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Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 9 khd
Stand:  22.3.1999   (37. Ed.)  –  File: Spiegel/09.html




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  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (10. Teil).
  • 17.11.1998: Breitband: Alternatives Ortsnetz.
  • 11.11.1998: Deutschland am Netz: "Erhebliche Defizite". (Mosdorf-Interview)
  • 06.11.1998: Das Ende der Deregulierung?
  • 04.11.1998: Statistik: 17 Millionen PC in deutschen Stuben.
  • 02.11.1998: Telekom: Griff zur Notbremse.
  • 27.10.1998: Spanien: Millionen-Betrug an Internet-Nutzern?
  • 23.10.1998: Koalitionsvertrag – Vom Internet keine Rede.
  • 17.10.1998: Telefonieren: Wirbel um Grundgebühr.
  • 14.10.1998: Längstes Faserkabel der Welt in Betrieb.
  • 08.10.1998: Der besondere Charme des Internet. (Bertelsmann-Interview)
  • 30.09.1998: T-Online: Zwei Stunden freies Surfen.
  • 30.09.1998: Die Streik-Verwirrung. (Internet-Streik)
  • 25.09.1998: Teures deutsches Kabelnetz.
  • 25.09.1998: Bertelsmann will Pay-TV und Online-Angebot verschmelzen.
  • 22.09.1998: Telekom: Neuer Teilnehmeranschluß-Antrag.
  • 19.09.1998: Veba will Telefongeschäft neu strukturieren.
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (8. Teil).



    Veba will Telefongeschäft neu strukturieren

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 19. September 1998 zum Artikel "Abschied von Iridium" im SPIEGEL – 39/1998, 21. September 1998, Seite 117 (Trends).

    HAMBURG. Bei den Telefonfirmen Otelo und E-Plus beginnen die Aufräumarbeiten: Aufgeschreckt von einem drohenden Zwei-Milliarden- Mark- Verlust, will sich Miteigentümer Veba von Randaktivitäten trennen. Wie das Nachrichten- Magazin DER SPIEGEL meldet, soll die Beteiligung am Handy- Konsortium Iridium möglichst bald abgestoßen werden. Das Iridium-System, an dem Otelo mit neun Prozent beteiligt ist, galt bis vor kurzem als "Revolution im Telefonmarkt", weil 66 Satelliten weltweite Erreichbarkeit garantieren. Das Kerngeschäft rund ums Telefon will die Veba dagegen stärken, Minderheits- gesellschafter stören da nur. Den 22-Prozent- Anteil der US- Firma Bell South an E-Plus würde Otelo deshalb gern übernehmen. Die Amerikaner verlangen nach Angaben von Insidern aber mindestens 1,4 Milliarden Mark. Neuer E-Plus-Chef soll RWE-Vorstand und Otelo-Chef Thomas Geitner werden, der dann drei Spitzenpositionen hält.



    Telekom: Neuer Teilnehmeranschluß-Antrag

    Aus:
    Spiegel Online – 22. September 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Die Deutsche Telekom AG hat einen neuen Antrag auf Genehmigung der Preise für die Vermietung der Anschlüsse ihrer Kunden gestellt. Wie schon im vorangegangenen Antrag wolle die Telekom 47,26 Mark monatlich verlangen, wenn ein Konkurrent die Anschlüsse der Telekom-Kunden mieten wolle, sagte ein Sprecher der Telekom am Dienstag in Bonn. Der neue Antrag sei umfangreicher als der vorangegangene und sei im intensiven Dialog mit der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zusammengestellt worden, die solche Entgelte genehmigen muß.

    Die Höhe der Miete gilt als entscheidend dafür, ob es Telekom-Konkurrenten gelingt, dem früheren Monopolisten auch bei Ortsgesprächen Konkurrenz zu machen. Es handelt sich um die Miete für die sogenannte "letzte Meile" von einer Verteilerstelle in den jeweiligen Haushalt. Da Telekom-Konkurrenten in der Regel keine eigenen Leitungen verlegen, müssen sie diese von der Telekom mieten

    Die Telekom hatte Anfang Juni bereits ein Entgelt von 47,26 Mark beantragt, diesen Antrag aber Mitte Juli in Absprache mit dem Regulierer zurückgenommen. Der Behörde sollte damit mehr Zeit für eine Prüfung des Antrags bleiben. Eine endgültige Entscheidung muß nun spätestens bis zum 30. November fallen. Bis zu dieser Entscheidung bleibt ein vorläufig genehmigtes Entgelt von 20,65 Mark monatlich gültig.



    Bertelsmann will Pay-TV und Online-Angebot verschmelzen

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 25. September 1998 zum Artikel "Große Störfaktoren" im SPIEGEL – 40/1998, 28. September 1998, Seite 116 (Medien).

    HAMBURG. Schon bald sollen in Deutschland Pay-TV und Online-Angebote verschmolzen werden. Darauf drängt nach einem Bericht des Nachrichten- Magazins DER SPIEGEL der Medienkonzern Bertelsmann unter dem designierten Vorstandschef Thomas Middelhoff. Beim Sender Premiere – dort sind die Gütersloher Großgesellschafter – denkt Middelhoff an eine Kooperation mit AOL TV vom eigenen Computerdienst AOL. Bislang verhindert Premiere- Mitgesellschafter Leo Kirch jedoch ein solches Bündnis. Der Filmhändler will lieber seinen Fundus über rund 30 digitale TV-Kanäle vermarkten. Nur diese Auswahl, so Kirch, bringe genügend neue Kunden für den bei 1,65 Millionen Abonnenten stagnierenden Pay-Kanal. Den Konflikt wollen die Bertelsmänner notfalls ein halbes Jahr durchstehen, ehe auch ein Ausstieg in Frage kommt. Die Situation bei Premiere, wo das Bundeskartellamt Kirch und Bertelsmann an einem geplanten Ausbau ihrer Anteile hindert, erinnere "an die frühe Phase von Vox", klagt ein Bertelsmann- Manager. Bei dem zunächst gescheiterten Info-Sender seien ebenfalls Rechtsprobleme und schwierige Mitgesellschafter große Störfaktoren gewesen. Die Debatten über eine TV-Allianz mit Kirch hätten dem Haus schon genügend geschadet. [mehr]



    Teures deutsches Kabelnetz

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 25. September 1998 zum Artikel "Schwieriger Verkauf" im SPIEGEL – 40/1998, 28. September 1998, Seite 115 (Trends).

    HAMBURG. Beim geplanten Verkauf ihrer Kabelnetze will die Deutsche Telekom den stolzen Preis von 12 bis 15 Milliarden Mark für alle 17 Millionen Kabelhaushalte erzielen. Um den Einstieg in das Imperium bemühen sich nach Informationen des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL zwei Dutzend Interessenten, darunter vor allem die Investmentbank Morgan Stanley, General Electric Capital und Microsoft. Für die Investoren ist allerdings von Nachteil, daß sie nicht gezielt attraktive Großstadtnetze kaufen können, sondern nur in sechs groß geschnittene Regionalgesellschaften mit hohem Landanteil einsteigen dürfen. Falls die Telekom mit der Verkaufsaktion deshalb keinen Erfolg hat, sollen nach internen Plänen die WestLB und die Deutsche Bank das defizitäre Kabelgeschäft (Verlust 1997: 1,3 Milliarden Mark) übernehmen und zerschlagen. Unabhängig davon bietet die Telekom in einer Servicefirma von Oktober an den Kabelkunden für knapp fünf Mark zusätzlich im Monat neue TV-Inhalte an, darunter digitale öffentlich-rechtliche Programme und sieben ausländische Sender.

    26.9.1998 (t-off). Die Deutsche Telekom hat inzwischen dieser Darstellung widersprochen. Sie selbst habe nur 6,5 Millionen TV-Kabelanschlüsse. Aber bereits diese würden nach einer US-Abschätzung einen Marktpreis von 13 bis 16 Milliarden Mark bedeuten. Das Unternehmen werde keine Zahlen nennen, um mit Rücksicht auf die Verhandlungen nicht eine Obergrenze für die erwarteten Gebote anzugeben.



    Die Streik-Verwirrung

    Aus:
    Spiegel Online – 30. September 1998 (nur elektronisch publiziert).

    HAMBURG. Der 1. Oktober soll einer der farblosesten Tage der Internet-Geschichte werden. Aber nicht nur dieser: Auch der 1. November soll ein grauer Tag werden. Und wenn das alles noch nicht grau genug ist: Dann kommen noch zwei Wochen vom 1. bis zum 15.Dezember dazu. Streiken im Internet wird zum neuen Sport. Drei Streiks sind bis zum Jahresende geplant, alle haben unterschiedliche Motive, vom Kampf gegen hohe Telefongebühren bis zum Aufruf gegen Urheberrechtsverletzungen.

    Der Reihe nach streiken: Die Aktion Greyday (1.10.), dann die Organisation DarkBreed mit der Aktion "User gegen Wucher", und zuletzt will die "Protestaktion gegen die überhöhten Internetzugangstarife (Ortstarife) der Telekom vom 1. bis 15. Dezember" Internet-Nutzer aufrufen, ihre Computer stillzulegen. Doch diese hat sich mittlerweile mit dem Verein DarkBreed vereinigt und ruft jetzt gemeinsam zum Streik am 1. November auf. Führt diese Aktion nicht zum Erfolg, soll es ab 1. Dezember für zwei Wochen weitergehen.

    Bei "Greyday" sollen Privatpersonen und Firmen aus aller Welt gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet protestieren und ihre Homepages gegen graue Seiten austauschen. Nur durch Aufklärung und Verständnis könne bewirkt werden, daß das Web mit ursprünglichem, kreativem Inhalt gefüllt bleibe und das stumpfe Grau nicht harte Realität werde, erklären die Organisatoren.

    24 Stunden lang sollen im Internet alle bunten Bilder und lustigen Grafiken verschwinden, die als geistiges Eigentum anderer in der virtuellen Welt immer wieder unbefugt weiterverbreitet würden. Die grauen Seiten zeigten dann, "was wäre, wenn alle Leute, die Inhalte für das Web erstellen, ihre ganze Arbeit löschen". Die graue Protest-Page kann auf der Greyday-Seite heruntergeladen werden. Alle Teilnehmer werden in ein Verzeichnis aufgenommen.

    DarkBreed und "User gegen Wucher" kämpfen gegen hohe Telefongebühren der Deutschen Telekom AG. "Es reicht uns! Wir wollen eine faire Anpassung des Preises für Internetverbindungen", gaben die jugendlichen Protestler in einer Pressemitteilung bekannt. Auf der Homepage gibt es einen gezielten Fahrplan, was Internet-User gegen die Telekom unternehmen können. Ziel der Aktion sind Surfgebühren, die sich um eine Mark pro Stunde bewegen. Vorbild ist ein Streik spanischer Internet-User, der erfolgreich endete.

    Die Telekom sieht den Streik pragmatisch. Einem User einer Telekom- Newsgroup antwortete das T-Online-Team: "Merke Dir den 1.11. als Surf-Tag vor, die Chance auf hohe Durchsatzraten sind recht gut, da die Online-Doom- Spieler an jenem Tag etwas anderes machen wollen." [mehr zum Streik] [Streik-Pressespiegel]



    T-Online: Zwei Stunden freies Surfen

    Aus:
    Spiegel Online – 30. September 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Ab 1. November bietet T-Online seinen Kunden bei Nutzung der Softwareversion 2.0 zwei Freistunden pro Monat an. In dieser Zeit zahlen die Kunden nur den Telekom City-Tarif. Nach Angaben von T-Online bedeute dies einen Kostenvorteil von sechs Mark monatlich gegenüber dem bisherigen Preismodell. "Mit dem Angebot von zwei Freistunden pro Monat bauen wir unsere Position als größter deutscher Internet- Service- Provider weiter aus", sagte T-Online-Chef Wolfgang Keuntje.



    Der besondere Charme des Internet

    Aus:
    Spiegel Online – 8. Oktober 1998 (nur elektronisch publiziert).

    Klaus Eierhoff, Bertelsmann-Vorstandsmitglied für den Bereich Multimedia, will den Konzerntanker für E-Commerce flottmachen und fordert flexible Geschäftsbedingungen für das Netz sowie Nachbesserungen beim IuKDG. Um in den Zukunftsmärkten zwischen Internet und E-Commerce nicht den Anschluß zu verlieren, kauft Bertelsmann neben seinen Beteiligungen an America Online in Europa, Japan und demnächst in Australien nun auch einen 50prozentigen Anteil an Barnesandnobles.com für 200 Millionen Dollar. Durch den Einstieg bei dem Internetableger der amerikanischen Buchkette wollen die beiden Häuser gemeinsam dem Pionier Amazon.com Paroli bieten.

    Bisher konnte Bertelsmann im Internet(buch)markt nicht richtig Fuß fassen. Das Internet ist in den Leitungsebenen des Konzerns zwar als neuer Vertriebskanal ausgemacht worden, doch das Unternehmen, das aus mehr als 600 Einzelfirmen zusammengeschachtelt ist und 60.000 Mitarbeiter in rund 50 Ländern hat, brachte seine Inhalte- und Vermarktungs- kompetenz vor allem in das Gemeinschaftsprojekt mit AOL ein. Stefan Krempl sprach mit Klaus Eierhoff, Mitglied des Vorstandes der Aktiengesellschaft.

    SPIEGEL Online: Welche Strategie hat Bertelsmann, um die digitale Welt zu erobern und mitzugestalten?

    Eierhoff: Bertelsmann versteht sich als Inhaltehaus mit einer starken Marketingkompetenz. Beide Fähigkeiten sind im Internet wichtig. Die Weichen wurden schon in den letzten Jahren gestellt. Mit unseren internationalen Engagements bei AOL und Compuserve, der europäischen Suchmaschine Lycos oder mit Pixelpark, der führenden deutschen Multimedia-Agentur sind wir in den Bereichen Multimedia und Online in Europa in einer führenden Position. mediaWays, Deutschlands zweitgrößtes IP-Netzwerk, betreiben wir erfolgreich mit der debis Systemhaus und haben uns so auch auf der Netzwerkseite große Kompetenzen erworben. Das führt dazu, daß bald unsere neue Internet-Telefonie-Gesellschaft (interner Name "Avanti", die Red.) an den Start geht, quasi als Ergebnis unserer technischen Kompetenz in diesem Feld.

    SPIEGEL Online: Bertelsmann ist generell dafür bekannt, auf eine verzahnte Verwertungskette über die zum Konzern gehörenden Verlage, Buchclubs, Musiklabels, Rundfunk- und Fernsehstationen bei der Ausschöpfung von Inhalten zurückgreifen zu können. Welche neuen Wertschöpfungsketten und daraus resultierende Vorteile sieht Bertelsmann in den neuen Medien?

    Eierhoff: Online-Services haben in den letzen Jahren eine einzigartige Entwicklung vollzogen. 1994 hatte AOL Inc. noch circa eine Million Abonnenten, heute sind es über 13 Millionen. Der häufig kolportierte Satz "das Internet ist noch lange kein Geschäft" wird relativiert, wenn man sich die Geschäftsentwicklung solcher Unternehmen anschaut. Klarer Mehrwert also: Wir können neue Kundengruppen von unseren Angeboten überzeugen und verdienen damit Geld. Gleichzeitig bauen wir mit AOL, Compuserve und Lycos unsere Position als Traffic- Generator für unsere E-Commerce- Geschäfte aus. Wir erhalten neue Ideen für die Gestaltung von Communities of Interest und damit eine der Schlüsselfähigkeiten der Zukunft.

    SPIEGEL Online: Bleiben angesichts der "multimedialen Konvergenzen", die der scheidende Vorstandvorsitzende Mark Wössner und sein Nachfolger Thomas Middelhoff im Bereich Multimedia ausgemacht haben, die Rechte der einzelnen Autoren und Kreativen nicht auf der Strecke?

    Eierhoff: Wenn wir von multimedialen Konvergenzen sprechen, dann meinen wir in der Regel die attraktiven Möglichkeiten, die sich für ein großes Medienhaus durch die technische Konvergenz ergeben. Ein wichtiges Beispiel dafür ist das prognostizierte Verschmelzen von TV- und Online-Welt beim interaktiven Fernsehen. Was die Rechte der Kreativen angeht, so gilt die Maxime des Unternehmens Bertelsmann als "home for creative talents": Die Bewahrung der Rechte und der Schutz unserer Künstler und Kreativen stehen im Vordergrund unserer Arbeit.

    SPIEGEL Online: In der Offline-Welt ist Bertelsmann einer der stärksten Player im Buchmarkt. Im Internet haben dagegen Konkurrenten wie vor allem Amazon.com ihre Positionen bereits besetzt und sind am Expandieren. Als Vorstand bei Karstadt waren Sie vor allem für die Ausweitung der Electronic-Commerce-Aktivitäten zuständig – wird sich nun auch bei Bertelsmann bald mehr tun?

    Eierhoff: E-Commerce ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Medienprodukte eignen sich in besonderer Weise zur Distribution via Internet. Dies gilt für unsere herkömmlichen, "analogen" Angebote wie das auf Papier gedruckte Buch oder die Musik-CD, aber eben auch für die per Internet verschickten Datenpakete, die auf elektronischen Büchern Lesegenuß ermöglichen, oder Symphonien, die wir per Datenleitung auf die Festplatten unserer Kunden schicken werden. E-Commerce ist daher eine besondere Herausforderung für uns. BOL.com, unser Buchladen im Internet, ist ein massiver Schritt in diese Richtung. Derzeit laufen die letzten Tests, die Markteinführung steht bevor. Die Beteiligung an Barnesandnoble.com war für Bertelsmann ein weiterer konsequenter Schritt, um das strategisch geplante Ziel, einen wettbewerbsfähigen Internet-Handel aufzubauen, ohne Verzögerung zu erreichen. Auf dem weit entwickelten US-Markt ist diese Partner-Lösung einer Alleinstellung von Bertelsmann vorzuziehen, da wir so von Beginn an über eine starke Marktbasis verfügen können. Mit dem Einstieg wollen wir in den USA sehr schnell zu einem ernsthaften Wettbewerber von Amazon werden, dazu scheint uns der Partner Barnes & Nobles ideal.

    SPIEGEL Online: Welche Rolle hat die Politik für die Schaffung eines globalen Geschäftsrahmens für das Internet? Bietet der von EU-Kommissar Martin Bangemann angeregte Global Business Dialogue, bei der Ihr Vorstandskollege Thomas Middelhoff die Leitung des Steuerungskomitees übernommen hat, eine geeignete Plattform?

    Eierhoff: Sie deuten mit Ihrer Frage zu Recht an, daß wir dringend supranationale Regelungen brauchen, die Klarheit schaffen über die Art und Weise, wie im Internet Geschäfte gemacht werden. Dies schließt zolltarifliche Fragen genauso ein wie steuerrechtliche oder die Diskussion über eine sichere, weltweit akzeptierte Form des Zahlungsverkehrs. Hoheitsrechtliche Fragen sollten dabei von den Staaten und supranationalen Exekutivorganisationen beantwortet werden. Als Verfechter des Subsidiaritätsprinzips bin ich der Meinung, daß in all den anderen, nicht hoheitlichen Bereichen, vor allem die Industrie gefordert ist, sich intensiv mit der Definition einheitlicher Standards und Normen auseinanderzusetzen. Der Global Business Dialogue bietet eine gute Plattform für solche Diskussionen zwischen Industrie- und Regierungsvertretern.

    SPIEGEL Online: Bertelsmann ist durch seine Beteiligungen an AOL und Compuserve sowohl als Access- als auch Contentprovider im Geschäft. Wie schätzen Sie die von der Politik gelegten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland beziehungsweise der EU ein? Wo sind noch die größten Schwierigkeiten, Regelungslücken?

    Eierhoff: Deutschland ist grundsätzlich in der günstigen Situation, mit dem IuKDG-Gesetz eine liberale und angemessene Grundlage für die Arbeit in und mit dem neuen Medium zu besitzen. Es fehlt aber teilweise an Eindeutigkeit bei der Auslegung der Richtlinien. Die Formulierungen, die die Haftung des Internet-Providers regeln, sind zu unspezifisch. Das harte Urteil gegen den früheren Geschäftsführer von Compuserve Deutschland, Felix Somm, ist nicht zuletzt auf diese Problematik zurückzuführen. Große Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist zwangsläufig die Folge. Während es in einigen Gesetzeswerken größere Lücken und Unklarheiten gibt, zeichnen sich andere wiederum durch ein hohes Maß an Detaillierung aus, welches in der täglichen Arbeit hinderlich ist. Daß im global konzipierten Internet die deutschen Bundesländer jeweils eigene Regelungskompetenzen besitzen, fördert die Klarheit und Eindeutigkeit für die Service-Provider ebenfalls nicht.

    SPIEGEL Online: Gehen die "Selbstkontrollmaßnahmen" der Wirtschaft letztlich auf die Kosten freier Meinungsäußerung im Internet, und ist die Grenze zur Zensur fließend?

    Eierhoff: Der besondere Charme des Internet liegt zweifellos in der freien Kommunikation über alle Themen und Grenzen hinweg. Diese Freiheit kann und darf aber nicht von der gesellschaftlichen Verantwortung, insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen, entbinden. Gerade wenn wir eine freie Kommunikation fordern und die inhaltliche Kontrolle durch staatliche Autoritäten ablehnen, müssen wir den Nutzern Möglichkeiten an die Hand geben, damit sie ihrer elterlichen oder erzieherischen Sorgfaltspflicht nachkommen können.

    SPIEGEL Online: Wird die Geschäftswelt Ihrer Meinung nach das "anarchische" Medium Internet generell verändern?

    Eierhoff: Warum sollte es? Es wird meiner Ansicht nach eine "friedliche Koexistenz der Welten" geben. Die Kommerzialisierung wird in vielen Feldern fortschreiten, Werbeflächen werden sich im Web ausbreiten, E-Commerce- Angebote werden einen festen Platz finden, clevere "Agenten" im Auftrag des Kunden nach den interessantesten Angeboten forschen. Es wird aber auch weiterhin die puristischen, ursprünglichen Gegenden des Internet geben. Es ist die Mischung, die Fülle von spannenden, attraktiven und auch skurrilen Formen des Internet, die die Online-Welt zu einem Erlebnis machen. Und wenn es nach mir geht, dann sollte das auch so bleiben!



    Längstes Faserkabel der Welt in Betrieb

    Aus:
    Spiegel Online – 14. Oktober 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN. Das Riesenkabel namens "Trans-Asia-Europe Optical Fibre Cable System" zieht sich von Frankfurt am Main bis nach Schanghai und soll Telefongespräche und Daten übertragen. Beim Ausbau ihrer weltweiten Verbindungen setze die Telekom nur noch auf Kabelsysteme und nicht mehr auf Satelliten, sagte Telekom-Vorstand Gerd Tenzer. Während die Leistungsfähigkeit und Rentabilität von Kabeln stetig steige, würden Satelliten "immer unattraktiver".

    Das neue Kabel soll schrittweise Satellitenverbindungen zwischen Europa und Asien ablösen. Nach Telekom-Angaben können über die Glasfaser zunächst etwa 4.000 Telefongespräche gleichzeitig in hoher, digitaler Qualität geführt werden. Die Kapazität sei aber beliebig erweiterbar. Für viele Staaten in Zentralasien bringe die Verbindung den "Anschluß an das Telekommunikationszeitalter". Zur Zeit vermitteln die Telefongesellschaften monatlich erst etwa 500.000 Telefonate zwischen Deutschland und China. Das Investitionsvolumen bezifferte Tenzer auf rund eine Milliarde Mark, wobei jedes beteiligte Land seinen Teil selbst gebaut und finanziert habe.

    Tenzer kündigte an, daß die Telekom den Ausbau internationaler Hochgeschwindigkeitsnetze weiter forcieren wolle. So habe das Unternehmen erst kürzlich den Vertrag für die Beteiligung an einer weiteren Glasfaserverbindung zwischen Europa und den USA unterzeichnet. Das neue Seekabel solle vor allem den "explosionsartig ansteigenden Internetverkehr" transportieren. Es kostet rund 2,3 Milliarden Mark und ermöglicht die gleichzeitige Übertragung von mehr als sieben Millionen Telefongesprächen.



    Telefonieren: Wirbel um Grundgebühr

    Um 23 Mark könnte sich der monatliche Telefonanschluß erhöhen. Wer soll das zahlen: Der Kunde oder die Konkurrenz? Die Telekom dementiert die Umlage auf eigene Kunden.

    Aus:
    Spiegel Online – 17. Oktober 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BONN/MÜNCHEN. Die Deutsche Telekom hat am Samstag erklärt, daß die Grundgebühr für den Telefonanschluß ihrer Kunden auch künftig bei 24 Mark liegen wird. Der Telekom-Sprecher Ulrich Lissek wies Berichte zurück, nach denen die monatliche Grundgebühr möglicherweise auf 47 Mark steigen könnte.

    Im "Focus" wird behauptet, die Telekom wolle künftig von Konkurrenten für die Überlassung eines Anschlusses monatlich 23 Mark mehr fordern. Der Chef des Verbandes für Telekommunikations- und Mehrwertdienste, Gerd Eickers, hatte in dem Bericht die Befürchtung geäußert, daß dieser Schritt Konsequenzen für alle Telefonkunden haben könnte. Laut Gesetz, so Eickers, dürfe der Regulierer nicht zulassen, daß die Telekom von ihren Kunden weniger Grundgebühr verlange als von ihren Konkurrenten.

    Der Telekom-Sprecher Lissek warf Eickers vor, er habe die Grundproblematik nicht verstanden. Die Telekom habe die tatsächlichen Kosten für die Grundgebühr in dem Bericht an die Regulierungsbehörde mit 47 Mark beziffert. Dieser Betrag müsse von Wettbewerbern erhoben werden. Daß die Telekom von ihren eigenen Kunden lediglich 24 Mark Grundgebühr verlange, stehe dazu nicht im Widerspruch. Weltweit seien Telefonanschlüsse für die Anbieter- gesellschaften defizitär. Die niedrigen Anschlußgebühren würden aus den Gesprächsgebühren subventioniert. Wenn die Telekom einem Konkurrenten den Anschluß überließe, fielen die Grundgebühren für sie selbst als Einnahmequelle weg. [mehr]



    Koalitionsvertrag – Vom Internet keine Rede

    Der Aufbruch in die Zukunft, den die neue Bundesregierung verspricht, droht nach hinten los zu gehen. Im Koalitionsvertrag rangiert Informationstechnologie unter "ferner liefen".

    Aus:
    Spiegel Online – 23. Oktober 1998 (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Vom "Aufbruch", von "Visionen" und "Innovationen" hatte Gerhard Schröder im Wahlkampf gesprochen. Künftig werde die Bundesrepublik ein Land sein, "das mit Spitzentechnologie und Spitzenqualität auf den Zukunftsmärkten der Welt erfolgreich ist." Verheißungsvoll schmückt sich auch der am Montag vorgestellte Koalitionsvertrag mit der Überschrift "Aufbruch und Erneuerung – Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert".

    Bei der Lektüre des Koalitionsvertrags können einem jedoch erste Zweifel kommen. Nicht nur Hermann Neus, Vorsitzender für Telekommunikation bei der Amerikanischen Handelskammer, wunderte sich darüber, daß in dem Dokument eine Suche nach dem Stichwort "Internet" erfolglos bleibt. Den Begriff "E-Commerce" sucht man ebenfalls vergebens. Wie will eine Politik sich auf das 21. Jahrhundert vorbereiten, wenn der Umbruch von der Industrie- zur Informationsgesellschaft ignoriert wird? Wie kann man die Rahmenbedingungen der Informationsgesellschaft gestalten und die Rolle des wahrscheinlich wichtigsten Mediums, des Internet, ausklammern?

    Bereits während der Koalitionsverhandlungen drangen besorgniserregende Gerüchte aus den Verhandlungszimmern: Alles, was mit Informations- und Kommunikationstechnologie zu tun habe, sei "bis zur Unkenntlichkeit eingedampft", berichtete ein Referent entsetzt. Man müsse froh sein, wenn ein einziger Satz übrig bleibe. Tatsächlich wurden als erstes die Pläne für ein "Bundesministerium für Medien & Kommunikation" ad acta gelegt – die Marschroute von Schröder war eindeutig: Eher würden Ministerien zusammengelegt, als neue gegründet. Punkt um Punkt aus dem mehrseitigen Verhandlungspapier zur "Informationstechnologie-Politik in der Legislaturperiode 1998–2002" wurde gestrichen: E-Commerce und Internetsteuer, Kryptographie und IT-Sicherheit, das Jahr-2000-Problem, der Bund-Länder- Kommunikationsrat, der Universaldienst, die Berufung kompetenter Berater unter dem Motto "Get Serious on Information Society" und so weiter und so fort.

    Wider Erwarten gab es dann doch noch eine positive Überraschung: Um der SPD Druck zu machen, warfen die Bündnisgrünen einen schweren Brocken auf den Tisch: den Plan für ein Informationsfreiheitsgesetz. Wider Erwarten akzeptierten die Sozialdemokraten. Jetzt heißt es im Koalitionsvertrag: "Durch ein Informationsfreiheitsgesetz wollen wir unter Berücksichtigung des Datenschutzes den Bürgerinnen und Bürgern Informationszugangsrechte verschaffen." Das Gesetz nach dem Vorbild des US-amerikanischen "Freedom of Information Act wird nicht nur einen ganzen Rattenschwanz von verwaltungstechnischen Veränderungen zur Folge haben, es wird das Verhältnis von Bürgern und Bürokratie völlig umkrempeln: Bislang steht auf Papier aus deutschen Amtsstuben im Normalfall der Stempel "nicht öffentlich".

    Was passiert nun, wenn Bürger Sitzungsprotokolle nach bestimmten Stichworten suchen und anfordern können, wenn bauliche Planungsvorhaben bekannt werden? Man darf gespannt sein, ob aus dem Gesetz nicht nur ein Papiertiger mit zahlreichen Ausnahmeklauseln wird – ähnlich wie der europäische Verhaltenskodex. Klar ist jetzt schon, daß sich der Entwurf für ein deutsches Informationsfreiheitsgesetz nicht am radikaleren schwedischen, sondern am US-amerikanischen Modell orientieren wird. Bei der Förderung für die Informations- und Kommunikationsbranche soll nach Willen der Koalitionäre künftig ein besonderes Gewicht auf kleine und mittlere Unternehmen und die Entwicklung des Software- und Dienstleistungsbereichs gelegt werden. Falls diese Marschlinie durchgehalten wird, könnte dies tatsächlich eine Kehrtwende der bisherigen Förderpraxis bedeuten: Bislang hatten Großunternehmen wie Siemens die meisten Gelder erhalten, der Löwenanteil landete in wenig lukrativen Hardwareprojekten.

    Außerdem bekannte sich Rot-Grün zu einem "effektiven Datenschutz im öffentlichen und im privaten Bereich". Dazu gibt es allerdings auch keine Alternative: Schließlich muß bis zum 24. Oktober das deutsche Datenschutzrecht an die Richtlinie der Europäischen Union angepaßt werden – sonst drohen Bußgelder. Eine Erbschaft der Ära Kohl, die in dieser Sache drei Jahre lang untätig blieb. Bereits in den nächsten Tagen wollen die Sozialdemokraten einen Entwurf vorlegen.

    Etwas verdruckst präsentiert sich das früher unter dem Schlagwort "Schulen ans Netz" sattsam bekannte Internet- Aufrüstungsprogramm aus dem Rüttgers- Ministerium: Medienkompetenz soll als Schlüsselqualifikation verwirklicht werden. Bezahlen will man die Bildungsoffensive mit Hilfe einer "Innovationspartnerschaft mit der Wirtschaft und mit den Ländern". Dann derselbe Gedanke, nur etwas anders formuliert, noch einmal: Die Koalition strebe eine Bildungspartnerschaft aus Bund, Ländern, Gemeinden und Wirtschaft an, um die Bildungseinrichtungen mit zeitgemäßer Informations- und Kommunikationstechnik auszustatten. Aber wo liegt denn der Unterschied zwischen "Innovationspartnerschaft" und "Bildungspartnerschaft"? Wie weit entfernt die wirklichen Internetexperten vom Verhandlungstisch saßen, können diese Sätze am besten illustrieren.

    Von Visionen und Innovationen, einem integrativen Konzept ist im Koalitionsvertrag also nicht mehr viel zu spüren. Dabei hatte alles so gut angefangen: Als Schröder Mitte Juni seine Entscheidung bekannt gab, Stollmann in sein "Team" zu holen, hatte die Informationstechnologie-Branche Frühlingsluft gewittert. Sogar das US-Magazin "Wired" hatte die Personalentscheidung in einer Linie mit der Politik des US-Vizepräsidenten Al Gore und des britischen Premierminister Tony Blair gesehen, die beide im Wahlkampf erfolgreich auf die High-tech-Karte gesetzt hatten.

    Stollmann hatte jedoch schon nach wenigen Wochen seinen Startbonus verbraucht: Anstatt sich als deutscher Al Gore zu präsentieren, ließ er sich auf ein unproduktives Hickhack um Ladenschlußzeiten und Sozialsicherungssysteme ein. Zwar gewann er im August mit seiner Rede vor dem Berliner "Initiativkreis Junge Wirtschaft" wieder etwas an Boden, doch sein Appell "Raus aus verkrusteten Strukturen, hinein in die Innovation!" verhallte ohne jede Nachwirkung. Jetzt, nach dem erzwungenen Abgang, zeigt er sich "erstaunt, wie kompliziert die politischen Ränkespiele sind, wieviel Zeit damit vergeudet wird, wie dort kommuniziert wird." Der Erfolgsmanager Stollmann orientierte sich zu sehr an Kanzlerkandidat Schröder, Kommunikationsangebote der unteren SPD-Ränge nahm er nicht wahr. So reagierte er nicht auf die mehrfachen Gesprächsangebote von Jörg Tauss, dem Internet- Zampano in der SPD-Bundesfraktion. Dieser hätte sich gerne zu Wahlkampfzeiten mit Stollmann über Kryptopolitik oder das Compuserve- Urteil unterhalten – Gesprächsstoff hätte es genügend gegeben.

    Jetzt spielt das instinktlose Verhalten Stollmanns keine Rolle mehr, viel bedenklicher ist jedoch die Frage der Expertenschaft im allgemeinen: Wo die Internetexperten der Parteien, soweit es solche noch gibt, künftig aktiv werden sollen, ist immer noch ungeklärt. Der forschungspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Manuel Kiper ist erwartungsgemäß aus dem Bundestag ausgeschieden. Sein wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ingo Ruhmann, wird ebenfalls künftig nicht mehr als Experte für Informationstechnologie (IT) im Bundestag arbeiten. Alte wie neue Abgeordnete der Bündnisgrünen interessieren sich eher für Außen- oder Umweltpolitik und zeigen kein Interesse daran, das so entstandene Kompetenz- Vakuum zu beseitigen. Der amerikanischen Delegation um Clintons Kryptobotschafter David Aaron war dies schon seit Wochen klar: Sie führten während ihres Deutschlandsbesuchs vergangene Woche allein Gespräche mit den SPD-Politikern Otto Schily und Sigmar Mosdorf.

    Informationstechnologien sind kein "massenwirksames Thema". Einzig und allein der bündnisgrüne Abgeordnete Mathias Berninger versucht, sich etwas Land zu sichern: "Ich wäre am ehesten in der Lage, die Themen in der Fraktion zu vertreten". In die "gesetzestechnischen Bereiche" müsse er sich eben neu einarbeiten. Letztlich hängt Berningers Entscheidung jedoch davon ab, ob er sich einen IT-Referenten finanziell leisten kann. Da die Regierungsparteien eng mit den Ministerien zusammenarbeiten sollen, erhalten die Fraktionen nur noch die Häfte ihres bisherigen Etats. Personaleinsparungen in den Abgeordnetenbüros sind somit angesagt. Kein Wunder, daß Berninger sich bislang noch nicht entscheiden wollte.

    Fakt ist: Inhaltlich wird künftig von der rot-grünen Fraktion nur noch wenig kommen. Bis sich CDU/CSU und FDP in ihrer neuen Situation zurecht gefunden haben, werden einige Monate vergehen. Wenn von seiten der Ministerien in dieser Zeit nichts passiert, dann bleibt Windstille. Die fünf SPD-Mitglieder, die den Leitantrag "Aufbruch in die Informationsgesellschaft" formulierten und auf dem SPD-Parteitag durchsetzten, sind mittlerweile alle in besten Positionen: Wolfgang Thierse wird Bundestagspräsident, Wolfgang Clement ist Nachfolger von Johannes Rau, Reinhard Klimmt soll saarländischer Ministerpräsident werden. Zwei könnten in Zukunft tatsächlich Weichenstellungen vornehmen: Edelgard Bulmahn als Forschungs- und Bildungsministerin und Wolf-Michael Catenhusen als ihr parlamentarischer Staatssekretär. Doch darüber ist noch nicht entschieden.

    Sigmar Mosdorf, ehemaliger Vorsitzender der Enquete-Kommission "Neue Medien" steht im Wirtschaftsministerium für den Posten des parlamentarischen Staatssekretärs an. Noch kurz vor den Wahlen hatte er sich zusammen mit dem CDU-Abgeordneten Michael Meister in der Zeitung "Das Parlament" mit dem Schwerpunktsthema "Enquete- Kommission" ein kleines Denkmal gesetzt. Auffallend: Die IT-Experten der Kommission kamen dabei nicht zu Wort, das Sondervotum der Bündnisgrünen, das immerhin ein Drittel des Gesamtberichts ausmacht, wurde übergangen. Wieviel Einfluß Mosdorf künftig haben wird, ist noch ungewiß: Mit einem Jost Stollman als Chef hätte er sicherlich mehr Rückhalt in Sachen IT-Politik gehabt als bei dem Ex-Veba-Manager Müller. Zur Stunde tagen Minister und Staatssekretäre in spe, um die Verantwortlichkeiten zwischen Wirtschaftsministerium und Bildungs- und Forschungsministerium festzuzurren. Bis zum Abgang von Stollmann schien die Frage bereits entschieden: IT-Politik wird im Wirtschaftsministerium betrieben.

    Nachdem nun der Energiemanager Müller das Ministerium übernehmen soll, hat Edelgard Bulmahn wieder etwas an Raum gewonnen. Immerhin: Im Koalitionsvertrag rangieren die Punkte "Bildung, Forschung und Wissenschaft" und "Informations- und Kommunikationspolitik" unter dem gemeinsamen Rubrum "Innovation und Bildung". Und Bulmahn ist offiziell für Bildung und Forschung zuständig. Das sind natürlich nur vage Anhaltspunkte – doch in Bonn betreibt derzeit jeder Kaffeesatzleserei. Klar ist jedoch bislang eines: Wenn Schröder auch in seiner Regierungserklärung das Wörtchen "Internet" vergißt, wäre das in der Tat keine gute Weichenstellung für die vernetzte Zukunft.



    Spanien: Millionen-Betrug an Internet-Nutzern?

    Aus:
    Spiegel Online – 27. Oktober 1998 (nur elektronisch publiziert).

    MADRID. Der spanischen Telekom-Gesellschaft Telefónica wird vorgeworfen, Internet-Nutzer um Millionenbeträge gebracht zu haben. Der Untersuchungsrichter Baltasar Garzon nahm nach einem Bericht der Zeitung "El Pais" vom Dienstag Vorermittlungen gegen das Unternehmen auf. Der Rechtsanwalt Jose Ramon Fernandez-Mijares hatte den Telefónica- Präsidenten Juan Villalonga wegen Betrugs angezeigt.

    Der Anwalt warf dem Konzern vor, den Internet-Nutzern auch dann Telefongebühren berechnet zu haben, wenn die Verbindung nicht zustande kam. Den spanischen Nutzern des weltweiten Computernetzes soll nach Berechnungen des Klägers deshalb ein Schaden von 460 Millionen Peseten (fünf Millionen Mark) entstanden sein.

    Die Staatsanwaltschaft plädierte dafür, Ermittlungen einzuleiten. Das Unternehmen wollte sich zu den Vorwürfen zunächst nicht äußern. Im September hatten Gewerkschaften und Verbraucherverbände die spanischen Internet- Benutzer zu einem Boykott der Telefónica aufgerufen, nachdem der ehemalige Staatskonzern die Tarife für Ortsgespräche erhöht hatte. Villalonga ist ein Schulfreund des spanischen Ministerpräsidenten Jose Maria Aznar.



    Griff zur Notbremse

    Der Telekom laufen die Kunden in Scharen davon. Mit "aggressiven Preissenkungen" will der frühere Monopolist die Erosion stoppen und verlorenes Terrain zurückerobern.

    Auszug aus: Der Spiegel – 45/1998, 2. November 1998, Seite 144–145 (Wirtschaft) von FRANK DOHMEN und KLAUS-PETER KERBUSK.

    Zehn Monate lang war die Strategie klar. Scheinbar unerschüttert von immer aggressiver auftretenden Konkurrenten verkündete Telekom-Chef Ron Sommer bei jeder Gelegenheit die gleiche Botschaft: "Wir wollen und werden nicht der billige Jakob sein." Viel lieber wollte Sommer Europas größte Telefongesellschaft als "Marktführer beim Preis-Leistungsverhältnis" positionieren. Und noch vor wenigen Tagen behauptete ein hochrangiger Telekom-Manager bei einem Kongreß in Leipzig, daß die Firma mit ihrere Strategie genau richtig liege: "Neben dem Preis sind für den Kunden auch die Qualität und der Service ausschlaggebend." Davon ist nun keine Rede mehr. Zum Erstaunen der ganzen Branche leitete Sommer vergangene Woche eine dramatische Kehrtwende ein: Er kündigte "aggressive Tarifsenkungen" an. (...)

    Sommer greift somit zur Notbremse. Zehn Monate nach dem Wegfall seines Monopols hat der einstige Postableger bereits mehr Marktanteile an die privaten Herausforderer verloren, als es die Telekom-Strategen in frühreren Marktstudien für das Jahr 2002 erwartet hatten. Trotz eines um 23 Prozent auf rund 200 Millionen Mark (brutto) erhöhten Werbebudgets sank der Marktanteil der Telekom bei den nationalen Ferngesprächen von Januar bis September von fast 100 auf nur noch 72 Prozent. Etwa jedes vierte Ferngespräch, insgesamt rund 52 Millionen Gesprächsminuten pro Tag, führten die Bundesbürger im September bereits über die privaten Telefongesellschaften. Vor allem Firmen wie MobilCom (7 % Marktanteil), TelDaFax (4 % Marktanteil) und TelePassport setzen der Telekom heftiger zu, als alle Experten prophezeiten. Intern rechnen Telekom-Manager bereits damit, daß sich der Marktanteil der Newcomer zum Jahresende sogar auf bis zu 35 Prozent erhöhen könnte.

    Deren Erfolg beruht im wesentlichen auf einer Entscheidung, die der frühere Postminister Wolfgang Bötsch vor gut einem Jahr traf: Damals setzte der CSU- Mann den Durchschnittspreis, zu dem private Telefonfirmen die Leitungen der Telekom nutzen dürfen, auf 2,7 Pfennig pro Minute fest [Ed: Interconnection- Tarife]. MobilCom-Gründer Gerhard Schmid und andere wendige Kleinunternehmer erkannten die Gunst der Stunde: Ohne größere Investitionen können sie die Telekom mit Kampfpreisen herausfordern. "Ich gebe zu", sagt Bötsch heute, "daß ich das Problem nicht gesehen habe." Die Folgen für die Telekom sind gravierend: Im Laufe des Jahres sank der Umsatz von Quartal zu Quartal. In den ersten drei Monaten verbuchte Finanzchef Joachim Kröske noch 17,3 Milliarden Mark in der Bilanz, im dritten Quartal waren es schon 270 Millionen Mark weniger. Und alles spricht dafür, daß der Umsatz zum Jahresende noch weiter sinkt. "Wenn wir nicht reagieren", warnt ein Telekom-Manager, "kann man ein Lineal dranlegen und ausrechnen, wann wir bei Null ankommen." Trotz der raschen Erosion begann die Telekom-Strategen erst im Juli über eine Gegenoffensive nachzudenken. (...)

    Noch hat Behördenchef Klaus-Dieter Scheurle keinen offiziellen Antrag auf dem Tisch. Wenn das Papier eingereicht wird, dürfte zunächst einmal ein Streit darüber entstehen, nach welchem Verfahren geprüft wird: Handelt es sich um eine Preissenkung, wie sie im Rahmen der Liberalisierung mit der Telekom vereinbart wurde, muß die Behörde innerhalb von zwei Wochen entscheiden; ist es eine außerplanmäßige Reduzierung, dann hat die Behörde zehn Wochen Zeit, um festzustellen, ob die Telekom mit Dumpingmethoden gegen die Konkurrenz vorgehen will oder ob sie die Billigtarife durchs Quersubventionierung aus anderen Bereichen finanziert [Ed: z. B. aus den Ortsgesprächen!]. Bei einem solchen Prüfverfahren müßte die Preissenkung wohl verschoben werden – zur Freude der Konkurrenten. Zwar glaubt Talkline-Chef Dirk Reupke, daß sich die Preissenkung bald als "Augenwischerei" erweisen werde. Doch zunächst einmal trifft die Telekom-Attacke die Newcomer hart. "Das ist", meint Reupke, "ein falsches und völlig hektisches Signal der Telekom auf den zunehmenden Wettbewerb."



    Statistik: 17 Millionen PC in deutschen Stuben

    Aus:
    Spiegel Online – 4. November 1998 (nur elektronisch publiziert).

    BERLIN. Der Personalcomputer wird immer mehr zum normalen Haushaltsgerät: In deutschen Privathaushalten stehen inzwischen 17 Millionen Rechner, wie aus der am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Das seien mehr als doppelt so viel wie bei der letzten Datenerhebung vor fünf Jahren, sagte der Präsident des Amtes, Johann Hahlen.

    Den Spitzenplatz bei der PC-Ausstattung nehmen kinderreiche Familien ein: In Westdeutschland steht in 88 von 100 Haushalten mit mindestens drei Kindern ein Computer, im Osten in 71 Haushalten. Selbständigen- Haushalte kamen dagegen nur auf den zweiten Platz: 86 von 100 west- und 83 von 100 ostdeutschen Haushalten sind mit einem Rechner ausgerüstet. Die geringste Ausstattung mit Computertechnik haben kinderlose Haushalte, bei denen im Westen zu 35 und im Osten zu 26 Prozent ein PC steht.

    Auch das Internet wird in Haushalten mit Kindern öfter genutzt: Acht Prozent der westdeutschen kinderlosen Paare haben zu Hause einen Zugang zum weltweiten Computernetz, aber 13,6 Prozent der Familien mit einem und 13,4 Prozent der Familien mit drei und mehr Kindern. In den neuen Ländern ist der Anteil zwar insgesamt geringer, folgt aber dem gleichen Muster. Bei der Ausstattung mit Anrufbeantwortern liegen dagegen die Haushalte mit alleinerziehenden Eltern vorn: Mehr als die Hälfte der westdeutschen und knapp die Hälfte der ostdeutschen Alleinerziehenden verfügt über dieses Gerät – aber nur etwa ein Drittel der Paare ohne Kinder.



    Das Ende der Deregulierung?

    Deutschlands neuer Wirtschaftsminister Werner Müller will im Duett mit Oskar Lafontaine den gerade entstehenden Telekommunikationsmarkt gleich wieder zerstören.

    Aus:
    Spiegel Online – 6. November 1998 (nur elektronisch publiziert). Kommentar von THORSTEN HÖGE.

    Darauf haben alle gewartet: Die Furcht der kleinen Telekommunikationsanbieter vor einem neuen, SPD-geführten Kurs der Regulierungsbehörde scheint sich zu bestätigen. Werner Müller, neuer Wirtschaftsminister der Republik, macht schon Ernst. Der Strom-Mann, lange Jahre im monopolistisch organisierten Energiesektor tätig, kann nicht aus der alten Haut. Er will "Telekom-Aktionäre schützen" und sich zum "Anwalt der Mitarbeiter machen". Die Telekom sei nicht privatisiert worden, um "den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen", so Müller. Sicher nicht. Aber sie hat viele Jahre Zeit gehabt, sich auf den freien Wettbewerb vorzubereiten. Deutschland ist eines der letzten Länder in Europa, dessen Telefonmarkt liberalisiert wurde. Dennoch sind die Gebühren (nicht nur für Internet-Zugänge) im Schnitt wesentlich höher, als in anderen Nachbarländern.

    Müller macht sich dabei die Diktion der im Branchenjargon als G-4 bezeichneten Telekommunikationsriesen zu eigen: Telekom, Arcor, Otelo und Viag Interkom schlagen kräftig auf die Mitbewerber ein mit dem Argument, ihre Konkurrenz baue keine eigenen Netze auf. Vor allem Bonner Telekom- Lobbyisten können der Regulierungsbehörde täglich auf dem Schoß sitzen und quengeln. Daß die ohnehin überlastete und mit einem Wasserkopf an personellen Fehlbesetzungen ausgestattete Regulierungsbehörde dennoch häufig gegen die Wünsche von Telekom-Chef Ron Sommer entschied, spricht nur für ihren Chef Klaus-Dieter Scheurle. Jetzt macht sich Werner Müller zum verlängerten Arm Sommers: Einmal regulierter Markt, immer regulierter Markt.

    Er hat offenbar keine Angst, ihm könne der Vorwurf gemacht werden, er bewerte fiskalisches Interesse höher als das ordnungspolitische eines freien Wettbewerbs. Daß er dabei im Konzert mit Oskar Lafontaine bläst, war nur zu erwarten. Vergessen wird, wieviele Arbeitsplätze die neuen Telekommunikationsfirmen bereits geschaffen haben. Vergessen wird auch, daß der Steuerzahler bereits einmal für den Aufbau der Telekom-Netze zahlen mußte, genauso wie für die Netze Otelos oder der Viag, die von Stromversorgern betrieben werden, deren Monopolistengewinne dies erst ermöglichten. Von "Geld aus der Aktionärs-Tasche ziehen" kann also keine Rede sein. Schwere Zeiten brechen an für den Präsidenten der Regulierungsbehörde. Zu hoffen ist nur, daß Scheurle dem Druck seines obersten Schirmherrn standhält. Und noch lange in Amt und Würden bleibt.



    Deutschland am Netz: "Erhebliche Defizite"

    Ein SPIEGEL ONLINE-Interview mit dem neuen Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Siegmar Mosdorf, über Rückstände und Chancen Deutschlands bei Zukunftstechnologien.

    Aus:
    Spiegel Online – 11. November 1998 (nur elektronisch publiziert).

    SPIEGEL Online: Herr Mosdorf, Sie haben sich im Rahmen der Enquete- Kommission mit den Themen Informationsgesellschaft und E-Commerce beschäftigt. Wo hapert es noch?

    Siegmar Mosdorf: Es gibt erhebliche Defizite im Bereich Electronic Commerce, insbesondere im Mittelstand. Die kleinen und mittleren Unternehmen müssen erkennen, daß E-Commerce für sie das G-Word, das Globalisierungswort ist. Der Mittelstand kann mit dem Internet das Fenster zum Weltmarkt öffnen. Aber leider sind nur fünf Prozent der mittelständischen Unternehmen in Deutschland online und mit eigener Homepage im Internet vertreten – bei den Großunternehmen sind es 98 Prozent. Wir müssen Kompetenzzentren, die vor wenigen Monaten mit einem bescheidenen Etat von 10 Millionen eingeführt worden sind, deutlich aufstocken und vor allem mit den Providern besser verbinden. Ein zweites klares Defizit liegt im Bereich der Ausbildung. Wissen wird zum zentralen Rohstoff, Medienkompetenz eine Schlüsselqualifikation. In Kanada sind 80 Prozent der Schulen bereits am Netz, in den USA 70, in Skandinavien 60.

    Bei uns werden Ende des Jahres trotz des Aktionsprogramms "Schulen ans Netz" nur 12 Prozent der Schulen einen Online-Anschluß haben. An manchen Universitäten werden 6.000 Studenten mit 24 PCs ausgebildet. Wir waren mal der Qualifikationsstandort Nummer eins, heute lassen sich die Eliten der Welt in den USA ausbilden. Aber wir haben die Chance, sie durch eine Vielzahl kleiner Aktivitäten, durch Patchwork-Arbeit, wieder zurückzuholen. Ein großer Schub könnte sein, Studiengänge über das Internet anzubieten und damit eine Internationalisierung unserer klassischen Universitäten zu betreiben.

    SPIEGEL Online: Wenn Sie sich die deutsche Internetpolitik ansehen, wo liegen da die Probleme?

    Siegmar Mosdorf: Wir müssen eine Anpassung der Steuersysteme vornehmen: Wenn ich heute meine Bücher in den USA bestelle und dort keine Mehrwertsteuer bezahlen muß, bei einer Bestellung hier in Deutschland oder den europäischen Nachbarländern aber schon, dann stellen sich Fragen. Diese Form der Anpassung muß kommen, und sie muß zunächst auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft passieren, wo es trotz aller Binnenmarktregelungen noch erhebliche Differenzen in der Besteuerung gibt. Aber sie darf nicht zu neuen Steuern führen. Die OECD- Gespräche in Ottawa haben da einen Fortschritt gebracht, da dort steuerneutrale Regelungen verabschiedet wurden: letztlich soll beim Internet- Shopping also der Steuersatz des Landes gelten, in dem der Kunde wohnt.

    Differenzen gibt es noch in der Frage der Verschlüsselung. Die Kryptographie spielt eine zunehmend wichtige Rolle, weil Unternehmen verstärkt dezentral produzieren, teilweise über Zeitzonen hinweg forschen und dabei riesige Mengen von Daten transferieren. Wenn diese Datenmengen nicht verschlüsselt sind, dann ist es ein hochriskantes Unternehmen. Wirtschaftsspionage wird im 21. Jahrhundert eine zentrale Stellung einnehmen. Deshalb wollen vor allem große Konzerne wie Siemens oder Daimler- Benz ihre Corporate Networks so absichern, daß Daten, Forschungsergebnisse, Ideen nicht in falschen Händen landen. Um diese Unternehmen herum entwickelt sich in Deutschland eine interessante Landschaft von Startups, die Sicherheitstechnik und -software anbietet.

    SPIEGEL Online: Halten Sie Nachbesserungen beim IuKDG für erforderlich?

    Siegmar Mosdorf: Wir hatten uns bei der Verabschiedung des IuKDG [Ed: Multimedia-Gesetz] darauf verständigt, das Gesetz nach zwei Jahren zu überprüfen, das ist nächstes Jahr. Bis dahin wollen wir in einen Erfahrungsaustausch mit den Anwendern. Hier können Anpassungen nur der Technik folgen, wir sammeln Erfahrungen. Der Gesetzgebungsrahmen muß also flexibel sein, um im Bedarfsfall nachbessern zu können. Als positiver Standard haben sich aber vor allem die Grundlagen des Signaturgesetzes erwiesen.

    SPIEGEL Online: Ihre These ist, daß in der Informationswirtschaft die Hardware an Bedeutung verliert und der Content, die Inhalte immer wichtiger werden. Wie sind hier die Ausgangspositionen in Deutschland, das traditionell über eine weitgefächerte Verlags- und Medienindustrie verfügt?

    Siegmar Mosdorf: Ich frage mich immer, warum etwa die CD-ROMs über die wichtigsten europäischen Museen von Bill Gates hergestellt werden und nicht von uns. In der nächsten Runde der Informationsgesellschaft wird die Entwicklung von Inhalten eine wichtige Rolle spielen. Hier entstehen die ökonomisch interessanten Wertschöpfungspotentiale. In Amerika hat dies dazu geführt, daß man den Blickpunkt nicht mehr allein auf das Silicon Valley gerichtet hat, wo eben Hard- und Software entstehen, sondern auch auf die Silicon Alley in New York. In Manhattan allein gibt es inzwischen etwa 5.000 kleine Multimediahäuser, in Deutschland gibt es 1.200. Ich sehe da große Arbeitsplatzchancen.

    SPIEGEL Online: Das Magazin Fortune hat jüngst die Auffassung vertreten, daß im Online-Bereich nicht Texte zählen, sondern Tools und Transaktionen...

    Siegmar Mosdorf: Das halte ich für eine falsche Einschätzung. Natürlich muß die Technik stimmen, und wir sollten uns da auch nicht ausklinken, weil wir sonst einen Teil der Wertschöpfungskette verlieren. Aber der interessantere Teil wird zukünftig im Inhaltlichen bestehen, was auch jetzt schon Konsequenzen zeigt. In Amerika hat man festgestellt, daß das Klischee vom männerdominierten Internet nicht mehr stimmt und bis zu 40 Prozent Frauen online sind, die sich überwiegend bei den Inhalten engagieren. Auch darin sehe ich eine Chance: Wir haben die höchstqualifizierte Frauengeneration der Geschichte und machen daraus eigentlich zu wenig. Auch hier bieten sich durch das Internet neue Potentiale.



    Breitband: Alternatives Ortsnetz

    Die Deutsche Bank AG und die WestLB haben nach Informationen von SPIEGEL ONLINE ihr Interesse am Breitbandnetz der Deutschen Telekom AG mit konkreten Angeboten untermauert. Ein alternatives Ortsnetz mit Nutzen für Telekom-Konkurrenten und Kunden könnte entstehen.

    Aus:
    Spiegel Online – 17. November 1998 (nur elektronisch publiziert).

    Beim Breitbandnetz der Deutschen Telekom AG bieten Deutsche Bank und WestLB um die Wette. Während die Deutsche Bank zehn Milliarden Mark offeriert, hat die WestLB nach Informationen von SPIEGEL ONLINE ein Angebot über 7,5 Milliarden Mark vorgelegt. Dabei würden die Banken als Zwischenfinanzierer auftreten und das Netz nach und nach an Wettbewerber der Telekom verkaufen. Nach Aussagen der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation gibt es allein für die Übernahme regionaler Teile des Breitbandnetzes mehr als 60 Interessenten. Dazu kommen mehrere Global Player, die ein Auge auf das Netz geworfen haben.

    Auch der Partner für die Logistik steht schon fest: Die texanische EDS Electronic Data Systems, mit deutschem Firmensitz in Rüsselsheim, soll sich um die regionale Vermarktung des Netzes kümmern und die Vorbereitung für die Netzaufrüstung übernehmen. EDS ist der institutionalisierte Big Brother: Die Firma hortet Daten in nahezu allen Bereichen und Branchen. Von der Fußball- Weltmeisterschaft über Kreditkartenunternehmen bis zur Steuererklärung der französischen Bürger hat EDS als Datenverwalter und Dienstleister einen umfassenden Einblick ins tägliche Leben des Bürgers. Durch einen Einstieg beim Breitband könnten die EDS-Rechner mit Millionen neuer Daten zusätzlich gefüllt werden.

    Das Breitbandnetz versorgt 25 Millionen Kabelhaushalte in Deutschland. Von besonderem Interesse ist dabei der direkte Hauszugang, den das Netz ermöglicht. Experten gehen davon aus, daß das Netz aufgerüstet wird, um Sprachtelefonie zu betreiben. Damit würde in Deutschland ein zweites Ortsnetz entstehen, das es alternativen Telefondienste- Anbietern ermöglichen würde, an der Deutschen Telekom vorbei, den letzten Schritt in die Haushalte zu knüpfen und diese direkt mit eigenen Netzen zu verbinden. Während der eigentliche Netzpreis von Experten auf unter fünf Milliarden geschätzt wird, gehen gewöhnlich gut informierte Quellen davon aus, daß mit dem gewaltigen Aufpreis die Telekom bereit wäre, Sprachtelefonie über das Breitbandnetz hinzunehmen. Die Telekom kündigte die Ausgliederung des Netzes in eine Tochtergesellschaft bereits im Mai an. Sommer kann das Geld aus einem Verkauf gut gebrauchen, um sich für den freien Wettbewerb weiter zu rüsten. Eine technische Aufrüstung würde erhebliche Investitionen bedeuten. Eine technische Lösung halte bereits die Stuttgarter SEL Alcatel bereit, berichteten Kreise aus der Regulierungsbehörde für Post- und Telekommunikation. [mehr]




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      Zum Teil 10

    © 1998-2000 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 18.12.2009 11.06 Uhr