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Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 39 khd
Stand:  1.10.2002   (20. Ed.)  –  File: Spiegel/39.html




Dokumentiert sind hier in Auszügen oder als Links zum SPIEGEL-Archiv einige ausgewählte und in einer Zusammenstellung besonders interessante Artikel aus dem SPIEGEL. Dieses Copyright- geschützte Material wurde hier wegen der permanenten Link-Möglichkeit (HTML-Anker) dokumentiert. Bitte beachten Sie das Copyright, das beim Spiegel-Verlag (Hamburg) liegt. Tippfehler gehen zu meinen Lasten.

  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (40. Teil).
  • 23.09.2002: Internet-TV: T-Online will den Mediensprung.
  • 21.09.2002: Alptraum für Telcos – Jetzt kommt die WLAN-Wolke.
  • 20.09.2002: Deutsche Telekom: 2 Milliarden neue Schulden.
  • 18.09.2002: Deutsche Telekom: Im Zweifel gegen den Schuldner.
  • 17.09.2002: Turbo-DSL der Telekom – Mautpflichtige Schnellstraße.
  • 16.09.2002: Kann das Telekom-Monopol bei Ortsgesprächen gebrochen werden?
  • 16.09.2002: Wg. Sommer: Klage gegen den Kanzler.
  • 09.09.2002: UMTS-Ausbau: Kontroverse um Elektrosmog.
  • 09.09.2002: Call-by-Call im Ortsnetz noch vor der Wahl?
  • 02.09.2002: Trennt sich die Telekom von T-Online?
  • 01.09.2002: Bertelsmann: Rückzug aus dem Internet?
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (38. Teil).



    B E R T E L S M A N N

    Rückzug aus dem Internet?

    Wenige Wochen nach dem Abgang von Vorstandschef Thomas Middelhoff wird zunehmend die neue strategische Ausrichtung des Bertelsmann-Konzerns sichtbar.

    Aus:
    Spiegel Online – 1. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    GÜTERSLOH. So plant die für das Endkundengeschäft zuständige DirectGroup einen zügigen Rückzug in ihr Stammgeschäft mit den Buchclubs. Die DirectGroup müsse sich darauf konzentrieren, "so schnell wie möglich zu Profitabilität in ihrem Kerngeschäft und Stamm-Märkten zurückzukehren", kündigte der neue DirectGroup- Chef Ewald Walgenbach intern an.

    Gemeint ist damit offenbar vor allem eine fast vollständige Aufgabe des Internet- Geschäfts, einst das Lieblingskind Middelhoffs. Erstes Opfer wäre die Internet- Tauschbörse Napster, die voraussichtlich nach der Entscheidung eines US-Konkursgerichtes am Dienstag an den Medienkonzern fällt. Inzwischen gilt als wahrscheinlich, dass Bertelsmann trotz Investitionen von über 100 Millionen Dollar Napster kappen wird. Das Thema gilt in Gütersloh als hoch sensibel, da sich Vorstand und Aufsichtsrat noch nicht offiziell mit der Zukunft des Internet-Geschäfts befasst haben.

    Nervosität herrscht indes auch bei den Mitarbeitern der Tochterfirma BOL, seitdem sich in der Gütersloher Firmenzentrale Verkaufsgerüchte um den Online- Buchhändler immer mehr verdichten. Bei der DirectGroup heißt es, man nehme zu Marktgerüchten keine Stellung. Zumindest dürfte BOL mit einem Verkauf weniger Probleme machen als Pixelpark: Bertelsmann sucht seit Monaten erfolglos einen Käufer für den defizitären Internet- Dienstleister.



    K O N Z E R N E

    Trennt sich die Telekom von T-Online?

    Aus:
    Der Spiegel – 36/2002, 2. September 2002, Seite 127 (Geld). [Original]

    Der vom Telekom-Interims-Chef Helmut Sihler angekündigte Plan, die Verbindlichkeiten des Bonner Konzerns auf rund 50 Milliarden Euro zu senken, hat in der Finanzwelt zu zahlreichen Spekulationen geführt. Denn das ehrgeizige Ziel lässt sich nicht allein über Sparmaßnahmen und eine Verschiebung von Investitionen realisieren.

    Auch der bevorstehende Verkauf des TV-Kabelnetzes wird bei weitem nicht ausreichen, die Schulden auf die von Sihler angepeilte Marke zu drücken. Immer mehr Analysten und Fondsmanager gehen deshalb davon aus, dass sich die Telekom noch im Laufe dieses Jahres von einer größeren Beteiligung trennen wird, um die Schuldenlast zu reduzieren.

    Mögliche Kandidaten: Die US-Mobilfunktochter VoiceStream und die Internet- Tochter T-Online. Während ein Verkauf von VoiceStream wegen der extremen Überbewertung in der Bilanz jedoch mit hohen Sonderabschreibungen verbunden wäre, könnte sich die Telekom wesentlich einfacher von ihrem Anteil an T-Online trennen.

    Positiv könnte sich auf mögliche Verkaufspläne zudem auswirken, dass das Unternehmen vergangene Woche erstmals seit seinem Börsengang ein operatives Plus vorwies. Die Telekom selber will sich zu den Spekulationen nicht äußern. Alle nur denkbaren Möglichkeiten, so Sihler kürzlich, würden zurzeit geprüft.



    G E R Ü C H T

    Call-by-Call im Ortsnetz noch vor der Wahl?

    Noch vor der Bundestagswahl, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung, soll Call by Call auch im Ortsnetz möglich werden. Genau das hatte der Bundesrat erst im Juli per Veto verhindert.

    Aus:
    Spiegel Online – 9. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    FRANKFURT/MAIN. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in ihrer Montagsausgabe ohne Quellenangabe berichtete, könnten Kunden der Deutschen Telekom damit vom 1. Dezember 2002 an nicht nur Ferngespräche, sondern auch Ortsgespräche mit anderen Telefongesellschaften führen, ohne ihren Telekom- Anschluss kündigen zu müssen. Der Bundesrat hatte Mitte Juli eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes abgelehnt und damit die Liberalisierung von Ortsgesprächen vorerst gestoppt.

    Bei einer Verabschiedung hätten die Verbraucher, wie bei Fern- und Auslandsgesprächen üblich, Ortsgespräche dauerhaft über einen anderen Anbieter führen (pre-selection) oder vor jedem Gespräch einen Anbieter neu wählen (call-by-call) können, ohne ihren Anschluss bei einer Gesellschaft kündigen zu müssen.

    Die mehr oder minder exklusive Versorgung der Ortsnetze ist das letzte quasi- Monopol der Telekom: Im Juli wurden noch rund 95 % aller Ortsnetz- Gespräche über die Telekom abgewickelt.



    U M T S - A U S B A U

    Kontroverse um Elektrosmog

    Nichts wird in der Telekommunikation so heiß diskutiert wie das Thema Elektrosmog – von Bürgern wie Wissenschaftlern. Der Druck der Straße führt zunehmend zu Kompromissen, die teils weit über gesetzliche Sicherheitsregelungen hinausgehen.

    Aus:
    Spiegel Online – 9. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert) vvon NIELS GRÜNDEL. [Original]

    UMTS — das heißt nicht nur neue Möglichkeiten für den Mobilfunk, es heißt auch mehr Antennen. Doch mit der Zahl der Antennenstandorte steigt auch die Angst in der Bevölkerung vor Elektrosmog, obwohl wissenschaftlich derzeit mehr gegen als für eine Gefährdung spricht.

    Immer häufiger hagelt es Proteste von lokalen Bürgerinitiativen und Umweltverbänden. Nach einer vom Bundesamt für Strahlenschutz in Auftrag gegebenen bundesweiten Studie zu Befürchtungen und Sorgen der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Mobilfunk machen sich durchschnittlich 35 % der Bundesbürger Sorgen wegen elektromagnetischer Felder, die von Mobilfunksendeanlagen, Handys oder schnurlosen Festnetztelefonen ausgehen. Die Bayern erweisen sich mit 48 % als besonders große Bangbuchsen.

    Vergangenheitsbewältigung

    Ein Teil des Problems ist Folge der bisherigen Verschwiegenheit von Genehmigungsbehörden und Mobilfunkbetreibern. Von der Geheimniskrämerei der vergangenen Jahre haben jetzt vor allem die Mobilfunkbetreiber Abschied genommen, die für ein erfolgreiches UMTS- Geschäft die Zahl der Sendeanlagen von derzeit etwa 41.000 in einer ersten Ausbaustufe verdoppeln müssen. Dafür werden etwa 10.000 bis 15.000 neue Standorte benötigt.

    Doch schon jetzt scheint klar: Wegen der massiven Proteste von Anwohnern wird das kaum möglich sein. Zur Aufklärung haben die großen deutschen Mobilfunkbetreiber daher bereits im vergangenen Jahr das Informationszentrum Mobilfunk IZMF e.V. gegründet.

    "Wir sind bemüht, die Diskrepanz zwischen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und den Ängsten innerhalb der Bevölkerung zu schließen", erläutert Dr. Immo von Fallois, Geschäftsführer des IZMF, die Ziele seiner Tätigkeit. "Durch unsere Aktivitäten stellen wir ein großes und ständig wachsendes Interesse an unserer Arbeit fest."

    Rüdiger Rosenthal, Pressesprecher des BUND sieht dagegen auch die Politik in der Informationspflicht, denn "auch Bundesumweltminister Trittin muss seiner Verantwortung für mehr Strahlenschutz nachkommen und für bessere Aufklärung sorgen. Das Umweltinformationsgesetz verpflichtet ihn, alle für die Gesundheitsvorsorge relevanten Daten zu veröffentlichen. Dazu gehören Strahlungsleistungen, gemessene Feldstärken und Sicherheitsabstände für medizinische Geräte. Die bisher übliche Deckelung solcher Informationen muss aufhören."

    Bereits heute liegen rund 5000 wissenschaftliche Arbeiten zu der Wirkung hochfrequenter und gepulster Felder vor, wie sie das heutige GSM-Netz verwendet. Über die 3G-Technologie, die im Frequenzbereich von 1900 bis 2170 MHz arbeitet, gibt etwa 2000 Forschungsarbeiten.

    Eindeutige, gesicherte Erkenntnisse über gesundheitliche Auswirkungen lassen sich den Studien bisher nicht entnehmen, wohl aber Hinweise, wie etwa eine Erwärmung des Gehirns beim Telefonieren mit Handys heutiger Bauart. Vermutet wird auch, dass die im GSM-Netz verwendete Pulsmodulation beim Telefonieren auf die Nervenenden, die so genannten Synapsen, des Gehirns einwirken könnte.

    Strengere Grenzwerte in der Schweiz

    In der Schweiz hat die Diskussion bewirkt, dass dort im Jahr 2000 die Grenzwerte um das Zehnfache der hier zu Lande festgelegten Werte abgesenkt wurden. Die hiesigen Mobilfunkbetreiber sind dem vor allem durch eine Verpflichtung gegenüber den kommunalen Spitzenverbänden entgangen.

    Mit den Kommunen wird bei der Planung von Standorten für Mobilfunkanlagen eine einvernehmliche Lösung angestrebt. Städte wie Leipzig oder München bestehen auf Einhaltung etwa 10-fach niedrigerer Grenzwerte als erlaubt, sofern Sendeanlagen auf städtischen Immobilien errichtet werden.

    Auch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) gewährt inzwischen den Kommunen Einblick in das bundesweite Mobilfunkkataster [Ed: und warum nicht allen Bürgern?]. "Mit dieser Datenbank soll mehr Transparenz in der Diskussion um Antennenstandorte in den einzelnen Kommunen hergestellt werden. Sie ist ein weiterer Schritt zur Versachlichung dieser teilweise kontrovers geführten Diskussion", betont Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post.

    Manche Kommunen wie Mülheim an der Ruhr oder Nürnberg geben diese Informationen ihrerseits wiederum sogar an ihre Bürgern weiter, andere wie Frankfurt am Main streiten noch darüber.

    Allerdings haben Städte, Kreise und Gemeinden nach Auffassung der kommunalen Spitzenverbände ähnlich wie die Netzbetreiber ein eigenes Interesse an gut ausgebauten Mobilfunknetzen, denn sie sind ein wichtiger Standortfaktor und damit bedeutsam für die künftige Entwicklung einer Stadt. Und schließlich haben die Bürger nicht nur Angst vor Elektrosmog, sondern die meisten von ihnen erwarteten bundesweit einen durchweg guten Handy- Empfang.

    Kompromiss als Ausweg

    "Ideal ist es, die Grenzwerte zu senken und auf neue Antennenstandorte ganz zu verzichten", ist Rüdiger Rosenthal überzeugt. "Und wenn das nicht durchzusetzen ist, sollten bei der Aufstellung neuer Antennenmasten Sendeanlagen mit erheblich geringerer Sendeleistung verwendet werden, um vor allem die Belastung der unmittelbaren Anwohner zu senken."

    In Frankfurt am Main wurden bereits einige Dutzend Litfasssäulen mit kleinen Antennen ausgestattet, die unter einem gewölbtem Dach der Säule mit gerade einmal 2 % des maximal zulässigen Wertes senden.

    Erheblich weniger Elektrosmog durch Mobilfunkantennen wird es geben, wenn die Lizenzen für die D- und E-Netze auslaufen und die dafür installierten Antennen abmontiert sind. Die erste Lizenz läuft im Jahr 2009 aus, die letzte erst 2016. Bis dahin werden die vorhandenen Antennen überwiegend parallel mit den neuen UMTS- Modellen betrieben.



    D E U T S C H E   T E L E K O M

    Klage gegen den Kanzler

    Aus:
    Der Spiegel – 38/2002, 16. September 2002, Seite 81 (Wirtschaft). [Original]

    Für Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel könnte die überraschende Ablösung von Telekom-Chef Ron Sommer ein juristisches Nachspiel haben. Am Freitag [13.9.2002] zumindest ist beim Berliner Landgericht eine Schadensersatzklage gegen die beiden SPD-Politiker eingereicht worden.

    Das dem SPIEGEL vorliegende 40-seitige Papier ist brisant – zumindest wenn sich die darin erhobenen Anschuldigungen als richtig erweisen. Danach soll Sommer eine Abfindung von "mehr als 65 Millionen Euro" erhalten haben. Diese Summe, heißt es in der Klageschrift ohne Angaben von Quellen, sei dem Telekom- Chef bereits einen Tag vor der entscheidenden Aufsichtsratssitzung von Aufsichtsratschef Hans- Dietrich Winkhaus zugesagt worden. Sommer habe sich in einem persönlichen Gespräch mit Winkhaus auf den Standpunkt gestellt, dass ihm neben dem Gehalt für die Restlaufzeit des Vertrags eine zugesagte Verlängerungsoption über 3 weitere Jahre ausbezahlt werden müsse. Außerdem stünden ihm in den nächsten 5 Jahren "wenigstens 4,5 Millionen Aktienoptionen zu", die Sommer mit einem Wert zwischen "150 und 375 Millionen Euro beziffert" haben soll.

    Nach langen Diskussionen, heißt es in der Klageschrift weiter, habe Winkhaus zugesichert, "mehr als 65 Millionen Euro" an Sommer zu bezahlen. Laut Klage, die von einer Unternehmergruppe betrieben wird, die von der Berliner Anwaltskanzlei Mock&Partner beraten wird, ist das ein klarer Verstoß gegen das Aktiengesetz. Denn die Zahlung sei lediglich notwendig geworden, weil Schröder und Eichel die Ablösung Sommers dilettantisch betrieben hätten.

    Es hätte, so das Papier, eine Reihe von Gründen gegeben, Sommer ohne Abfindung aus seinem Amt zu entlassen. So habe Eichel beispielsweise klare Hinweise darauf gehabt, dass die Bilanzen der Telekom wegen einer Falschbewertung des Immobilienvermögens und des überhöhten Kaufpreises von Voicestream "nicht ordnungsgemäß" seien. Auf die mögliche Einschaltung des Bundesrechnungshofes und die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung jedoch habe der Finanzminister verzichtet.

    Stattdessen hätten Schröder und Eichel ihre Rolle als Großaktionär dahingehend missbraucht, Druck auf Aufsichtsratsmitglieder auszuüben, um den Telekom- Chef abzulösen. Der Kanzler, heißt es in der Klage, habe die Kandidatensuche sogar zur Chefsache erklärt. Vom Kanzleramt seien mehrere Manager angesprochen worden. Auch dies sei ein Verstoß gegen das Aktiengesetz.

    Im Bundespresseamt wollte man zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Die Telekom spricht von "wilden Spekulationen", die man "nicht weiter kommentiere" wolle. Im Finanzministerium heißt es: Die Ablösung Sommers sei vom Aufsichtsrat betrieben worden, eine Einmischung habe es nicht gegeben.

    16.9.2002 (t-off/info-radio). Heute nahm die Telekom doch noch Stellung zu den Vorwürfen. Danach soll Sommer nur 11,6 Mio. Euro erhalten haben. [mehr]



    V E R B R A U C H E R

    Vorstoß ohne Konzept

    Das Monopol der Deutschen Telekom bei Ortsgesprächen soll gebrochen werden. Aber können die Kunden jetzt wirklich auf drastisch sinkende Gebühren hoffen?

    Aus:
    Der Spiegel – 38/2002, 16. September 2002, Seite 94 (Wirtschaft) von FRANK DOHMEN. [Original]

    Viel Grund zur Freude hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller in den vergangenen Wochen nicht. Das Desaster um die Ablösung von Telekom- Chef Ron Sommer, die bösen Patzer seines Ministeriums bei der Ministererlaubnis zur E.on/Ruhrgas- Fusion und die ständige Kritik an seiner erfolglosen Mittelstandspolitik sind nicht spurlos an dem Ex-Strommanager vorbeigegangen.

    Umso fröhlicher war der parteilose Minister, als er vergangene Woche mal wieder eine positive Nachricht aus seinem Haus verkünden konnte. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, so Müller, habe nach zähem Ringen den Weg für Call-by-Call im Ortsnetz frei gemacht.

    Bereits ab Dezember sollen Telefonkunden, wie bei Ferngesprächen üblich, auch bei Ortsgesprächen über eigene Vorwahlnummern die Dienste von Telekom- Konkurrenten in Anspruch nehmen können – und damit, so Müller, von der "größeren Anbietervielfalt und sinkenden Preisen" profitieren. Prompt prognostizierte Bild, dass die Telefonkosten für Ortsgespräche schon bald um bis zu 75 % sinken könnten.

    Schön wär's. Tatsächlich ist der im Vermittlungsausschuss errungene Kompromiss das Papier nicht wert, auf dem er steht. Auf konkrete Preise, Daten und andere Konditionen, zu denen Telekom- Konkurrenten die Ortsnetzleistungen der Telekom weiterverkaufen dürfen, haben die Politiker nämlich verzichtet. Mit fatalen Folgen: Wettbewerber, die Ortsgespräche anbieten wollen, müssen nun in langwierige Verhandlungen mit der Telekom eintreten. Und dass der Ex-Monopolist ihnen freiwillig Preisnachlässe einräumt, die einen rentablen Wiederverkauf ermöglichen, halten Experten für abwegig.

    Der für die Preisüberwachung zuständigen Regulierungsbehörde jedoch sind die Hände gebunden. Das ganze Werk, sagt ein hochrangiger Beamter, ist so schwammig und unpräzise, dass eine Preisfestsetzung so gut wie unmöglich ist. "Ein wirklicher Schub für den Wettbewerb im Ortsnetz" sei daher "nicht zu erwarten".

    Im Gegenteil: Zahlreiche kleine Telekommunikationsunternehmen sind von Müllers Vorstoß zutiefst verunsichert. So genannte City- Carrier wie NetCologne, Isis oder Hansenet haben in den vergangenen Monaten und Jahren in großen Städten Millionenbeträge in den Aufbau eigener Ortsnetze investiert.

    "Wie sich die Margen in diesem Geschäft entwickeln werden", schimpft Peer Knauer, Chef der Firma Tropolys, die an insgesamt zwölf Stadtnetzbetreibern beteiligt ist, "steht angesichts der unpräzisen Gesetzeslage in den Sternen." Auch der Verband der privaten Netzbetreiber (VATM) spricht von einem Vorstoß "ohne jedes Konzept". Es dränge sich, heißt es dort, der Eindruck auf, dass die Bundesregierung mit dem überstürzten Schritt lediglich einer "bevorstehenden Millionengeldbuße aus Brüssel" zuvorkommen wollte.

    Tatsächlich hatten die Brüsseler Wettbewerbshüter die Bundesrepublik mehrfach angemahnt, für mehr Wettbewerb im Ortsnetz zu sorgen. Fünf Jahre nach der Öffnung des Marktes ist die Bilanz bei Telefongesprächen innerhalb der Ortsgrenzen verheerend. Mit über 97 % Marktanteil verfügt die Telekom nach wie vor über ein Monopol. Selbst Preiserhöhungen kann sich das Unternehmen bereits wieder leisten. Vor einigen Monaten schon hat die Telekom die Grundgebühr für den Normalanschluss um rund 5 % angehoben – ein weiterer Aufschlag ist für Anfang nächsten Jahres in Vorbereitung.

    Dabei hätte Wirtschaftsminister Müller alle Möglichkeiten gehabt, frühzeitig für mehr Wettbewerb zu sorgen – über den so genannten Teilnehmeranschluss (TAL). Die komplette Telefonstrippe mit dazugehöriger Anschlussdose können Wettbewerber der Telekom laut Gesetz schon seit Jahren von der Telekom mieten, um den so gewonnenen Ortsnetzkunden eigene Dienste, Tarife und Rechnungen anzubieten.

    Doch genau diese Möglichkeit machte Müller zunichte. Gegen den erbitterten Widerstand der Regulierungsbehörde schraubte der Wirtschaftsminister den Mietpreis für den Teilnehmeranschluss schon 1999 auf astronomische Höhen.

    Ein vernünftiges Geschäft, klagte beispielsweise Arcor-Geschäftsführer Harald Stöber, war ab da nicht mehr möglich. Konsequent stutzen Telekom- Hauptkonkurrenten wie Arcor oder Mobilcom, die bis dahin noch jährlich zweistellige Millionensummen in den Aufbau des Ortsnetzgeschäfts pumpen wollten, ihre Investitionspläne zusammen.

    Und auch diesmal könnte Müllers Wirken verheerende Folgen haben. Einige City- Carrier zumindest erwägen, ihre laufenden Investitionen bis zur Klärung der vertrackten Lage einzufrieren. Mit ihrem "schlecht geplanten Aktionismus", heißt es beim VATM, hätte die Bundesregierung dann das genaue Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich vorhatte: Auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt drohe "weniger statt mehr Wettbewerb".

    [Wie verteilten sich 2001 die Verbindungs-Minuten?]



    Turbo-DSL der Telekom – Mautpflichtige Schnellstraße

    Neben dem abgespeckten T-DSL-Anschluss mit relativ bescheidenen 768 kBit bietet die Telekom künftig einen DSL-Anschluss mit doppelter Geschwindigkeit. Dafür "verzichtet" sie dabei auf eine Flatrate – und kassiert kräftig für das Datenvolumen.

    Aus:
    Spiegel Online – 17. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    "Breitbandig" ist ein arg dehnbarer Begriff. Den mit diesem Terminus beschriebenen Internet- Access- Markt hat quasi monopolartig noch die Telekom in der Hand, obwohl kleinere Konkurrenten teils deutlich schnellere und preiswertere Modelle bieten. Doch an T-DSL war bisher jenseits der großen Städte kaum vorbeizukommen, und 768 kBit darum das Ultimo an Hochgeschwindigkeit, von der deutsche Surfer träumen durften.

    Vorbei! Denn jetzt verdoppelt die Telekom die Schlagzahl. Ab sofort bietet sie bundesweit den DSL- Anschluss auch mit einer Verbindungsgeschwindigkeit von bis zu 1500 Kilobit pro Sekunde für den Download und von maximal 192 Kilobit pro Sekunde für den Upload an, was vor allem eine Zielgruppe ansprechen dürfte: Filmfans. Denn aus deren Perspektive ist T-DSL mit 768 kBit immer noch eine frustrierend dünne, lange Leitung: Stunden dauert es, bis über diverse P2P-Börsen die jeweils neuesten Filme ihren Weg auf den Rechner finden – teils, bevor sie im Kino landen.

    Den Filmfreaks bietet die Telekom also richtig was, und dafür will sie kräftig kassieren: Neben der Grundgebühr plus den Gebühren für die unterschiedlich gepreisten Telefonanschlüsse schlägt nun noch eine Gebühr für den Datenverkehr zu Buche. "Volumenabhängige" Kosten nennt man so etwas, DSL- Fans werden vom "Ende der Flatrates" sprechen.

    Flatrates bieten den Internet- Zugang zum Festpreis und haben schon so manchen kleineren Telekom- Konkurrenten an den Rand des Ruins getrieben: Wenn das Surfen nichts kostet, bleiben viele Flatrater einfach rund um die Uhr online und "saugen", was das Zeug hält.

    Das können die Obersauger künftig mit doppelter Geschwindigkeit: Mehr als 1 MBit Datendurchsatz waren ja bisher in der Regel nur über relativ teure Business- Accounts zu haben. Jetzt kostet der Spaß "nur noch" 9,99 Euro mehr als T-DSL, was beispielsweise für einen T-ISDN-Komfort- Anschluss mit T-DSL 39,15 Euro plus 9,99 Euro plus Datenverkehr bedeutet. Alles klar? Wohl kaum, sonst stünde auch nicht "Telekom" über dem Tarifwerk: Die darf sich im nächsten Jahr wieder mit der Deutschen Bahn um den Preis für das undurchschaubarste Tarifdickicht streiten.

    Das sieht dann zum Beispiel so aus: Je mehr man für seinen Telefonanschluss bezahlt, desto weniger Grundgebühr zahlt man für DSL. Unterm Strich ergibt sich eine Grundsumme von 33,32 Euro (T-Net mit T-DSL) bis 41,27 Euro (T-ISDN xxl mit T-DSL). Dazu ist für das "Upgrade" auf T-DSL 1500 jeweils noch einmal 9,99 Euro zu rechnen – plus Datenvolumen (einmal ganz abgesehen von zusätzlichen Kosten für eventuell notwendige zusätzliche Hardware und die unvermeidliche Einrichtungsgebühr).

    Das Datenvolumen schlägt – wie es auf den Tarifseiten der Telekom wörtlich heißt – "zum Beispiel" mit einem Pauschalpreis von 24,95 Euro für 5 GB Datenvolumen plus 1,59 Cent für jedes weitere Megabyte zu Buche. Andere Tarifmodelle oder Datenvolumina stellt die Telekom aber gar nicht vor: Faktisch ist etwas anderes im Augenblick nicht bestellbar, 5 GB also so etwas wie eine "Mindestabnahme", wenn man eine pauschale Zahlung vorzieht. Das sollte man aber, denn die Abrechnung per Megabyte ist mehr als dreimal so teuer. Bei der kleineren T-DSL- Variante kostet die nach wie vor buchbare Flatrate beispielsweise bei der Telekom-Tochter T-Online pauschal 25 Euro – komme, was da wolle.

    Viel sind 5 GB also offensichtlich nicht in der Welt der P2P- Nutzer: Filmfans rechnen das flugs in circa vier Filme von Kinolänge, abgespeichert im relativ günstigen VCD- Format um – die Videothek ist da deutlich billiger. Wer auf das 5 GB-Päckchen verzichtet und das Datenvolumen zu 1,59 Cent pro MB zahlt, muss für seine vier "weggefundenen" Filme dann satte 79,50 Euro hinlegen. Für den Preis könnte ein kluger Shopper schon die entsprechenden DVDs kaufen. Dafür besteht unter T-DSL 1500 nun immerhin die Möglichkeit, mehrere Rechner legal parallel ins Netz zu hängen. Fazit: Ein fixes Angebot – aber ganz und gar kein Schnäppchen.

    [T-DSL-Tarife der Telekom]   [Tarif T-DSL 1500]



    Deutsche Telekom: Im Zweifel gegen den Schuldner

    Säumige Schuldner können von der Deutschen Telekom keine Gnade erwarten. Obwohl die Ansprüche des Konzern vor Gericht oft nicht standhalten, arbeiten die Geldeintreiber mit allen Mitteln der Einschüchterung.

    Aus:
    Spiegel Online – 18. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG. Als die Klageschrift ins Haus flatterte, konnte sich Roswitha Gladel kaum noch an den Vorgang erinnern. Damals, 1994, hatte sie sich über drastisch überhöhte Telefonrechnungen beschwert. Eine Mitarbeiterin der Deutschen Telekom hatte ihr mitgeteilt, sie werde den Fall überprüfen. Acht Jahre später zerrte der rosa Riese Gladel vor den Kadi.

    Mit komplizierten Formulierungen in reinstem Amtsdeutsch und umfangreichem Beweismaterial versuchten die Telekom-Anwälte von der Heidelberger Kanzlei Seiler & Kollegen, dem uralten Anspruch doch noch Geltung zu verschaffen. "Ich wusste mir zunächst gar nicht zu helfen", erzählt Gladel. "Da wir praktisch keine schriftlichen Unterlagen mehr hatten, erschien uns ein Prozess viel zu riskant. Wir wollten dem schlechten Geld nicht noch Gutes hinterherwerfen."

    Ein Detail brachte die Gladels dann doch dazu, einen Anwalt aufzusuchen: Auf den als Beweismittel vorgelegten Telefonrechnungen aus dem Jahr 1994 war der Rechnungsbetrag in Euro ausgewiesen. Etwas musste daran also verändert worden sein, denn zu diesem Zeitpunkt wussten noch nicht einmal die Unterhändler der europäischen Regierungen, welchen Namen die gemeinsame Währung tragen sollte.

    Gespräche von russischen Lkw-Fahrern auf der Rechnung

    Außerdem erinnerte sich Gladels Mann daran, dass die Telefonzelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite während des fraglichen Zeitraums des Öfteren kostenlos zu benutzen war. Regelmäßig seien Ansammlungen von russisch sprechenden Lkw- Fahrern rund um das Häuschen zu beobachten gewesen, die den "Gratis-Service" nutzten. Eine Mitarbeiterin der Telekom habe schon damals vermutet, dass die Telefoneinheiten womöglich der Rechnung der Gladels zugeschlagen wurden, erzählt Gladel.

    Mit diesen Indizien konnte Gladel- Anwalt Jürgen Schumacher arbeiten. Nachdem er seine Argumente gegen die Forderung vorgebracht hatte, zog die Telekom ihre Klage zurück.

    Nach Einschätzung von Verbraucherschützern sind die Gladels gut davongekommen. Denn die meisten Kunden scheuen das Risiko, gegen die geballte Inkasso-Streitmacht der Telekom anzutreten. Gegen säumige Schuldner geht das Unternehmen unnachgiebig vor. Systematisch wird jede Eskalationsstufe erklommen: Mahnverfahren, Briefe vom Inkassobüro, schließlich schalten sich Anwälte ein und erheben Klage. Natürlich kostet jeder Schritt den Kunden Geld. Auch bei einer bescheidenen Telefonrechnung kommen auf diese Weise leicht mehrere hundert Euro zusammen.

    Bis zum Mahnverfahren lässt sich die Telekom oft Jahre Zeit

    Die Verbraucher stehen auch rechtlich meist auf verlorenem Posten. Ihnen bleibt nur der Protest, den sie lediglich auf das Argument der Plausibilität stützen können, denn alle Daten, die einen Anspruch beweisen oder widerlegen könnten, sind auf den Rechnern der Telekom gespeichert. Wer die Abrechnungen also wirklich kontrollieren wollte, müsste exakt jedes einzelne Gespräch protokollieren.

    Kommt es dennoch zu einer Beschwerde, reagieren die Telekom- Mitarbeiter nicht selten mit hinhaltendem Widerstand: Sie sichern eine Prüfung zu, für die sie sich im Einzelfall extrem viel Zeit lassen – im Falle der Gladels waren es rund sechs Jahre. Kommt es dann zum Verfahren, sind sämtliche Daten verloren, die dem Gericht eine Nachprüfung ermöglichen könnten. Denn nach dem Telekommunikationsgesetz müssen die Datensätze, in denen jede Einzelverbindung aufgelistet ist, aus Datenschutzgründen bereits nach 80 Tagen gelöscht werden.


    Chaos in der Rechnungs-EDV der Telekom

    Ein Sprecher weist denn auch mit Hinweis auf die Gesetzeslage jede Kritik an der Art, wie die Telekom Einwände gegen ihre Rechnungen behandelt, zurück. Viele Proteste würden nur vorgetragen, um der Zahlungspflicht zu entgehen, mutmaßt Telekom- Sprecher Ullrich Lissek: "Wir müssen schon im Interesse unserer pünktlich zahlenden Kunden alles unternehmen, um säumige Schuldner zum Bezahlen offener Rechnungen zu veranlassen."

    Dabei sind die Telekom- Rechnungen beileibe nicht über jeden Zweifel erhaben. Erst jüngst wurde die Debatte neu entfacht, als die Telefonkundengemeinschaft communitel ein Gutachten veröffentlichte, das den Vorwurf bestätigt, die Telekom verrechne sich häufig zu ihren Gunsten.

    Communitel-Skandal erschüttert Vertrauen in Telekom-Rechnungen

    Communitel startete vor 4 Jahren, poolte Tausende von Anschlüssen kleiner Betriebe und handelte mit der Telekom einen Großkundenrabatt heraus, der den Beteiligten Ermäßigungen bis zu 50 % bescherte. Der Kundenstamm wuchs rasch, schließlich verwaltete der Verein rund 13.000 Anschlüsse.

    Bei der routinemäßigen Überprüfung der Rechnungen fanden die Controller etliche Ungereimtheiten: Da wurden zeitgleich anfallende, identische Gespräche über einen dazu gar nicht fähigen Analoganschluss abgerechnet oder hohe Gebühren für Gespräche mit einer Dauer von weniger als einer Sekunde in Rechnung gestellt. Mit auffälliger Häufigkeit fanden sich auch Verbindungen mit Anschlussteilnehmern auf den Rechnungen, mit denen die Betroffenen nie im Leben gesprochen hatten. Der Gutachter kam schließlich zu dem Ergebnis, dass die Fehler mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits bei der Datenerfassung in den Verbindungsrechnern entstanden. Insgesamt, so die Schätzung von Communitel, habe die Telekom den Vereinsmitgliedern auf diese Weise knapp 17 Millionen Euro zu viel in Rechnung gestellt.

    Die Telekom will von selbst verschuldeten Abrechnungspannen aber nichts wissen. Die Fehlerquote betrage weniger als 0,2 %, erklärt Lissek, das Problem falscher Rechnungen sei mithin vernachlässigbar. Dabei weisen interne Papiere darauf hin, dass die Techniker der Telekom selbst recht unglücklich mit der Struktur ihrer Rechnungs-EDV sind. Heterogene Systeme, die in verschiedenen Regionen auch noch völlig unterschiedlich aufgebaut sind, sorgen mitunter für pures Datenchaos. Experten bezeichnen es unter solchen Bedingungen als bemerkenswert, dass überhaupt noch etwas funktioniert.

    Fehlerhafte Rechnungen per Management-Dekret

    Das Management kennt die Probleme. In internen Dienstanweisungen, die dem SPIEGEL vorliegen, soll es Mitarbeiter zumindest in einem Fall angewiesen haben, Beschwerden systematisch abzublocken. Dabei ging es um eine Fehlprogrammierung in der Abrechung der Teleauskunft. Für einzelne Anrufe bei der 11833 wurden den Kunden teilweise stunden- bis tagelange Gespräche in Rechnung gestellt, die sich auf mehrere tausend Euro beliefen. Als der Fehler erstmals auftrat, wurden die Mitarbeiter noch angewiesen, die zu hohen Forderungen zu erstatten. Anfang 2002 ging der Rechner erneut in die Knie. Doch das Produktmanagement entschied, Gespräche bis 60 Minuten als nicht fehlerhaft zu definieren. Die Betroffenen sollten dafür 98 Cent pro Minute bezahlen.

    Kunden, die sich beschweren, gelten aus solcher Perspektive als Querulanten, und so werden sie auch behandelt. In einem Leserbrief an die Frankfurter Rundschau beschwerte sich zum Beispiel Werner Vogt über die Reaktion auf seine Reklamationen. Monatelang monierte der Mann, dass die Telekom höhere Grundgebühren für den T-Online-Dienst in Rechnung stellte als vereinbart. 27 Briefe und Faxe versandeten in den Serviceabteilungen. Auch die gebührenpflichtige Beschwerde- Hotline half nicht weiter. Jede Rückabwicklung einer Falschabbuchung schlug mit mehr als 3,70 Euro zu Buche. Als Vogt schließlich das Lastschriftverfahren kündigte und nur noch den vereinbarten Rechnungsbetrag überwies, überzog ihn die Telekom mit Mahnungen und der Androhung, den Anschluss zu sperren.

    Auch bei der Verbraucherzentrale Bayern ist das Thema ein Dauerbrenner. "Regelmäßig bitten uns Kunden um Rat, die sich unberechtigten Forderungen gegenüber sehen", sagt Markus Saller, der für Verbraucherrecht zuständig ist. Er hat mit der Zeit in der Auseinandersetzung mit der Telekom allerdings eine interessante Erfahrung gemacht: "Selten lässt das Unternehmen es tatsächlich auf ein Gerichtsverfahren ankommen." Er rät den Betroffenen denn auch dringend, in begründeten Zweifelsfällen einen Rechtsberater hinzuzuziehen. Nur in solchen Fällen werde die fragliche Rechnung überhaupt noch einmal intern überprüft. Meist sei dann eine Einigung möglich.

    Außergerichtliche Einigung bevorzugt

    Die Telekom-Leute wissen, warum sie die außergerichtliche Einigung vorziehen. Denn nicht immer stellen sich die eigenen Anwälte bei der Prozessführung besonders geschickt an – auch wenn es wie im Fall Gladel teils nur um versäumte Fristen oder untaugliche Beweise geht.

    Wenig Ruhm ernteten die Telekom- Juristen auch in einem anderen Fall: Das Ehepaar Kallay aus Eschwege, Inhaber einer kleinen Werbeagentur, hatte sich über Doppelabrechnungen einzelner Verbindungen oder fiktive Gespräche mit nicht existierenden Anschlüssen beklagt. Die Telekom ließ ein Gebührenüberwachungsgerät installieren und befand alles für korrekt. Die Kallays ließen es daraufhin auf einen Prozess ankommen.

    Vor Gericht erhielt die Telekom dann einen peinlichen Dämpfer. Ein Gutachter stellte zwar fest, dass die ermittelten Daten des Überwachungsgeräts zwar anscheinend ordnungsgemäß zu Stande gekommen seien; doch gleichzeitig stellte er feste, dass hier eine andere Leitung als die der Kallays kontrolliert worden sein müsste. Denn hinter den ermittelten Daten stünde eher das Telefonverhalten eines großen Callcenters, als das eines Kleinbetriebes wie dem der Kallays. Der Gutachter entdeckte aber noch ein weiteres Indiz, dass die Überwachungsanlage nicht den Telefonanschluss der Kallays angepeilt haben kann: In deren Rechnung standen nämlich Posten, die die Maschine gar nicht registriert hatte.



    Deutsche Telekom: 2 Milliarden neue Schulden

    Eigentlich will Telekom-Interimschef Helmut Sihler dringend den immensen Schuldenberg seines Konzerns verkleinern. Nun zwingt ihn eine 2 Jahre alte Option zu einer weiteren Milliardenausgabe.

    Aus:
    Spiegel Online – 20. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BONN. Die Mobilfunktochter T-Mobile International werde zum 30. September den niederländischen Mobilfunkanbieter Ben vollständig übernehmen, teilte das Bonner Unternehmen heute mit. Der Kaufpreis für die restlichen Ben- Anteile von 50 % plus einer Aktie betrage 2 Milliarden Euro. Die Europäische Kommission habe der Transaktion zugestimmt, sagte ein Telekom- Sprecher.

    Die Optionen auf die vollständige Übernahme von Ben waren bereits vor 2 Jahren im Vorfeld der niederländischen UMTS- Auktion unter Sihlers geschasstem Vorgänger Ron Sommer vereinbart worden – zu einem Marktpreis, der aus heutiger Sicht vielen Analysten als überzogen erscheint.

    Die Telekom zahlt insgesamt 1,7 Milliarden Euro an die beiden Telekommunikationsunternehmen Belgacom und TDC sowie an die Investmentbank Credit Suisse First Boston (CSFB). Zudem muss sie 300 Millionen Euro an Gesellschafterdarlehen tragen. Allein für den 14,7-%- Anteil der TDC müssen die Deutschen 500 Millionen Euro ausgeben. Dem dänischen Konzern beschert das nach eigenen Angaben einen Kapitalgewinn von 375 Millionen.

    Der Vollzug der Transaktion war nur eine Frage der Zeit: Die Put-Option der drei Ben- Gesellschafter gegenüber der Telekom wäre im ersten Quartal des nächsten Jahres ausgelaufen. Durch den Kauf erhöhen sich die Schulden der Telekom, die Ende Juni bei 64,16 Milliarden Euro lagen, um den Kaufpreis von 2 Milliarden.

    Ben ist mit mehr als 1,4 Millionen Kunden die Nummer 3 unter den 5 Anbietern auf dem niederländischen Mobilfunkmarkt. Laut T-Mobile hat sich das Unternehmen in den vergangenen Monaten beim Kundenwachstum und in der Servicequalität hervorragend entwickelt. Besonders bei ertragsstarken Vertragskunden habe Ben Marktanteile gewonnen und sei deutlich stärker gewachsen als alle Wettbewerber.



    Alptraum für Telcos – Jetzt kommt die WLAN-Wolke

    WiFi-Datenfunknetze sind nicht nur schnell und günstig, sondern im Gegensatz zu UMTS bereits verfügbar. Die Technologie hat nur den Haken der zu geringen Reichweite. In einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Georgia ist man nun jedoch daran, die gesamte Innenstadt mit einer WLAN-Wolke zu überziehen.

    Aus: Spiegel Online – 21. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    ATHENS/USA. Seit Jahren rivalisieren amerikanischer Hightech- Regionen um die neuesten Entwicklungen im Internet- und Telekommunikationssektor. Neben dem kalifornischen Silicon Valley finden hierbei regelmäßig andere US-Tech- Mekkas wie die New Yorker Silicon Alley, Seattle oder die texanische IT-Vorzeigeregion "Silicon Hills" in Austin Erwähnung.

    Umso überraschender ist es, dass eine Kleinstadt im US-Bundesstaat Georgia nun an der Vorfront der Wireless-Internet- Bewegung steht: Athens. Derzeit arbeiten hier das New Media Institute der University of Georgia und lokale Behörden mit Hochdruck daran, die Innenstadt mit einer WiFi-Wolke zu überziehen. Stolze 24 Straßenblocks sollen bis zum 1. Dezember über die WLAN- "Cloud" der eigens hierfür ins Leben gerufenen Wireless Athens Group (WAG) mit Funk-Highspeed- Netzzugängen versorgt sein.

    Egal ob auf der Parkbank, im Straßencafé, beim Einkaufsbummel in der Fußgängerzone oder an der Bushaltestelle, wer immer sich dann in Downtown Athens mit Laptop oder Handheld und 802.11b- Funkmodem aufhält, kann mit satten 11 Megabit pro Sekunde im Netz surfen – und das kostenlos.

    Bislang deckt die Web-Wolke 4 Blocks ab. Darunter mit der College Avenue auch eine der Pulsadern der City. Und die "WAG-Zone" wächst beständig: In den kommenden zwei Wochen werden mehrere neue Funkverteilerboxen installiert, bis Ende des Jahres sollen sukzessiv weitere folgen. Funkantennen sind – mit Unterstützung der Gemeinde – auf Straßenlaternen montiert.

    "Das WAG-WiFi-Signal wird von Athens Straßen aus an Server des New Media Institute übertragen", erklärt Scott Shamp, Direktor des Instituts und treibende Kraft hinter dem ehrgeizigen Projekt. "Und von der Uni aus werden die eingeloggten User dann mit dem Internet verbunden." Die selbst gebauten Funkboxen, die Shamp zufolge etwa wie ein "Hub" funktionieren, nennen die Initiatoren irreführend "3G-Boxes" – "um die Technologie den Bürgern einfacher verständlich machen zu können", so Shamp. Und der bekanntere Begriff "3G" für Mobilfunkdienste der dritten Generation scheint da weit griffiger als WiFi.

    "State of the Walmart"-Technik

    Trotz allem Hightech-Appeal versucht man in Athens, das Wireless- Experiment so simpel und günstig wie möglich zu halten. "Sehr wichtig ist, dass wir keinesfalls 'State of the Art'-, sondern eher 'State of the Walmart'- Technik einsetzen", erklärt Shamp. "Die Technologie soll sich jeder leisten können, damit das Projekt auch möglichst viele Nutzer und Nachahmer findet." WiFi-Karten sind in den USA längst bei jedem Elektronik- Discounter für unter 100 US-Dollar zu kaufen.


    Die WLAN- Betreiber vermeiden den direkten Clash mit den Telcos, indem sie das WLAN-Signal bewusst schwach halten.

    Vor Häuserwänden macht die WLAN- Wolke allerdings halt – das Signal ist dafür schlicht zu schwach. "Für die Nutzung in Gebäuden ist das Netz so oder so nicht konzipiert", erklärt Shamp. Da das WiFi-Erlebnis damit nur ein "Outdoor"- Vergnügen ist, sehen die Initiatoren auch keine Konflikte mit Festnetz- Providern vorprogrammiert. Aus Furcht davor, Kundschaft an offene Gratis-WLAN- Nachbarschaftsnetze zu verlieren, attackieren verschiedene nationale US-Breitband- ISPs die Open Network Movement inzwischen nämlich massiv. "Unsere Initiative ist vom Prinzip her mit einer Wasserfontäne in einem Stadtpark zu vergleichen", erläutert Shamp. "Dort könnte man sich zwar kostenlos mit Wasser versorgen, das würde aber ja wenig Sinn machen."

    Ökonomischer Alptraum für Telcos

    Neben den Web-Access-Firmen beobachten insbesondere auch die großen Telcos die WAG mit Argusaugen. Schließlich haben die Telekommunikationsunternehmen längst erkannt, welche Bedrohung die WLAN- Bewegung für ihre 3G-Pläne [Ed: gemeint sind die UMTS- Pläne] – und Milliardeninvestitionen – darstellt. "Der WiFi- Boom ist für die Telcos ein ökonomischer Alptraum", sagt Shamp.

    Wie die Initiative in Athens zeigt, ist es inzwischen ja technisch machbar, den eigentlich auf wenige hundert Meter beschränkten WiFi- Funkradius auf ganze Stadtteile auszudehnen. Und Shamp zufolge wäre es durchaus möglich, weit größere Teile der Gemeinde zu versorgen. "Selbst eine Metropole wie San Francisco könnte theoretisch ebenso in eine WiFi- Wolke eingehüllt werden", sagt Shamp. In Athens mache eine Erweiterung jedoch keinen Sinn, da die Innenstadt mit 24 Blocks abgedeckt ist.

    "Ein Horrorszenario für die Telekommunikationsfirmen", sagt auch der New Yorker Anthony Townsend, Open-WiFi- Aktivist und Mitgründer von NYCWireless. "Mit WLANs wird man wohl niemals 100 % der Fläche eines Landes abdecken – aber die entscheidenden 5 %, wo sich die Leute aufhalten."

    Und nicht nur das dürfte die Attraktivität der teuren 3G-Diensten deutlich schmälern: 3G-Technologien wie UMTS sind schließlich auch wesentlich langsamer als WiFi. Während die nächste WLAN- Generation auf Basis des 802.11a- Standards bereits Übertragungsraten von 54 Megabit pro Sekunde zulässt, kommt UMTS selbst im optimalen Fall nur auf 2 MBit/s.

    Wirtschaftsförderung via WiFi?

    Das Athenser WLAN- Projekt soll nicht zuletzt auch als Standortwerbung für die strukturschwache Region dienen. Also werden die Investitionen von 80.000 US-Dollar von den Wirtschaftsförderern der Georgia Resource Alliance getragen. "Und deren Bedingung für die Mitfinanzierung war, dass wir versuchen, die regionale Wirtschaft zu beleben und mehr Techfirmen in die Stadt zu locken", so der Vater der WAGZone.

    Dennoch ist laut Shamp vor ökonomischen Perspektiven zunächst die Frage zu diskutieren, wie man das WiFi- Netz in der Stadt sinnvoll nutzen kann. Genau darüber macht sich das New Media Institute parallel dazu Gedanken und entwickelt Applikationen: Testläufe für die Übertragung von Multimedia- Files, unter anderem Live- Videobilder eines Baseballspiels, wurden bereits erfolgreich durchgeführt.

    Künftig sollen Athenser Sportfans auch im Stadion über ihre mitgebrachte WiFi- Laptops oder -Handhelds Snacks und Getränke bestellen und sich diese an ihren Platz liefern lassen können – um auch garantiert keinen Pitch mehr in der Schlange am Würstchenstand zu verpassen.

    [WLAN – Hotspots im Vormarsch]
    [Free Networks: Verzeichnis von WLAN-Zugangspunkten in den USA]
    [Verzeichnis deutscher WLAN-Zugangspunkte]



    Internet-TV: T-Online will den Mediensprung

    Rosa Zeiten erhofft sich T-Online ab 2004 – denn dann sollen die Bemühungen ums Bezahl-Internet greifen. Die Grundbedingung dafür kennt Chef Thomas Holtrop ebenfalls: Das Web muss endlich den Sprung auf die "Glotze" schaffen. Schon auf der Cebit, sagt Holtrop, werde T-Online zeigen, wie das geht.

    Aus:
    Spiegel Online – 23. September 2002, ??.?? Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]


    „Schluss mit
    der Kostenlos- Kultur im Internet.“

    T-Online-Chef
    Thomas Holtrop auf
    der Hauptversammlung 2001.

    Holtrop hat große Pläne: Binnen zwei Jahren will er seinem Telekom- Ableger mit kostenpflichtigen Mehrwertdiensten so richtig Flügel verleihen. "Alle Jahre wieder", fällt da so manchem gedächtnisstärkeren Web- Interessierten spontan ein, und tatsächlich waren ja ähnliche Texte schon früher zu hören.

    Seit Thomas Holtrop im November 2000 bei T-Online das Heft übernahm, richtete er die generelle Strategie des Unternehmens in drei Richtungen aus:

    Das ist fatal, denn unter dem Strich hat Holtrop natürlich Recht: Es muss mehr Geld fließen für geldwerte Mehrwerte. Immer mehr "Content- Providern" geht das Geld aus. Die Bereitschaft, nur aus Imagegründen teure Angebote im Web Aufrecht zu erhalten, sinkt rapide. Das Web droht, viel von seinem Wert zu verlieren: Schon ist absehbar, dass es bald schwer werden könnte, im WWW noch ein aktuelles Kinoprogramm zu finden. Der Surfer weiß all das prinzipiell – zahlen will er trotzdem nicht.

    Das bekommt auch Holtrop zu spüren, der seinen Posten vor allem in einer Funktion antrat: als Sanierer. Zwar besitzt T-Online in Deutschland eine nicht zu unterschätzende Marktmacht, doch das verhindert nicht, dass der kleine rosa Ableger des großen rosa Riesen über Jahre notorisch defizitär arbeitete. Das störte kaum, solange die Telekom eine Lizenz zum Gelddrucken zu haben schien – doch inzwischen wackelt auch der Mutterkonzern ganz gehörig. Öffentlich wird über Sparkurse nachgedacht und auch darüber, dass es keine heiligen Kühe geben dürfe, wenn man sich dazu entscheide, Teile des Konzerns gewinnbringend zu verhökern.

    Da wäre auch T-Online ein natürlicher Kandidat, doch Fragen in diese Richtung lässt Holtrop elegant abtropfen. Zwar sei es wichtig, darüber nachzudenken, was sich "an Werten innerhalb des Konzerns monetarisieren lässt". Doch vorerst vertraut der T-Online-Chef darauf, dass die Konzernmutter weiter tapfer an der "Vier- Säulen- Strategie" festhalten werde. Eine davon sei T-Online und das Internet- Geschäft, "alles andere sind Spekulationen, die ich nicht kommentieren möchte".

    Überlebensstrategie: Geld machen – und positive Schlagzeilen

    Stattdessen versucht er einmal mehr, seine Vision von den künftigen Geldquellen unter das Volk zu bekommen: Internet- Zugang mit automatischem Virencheck zum Beispiel – in den USA versucht die Bush- Regierung gerade, das als Grundfeature für jeden Provider verpflichtend zu machen. Und immer wieder betont Holtrop, dass neben Access- Providing und Werbung die Maut hermüsse: Online- Spiele könne man doch kostenpflichtig anbieten, E-Learning auch.

    Ja, könnte man. Aber kann man mit so etwas gegen die konkurrieren, die Vergleichbares kostenfrei anbieten? Das ist auch die Krux der Entertainment- Industrie, an deren reißenden Geldströmen Holtrop gern mittels Breitband-Video- Diensten mitverdient hätte. Noch vor Jahresfrist war das wirklich ein Thema – zumindest in Management- Kreisen. Die Nutzer von P2P- Börsen lachten wohl schon damals darüber: Dort gibt es alles umsonst, teils schon, bevor es im Kino landet. Warum also sollte man einen Video-on-demand- Dienst bezahlen?

    Doch der Film-Traum ist längst noch nicht ausgeträumt: Was Holtrop vor Jahresfrist noch per Breitband-Kabel ausliefern wollte, will er nun direkt auf den TV-Bildschirm zaubern – Kabel-TV on demand lässt grüßen.

    El Dorado sitzt auf der Couch

    Im Sofa sitzend lockt auch die bisher für das Web nicht erschlossene Zielgruppe der Internet- resistenten Couch- Kartoffeln: Die macht potenziell mehr als 50 Prozent der Bevölkerung aus – und spätestens da müssen einem Manager die Dollarzeichen in den Augen kreisen. Web-TV gegen Gebühr so selbstverständlich wie Teletext zu machen, das wäre allerdings ein Hammer und würde ganz nebenbei einmal mehr beweisen, mit welchem Bildschirm sich Geld verdienen lässt und mit welchem nicht.

    Dass dies beileibe nicht der erste Versuch wäre, dem Web zum Medienwechsel und ins Wohnzimmer zu verhelfen, darf jedoch nicht unerwähnt bleiben.

    Hanebüchen mittelmäßige Web-TV- Techniken bekommt man seit Jahren schon sogar auf dem Wühltisch beim Food- Discounter hinterher geworfen – ohne messbaren Erfolg. Allein in den USA, dem Mutterland des Kabelfernsehens und TV-on-demand, kann sich Web-TV einer gewissen Beliebtheit erfreuen: Dort macht der oft kostenlose Rückkanal ins Web auch E-Mail und Online- Banking über Web-TV möglich. Hier zu Lande jedoch war auf dem Fernseher bisher nicht mehr zu sehen, als unbefriedigend aufgelöste Webseiten hart an der Grenze zur Lesbarkeit. Das, versichert Holtrop, ist vorbei, da könne man nun mehr bieten: Die nötige Web-TV- Technik will er schon auf der nächsten CeBIT vorstellen.

    Aus Kundensicht werden feste Provider wie T-Online oder AOL zunehmend zu Relikten der Web- Frühzeit. Internet-by-Call ermöglicht dem Kunden, mit dem Mausklick über den Wert des Internet- Zugangs zu entscheiden: Hier setzt der Konsument die Preise, nicht der Großprovider. Die haben mittelfristig keine andere Chance, als mit echten Mehrwerten Kunden zu binden.

    Pläne in dieser Hinsicht produziert gerade Holtrops Ideenfabrik genug. Ob die allerdings ihren Markt finden, bleibt abzuwarten: Von den verheißenen Breitband- Videoangeboten, für die im letzten Jahr auch Holtrop noch laut trommelte, ist wenig zu sehen – aber das ist den Kunden anscheinend auch ziemlich egal. Nun setzt T-Online also auf die Eroberung der Wohnzimmer.

    Wenn ein solches Modell Aussichten auf Erfolg haben sollte, dann könnte es nur von Unternehmen mit einer Markenbekanntheit wie T-Online oder AOL angegangen werden. Bisher jedoch sind den Ankündigungen der Einführung neuer kostenpflichtiger Dienste verhältnismäßig wenig Taten gefolgt.

    Geld macht T-Online weniger mit den Dingen, mit denen das Unternehmen lautstark wirbt, als vielmehr mit den Rationalisierungen und Preisänderungen, von denen man weniger gern redet. Ein echtes Profit- Potenzial trauen Marktbeobachter derzeit etwa der im August eingeführten Gebühr für Beschwerdeanrufe bei T-Online zu.

    Selbst das steht am Ende in bester Internet-Tradition: Geld macht man dort bisher nicht mit Visionen und echten Dienstleistungen, sondern mit Chuzpe.




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      Zum Teil 40

    © 2002-2002 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 20.12.2009 12.25 Uhr