist man trotz verschiedener Versuche noch weit entfernt.

    Aus:
    Spiegel Online – 17. September 1999, 19.09 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Das Internet in Deutschland muss billiger werden: Auf diese Kernaussage werden sich auch sonst völlig konträr veranlagte Netzpolitiker schnell einigen. Aber wie viel billiger? Die einen sind mit dem jetzigen "Internet-by-Call" – zu Minutenpreisen, die inzwischen bei bis zu unter vier Pfennigen liegen – bereits ganz zufrieden. Anderen reicht das aber längst noch nicht.

    Zu der letzten Gruppe gehört auch Philipp Sudholt. Der junge Mann studiert in Berlin Wirtschaftsingenieurwesen und hat gerade seine eigene Netz-Initiative gegründet: "Internet ohne Taktung" (IOT). Das Aktionsbüro, das sich wahrscheinlich demnächst als Verein eintragen lassen wird, fordert die Einführung von echten "Flatrates", wie sie in den USA seit längerem üblich sind. Bei diesem Pauschaltarif zahlt der Kunde nur noch eine monatliche Grundgebühr für den Internetzugang, es fallen keine Minutenpreise mehr an, auch nicht für Ortsgespräche.

    Sudholt ist weiß Gott nicht der erste, der diese Forderung in organisierter Form gegenüber Politik und Wirtschaft äußert. Initiativen wie der "Internet- Streik", den es bereits 1998 [Ed: und vor allem 1999] in halb Europa gab, wollten Ähnliches. Allerdings geht der Berliner Student einen entscheidenden Schritt weiter: Er erklärt nicht pauschal den ehemaligen Monopolisten – hier zu Lande die Deutsche Telekom – zum Buhmann, sondern versucht, die Denkweise der Telekommunikationsindustrie zu verändern.

    Als Vorbild dient eine ähnliche Kampagne aus Großbritannien: Die "Campaign for Unmetered Telecommunications" (CUT) hatte ihr Anliegen bis in das Parlament getragen und zumindest am Wochenende einen Pauschaltarif zu bezahlbaren Monatspreisen erreicht. Doch Hoffnung und Verzweiflung der Internetnutzer liegen auch auf der Insel dicht beieinander. Selbst die als "Free Internet" bezeichneten englischen Dienste einiger Anbieter kosten pro Minute, und sei es "nur" die Ortsgebühr der British Telecom [Ed: expensive.com].

    Zur Zeit ist man – der schnellen Marktliberalisierung sei Dank – in Deutschland bei einem breiten "Internet-by-Call" angelangt: pro Anruf wird abgerechnet. Der Nutzer zahlt meist keine Grundgebühr mehr, wird dafür aber zu entsprechenden Minutenpreisen "inklusive Telefongebühr" zur Kasse gebeten. Die liegt tagsüber zwar unter, abends aber meist noch über den normalen Ortsgesprächsgebühren der Telekom.

    "Wir sehen Internet-by-Call als Marktöffner", sagt Michael Peter, Pressesprecher bei Mannesmann Arcor. "Wer mehr will, kann sich gegen Grundgebühren günstigere Minutenpreise dazukaufen." Beim Konkurrenten MobilCom, wo man erst Anfang des Jahres schmerzliche Erfahrungen mit einer geplatzten Flatrate machen musste, sieht man die preisliche Entwicklung eher eng: "Es wird vielleicht noch bis auf drei, vier Pfennige heruntergehen – mehr ist aber nicht drin", so ein Sprecher.

    Irgendwann stößt jedes Internet-by-Call-Angebot sowieso an seine natürliche Grenzen: Bei der sogenannten Interconnection-Gebühr zwischen anderthalb und vier Pfennigen, die fast ausnahmslos alle Anbieter für den Zugang zum Kunden an die Deutsche Telekom abtreten müssen, ist endgültig Schluss – sonst würde der Anbieter draufzahlen. Alternativen sind der direkte Zugang zum Kunden über eigene Leitungen, beispielsweise via Richtfunk oder Kabelnetz – der deutsche Regulierer versucht, entsprechende Versuche zu fördern.

    Ein weiteres Problem ist die grenzenlose Sprachverwirrung, die von den Anbietern noch gefördert wird. So nennt AOL Deutschland seinen Zugangstarif zu 9,90 Mark im Monat als "Internet zum Festpreis" – dabei sind pro Minute zusätzlich noch 3,9 Pfennig "Verbindungsentgelt" zu berappen. Dazu kommen auch noch sechs Pfennig extra für jeden Verbindungsaufbau – eine Unsitte, die auch der große Konkurrent T-Online bei seiner letzten Tarifanpassung eingeführt hat.

    Manchmal wird die Zeittaktung auch bloß künstlich am Leben erhalten: Beim gerade mit großem Brimborium eingeführten ADSL-Dienst der Telekom T-DSL sorgt ein kompliziertes technisches Verfahren dafür, dass bei dem technologisch eigentlich als "always online" konzipierten System minutenweise der Gebührenticker rattert. In den Vereinigten Staaten bezahlt man bei den meisten ADSL-Anbietern statt dessen einen günstigen monatlichen "all-you-can-eat"-Tarif.

    Insgesamt ist der Zugang zum Netz seit 1996 nicht wirklich billiger geworden – vergleicht man heutige Minutenpreise mit den Ortstarifen der Bundespost vor der Freigabe des Festnetzmarktes, liegt man deutlich darüber [Ed: noch 1995 kostete die Telefonverbindung zum Internet Mo–So von 18–8 Uhr nur 1,15 DM pro Stunde, was 1,92 Pf/Min entspricht]. Gleich zu Beginn des neuen Marktes wurden aus Gerechtigkeitsgründen die Preise im Ortsbereich erhöht, denn die Telekom hätte mit den alten Tarifen wohl noch länger ihre Monopolstellung behalten, als es jetzt vielleicht der Fall sein wird.

    Für Sudholt und seine Initiative steht eines fest: Die Lösung aller Probleme kann nur sein, die Tarifierung weg von der Taktung hin zu einer echten Pauschale zu führen, die dann beispielsweise am Datenverkehrsaufkommen bemessen wird. "Der im Internet genutzte IP-Traffic ist glücklicherweise bereits sehr billig. Was nun wegfallen muss, ist die Zugangsgebühr", so der Pauschaltarifs-Aktivist. "Mit einer richtigen Flatrate könnten die Anbieter überdies erheblich besser kalkulieren als mit monatlich wechselnden Onlineminuten. Die Kundenbindung ist bei Internet-by-Call nämlich nicht sonderlich hoch."

    In Finnland, wo der Internetzugang europaweit am billigsten ist und bereits sehr günstige Flatrates angeboten werden, ist auch die Internet-Penetration am größten: Ein aktueller Hostcount der OECD zeigte sogar eine höhere Netz-Aktivität als in den Vereinigten Staaten. Hierzulande wartet man dagegen immer noch darauf, dass die Eieruhr an der Telefondose endgültig abgeschaltet wird. Nick Jones, Analyst beim US-Netzmarktforscher Jupiter Communications, hat es einmal so ausgedrückt: "Du schaltest den Fernseher an und denkst: Kann ich es mir leisten, bis zum Ende der Sendung zuzuschauen? So ist Internet in Europa."



    Strom: Spiel ohne Regeln

    Verwirrte Verbraucher, wütende Stadtwerker, verunsicherte Investoren – auf dem Strommarkt sind die Zustände chaotisch. Die Regierung hat vergessen, die Spielregeln festzulegen.

    Auszug aus:
    Der Spiegel – 38/1999, 20. September 1999, Seite 109–110 (Wirtschaft) von FRANK DOHMEN und HARALD SCHUMANN.

    (...) Ursache für das Durcheinander ist die schlampige Gesetzgebung der alten Bundesregierung. Die Freigabe des jahrzehntelang in Gebietsmonopole aufgeteilten Strommarkts ist ein Mega-Projekt, für das sich Staaten wie Schweden oder Großbritannien viel Zeit ließen und umfangreiche Regelwerke aufstellten. Doch Ex-Wirtschaftsminister Günter Rexrodt begnügte sich im vergangenen Jahr mit einer nur siebenseitigen Energierechtsnovelle. (...)

    Gegen die Selbstregulierung waren Sozialdemokraten und Grüne monatelang Sturm gelaufen. Doch kaum an der Macht, verfiel Rot-Grün in Regierungsstarre. Darum fehlt bis heute die Voraussetzung für die Schaffung eines wirklichen Strommarkts: ein Regelwerk, das festlegt, wie viel die Benutzung des Leitungsnetzes fremder Unternehmen kostet. (...)

    Obwohl das Chaos absehbar war, setzte Wirtschaftsminister Werner Müller darauf, dass die Verbände der beteiligten Unternehmen eine private Vereinbarung aushandeln, die sie Ende des Monats vorlegen sollen. Aber schon jetzt steht fest, dass es bis dahin allenfalls ein „Kommuniqué“ geben wird, das die Prinzipien festlegt. (...) [mehr]



    Stromhandel: Müller greift ein

    Bundeswirtschaftsminister Werner Müller gibt seine "Laissez-Faire-Politik" für den liberalisierten Strommarkt auf. Er lässt die Einführung einer Ökostrom-Umlage für Kunden und eine Art Schutzgebühr, die Energiekonzerne an die kommunalen Stadtwerke zahlen sollen, prüfen.

    Aus:
    Spiegel Online – 25. September 1999, 17.18 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BERLIN. "Ich strebe an, die Kosten für die Förderung alternativer Energien nicht mehr nur den regionalen Stromverbrauchern aufzuerlegen, sondern über eine bundesweite Umlage auf alle Kunden zu verteilen", sagte Müller in "Focus". Die Förderung müsse zudem nach Energiearten differenziert werden.

    Laut SPIEGEL muss der parteilose Politiker "entgegen seinen Absichten" doch Marktregeln für den neuen Stromwettbewerb gesetzlich festschreiben lassen. Nur so könnten die betroffenen Stadtwerke vor Billigkonkurrenten geschützt werden. Müller habe per "Hausverfügung" in der vergangenen Woche eine elfköpfige Projektgruppe eingesetzt, die bis Dezember eine "Netzzugangsverordnung Strom" entwerfen solle. Nachteile der Stadwerke könnten durch eine entsprechend hohe Gebühr für die Stromkonzerne ausgeglichen werden.

    Er sprach sich erneut gegen eine Quotenregelung zum Schutz kommunaler Energieversorger mit Kraft-Wärme- Koppelungsanlagen aus. "Wenn von 14.000 deutschen Gemeinden zwölf ein Problem haben, macht es keinen Sinn, dafür bundesweit den Wettbewerb einzuschränken".

    Der Preiskampf im liberalisierten Strommarkt kostet offenbar auch Arbeitsplätze. Laut "taz" planen die Hamburgische Electricitäts-Werke (HEW), fast ein Viertel ihrer Belegschaft abzubauen. Im kommenden Jahr würden etwa 1.000 der mehr als 4.600 HEW-Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren. HEW-Sprecher Johannes Altmeppen sagte dazu, Gremien der HEW beschäftigten sich derzeit damit, die Stellen "sozial verträglich" abzubauen. Entlassungen oder betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben.

    Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses der deutschen Bundestages, Matthias Wissmann (CDU), sprach sich gegen ein vorzeitige staatliches Eingreifen in den deutschen Strommarkt aus. Er sei entschieden dagegen, in einen sich gerade befreienden Markt jetzt schon wieder einzugreifen, sagte Wissmann im DeutschlandRadio Berlin.




    Weitere Services im Rahmen des Archivs "t-off" von khd
  • Seite 1: Leitseite = t-off
  • Seite 2: Tarife & Rabatte
  • Seite 3: Pannen der Telcos
  • Seite 4: Protest-Infos
  • Seite 5: Politik & Gesetzgebung
  • Seite 6: Digitalien & Multimedia
  • Telekomien – Pannen der Telcos
  • Aus Leserbriefen
  • Reports
  • Internet
  • Suchen im Archiv
  • Das Archiv von t-off
  • TK-Chronik pt.1 pt.2
  • TK-Abkürzungen
  • TK-Quellen
  • TK-Themen Politik
  • Struktur des Archivs (Site-map)
  • Homepage von khd t-off
  • Hier gibt es keine gekauften Links!

      Zum Teil 16

    © 1999-2008  – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 18.12.2009 08.28 Uhr