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Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 8 khd
Stand:  1.9.2000   (40. Ed.)  –  File: Spiegel/08.html




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  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (9. Teil).
  • 09.09.1998: Aufbruch zu einer neuen Medienpolitik.
  • 04.09.1998: Streik: Spaniens Internet-Nutzer im Ausstand.
  • 26.08.1998: Wenn ein Elefant den andern presst. (Microsoft / Intel)
  • 25.08.1998: Schädliches Zögern. (Online-Handel)
  • 24.08.1998: Digital Video Broadcasting: Die letzte Bastion des Analogen fällt.
  • 19.08.1998: Drahtlos auf Draht. (Funkmodems)
  • 14.08.1998: Rüttgers will zweites Internet.
  • 10.08.1998: Exorbitante Gebühren.
  • 31.07.1998: EU-Kommission warnt Bertelsmann vor Allianz mit Kirch.
  • 28.07.1998: Telekom will Telearbeit einführen.
  • 27.07.1998: Globale Marktführerschaft angestrebt. (AT&T + BT)
  • 27.07.1998: Internet: Kaufen ohne Kaufhaus.
  • 08.07.1998: Bei der Telearbeit schaut Deutschland in die Röhre.
  • 06.07.1998: Streit über Öffnung der Mobilfunknetze.
  • 29.06.1998: Angriff der Wadenbeißer. (Zum Stand des Telefon-Wettbewerbs)
  • 29.06.1998: Aachen im Sekundentakt – Bizarre Telekom-Abrechnungsfehler.
  • 24.06.1998: Neue Medien bringen Veränderungen.
  • 22.06.1998: Singapur belohnt den Bürger.
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (7. Teil).



    Singapur belohnt den Bürger

    Aus:
    Spiegel Online – 22. Juni 1998 (nur elektronisch publiziert).

    SINGAPUR. Mit 45.000 Telefonkarten im Wert von umgerechnet drei US-Dollar hat die Stadtregierung von Singapur diejenigen Bürger belohnt, die ihre Steuererklärung über Internet abgegeben haben. Mit der elektronischen Steuer- erklärung ließe sich viel Zeit und Geld sparen, meinte am Montag Ong Khiaw Hong, der die Software entwickelt hat.

    22.6.1998 (t-off). Die ganz große Frage ist nun: Wann wird man im "HighTech"- Deutschland seine Steuererklärung über's Internet abgeben können? In 3, 5, 10, oder sogar erst in 20 Jahren?



    Neue Medien bringen Veränderungen

    Aus:
    Spiegel Online – 24. Juni 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken werden das Leben in der Gesellschaft gründlich verändern. Das betont die Enquete- Kommission "Zukunft der Medien" in ihrem Abschlußbericht, der am Mittwoch abend im Bundestag beraten wurde. Sie mißt dieser Veränderung ähnliche Dimensionen zu wie dem Übergang von der Agrargesellschaft zur modernen Industriegesellschaft.

    Deshalb empfiehlt die Kommission dem Bundestag nachdrücklich, ein derartiges Gremium auch in der nächsten Legislaturperiode einzusetzen, um dem Gesetzgeber Grundlagen für wichtige Entscheidungen zu erarbeiten. Dabei gehe es darum, die enormen Chancen der Technologien zu nutzen und die Risiken für den einzelnen Menschen abzufedern.

    Allgemein sieht die Kommission den Einfluß des Staates jedoch eher schwinden. "Insgesamt steht den mit der grenzenlosen Vernetzung wachsenden Gestaltungsmöglichkeiten von Bürgern und Unternehmen ein spiegelbildlich abnehmender Staatseinfluß gegenüber", heißt es in dem Bericht. Zudem vollziehe sich die Umwälzung "in beachtlicher Geschwindigkeit".

    Als der Bundestag 1995 die Aufgabenstellung für die Enquete- Kommission formulierte, gab es in Deutschland außerhalb von öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen kaum Internet- Anschlüsse. Mittlerweile hätten die drei großen Online- Dienste in der Bundesrepublik zusammen rund drei Millionen Internet- Anschlüsse, die teils privat, teils beruflich genutzt würden. Rund um den Globus werde das Netz von schätzungsweise 100 Millionen Menschen benutzt.

    Der Umgang mit der weltweiten Kommunikation werde zu einer Schlüssel- qualifikation auf dem sich ebenfalls schnell wandelnden Arbeitsmarkt werden. Unternehmen würden durch den stärkeren internationalen Wettbewerbsdruck gezwungen, Arbeit immer effizienter und flexibler zu gestalten, stellt der Schlußbericht fest. Der Abschlußbericht der Enquete- Kommission umfaßt 457 Seiten. Zwischen dem 31. Januar 1996 und dem 15. Juni 1998 kam sie zu 45 Sitzungen zusammen, befragte in neun öffentlichen Anhörungen Experten und legte fünf Zwischenberichte unter anderem zu Urheberrechts- und Jugendschutzfragen vor.   [Zum Medienbericht 1998 der Bundesregierung]



    Aachen im Sekundentakt

    In Telekom-Rechnungen tauchen bizarre Abrechnungsfehler auf.
    Jetzt schließen sich Geschädigte zusammen.

    [Ed:
    Der Fall "Wehretal" und mehr]

    Aus: Der Spiegel – 27/1998, 29. Juni 1998, Seite 110–111 (Wirtschaft).

    Geht es nach der Deutschen Telekom, muß Boris Behnke, Kaufmann aus dem hessischen Liebenau, ein besonders eitles Geburtstagskind sein: Laut Telefonabrechnung hat Behnke am 13. November vergangenen Jahres, an seinem Geburtstag, massenhaft Verwandte und Bekannte angerufen, um sich gratulieren zu lassen. "Ein Witz ist das, denn tatsächlich wurde ich von ihnen angewählt", empört sich der Unternehmer. Auch die Gratulanten versichern übereinstimmend, daß sie bei Behnke angerufen haben und nicht umgekehrt.

    Wie der Mann im Hessischen bekommen Telefonkunden in ganz Deutschland Abrechnungen mit bizarren Fehlern. Ankommende Gespräche werden dem angewählten Teilnehmer aufgebürdet. In den monatlichen Verbindungs- nachweisen erscheinen unbekannte oder nicht existierende Rufnummern, die im Abstand von wenigen Sekunden dutzendfach hintereinander angewählt worden sein sollen. Telefonate in das eigene Ortsnetz werden mal mit und mal ohne Vorwahl aufgeführt. Die angebliche Verbindungsdauer beträgt nur Sekunden.

    Fehler nach diesem Muster tauchen seit eineinhalb Jahren immer wieder auf. Jetzt haben sich Geschädigte zu einer Verbraucherinitiative zusammengeschlossen. Bei Gründerin Frauke Kallay, die in Eschwege eine Werbeagentur betreibt, haben sich in nur zwei Wochen 30 Betroffene aus ganz Deutschland gemeldet, "von Hamburg bis München und von Krefeld bis Leipzig". Laut Telekom soll Frauke Kallay zwischen September 1996 und März 1998 von ihrem damaligen Anschluß im hessischen Wehretal aus jeden Monat 50 bis 60 Kürzestgespräche von jeweils nur zwei bis drei Sekunden Dauer mit ihr unbekannten Teilnehmern geführt haben, mit einigen 10- bis 15mal hintereinander. Mitunter wurden angeblich mehrere Gespräche gleichzeitig geführt, obwohl die Kallays nur ein einfaches Telefon haben, mit dem nicht gemakelt werden kann. Zudem sollten sie für Anrufe bezahlen, die sie entgegengenommen hatten.

    Bei den Hotlines der Telekom erlebte das Ehepaar zunächst die – wie es Frauke Kallay formuliert – "üblichen Abwimmelungsversuche". Als Ehemann Thomas im Januar dieses Jahres bei der Telekom-Niederlassung in Kassel anrief, bekam er nach eigenen Angaben von dem Leiter der Abteilung Auskünfte und Allgemeine Anfragen, Erwin Forsch, die Antwort, "daß es aus technischen Gründen zur Zeit nicht möglich sei, in unserem Ortsnetz korrekte Telefon- rechnungen zu erstellen". Grund sei die Umstellung auf ein neues Abrechnungssystem.

    Die Kallays wollten sich diese Auskunft schriftlich bestätigen lassen. Doch das Telefax kam nie zurück. Erwin Forsch bestreitet kategorisch, sich in diesem Sinne geäußert zu haben: "Wenn ich so etwas öffentlich gesagt hätte, dann säße ich jetzt nicht mehr hier." Auch der Bonner Telekom-Sprecher Achim Muth glaubt, daß sein Kollege so etwas nicht gesagt hat. Muth: "Sie können sich vorstellen, was mit einem Mitarbeiter passiert, der das – selbst wenn es stimmen würde – gegenüber der Öffentlichkeit zugibt." Die offizielle Fehlerquote der Telekom liegt "unter 0,01 Prozent".

    Die Skurrilitäten in den Verbindungsnachweisen erklärt Muth mit Bedienungsfehlern der Kunden: "Die Leute rufen wahrscheinlich häufig Faxweichen an und begreifen nicht, daß die Gegenstelle oft ein Rufzeichen nur noch simuliert, in Wahrheit aber schon abgenommen hat." Rufnummern- verschaltungen aufgrund von Fehlern in Vermittlungsstellen oder in den Abrechnungscomputern seien ausgeschlossen. Im Fall Kallay beispielsweise habe eine Zählervergleichseinrichtung ergeben, daß die fragwürdigen Nummern tatsächlich so gewählt worden seien. Die Telekom überprüfte zunächst die Leitung, dann die ISDN-Anlage vor Ort, befand alles für fehlerfrei und bestand auf Zahlung.

    Telekomkunde Behnke findet in jeder Rechnung Fehler, seit er im November 1996 den Einzelverbindungsnachweis beantragt hat. So etwa soll er am 4. November 1996 in einer wahren Anruf-Orgie 14mal direkt hintereinander in Aachen angerufen haben, wobei die Verbindung nur jeweils ein paar Sekunden lang bestand. Am 21. Januar dieses Jahres, so geht aus den Tabellen hervor, habe er ständig hintereinander wie ein Maschinengewehr seinen eigenen Anschluß mit Vorwahl angerufen, wofür ihm sogar Gebühren berechnet wurden. In Liebenau soll Behnke mehrfach zehnstellige Rufnummern angewählt haben, obwohl es in dem kleinen Ort derart lange Nummern nicht gibt. Selbst eine 19stellige Nummer ins Mobilfunknetz D2 findet sich dort. D2-Nummern indes haben maximal 11 Ziffern.

    Zur Nachtzeit soll Behnke serienweise in Ladengeschäften angerufen haben, die nicht einmal über einen Anrufbeantworter verfügen. Besonders grotesk ist auch, daß die angegebenen Zeiträume nicht bündig anschließen. Zwischen den Rechnungen fehlen bis zu zwölf Tage. Behnke wurde zudem Opfer eines Fehlers, der bei der Telekom intern als "Einwahlknoten-Hopping" bezeichnet wird. In der zweiten Hälfte des Jahres 1997 wurden bestehende Internet- Verbindungen zu T-Online während des Datentransfers zu einem ferner gelegenen Einwahlknoten umgeleitet. Diese "Routings" bei Kapazitätsengpässen sind verständlich, nicht aber, daß Behnke trotz Einwahl über die Standardrufnummer Gesprächsgebühren im Ferntarif belastet wurden.

    Die Telekom beschränkte sich darauf, die Leitung durchzuprüfen. Die Techniker fanden keinen Fehler; als der Kunde dennoch nicht zahlte, klemmte die Telefongesellschaft seinen Anschluß ab. Auf Einwände reagierten die Telekom-Leute nicht: "Jedesmal hieß es, ich sollte gefälligst mein Telefon unter Kontrolle halten." Als sich der Kaufmann die ihm unbekannten Telefonnummern daraufhin genauer ansah, kam ihm der Verdacht, daß viele der in seinem Einzelverbindungsnachweis aufgeführten Nummern in Wahrheit von einem anderen Anschluß aus gewählt worden sein mußten. Da in den Rufnummernbereichen mehrere Krankenkassen, Dentallabors und die Deutsche Apotheker- und Ärztebank liegen, mutmaßt Behnke, daß ihm die Anrufe eines Zahnarztes in Rechnung gestellt wurden.

    Eine letzte Klärung ist nicht möglich, da die Telekom trotz seines Antrages auf vollständige Angabe der Nummern nur Übersichten zusandte, in denen die letzten drei Ziffern durch ein X ersetzt sind. Die Telekom begründet die verstümmelte Herausgabe der Nummern mit technischen Schwierigkeiten. Tatsächlich aber hat der Kunde laut Kundenschutzverordnung seit 1. Januar dieses Jahres einen Anspruch auf vollständige Darstellung.

    Wie wackelig die Grundlagen sind, auf denen die Telekom ihre Abrechnungen aufbaut, zeigt auch ein Fall aus Oranienburg. Der Kunde hatte sich aus Verwunderung über die ihm unbekannten Rufnummern ein Zweitexemplar seines Einzelverbindungsnachweises zusenden lassen. In der Zweitausfertigung sind einige Nummern erstmals genannt, andere tauchen nicht auf, obwohl sich beide auf denselben Abrechnungszeitraum beziehen.

    Der Kölner Webdesigner Frank Adler wundert sich seit April über Abweichungen zwischen der Zahl der Einheiten laut Verbindungsnachweis einerseits und Rechnung andererseits. "Trotz gleichen Abrechnungszeitraumes liegt die Rechnung 200 bis 600 Einheiten über dem Einzelverbindungs- nachweis", sagt er. Jetzt will Adler nur noch per Computer wählen und die somit selbst erstellte Protokolldatei mit den offiziellen Unterlagen der Telekom vergleichen.

    Die Kallays, inzwischen von Wehretal nach Eschwege umgezogen, hoffen wenigstens auf ein Versprechen vertrauen zu können, das Telekom-Mitarbeiter Forsch ihnen in dem Telefonat Anfang des Jahres gegeben hat: In Eschwege werde es keine Abrechnungsprobleme geben. Ob's stimmt, wird sich zeigen: Auf den bestellten Einzelverbindungsnachweis warten die Kallays noch. [Erste Reaktion der Telekom] [Hintergrund: Total digital]



    Angriff der Wadenbeißer

    Der Wettbewerb auf dem Telefonmarkt entwickelt sich unerwartet. Vorläufiger Sieger im Kampf um Kunden und Minuten sind kleine, aggressive Anbieter. Die Milliarden- investitionen der großen Stromversorger rechnen sich – noch – nicht.

    Aus: Der Spiegel – 27/1998, 29. Juni 1998, Seite 108–111 (Wirtschaft).

    Trommeln gehört zum Handwerk von Ulf Bohla, doch vergangene Woche gab sich der Otelo-Chef auffallend zurückhaltend. Sein Unternehmen, analysierte der 55jährige Manager kühl, habe keinen Blitzstart auf dem Telekommunikations- markt hingelegt. Das habe aber gute Gründe: Schließlich werde an dem Fundament einer neuen Gesellschaft gebaut. "Und da", so Bohla, "darf nicht gepfuscht werden."

    Was der ehemalige IBM-Manager in stoischer Ruhe als Aufbau umschreibt, ist in Wahrheit der Versuch der Otelo-Mütter RWE und Veba, ihr Gesicht auf dem Telefonmarkt zu wahren. Weit über fünf Milliarden Mark haben die beiden Strommonopolisten bisher in den Aufbau der Telefongesellschaft gesteckt, Leitungen und Vermittlungsstellen wurden installiert und mit E-Plus sogar eine ganze Mobilfunkgesellschaft übernommen. Auf Anhieb sollte Otelo zur "Nummer eins" hinter der Telekom aufsteigen. Der finanzielle Aufwand der Mammutaktion steht in keinem Verhältnis zu den bisherigen Erfolgen. Von einem Platz in der Spitzengruppe ist Otelo noch ein gutes Stück entfernt.

    Seit einem halben Jahr herrscht auf dem deutschen Telefonmarkt Wettbewerb. Mehr als hundert Firmen sind angetreten, der Telekom Kunden und Geld abzujagen. Vor allem die großen Gesellschaften wie Otelo oder Viag Interkom gaben sich siegessicher. Mit ihren Milliardeninvestitionen in Technik und Personal, so rechneten auch die Branchenexperten, würden die Ableger der Stromkonzerne den schwerfälligen Ex-Monopolisten in Bedrängnis bringen und schnell einen beachtlichen Teil des 100-Milliarden-Marktes rund um das Telefon erobern. Die Realität sieht nach einem halben Jahr Wettbewerb anders aus [Ed: denn hatten sie doch alle nicht beachtet, daß der Wettbewerb im Ortsnetz entschieden wird, wegen des Internet-Zugangs für jedermann]. Neben dem schon im Mobilfunk erfolgreichen Mannesmann-Konzern setzen sich vor allem kleine, aggressive Firmen durch, die mit wenig Kapital und Technik gestartet sind.

    Vereint gegen die Telekom
    Wie stark die größten Telefonanbieter in Deutschland genutzt werden
    Stand:   Ende Mai 1998
    Anbieter Ferngespräche
    in Millionen Minuten pro Tag
    Deutsche Telekom 145,0
    Arcor 7,0
    MobilCom 4,2
    Talkline 1,0
    Tele2 1,0
    TelePassport 0,5
    Otelo weniger als 0,5

    Angeführt wird die Hitliste der Newcomer von der Schleswiger Firma Mobilcom. Rund 4,2 Millionen Gesprächs- minuten registriert das frisch notierte Börsenunternehmen inzwischen Tag für Tag auf seinen Leitungen – und das mit minimalem Aufwand: Gerade einmal 40 Millionen Mark hat Mobilcom- Gründer Gerhard Schmid bisher in die Netztechnik investiert. Mit nur einer Vermittlungsstelle und einer Handvoll gemieteter Leitungen war der ehemalige Sixt-Manager Schmid im Januar zum Kampf gegen die scheinbar übermächtigen Konkurrenten Telekom, Otelo, Viag oder Mannesmann-Arcor angetreten. "Ein schier aussichtsloses Unterfangen", urteilten damals Experten. Inzwischen spottet Schmid über die Konkurrenz: "Nur Verrückte" verbuddeln ihr Geld in der Erde. Mit seiner Minimalausstattung an Technik, Kapital und Personal hat Schmid zumindest vorerst den richtigen Kurs eingeschlagen – und ist dabei steinreich geworden. [
    Ferntarif-Vergleich per 1.7.1998]

    Unter der Mobilcom-Vorwahl können Kunden ohne vertragliche Bindung (call-by-call) Ferngespräche führen – innerhalb Deutschlands zu absoluten Kampfpreisen, für 19 Pfennig pro Gesprächsminute. Damit liegt Schmid – je nach Entfernung – bis zu 50 Prozent unter den derzeitigen Telekom-Tarifen. Abgerechnet werden die Telefonate unproblematisch über die Telefonrechnung des Ex-Monopolisten. Die Strategie kommt an. Die Kunden, das belegen neue Marktforschungen, wollen sich nach Jahren der Zwangsehe mit der Telekom nicht sofort wieder an eine Telefongesellschaft binden. Während beispielsweise beim privaten Marktführer Mannesmann-Arcor das Call-by-call-Geschäft boomt, sind feste Vertragsbindungen, bei denen alle Ferngespräche automatisch bei einer Gesellschaft geführt werden (pre-selection), eher rar.

    Besonders hart trifft die Entwicklung Otelo. Ein Call-by-call-Angebot für die Laufkundschaft hatte das Düsseldorfer Unternehmen bis vor wenigen Wochen nicht einmal im Angebot. Man brauche, so hatte Bohla erklärt, dauerhafte und tragfähige Kundenbeziehungen. Konsequent bot das Düsseldorfer Unternehmen zunächst nur Pre-selection-Verträge an. Langfristig mag diese Überlegung richtig sein. In den ersten Monaten blieb der Erfolg jedoch aus. Nicht einmal eine halbe Million Gesprächsminuten täglich konnte Otelo bis zur Einführung des neuen Angebots auf seinen Netzen verbuchen. Veba-Chef Ulrich Hartmann wird nervös, bei seinem Partner RWE herrscht schon seit Wochen Krisenstimmung.

    Dort wird mit wachsender Sorge registriert, daß selbst die ehemalige Handy- Service- Gesellschaft Talkline an Otelo vorbeigezogen war. Und die hatte RWE- Chef Dietmar Kuhnt vor knapp einem Jahr für den Spottpreis von rund 500 Millionen Mark an den Konkurrenten Tele Danmark verkauft. Der überraschende Aufstieg von Talkline oder Mobilcom hat auch anderen Kleinunternehmen Mut gemacht. So startete vor wenigen Wochen in Düsseldorf die schwedische Telefongesellschaft Tele2. "Vorsichtig" wollte Geschäftsführer Kjell Nilsson "das Geschäft in Deutschland ausloten". Doch seit Tele2 seine neuen Preise – zwischen 10 (am Wochenende) bis 20 Pfennig für Inlandsgespräche – vorgestellt hat, kann sich der schwedische Geschäftsführer vor Anfragen nicht mehr retten. Bis zu 25.000 Anrufe gehen täglich in den Call-centern ein. Mit der Bearbeitung von Anträgen kommen die Mitarbeiter kaum noch nach. Schon jetzt wickelt Tele2 rund eine Million Gesprächsminuten auf seinen Leitungen ab. Bis Ende des Jahres, schätzt Nilsson, werde seine Gesellschaft bei Ferngesprächen einen Marktanteil von fünf Prozent erreicht haben.

    Der Markt boomt. In fast allen Großstädten und selbst in der Provinz gründen sich kleine und mittelständische Telefongesellschaften und Dienstleister. Über hundert Lizenzen auf Zulassung liegen derzeit bei der Regulierungsbehörde in Bonn vor. Insgesamt sind bereits 1.100 Firmen im Geschäft rund ums Telefon in Deutschland aktiv, vor vier Jahren waren es erst 450. In Köln beispielsweise, wo NetCologne als eine der wenigen Telefongesellschaften die Kunden komplett vom Telekom-Netz abklemmt und neue Anschlüsse verlegt, ist ein wahrer Run ausgebrochen. Schon in wenigen Jahren glaubt Geschäftsführer Werner Hanf deshalb rund 20 Prozent des lokalen Marktes erobern zu können.

    Die frechen Newcomer stoßen nicht überall auf ungeteilte Begeisterung. Schon formieren sich überraschende Allianzen. Den "Wadenbeißern", wie Telekom- Chef Ron Sommer die kleinen Firmen gern nennt, soll das Geschäft mit Hilfe der Politik verdorben werden. Ein großer Teil des Erfolgs der neuen Gesellschaften basiert nämlich auf den per Verordnung festgesetzten Preisen für die Mietleitungen des Ex-Monopolisten. Danach haben die Firmen Anspruch darauf, Leitungen von der Telekom zu einem Preis von durchschnittlich 2,7 Pfennig pro Minute zu mieten. Einen Anreiz, eine eigene Infrastruktur aufzubauen, moniert die Telekom schon seit langem, bestehe dadurch nicht. Der Wettbewerb werde vollkommen verzerrt. "130 Telefonanbieter", so ein Telekom-Manager, "kann ein Land wie Deutschland nicht verkraften."

    Unerwartete Unterstützung erhielt Sommer vor wenigen Wochen von seinem stärksten Widersacher. Auch Mannesmann- Mobilfunkpionier Peter Mihatsch, der für Arcor mehrere Milliarden Mark in Netze und Vermittlungstechnik investiert hat, fordert eine Kurskorrektur. Bei den Lizenzbedingungen, so Mihatsch, müsse zwischen Telefongesellschaften mit und ohne eigenem Telefonnetz unterschieden werden. Die Chancen, daß Klaus-Dieter Scheurle, der Chef der Regulierungsbehörde, einem solchen Ansinnen nachkommt, sind gering. Gerade die kleinen Gesellschaften haben sich zum Nutzen der privaten Verbraucher als wahre Preisbrecher entpuppt. "Das Rad zurückzudrehen, damit wenige große Gesellschaften den Markt unter sich aufteilen [Ed: Oligopol], paßt nicht in die wettbewerbs- und verbraucherfreundliche Politik der Regulierungsbehörde", meint auch Talkline- Geschäftsführer Dirk Reupke.

    Das Nachsehen hat vor allem die Telekom. Fast drei Prozent Marktanteile, schätzt die Konkurrenz, hat das drittgrößte Telefonunternehmen der Welt inzwischen abgeben müssen. Bei den lukrativen Ferngesprächen dürfte der Anteil sogar schon über zehn Prozent liegen. Und der Trend hält ungebrochen an. Bis Ende des Jahres 2000, glaubt Talkline- Chef Reupke, werden "rund 20 Prozent dieses Marktes in den Händen privater Gesellschaften sein". Ganz unrealistisch ist das nicht. Verbissen streiten die Herausforderer nicht nur um die Gunst der 40 Millionen Privatkunden. Auch um große und mittelständische Geschäftskunden ist ein erbitterter Kampf entbrannt. Und da bekommen die Telekom-Herausforderer mit modernster Technik und flexiblen Angeboten immer öfter den Zuschlag.

    So konnte Arcor den Essener Warenhauskonzern Karstadt oder die Landesregierung Rheinland-Pfalz als Kunden gewinnen. Außerdem befindet sich das Unternehmen in aussichtsreichen Verhandlungen mit der Deutschen Bank, bei der es bereits seit langem den gesamten Datenverkehr abwickelt. Auf der Referenzliste von Otelo finden sich neben dem TV-Sender RTL auch die BFG- Bank und ein Rahmenvertrag mit der Kirche. Und Talkline kann mit der Übernahme des Telefonverkehrs der Bonner Regulierungsbehörde einen besonders prestigeträchtigen Erfolg verbuchen.

    Die Großkunden profitieren durch den neuen Wettbewerb erheblich. "Bis zu 30 Prozent Ersparnis", weiß Arcor-Manager Elmar Hülsmann, "sind bei Erstabschlüssen keine Seltenheit." Und während viele private Verbraucher mit dem Wechsel der Telefongesellschaft zögern, nutzen die Controller in Großunternehmen die Sparangebote rund ums Telefon konsequent aus. Wer nicht wechselt, so die Devise, drückt wenigstens die Telekom-Preise.

    Noch will der Ex-Monopolist von schlimmen Einbrüchen in seinem Geschäft nichts wissen. Der Umsatz, versicherte Sommer noch vor wenigen Wochen, sei seit Beginn des Wettbewerbs sogar gestiegen. Doch dabei rechnet sich der ehemalige Sony-Manager die Zahlen ein wenig schön. So verbucht die Telekom seit Anfang des Jahres Millionen Call-by-call-Gespräche, die beispielsweise für Arcor oder Mobilcom über ihre Rechnungen eingezogen werden, als eigenen Umsatz – buchhalterisch ist das völlig korrekt. Die wahre Bedrohung durch die Konkurrenz wird dabei allerdings nicht deutlich. Die eigentlich notwendige Bereinigung der Zahlen, räumt ein Telekom-Manager ein, habe im ersten halben Jahr des Wettbewerbs noch nicht stattgefunden.



    Streit über Öffnung der Mobilfunknetze

    Aus:
    Spiegel Online – 6. Juli 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Die Telekom-Regulierungsbehörde und das Bundeswirtschaftsministerium wollen bis zum Jahresende über eine weitere Öffnung der Mobilfunknetze entscheiden. Zunächst müsse geprüft werden, ob für früher erteilte Mobilfunk-Lizenzen ein Bestandsschutz gelte, erklärten Sprecher der Behörden am Montag. Das Ministerium und die ihr unterstellte Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post sind sich uneinig, ob Kunden auch im Mobilfunk bei jedem Gespräch die freie Auswahl der Anbieter haben sollen. Bis zum Jahresende solle gemeinsam eine Lösung gefunden werden.

    Die bisherigen Mobilfunkanbieter, die Deutsche Telekom (D1), Mannesmann (D2) und E-plus, haben ihre Lizenzen noch vor dem Inkrafttreten des Telekommunkationsgesetzes (TKG) erhalten, das eine Öffnung aller Telefonnetze vorsieht. Während das Wirtschaftsministerium nach eigenen Angaben eine baldige weitere Öffnung auch der Mobilfunknetze anstrebt, will die Regulierungsbehörde dies vermeiden. Sie befürchtet, daß nur die großen etablierten Anbieter einen dann einsetzenden Preiskampf durchstehen könnten und damit der Wettbewerb letzlich leide.

    Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt erklärte, der Mobilfunkmarkt dürfe nicht dauerhaft vom Wettbewerb abgeschottet werden. Die Preise für mobiles Telefonieren seien in Deutschland nach wie vor zu hoch. Jeder Mobilfunknetzbetreiber habe bei Lizenzvergabe mit ordnungspolitischen und technischen Veränderungen auf dem Markt rechnen müssen. [mehr]



    Bei der Telearbeit schaut Deutschland in die Röhre

    Aus:
    Spiegel Online – 8. Juli 1998 (nur elektronisch publiziert).

    KÖLN. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft gibt es in der Bundesrepublik rund 800.000 Menschen, die zu Hause, an wechselnden Einsatzorten oder in ausgelagerten Gemeinschaftsbüros arbeiten und nur per Computer mit ihrem Arbeitgeber verbunden sind. Dies entspreche gerade 2,4 Prozent aller Erwerbstätigen, berichteten die Wirtschaftsforscher am Mittwoch in Köln.

    In Großbritannien und Skandinavien sind die Quoten dagegen der Studie zufolge vier bis sechsmal so hoch. In Großbritannien allein gebe es vier Millionen Telearbeitsplätze. Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation ist Telearbeit in Deutschland vor allem im Vertrieb, im Außendienst, in der Organisation und der EDV verbreitet. Über die Hälfte der Telearbeiter habe die Position eines Sachbearbeiters oder Experten. Gut ein Viertel seien Führungskräfte, die von zu Hause per Computer für ihr Unternehmen arbeiteten.



    Internet: Kaufen ohne Kaufhaus

    Autos und Aktien, Reisen, Bücher, Sexartikel – das Internet wird zum Marktplatz des 21. Jahrhunderts. Immer mehr Unternehmen verkaufen ihre Produkte vorbei an Warenhaus und Kiosk. Das neue Zauberwort heißt Electronic Commerce.

    Aus: Der Spiegel – 31/1998, 27. Juli 1998, Seite 72–74 (Wirtschaft). [Vollständiger Artikel
    ] [Leserbrief]



    Globale Marktführerschaft angestrebt

    Aus:
    Spiegel Online – 27. Juli 1998 (nur elektronisch publiziert).

    LONDON. "Durch die Kooperation streben BT [British Telecom] und AT&T die unbestrittene Marktführerschaft in dem rasch wachsenden Geschäftsfeld für globale Kommunikationsdienstleistungen an", teilten die Konzerne in einer gemeinsamen Erklärung mit. Das Joint-Venture wird den Angaben zufolge, von beiden Unternehmen jeweils zur Hälfte getragen. Erwirtschaftet würde ein Umsatz von über zehn Milliarden Dollar (17,8 Milliarden Mark). Zukünftig könnten weitere Partner an dem Zusammenschluß beteiligt werden. Mit 5.000 Beschäftigten solle das Joint- Venture zum einen kostengünstige internationale Telefongespräche für Jedermann anbieten. Zum anderen solle es Kommunikations- dienstleistungen entwickeln, die speziell auf große multinational tätige Konzerne zugeschnitten sind. Der Aufbau des Gemeinschaftsunternehmens soll innerhalb von zwölf Monaten abgeschlossen werden. Im ersten Jahr erwarten die beiden Partner ein Betriebsergebnis von rund einer Milliarde Dollar. In den folgenden Jahren seien Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent möglich, hieß es.

    AT&T kündigte an, aus anderen internationalen Partnerschaften auszusteigen, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Aus der europäischen "Unisource"- Partnerschaft mit der niederländischen KPN, der schwedischen Telia und der Swiss Telecom PTT will AT&T den Angaben zufolge Mitte 2000 aussteigen. Die "World-Partners"- Allianz mit der japanischen KDD, Singapore Telecom und Unisource solle nicht über das Jahr 1999 hinaus verlängert werden. BT-Geschäftsführer Peter Bonfield sagte aber, eventuell könnten sich einige von AT&Ts Partner an dem Joint- Venture beteiligen. Bislang habe es diesbezüglich aber noch keine Verhandlungen gegeben. Entsprechende Gespräche sollten am Montag aufgenommen werden. (...)

    In Industriekreisen hatte es am Samstag geheißen, die Unternehmen strebten zwar eine Kooperation an, an eine Fusion werde aber nicht gedacht. Ein Zusammenschluß würde ein solches Volumen erreichen, daß er sowohl in Europa als auch in den USA auf massive wettbewerbsrechtliche Bedenken stoßen würde. AT&T war nach Angaben aus Industriekreisen seit längerem auf der Suche nach einem internationalen Partner. In einer internen Studie mit dem Namen "Project Athena" habe das Unternehmen neue Kooperationsmöglichkeiten in Übersee untersucht, hieß es. BT habe nach der gescheiterten Fusion mit der MCI Communications Corp speziell eine Kooperation mit einem US-Unternehmen angestrebt. BT war Ende des vergangenen Jahres im Übernahme- Wettstreit um die US-Telefongesellschaft MCI von Worldcom überboten worden.



    Telekom will Telearbeit einführen

    Aus:
    Spiegel Online – 28. Juli 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Die Deutsche Telekom will Telearbeit als Regelarbeitsform einführen. Wie das Unternehmen am Dienstag in Bonn bekanntgab, will es mit der Deutschen Postgewerkschaft (DPG) einen Tarifvertrag als Basis für die konzernweite Einführung von Arbeitsplätzen am heimischen Computer ausarbeiten. Verhandlungen der Tarifparteien hätten bereits begonnen. Der Entscheidung für Telearbeit war ein zweieinhalbjähriges Pilotprojekt mit bundesweit 160 Mitarbeitern vorausgegangen.

    Nach einer wissenschaftlichen Begleitstudie funktionierte diese Arbeitsform. Die Telearbeiter seien in hohem Maße zufrieden. 97 Prozent der Teilnehmer des Pilotprojekts würden "wieder mitmachen", gab die Telekom bekannt. 64 Prozent erklärten, sie hätten durch die alternierende Teleheimarbeit für sich mehr Selbständigkeit erlangt. 76 Prozent meinten, daß sich ihre Arbeitsbedingungen verbessert hätten, und 73 Prozent erklärten, sie könnten sich ihre Arbeitszeit flexibler einteilen.



    EU-Kommission warnt Bertelsmann vor Allianz mit Kirch

    Aus:
    Spiegel Online – 31. Juli 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BRÜSSEL. Die EU-Kommission hat die Bertelsmann AG davor gewarnt, nach der Ablehnung der digitalen Fernsehpläne mit der Kirch- Gruppe das Vorhaben über eine Erhöhung der Anteile beim Fernsehsender Premiere weiterzuverfolgen. Der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Karel van Miert bestätigte am Freitag in Brüssel einen entsprechenden Bericht des "Handelsblatts". Die Warnung der EU-Kommission sei an Bertelsmann geschickt worden.

    Nach dem Scheitern des Zusammenschlusses von Premiere mit dem Kirch-Sender DF1 hatten beide Unternehmen Ende Mai erklärt, ihren gemeinsamen Abonnenten- Sender Premiere weiterentwickeln zu wollen. An Premiere sind Bertelsmann und Kirch mit 37,5 beziehungsweise 25 Prozent beteiligt. Beide Unternehmen möchten diesen Anteil auf je 50 Prozent aufstocken, was derzeit vom Bundeskartellamt geprüft wird. Die EU-Kommission machte nun darauf aufmerksam, daß die Verwirklichung dieser Vorhaben gegen die Entscheidung von Ende Mai verstoßen könnte.



    Exorbitante Gebühren

    Aus: Der Spiegel – 33/1998, 10. August 1998, Seite 13. Leserbrief von ROCHUS BOERNER, Bensheim (Hessen) zum Artikel "
    Kaufen ohne Kaufhaus".

    Sie lassen den entscheidenden Standortnachteil des deutschen Online-Marktes unerwähnt: die exorbitanten Gebühren im Ortsnetz der Deutschen Telekom. Während die Amerikaner in den Genuß günstiger Pauschaltarife kommen, müssen wir bis zu fünf Mark pro Stunde blechen – politisch abgesegnet bis Ende 2002. Kein Wunder, daß sich hierzulande das Interesse am "elektronischen Einkauf" noch in Grenzen hält.



    Rüttgers will zweites Internet

    Aus:
    Spiegel Online – 14. August 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU) hat sich für ein zweites Internet ausgesprochen. Rüttgers sagte am Freitag in Bonn, bis zum Frühjahr 2000 müsse es flächendeckend in Deutschland zur Verfügung stehen und Übertragungskapazitäten von 2,5 Gigabit pro Sekunde möglich machen. Derzeit ist nach Auskunft der Deutschen Telekom AG auf den entscheidenden Strecken des Internets die höchste vorstellbare Geschwindigkeit 155 Megabit. Sie sei vom Privatkunden jedoch nicht zu erreichen.

    Rüttgers bezeichnete das derzeitige Internet wegen seiner Überlastung als "größte Zeitvernichtungsmaschine der Welt". Für die professionelle Nutzung müßten andere Datenübertragungswege nach dem Vorbild des bereits existierenden Deutschen Forschungsnetzes (DFN) gefunden werden. Sie würden derzeit erprobt. Ob auch das von ihm angestrebte zweite Internet nur für Wissenschaft und Forschung zugänglich sein solle, lasse sich zur Zeit noch nicht sagen, erklärte Rüttgers. Als erster Schritt einer internationalen Vernetzung des neuen Datenweges sei eine transatlantische Verbindung mit den USA vorstellbar. In den USA werde bereits an einem zweiten Internet gearbeitet.



    Drahtlos auf Draht

    Aus:
    Spiegel Online – 19. August 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BAD RAPPENAU. Stundenlang mit Amerika plaudern, ohne einen Pfennig an Telefongesellschaften zu zahlen: Diese Vision will Ulrich Altvater bald Wirklichkeit werden lassen. Der Mittelständler aus Bad Rappenau verkauft ein Funkmodem, das Ortsgespräche drahtlos überbrückt. Über Internet kann dann zum Nulltarif auch mit weit entfernten Zielen am Computer telefoniert werden. Telefongesellschaften, die nur auf den ersten Kilometern kassieren, verdienen dann nichts mehr. "Die Testphase haben wir bereits hinter uns", sagte Altvater der Deutschen Presse-Agentur. "In Amerika und Deutschland sind bereits Hunderte über Funk ans Internet angeschlossen."

    Ein weiterer wichtiger Vorteil sei die schnelle Übertragung von Daten. Das Funkmodem soll doppelt so schnell sein wie ISDN. Gegen Ende des Jahres will die Altvater Airdata GmbH & Co. KG (Bad Rappenau) sogar ein Modem auf den Markt bringen, das ISDN achtfach schlägt. "Der Modempreis dürfte dafür im kommenden Jahr bei weniger als 1.000 Mark liegen", betonte der 43jährige. Derzeit koste ein Modem noch 2.200 Mark, außerdem seien 150 Mark für eine monatliche Übertragung von 150 Megabyte fällig. Bei mehr Daten wird es teurer.

    In Heilbronn ist bereits das erste Stadtnetz installiert. Berlin, Hamburg und Karlsruhe sollen folgen. Per Funk tauscht die Rathauszentrale in Heilbronn mit ihren Bürgerämtern Daten aus und die Wasserstandsmeldungen kommen per Äther in die Leitstelle. Unternehmen kommunizieren mit ihrem Kilometer entfernten Lager, nehmen Bestellungen auf und schieben Daten zu ihren Kunden. In Amerika ist das Funkmodem bereits verbreiteter. In Südamerika ist Funk meist die einzige Möglichkeit, im Internet zu stöbern. Und in den USA fahnden Finanzbehörden mit dem deutschen Funkmodem nach Steuersündern.

    Das Gerät in Größe einer Zigarrenkiste und mit zwei handtellergroßen Antennen habe in Deutschland noch keinen Markt erobert, sagte Altvater. Dies liege aber "vor allem am Postministerium". Das Amt habe ihm zunächst die Versuchsgenehmigung verweigert, dann die Frequenzen nicht freigegeben und stemme sich nun gegen eine notwendige Erhöhung der Sendeleistung auf ein Watt. "Jede Mikrowelle strahlt stärker, Einwände der Behörde sind lächerlich", sagte der Chef von 15 Mitarbeitern, die 1997 in Bad Rappenau einen Umsatz von 3,5 Millionen Mark erarbeiteten. "Deshalb bin ich nach Amerika ausgewandert, dort war alles kein Problem." Die internationale Holdinggesellschaft Airdata Wiman Inc. sei deshalb in Florida angesiedelt worden.



    Digital Video Broadcasting: Die letzte Bastion des Analogen fällt

    Aus:
    Spiegel Online – 24. August 1998 (nur elektronisch publiziert).

    "Digital" ist das Synonym für die Zukunft. Kaum ein Begriff wird so oft genannt, wenn es um die Vision einer total vernetzten Welt geht, in der jede Information an praktisch jedem Ort der Erde verfügbar ist. Nicht nur Computer und Telefone arbeiten digital. Auch in der Küche oder im Auto arbeiten immer mehr elektronische Helfer nach diesem Prinzip. Nun haben Politik und Wirtschaft zum Sturm auf die letzte große Bastion des Analogen geblasen – die Übertragung von Fernseh- und Radioprogrammen. Mit der am Montag vom Bundeskabinett abgesegneten Initiative "Digitaler Rundfunk" wird nicht nur die Zahl der TV-Programme zu einer wahren Informationsflut anwachsen. Digitales Fernsehen dürfte in gut zehn Jahren zudem überall und in jeder Lebenslage verfügbar sein.

    Mit Digital Video Broadcasting, kurz DVB, werden die heutigen Übertragungs- kapazitäen für Fernsehbilder kräftig aufgeweitet. In Bits und Bytes zerlegt und komprimiert, können vier bis sechs Programme auf einem einzigen Fernsehkanal gesendet werden. Damit können selbst über normale Hausantennen fast 50 TV-Programme in bester Bild- und Tonqualität empfangen werden können, über Kabel- oder Satellit sind es noch viel mehr. Das Gerangel um freie Frequenzen dürfte damit zumindest erst einmal der Vergangenheit angehören. Doch die Revolution der neuen Technik, die in Deutschland bislang nur zur Verbreitung des Pay-TV Angebotes "DF1" genutzt wird, liegt weniger in ihrem immensen Kapazitätsgewinn, als vielmehr in ihrer uneingeschränkten Verfügbarkeit. Obwohl die Ausstrahlung digitaler Angebote weniger als ein Zehntel der heutigen Sendeleistung benötigt, kommen die Funkwellen praktisch überall an – ohne, daß man für ihren Empfang klobige Satellitenschüsseln aufstellen muß.

    Versuche haben ergeben, daß die Signale in Fahrzeugen selbst bei Geschwindigkeiten bis zu 300 Kilometern störungsfrei aufgenommen werden können. "So ist etwa Fernsehen beim Picknick auf der Wiese oder im Fonds eines fahrenden Autos kein Problem mehr", beschrieb Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) die neuen Möglichkeiten. Und da das Fernsehen mit der Digitalisierung das Funktionsprinzip von Computern und Telefonen übernimmt, bleibt die Übertragung keineswegs mehr auf TV-Bilder beschränkt. Über die selben Kabel-, Satelliten- oder Funkkanäle werden künftig auch Telefongespräche geführt oder elektronische Nachrichten verschickt. Die Trennung heutiger Telefon-, Daten- und Rundfunknetze wird praktisch aufgehoben.

    Doch wann diese Vision tatsächlich Realität wird, ist noch fraglich. Denn nur wenn die Verbraucher die vielen neuen Möglichkeiten auch nutzen, wird sich der Zeitplan einer vollständigen Umstellung der Fernsehübertragungstechnik bis 2010 halten lassen. Die Bonner Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) steht den Plänen skeptisch gegenüber und fragt: "Noch mehr Programme – zu wessen Nutzen?" Schließlich müssen die Zuschauer erst einmal in einen neuen Fernseher oder zumindest einen derzeit etwa 1.000 DM teuren Dekoder investieren, um auf digitalen Empfang gehen zu können.

    Völlig offen ist noch, wann sich das Digital Audio Broadcasting (DAB), der digitale Hörfunk, in Deutschland durchsetzen wird. Hier treten auch die Programm-Macher auf die Bremse. Gerade für die privaten Radiosender ist die derzeitige UKW-Verbreitung wegen ihrer konkurrenzlosen Akzeptanz bei den Hörern lebenswichtig. Eine parallele Abstrahlung in UKW und DAB aber hält die Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk für nicht finanzierbar. Außerdem dürfte es gerade bei Radiofans eine wenig ausgeprägte Neigung geben, schon wieder in neue Empfänger zu investieren. Digitalen Satelliten Rundfunk (DSR) in CD-Qualität gibt es nämlich schon. Doch den stellt die Telekom Anfang 1999 wegen Erfolglosigkeit ein. Damit können nach AgV-Angaben rund 80.000 Hörer ihre einstmals teuren DSR-Geräte zum Schrott geben.
    [Die WELT: Die technische Zukunft des digitalen Fernsehens]



    Schädliches Zögern

    Aus:
    Spiegel Online – 25. August 1998 (nur elektronisch publiziert).

    FRANKFURT/MAIN. Der Einstieg in das Milliardengeschäft mit dem Handel per Computer wird nach Ansicht der Marktforscherin Therese Torris in Europa von vielen Unternehmen verschlafen. Der US-Markt sei dem europäischen auf diesem Gebiet um ein bis anderthalb Jahre voraus, und in der globalen elektronischen Einkaufswelt könnten US-Handelshäuser den hiesigen schnell die Kunden streitig machen, sagte die Leiterin der Abteilung Neue Medien in der Europa-Zentrale des US-Marktforschungsinstituts Forrester Research in einem dpa-Gespräch. "Wenn die europäischen Unternehmen nicht entschiedener handeln, speziell die großen, werden sie die Amerikaner nicht einholen."

    Bei den europäischen Handelsunternehmen herrsche die Stimmung vor, man wolle abwarten, bis ein bedeutender Teil der Verbraucher ans Internet angeschlossen sei. Damit würden wichtige Chancen vergeben, denn die wohlhabenden Haushalte gingen als erste online – die Eltern häufig motiviert von ihren Kindern. Allerdings hätten Unternehmen in Europa schlechtere Startbedingungen als jene in den USA. So sei der Einzelhandel sehr fragmentiert, der Zugang zu Risikokapital schwerer. Eine Forrester-Analyse schätze, daß die Einnahmen im Online-Handel in Europa von derzeit rund einer Milliarde US-Dollar auf über 64 Milliarden im Jahr 2001 steigen werden – verglichen mit rund 207 Milliarden US-Dollar in den USA zu diesem Zeitpunkt. Knapp 90 Prozent davon würden jedoch hier wie dort Geschäfte zwischen Unternehmen betreffen. "Das wird von den großen Einsparungen angetrieben werden, die Firmen machen können." So ließen sich die Kosten pro Transaktion mit dem Einsatz von Online-Technologie häufig auf weniger als ein Zehntel senken. Die Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern würden dagegen weniger dynamisch wachsen. Ökonomische, historische und kulturelle Hürden ständen der Entwicklung entgegen.

    Torris nannte die hohen Telefongebühren als größte Barriere. "Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarkts hat noch nicht den erwarteten günstigen Internet- Zugang gebracht." Während US-Amerikaner Ortsgespräche zum Nulltarif bekämen, müßten Europäer für ein paar Stunden im Netz kräftig bezahlen. Dies werde sich auch nicht so schnell ändern, da die Telefongesellschaften nicht in erster Linie Internet-Nutzer im Blick hätten. Zusätzlich liege das frei verfügbare Einkommen in US-Haushalten im Durchschnitt um zehn bis 15 Prozent über dem in Europa, gleichzeitig kosteten Computer rund ein Fünftel weniger. Die Folge: "Amerikaner denken nicht viel nach über den Kauf eines Computers." Der Forrester- Analyse zufolge werden 2001 nur rund 13 Prozent der Bevölkerung in Europa ans Internet angeschlossen sein, in den USA 34 Prozent.

    Die Risikoscheue europäischer Konsumenten behindere die Entwicklung zusätzlich. Dabei beobachtet Torris ein Nord-Süd-Gefälle. So ständen die Skandinavier, Briten und Deutschen den neuen Möglichkeiten am aufgeschlossensten gegenüber. Die Verbraucher hätten vor allem Angst vor dem Bezahlen per Computer. Dabei sei ein hoher Sicherheitsstandard technologisch kein Problem mehr.



    Wenn ein Elefant den andern presst

    Aus:
    Spiegel Online – 26. August 1998 (nur elektronisch publiziert).

    NEW YORK. Das amerikanische Justizministerium untersucht, ob Microsoft versucht hat, den Chiphersteller Intel zum Verzicht auf Technologie- Entwicklungen zu bewegen, die im Konflikt mit Microsoft-Zielen standen. Dies berichtet die Tageszeitung "New York Times" am Mittwoch. In dem Konflikt zwischen Microsoft und Intel aus dem Jahr 1995 soll es insbesondere um die Frage gegangen sein, ob Intel spezielle Chips für die Programmiersprache "Java" des Microsoft- Konkurrenten Sun Microsystems bauen wird. Außerdem hatte Microsoft Einwände gegen ein Engagement von Intel im Bereich der Multimedia- Software.

    Microsoft-Konzernchef Bill Gates soll im August 1995 bei einem Treffen mit Intel- Spitzenmanager Andy Grove und mehreren Managern beider Unternehmen "vage Drohungen" gemacht haben, daß Microsoft Intel-Konkurrenten unterstützen könnte. "Gates wollte nicht, daß 750 Ingenieure des I.A.L. (Intel Architecture Labs) in seine Pläne zur Dominanz in der PC-Industrie eingreifen", zitierte die "New York Times" ein internes Intel-Dokument. Es war von einem Manager geschrieben worden, der bei dem Treffen anwesend war. "Gates machte vage Drohungen über die Unterstützung anderer Plattformen, und am gleichen Tag kündigte er ein wichtiges Programm an, den Alpha- Mikroprozessor des Intel- Konkurrenten Digital Equipment zu unterstützen. Gates war wütend über die I.A.L. Internet- Investitionen, und er wollte daß sie gestoppt werden," hieß es nach Angaben der Zeitung in dem Intel-Dokument.

    Vertreter Washingtons und amerikanischer Bundesstaaten haben in den letzten Wochen Aussagen von vier Intel- Beschäftigten aufgenommen, darunter auch die von Intel- Chef Grove. Am 23. September beginnt ein großangelegtes Kartell- verfahren des US-Justizministeriums und von 20 amerikanischen Bundesstaaten gegen Microsoft. Microsoft wird beschuldigt, den Wettbewerb durch unfaire Geschäftspraktiken vor allem im Bereich der Internet- Browser- Software behindert zu haben. Microsoft versucht nach Ansicht der Kläger, seine Monopolposition bei Windows- Betriebssystemen auch auf Internet- Software und den Internet- Kommerz auszudehnen. Die Kartellrechtshüter versuchen nach Darstellung der Zeitung zusätzliches Beweismaterial zu finden, das sie in ihre Klage einbringen können. Microsoft weist die Vorwürfe Washingtons und der Bundesstaaten als unzutreffend zurück und verweist seinerseits auf die Vorteile, die die Konsumenten und die US-Wirtschaft durch Microsoft-Technologien erhalten hätten.



    Streik: Spaniens Internet-Nutzer im Ausstand

    Aus:
    Spiegel Online – 4. September 1998 (nur elektronisch publiziert).

    MADRID. Spanien steht vor dem ersten Streik im Cyberspace. Aus Protest gegen die hohen Telefongebühren waren die rund 1,7 Millionen Internet-Nutzer des Landes ab Donnerstag aufgerufen, sich einen Monat lang nicht mehr in das weltweite Computernetz einzuklinken und ihre Web-Seiten geschlossen zu halten. Mit der Protestaktion soll Spaniens Telefonriese Telefonica gezwungen werden, eine im August beschlossene Tariferhöhung zurückzunehmen und eine monatliche Festgebühr für Internet-Surfer einzuführen.

    Dem "Online-Streik" haben sich Gewerkschaften, Parteien und Verbraucher- verbände angeschlossen. Zu dem Protest hat der Verband der Internet-Nutzer [Asociación de Usuarios de Internet] aufgefordert, der über die "Wucherpreise" der Telefongesellschaft klagt. So seien mit der Erhöhung der Ortsgespräche die Kosten für eine einstündige Internet-Verbindung um fast 170 Prozent auf knapp vier Mark gestiegen. Die "Streikenden" fordern eine feste Monatsgebühr von höchstens 100 Mark.

    Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat sich der AUI eine ganze Reihe Boykott- Aktionen einfallen lassen. So sollen die Telefonhörer daheim von der Gabel genommen werden, um keine Anrufe entgegennehmen zu können und die Telefongesellschaft somit um die Gebühren zu bringen. Zudem sind die Nutzer zu Beschwerdeanrufen unter den kostenlosen Auskunfts- nummern Telefonicas und der Regierung aufgerufen, die überdies mit Protest- E-Mails überhäuft werden sollen. "Stoppt die Tarife!" ist bereits auf zahlreichen Web- Seiten im Internet zu lesen. Telefonica hat bei den Ortsgesprächen in Spanien bislang eine Monopolstellung. Sein einziger Konkurrent im Festnetz, Retevision, hat bereits billigere Internet-Tarife angekündigt.



    Aufbruch zu einer neuen Medienpolitik

    Aus:
    Spiegel Online – 9. September 1998 (nur elektronisch publiziert).

    GÜTERSLOH. Weitreichende Änderungen in der Medienpolitik haben die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Sachsen gefordert. Angesichts der Herausforderungen der digitalen Zukunft verlangte Sachsens Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) die Zusammenlegung der 15 Landesmedienanstalten zu einer einzigen Kontrollbehörde für den privaten Rundfunk. Auf einem Symposium der Bertelsmann- Stiftung sprach er sich am Mittwoch in Gütersloh für eine Zusammenfassung der Medienkontrolle unter fortbestehender Kompetenz der Länder aus.

    Die Bildung eines Kommunikationsrates forderte der Ministerpräsident von NRW, Wolfgang Clement (SPD), in seinem vorab veröffentlichten Redemanuskript. Das Gremium sollte sich mit Fragen befassen, "in denen eine Vernetzung zwischen Ländern und Bund, Landesmedienanstalten und Regulierungsbehörde sinnvoll und geboten ist". Ein EU-Ausschuß dieses Kommunikationsrates sollte eine Vernetzung zwischen der Medien- und Telekommunikationspolitik in Deutschland und Brüssel sicherzustellen.

    Die seit Jahrzehnten immer wieder auch vom Bundesverfassungsgericht festgestellte "Sondersituation des Rundfunks" werde immer weniger faßbar, sagte Clement. "Die Grenzsteine der alten Medienwelten werden virtuell, zementierte Strukturen werden flüssig, Trennwände werden transparent und durchlässig, scheinbar Unvereinbares wird zusammenwachsen." In einer neuen Medienpolitik komme es immer mehr auf Kompetenz und Effizienz und immer weniger auf weltanschauliche Bekenntnisse an.

    Innovative Medienpolitik, so der Regierungschef, müsse als integrierte Kommunikationspolitik verstanden werden. "Sie umfaßt Rundfunk-, Film-, Presse-, Telekommunikations- und Multimedia- Politik. Es ist eine Querschnittsaufgabe der Wirtschafts-, Technologie-, Wissenschafts-, Bildungs-, Gesellschafts-, Kultur und Ordnungspolitik."

    Das Symposium "Kommunikationsordnung 2000 – Innovation und Verantwortung in der Informationsgesellschaft" dient der Diskussion von zukunftsweisenden Modellen für Ordnung und Selbstverantwortung in den Kommunikations- und Medienmärkten. Diesem Thema ist auch der diesjährige Carl-Bertelsmann- Preis gewidmet, der am Donnerstag verliehen wird.




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      Zum Teil 9

    © 1998-2000 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 18.12.2009 11.06 Uhr