Achtung! Diese Archiv-Seiten dienen nur noch dokumentarischen Zwecken!Sehr viele Links sind nicht mehr aktiv. Aktuelles finden Sie evtl. auf der khd-Page oder im khd-research.net.![]() ![]() |
Dokumentiert sind hier in Auszügen oder als Links zum
SPIEGEL-Archiv einige
ausgewählte und in einer Zusammenstellung besonders interessante
Artikel aus dem SPIEGEL. Dieses
Copyright- geschützte Material wurde hier wegen der permanenten
Link-Möglichkeit (HTML-Anker) dokumentiert. Bitte beachten Sie
das Copyright, das beim Spiegel-Verlag (Hamburg) liegt. Tippfehler
gehen zu meinen Lasten.
M O B I L F U N KAOL: Heimliche Tarif-Tests
AOL startet des Öfteren Versuchsballons, in denen ausgewählten Teilnehmern neue Tarifmodelle angeboten werden. Nachdem sich die Flatrate als Verlustgeschäft herausgestellt hat, geht es nun der leidigen Grundgebühr an den Kragen.
Aus: Spiegel Online 9. Juni 2001, 12.04 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]HAMBURG. Man entrostet gerade nichtsahnend an einem Sonntagnachmittag den Wagen, da kommen einige Nachbarskinder auf Rollerblades vorbei, rufen "Sie haben Post!" und verteilen gratis bunte DVD-Hüllen. Zwei davon bekommen wir eine für mich, eine für die Partnerin, Oh nein, schon wieder AOL. Deshalb "Sie haben Post!". Aber nette Verpackung die DVD-Hülle kann man doch sicher gut für die selbstgebrannten Video-CDs verwenden?
Nach erster Verwunderung stellt sich jedoch heraus, dass an diesen AOL-CDs nicht nur die Verpackung ungewöhnlich ist. Mit "AOL by Call" testet AOL nun nämlich klammheimlich endlich einen echten "Internet-by-Call"-Tarif ohne Grundgebühr. Leider hat AOL in der Vergangenheit systematisch Begriffsverwirrung betrieben.
Die aktuellen Sondertarife sind Mogelpackungen
Die momentan offiziell angebotenen Tarife "AOL Start" mit einer Mindestnutzung von zehn Stunden entsprechend 16,80 Mark sowie 2,8 Pfennig für jede Minute darüber hinaus oder "AOL Top" mit Mindestnutzungen von 30 Stunden monatlich für 39,60 Mark und 2,2 Pfennig pro darüber hinausgehende Minute sind ganz reguläre Verträge, bei denen auch bei Nichtnutzung eine Gebühr anfällt.Diese wird lediglich mit Gebühren bis zur Höhe der Mindestnutzung verrechnet früher sprach man auch umgekehrt von "Freistunden". Ein schlechtes Geschäft, wenn der Kunde im Sommer die Lust an AOL verliert oder in Urlaub geht, und dafür sind dann die Minutenpreise niedriger. Dennoch bezeichnet AOL diese Tarife öfters als "Internet by Call", wohl wissend, dass dieser Begriff einen Tarif assoziiert, der keine Grundgebühr oder Mindestnutzung aufweist.
Testkunden erhielten dagegen schon immer mal Angebote, die nie offiziell wurden. So wurden vor der Einführung der (momentan nicht mehr bestellbaren, aber noch nicht gekippten) 78-Mark-Flatrate auch solche Test-CDs mit AOL- Flatrate-Offerten aller Preisstufen von 30 bis 100 Mark pro Monat versandt.
Da solche Angebote mit individuellen Registrierungsnummern und Passwörtern versehen werden, kann AOL genau feststellen, wie viel Zuspruch der Versuchsballon erhält, und ob es sich lohnt, diesen Tarif regulär einzuführen.
Sollte AOL den Tarif "AOL by Call" tatsächlich einführen, bringt dies sicherlich viele neue Kunden, da dann auch Gelegenheitsnutzung möglich wäre. "T-Online by call" mit einem nur knapp höheren Tarif von 3,9 Pfennig hat dem Magenta- Unternehmen ja ebenfalls viele Kunden gebracht, die sich auf die traditionelle Grundgebühr von 8 Mark im Monat nicht mehr einlassen wollten. Dazu müssen sich aber zunächst ausreichend viele der Versuchskaninchen bei AOL anmelden. Wir waren nicht dabei. [mehr]
10.6.2001 (t-off). Und die pfiffigen User wissen natürlich, daß es inzwischen echtes Internet-by-call schon für 1,7 Pf/Min gibt. Seit dem 5. Juni bietet das die MobilCom-Tochter FreeNet.de in der Zeit von 189 Uhr an. Selbst von 918 Uhr kostet es nur 2,9 Pf/Min. Ob das die Kreativität bei AOL unterbieten kann? Wir werden sehen... [mehr]
C A L L - T H R O U G HKartell der Verlierer
Die Regulierungsbehörde sieht vage Möglichkeiten der Kooperation beim UMTS-Netzaufbau. Den angeschlagenen Handy-Konzernen hilft das wenig.
Aus: Der Spiegel 24/2001, 11. Juni 2001, Seite 108 (Wirtschaft). [Original]Gerhard Schmid reagierte wie so oft als Erster. Goldrichtig sei die Entscheidung der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, eine Zusammenarbeit der Netzbetreiber zuzulassen, sagte der Mobilcom- Chef am vergangenen Dienstag. "Bis zu 4 Milliarden Mark", so Schmid, ließen sich dadurch "an Kosten einsparen".
Der Spruch des Regulierers, sekundierten Schmids Kollegen bei E-Plus, Viag- Interkom und der spanisch-finnischen 3G-Gruppe einstimmig, sei "ein Meilenstein in der UMTS-Entwicklung", ein "optimales Ergebnis" und ein "wichtiger Schritt zur Herstellung des Wettbewerbs".
Der öffentlich zur Schau getragene Optimismus hatte ein einziges Ziel: die Beruhigung von Aktionären, Banken und Analysten. Die vier Jubler und ihre Mutterkonzerne Britisch Telecom (Viag), KPN (E-Plus), France Télécom (Mobilcom) und Telefónica (3G) gehören nämlich zum Kartell der UMTS- Verlierer in Europa.
Fast 17 Milliarden Mark hat jeder von ihnen für den Kauf einer deutschen UMTS- Lizenz aufbringen müssen. Weitere 6 bis 8 Milliarden muss jede Firma in den nächsten Jahren in den Aufbau der Netze stecken und das allein in Deutschland.
Meist jedoch haben die Konzerne in weiteren Ländern Lizenzen erworben. Insgesamt kassierten die europäischen Finanzminister rund 260 Milliarden Mark für die Eintrittskarten in die Mobilfunkzukunft. Die Schuldenlast der einst so strahlenden Handy-Firmen ist dadurch fast erdrückend geworden. Kein Wunder, dass sich die gebeutelten Unternehmen an jeden noch so kleinen Strohhalm klammern. Und viel mehr war es nicht, was Regulierungspräsident Matthias Kurth vergangenen Dienstag in Bonn verkündete.
Wochenlang schon hatten die UMTS- Betreiber auf allen politischen Kanälen bis hin zum Bundeskanzler versucht, die Lizenzbedingungen aufzuweichen. Die Bundesregierung, so ihre Bitte, solle nach den Milliardeneinnahmen zumindest zulassen, dass die teure Infrastruktur von mehreren Anbietern genutzt werden könne.
Ein heikles Anliegen: Denn die Auflagen, die vor Beginn der Auktion im Detail bekannt waren, sind eindeutig. Bis Ende 2003 muss jeder Anbieter ein eigenes UMTS- Netz aufbauen, das ein Viertel der Bevölkerung versorgt. Zwei Jahre später müssen bereits 50 % der Deutschen UMTS-Dienste empfangen können.
Daran ändern auch die neuen "Interpretationshilfen" nichts, die Kurth in Bonn verkündete. Zwar hält er es für möglich, dass Basisstationen, Antennen und andere Einrichtungen gemeinsam genutzt werden. Allerdings müsse die "Funktionsherrschaft und wettbewerbliche Unabhängigkeit jedes Lizenznehmers" gewährleistet sein.
Genau da liegt der Haken. Eine Technik, die es ermöglicht, unabhängig voneinander mehrere Mobilfunknetze über die gleichen Anlagen zu steuern, gibt es noch nicht. Zwar haben einige Ausrüster wie Nortel Networks und Nokia solche Entwicklungen angekündigt. Ob sie aber innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre wirklich einsatzfähig sind, ist völlig ungewiss.
Selbst wenn den Software- Ingenieuren das Wunderwerk gelingt, sind noch längst nicht alle Probleme gelöst. Denn die sechs Lizenznehmer haben ihre milliardenschweren Ausrüstungsverträge mit unterschiedlichen Netzherstellern geschlossen. Dass sich die Konkurrenten im hart umkämpften UMTS-Markt aber innerhalb weniger Monate auf gemeinsame Standards einigen, ist höchst unwahrscheinlich.
Auch die von Mobilcom-Gründer Schmid prognostizierten Einsparungen sind wohl reines Wunschdenken. Allenfalls um 300 Millionen Euro würde sich der Netzausbau verbilligen, wenn die von der Regulierungsbehörde erlaubten Kooperationsformen verwirklicht werden, glauben beispielsweise Experten bei Nortel. Andere gehen von prozentualen Einsparungen im unteren einstelligen Bereich aus.
Entsprechend gelassen sehen die Marktführer Telekom und Vodafone dem Treiben zu. Sie sind in der komfortablen Lage, sich nun ebenfalls einen Partner suchen zu können oder gegen die Verwässerung der Lizenzbedingungen zu klagen.
Die Telekom hat die angedrohten juristischen Attacken erst mal zurückgestellt. Denn sie verhandelt seit Wochen mit British Telecom (BT). Weil in England andere Lizenzbedingungen herrschen, lassen sich dort beim gemeinsamen Netzaufbau durchaus einige Milliarden sparen. Sollten die Verhandlungen erfolgreich verlaufen, könnte die Kooperation in kleinerem Rahmen auch auf die deutsche BT-Tochter Viag- Interkom übertragen werden und eine Klage wäre dann nur störend.
Vodafone-Chef Chris Gent scheint dagegen weiter auf den harten Kurs zu setzen: "Wenn sich andere übernommen haben", wettert Gent, sei das ihr Problem. Der "Softie- Kurs" der Aufsichtsbehörden sei für ihn völlig "unakzeptabel".
A U F S T E I G E RBis zu 75 % Einsparung bei Handy-Telefonaten
Was im Festnetz gang und gäbe ist, wird bei Handys kaum genutzt: Die Möglichkeit, über Billig-Vermittler Gebühren zu sparen. Die Prozedur ist umständlich, lohnt sich aber.
Aus: Spiegel Online 12. Juni 2001, 14.52 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]DÜSSELDORF. Festnetzgespräche sind heute so billig wie nie. Viele Handybesitzer erschrecken hingegen jeden Monat aufs Neue, wenn sie ihre Mobilfunk- Rechnung öffnen. Anders als im Festnetz gibt es im Mobilfunk nämlich noch keine "Call-by-Call"- Dienste, bei denen ein Anrufer über eine "Vor-Vorwahl" einen billigen Netzbetreiber auswählt. Doch Thilo Salmon von Netzquadrat in Düsseldorf weiß, es geht auch anders: Über so genannte "Call- Through"- Angebote können auch mobile Quasselstrippen ihre Telefonkosten drastisch senken.
"Im Einzelfall sind bis zu 75 % Einsparungen möglich", sagt der Netzquadrat- Geschäftsführer, bekannt für den Internet- Telefontarifcheck "Billiger- Telefonieren.de". Die Funktionsweise ist ähnlich wie bei den "Call-by-Call"-Diensten, nur ein wenig komplizierter.
Um "Call-Through"-Angebote zu nutzen, müssen sich Sparfüchse zuerst bei einem der Mobilfunk- Billiganbieter wie Komtel, Transglobe, oder Talking Net registrieren lassen, was kostenfrei ist. Oder sie kaufen so genannte "Calling Cards" etwa "Handy Direct", "Chiepy", "Ancotel" oder "Tesion". Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass mit einer "Calling Card" im Voraus bezahlt wird.
Ist ein Kunde registriert, bekommt er zwei Nummern mitgeteilt: eine Telefonnummer und eine persönliche Geheimzahl (PIN-Code). Zum vergünstigten Mobiltelefonieren muss er zuerst die Telefonnummer des Billiganbieters wählen. Nach der Eingabe seiner Geheimzahl erhält er ein neues Freizeichen deshalb "Call-Through". Ab diesem Zeitpunkt kann er ganz normal telefonieren. "Vielen Kunden ist diese Prozedur allerdings zu umständlich," sagt Salmon. Kein Wunder also, dass erst wenige der 52 Millionen deutschen Handy- Benutzer die Angebote nutzen.
Dabei lässt sich mit den Mobilfunk-Discountern die Handy-Rechnung erheblich senken. Bei vielen Anbietern ist die Einwahl beim Billiganbieter über eine 0800-Nummer kostenlos. Verbindungen ins Festnetz kosten so nur noch 30 bis 60 Pfennig, ins Mobilfunknetz 50 bis 90 Pfennig. Ohne diesen Umweg berappt der Kunde bei vielen Mobilfunkanbietern zwischen 0,99 und 1,69 DM pro Minute.
Ist die Einwahl nicht kostenfrei, kann der Kunde von den speziellen Tarifoptionen der Mobilfunkanbieter profitieren. D1, D2 Vodafone, E-Plus und Viag Interkom bieten zumeist Verbindungen in ein bestimmtes Ortsnetz oder zu einer festgelegten Lieblingsnummer besonders günstig an. Wer als Lieblingsnummer nun den Billiganbieter angibt oder als Lieblingsortsnetz die Vorwahl des Einwahlknotens, kann deutschlandweit verbilligt telefonieren. Auf diese Weise kostet etwa die Verbindung ins Festnetz mit einer D1-Xtra-Card oder D2 CallYa-Card nur 58 Pfennig statt 1,69 DM.
Von diesen Spartricks ist der Mobilfunkanbieter E-Plus "nicht begeistert". Pressesprecherin Catrin Glücksmann erklärt jedoch, dass das Unternehmen nicht vorhabe, gerichtlich gegen die Billiganbieter vorzugehen. Auch Mannesmann Mobilfunk (D2 Vodafone) sieht die Konkurrenz "absolut gelassen". Die Angebote würden bislang erst von sehr wenigen Kunden genutzt, meint Firmensprecher Matthias Andreesen. "Die paar Sparfüchse sind für uns kein Problem."
Reicher schlechter Kerl
Ein Amerikaner wird zur Schlüsselfigur im deutschen TV-Geschäft: Für rund 10 Milliarden Mark will John Malone den größten Teil des Kabelnetzes der Telekom übernehmen. Damit kontrolliert er den Zugang für 10 Millionen Haushalte. Kritiker fürchten: Ein neues Monopol entsteht.
Aus: Der Spiegel 26/2001, 25. Juni 2001, Seite 116120 (Medien). [Original]Ob geschäftlich oder privat Malone liebt die Größe. Viel Macht, viel Geld, viel Spaß. Und ein Schuss Wahnsinn ist auch dabei. Seine Ranch, auf die er von seinem Bürohaus in einem Vorort von Denver blicken kann, umfasst viele Quadratkilometer. Malone, 60, ist der größte Landbesitzer im US-Staat Colorado. Oft ist er aber auch mit seiner Frau und sechs preisgekrönten Möpsen in einem überdimensionalen Wohnmobil unterwegs, das für 750.000 Dollar ganz nach seinen persönlichen Vorlieben gestaltet wurde. Für einen schnellen Segeltörn steht die 25-Meter-Yacht "Liberty" zur Verfügung.
Beruflich dirigiert er ein Imperium, das zu den größten privaten Besitztümern des Landes zählt. Seine Vermögensverwaltungsfirma Liberty Media, bei der rund 60 Mitarbeiter beschäftigt sind, hat sich vor allem auf Medien- Beteiligungen spezialisiert. So gehören ihm etwa 4 % am weltgrößten Medienkonzern AOL Time Warner, 18 % an Rupert Murdochs News Corporation, 43 % am Einkaufskanal QVC, 49 % am Dokumentationskanal Discovery Channel. An der Börse ist sein Unternehmen fast 100 Milliarden Mark wert. Seit dem vergangenen Donnerstag mischt der Milliardär auch in Deutschland ganz oben mit: Nach einer öffentlichen Erklärung der Deutschen Telekom ist er auf bestem Wege, einen wichtigen Zugang zu zehn Millionen Wohnungen zu kontrollieren die Netze des Kabelfernsehens. Der Großinvestor aus Colorado könnte damit das Freizeitverhalten von vielen nachhaltig verändern. Denn wer über den Transportweg verfügt, hat Einfluss auf das, was transportiert wird.
Malone wird, wenn der Deal mit der Telekom zustande kommt, künftig TV-Programme ganz neu vermarkten: in kleinen Paketen, mit Zusatzangeboten, gegen höhere Preise. Er wird Telefondienste und digitale Fernsehangebote kombinieren, Internet-Dienste und Pay-TV-Angebote puschen. Und das alles über das bislang rückständige TV-Kabelnetz, das jetzt mit Milliardeninvestitionen aufgerüstet werden soll. Nur so werden Malones Firmen die hohen Kosten zurückverdienen können. "Ein neuer Spieler ist im Markt", sagt Dieter Hahn, zweiter Mann im Imperium des TV- und Medienunternehmers Leo Kirch: "Wir haben es mit komplett anderen Wettbewerbsbedingungen zu tun."
Es komme zu "dramatischen Veränderungen im Medienmarkt", glaubt auch Medienberater Kai Flatau, lange Zeit Justiziar beim Pay-TV-Sender Premiere. Und der Berliner Medienwächter Hans Hege fordert bereits mehr Aufmerksamkeit durch die Politik: "Was da jetzt passiert, ist nicht ohne. Die Fernsehkabel sind so wichtig wie die Deutsche Bahn." Immerhin sind in das einst staatliche Kabelnetz seit dem Start im Jahr 1983 rund 20 Milliarden Mark an öffentlichen Geldern geflossen.
Aufsteiger Malone wuchs in Milford im US-Staat Connecticut auf, als Sohn eines General-Electric- Managers. Als Kind reparierte er Radios und verkaufte sie teuer weiter, später studierte er Maschinenbau und Wirtschaft. Nach Stationen bei der Telefonfirma AT&T, der Unternehmensberatung McKinsey und dem Elektronikkonzern General Instruments stieg er Anfang der siebziger Jahre als privater Investor ins TV-Kabelgeschäft ein.
Mit harten Methoden brachte er die Firma Tele-Communications nach oben und verkabelte das ländliche Amerika. Aus dieser Zeit stammt der Spruch des damaligen Senators Al Gore, Malone sei der "Darth Vader der Datenbahnen", benannt nach dem Bösewicht der "Star Wars"- Filme. Vor zwei Jahren verkaufte Malone dann sein Kabelimperium TCI für 54 Milliarden Dollar an den Telefonriesen AT&T, seinen früheren Arbeitgeber. "Ich bin lieber ein guter als ein schlechter Kerl", sagt Malone, "aber ich bin lieber ein reicher schlechter Kerl als ein armer guter Kerl." Als Idol nennt er den Wall-Street-Investor Warren Buffet, als Motto den Satz: "Unsere Tür ist immer offen für Geschäfte." Der Mann beherrscht die Kunst, andere auszutricksen und sei es durch permanentes Schweigen. "Malone konnte sitzen, ruhig und grässlich still, stundenlang, vor allem wenn er mit jemandem verhandelte, der etwas hatte, was er wollte," heißt es in einem Buch über seine frühen Jahre.
Rund 10 Milliarden Mark hat sich Malones Firma Liberty Media den jüngsten Vorstoß in Deutschland kosten lassen, die hundertprozentige Übernahme der Kabelnetze der Telekom in 6 Großregionen. Damit ist der Zugang zu 10 Millionen Haushalten verbunden. Nur Nordrhein- Westfalen, Baden- Württemberg und Hessen sind nicht dabei, hier hat die Telekom schon vor Monaten andere Investoren gefunden. Auch der nächste Deal Malones ist nahezu perfekt, die Verträge sind zumindest aufgesetzt. Demnach übernehmen seine Firmen Liberty Media und UPC zusammen mit dem ebenfalls in Denver sitzenden Investor Callahan ein weiteres großes Kabelnetz mit 2,2 Millionen Haushalten, und zwar von der Deutschen Bank.
Das Finanzinstitut hatte in Erwartung eines lukrativen Weiterverkaufs rund 2,2 Milliarden Mark in Firmen wie Tele Columbus und Smatcom investiert, zum Schluss jedoch war Vorstandssprecher Rolf Breuer das Engagement leid. Nun erhält er voraussichtlich 2,3 Milliarden Mark von dem US-Konsortium. Am Zuge sind die Spezialisten aus Denver. "Wir werden so schnell wie möglich damit beginnen, das Kabel aufzurüsten", sagt Liberty-Media-Chef Robert ("Bob") Bennett. Europachefin Miranda Curtis begab sich bereits auf Good-will-Tour bei Fernsehmanagern, um für eine möglichst enge Kooperation zu werben.
Vor allem aber werden die Amerikaner ihre eigenen TV-Programme und Internet-Dienste einsetzen wollen. "Liberty denkt an eigene Programme", sagt Jürgen Doetz, Vorstand der ProSiebenSat.1 Media AG. Die Amerikaner haben mit chello.com praktischerweise sogar einen eigenen Internet-Dienst zur Hand. Nur rund ein Drittel der Kanäle muss, so will es der Rundfunkstaatsvertrag, für öffentlich-rechtliche und regionale Programme reserviert sein ("Must-Carry"). Die Mehrzahl der Kabelplätze darf Malone mit Angeboten bestücken, die ihm ins Konzept passen.
Was auf die Deutschen zukommt, zeigt das Beispiel Tele Columbus. Vor allem in Ostdeutschland und Berlin hat die Kabelfirma, die demnächst in Malones Besitz übergeht, über eine halbe Million Haushalte technisch auf den neuesten Stand gebracht. Wie ein Feldherr steckt Manager Dietmar Schickel auf seiner großen Landkarte das Terrain ab. Bunte Fähnchen in Rostock, Berlin oder im brandenburgischen Henningsdorf markieren ganze Wohnblöcke, in denen die bunte Kabelwelt schon Realität ist. Rund 12 000 Mieter der Berliner Wohnbaugesellschaft WIR können etwa an ihrem TV-Bildschirm nachschauen, wer unten am Hauseingang geklingelt hat, wenn entsprechende Kameras installiert sind.
Auch können sie den Internet-Dienst Infocity von Tele Columbus bestellen, mit dem Kinotrailer zum aktuellen Filmprogramm im Originaltempo auf den Bildschirm gebracht werden. Und ein weiteres Angebot sieht Video-Telefonkonferenzen vor, vorausgesetzt, eine kleine Kamera und ein Mikrofon sind an den Computer angeschlossen.
Gespannt wartet Schickel auf die Ergebnisse eines Pilottests in Magdeburg. Dabei geht es ums Telefonieren via Internet und Fernsehen: Die Telefonschnur wird einfach in die TV-Buchse gesteckt, und schon kann über das Fernsehkabelnetz telefoniert werden zum Pauschalpreis, ohne den Gebührenzähler. Internet, Telefon, Digital-TV und die Überwachungskameras am Hauseingang wollen die Tele-Columbus- Manager künftig im Gesamtpaket anbieten zu einem Preis von rund 100 Mark. Nötig ist nur ein Zusatzgerät zum TV-Apparat ("Decoder").
Einen Vorgeschmack auf die Medienwelt der Zukunft lieferte bereits die ostdeutsche Messestadt Leipzig. Dort waren bei 800 Kunden der Kabelfirma Primacom inzwischen auch ein Teil des Malone-Kosmos plötzlich die Kanäle ProSieben, Vox und RTL II aus dem Grundangebot verschwunden. Wer weiter die beliebte ProSieben-Serie "Die Simpsons" sehen wollte, sollte nach den Plänen der Kabelmanager einen neuen Digital- Decoder bestellen für zusätzlich fünf Mark im Monat. Die Zuschauer protestierten, die Sender klagten wegen "Urheberrechtsverletzung". Das Landgericht gab den TV-Chefs schließlich Recht. Diese Vorgehensweise verdeutliche, "dass Primacom bereits heute als Kabelnetzbetreiber nur sehr bedingt auf die Fernsehsender Rücksicht nehmen muss", schrieb die Anwaltskanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz im Auftrag von Kirchs ProSiebenSat.1 Media AG dem Kartellamt.
Durch den "verbesserten und langfristigen Zugriff auf TV-Inhalte ihres Mehrheitsgesellschafters UPC bzw. Liberty Media" werde die Marktposition von Primacom deutlich gestärkt, argumentieren Kirchs Anwälte, die Firma werde "in die Lage versetzt, freie Kabelkapazitäten vermehrt durch eigene Inhalte zu füllen". Das Horrorszenario, das die Kirch-Leute gern malen: Malone besitzt die wertvollen Kabelstränge und spielt auf ihnen vornehmlich seine eigenen Programme ab. Die Antwort der Malone-Leute: Sie würden mehr Wettbewerb in den Markt bringen, bisher sei es doch schließlich Kirch gewesen, der über die meisten TV-Rechte verfüge und dank enger Beziehung zur Telekom auch das Kabel dominiert habe.
Aus den vielen Filmen, Serien, Sportübertragungen und Dokumentationen der Sender wollen die Malone-Manager neue attraktive Angebote für ihre Kunden bündeln. Auch das Pay-TV will Malone puschen, denn über seine große Beteiligung an Murdochs News Corporation gehört ihm indirekt auch ein Stück von Kirchs Pay-TV Premiere World. Im Herbst 1999 war Murdoch seinem Freund Kirch zur Hilfe geeilt und hatte gegen Zahlung von 2,9 Milliarden Mark einen Anteil von 24 % an dem kriselnden Unternehmen Premiere World erworben. Kirchs Produkt sei doch "sexy", sagt Peter Bogner, Deutschland-Beauftragter von Malones Kabelfirma UPC, der Münchner habe "es nur nicht geschafft, daraus ein funktionierendes Geschäft zu machen".
Kirch wird derartige Sprüche nicht lieben, auch die anderen TV-Größen in Deutschland schauen eher besorgt in die Zukunft. Der Cowboy aus den USA ist ihnen suspekt. Eine Art Generalstabsplan zur Eroberung des deutschen Markts sieht die ARD. In einem Schreiben an das Bundeskartellamt, verfasst von der Kanzlei Haver & Mailänder in Stuttgart, wird vor einem "weltweit agierenden Konzern" gewarnt, der bei Technik und Medieninhalten "über erhebliche und weit gestreute Interessen verfügt". Diese Woche wollen die öffentlich- rechtlichen ARD und ZDF sogar zusammen mit dem Erzfeind, dem Verband der privaten Sender VPRT, ein gemeinsames Papier präsentieren. Motto: Alle sollen Zugang zum Kabel haben. "Wenn es ums Eingemachte geht, fallen die ideologischen Hürden weg", so Verbandschef Doetz.
Man müsse sich fragen, "ob hier nicht ein altes Monopol durch ein neues ersetzt wird", sagt Norbert Schneider, Chef der nordrhein- westfälischen Landesmedienanstalt. Er und seine Kollegen aus den anderen Ländern sind übereingekommen, vor dem Kartellamt gegen zu viel Liberty zu kämpfen.
Von der Politik aber haben die Kritiker diesmal wahrscheinlich wenig zu erwarten. Sowohl SPD-Ministerpräsident Wolfgang Clement als auch CSU-Regent Edmund Stoiber geben sich gelassen. "Wir haben seit vielen Jahren auf einen Ausbau des Fernsehkabels gedrängt", sagt der bayerische Staatsminister Erwin Huber (CSU), "jetzt wo endlich der Startschuss gefallen ist, können wir den neuen Anbietern nicht gleich wieder Fesseln anlegen." Natürlich stellten sich bei einem so starken Markt- Player wie Malone "auch kartellrechtliche Fragen", das sei aber Sache der Wettbewerbsbehörden, nicht der Politik, erklärt der CSU-Mann. Hubers etwas leichtfüßiges Credo: "Wenn die Zuschauer dadurch neue Programme bekommen, habe ich nichts dagegen, da sag ich 'Grüß Gott'."
D R A H T L O S E S I N T E R N E TGütesiegel für strahlungsarme Handys geplant
Bundesumweltminister Jürgen Trittin will mögliche Gesundheitsrisiken durch Handys eindämmen. Geplant sind neue Grenzwerte nach dem Vorbild der Schweiz und eine Plakette für Mobiltelefone mit besonders geringen Emissionen.
Aus: Spiegel Online 1. Juli 2001, 15.07 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BERLIN. Der Grünen-Politiker erklärte heute in Berlin auch das Aufstellen von Mobilfunkmasten ohne Beteiligung der Kommunen müsse ein Ende haben. Das Thema steht im Mittelpunkt einer gemeinsamen Anhörung des Umwelt-, Gesundheits- und Wirtschaftsausschusses des Bundestages am Montag [2.7.2001].
Die geltenden Grenzwerte stellten nach Angaben des Ministers den Schutz der Bevölkerung vor nachgewiesenen Gesundheitsgefahren sicher. Nach dem Vorbild der Schweiz sollten aber ergänzend zusätzliche Vorsorgewerte eingeführt werden. Grundlage dazu solle eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission sein, an der noch gearbeitet werde. Bisher vorliegende Erkenntnisse sprächen dafür, dass gesundheitliche Risiken unterhalb solcher Werte gering seien. Aber Studien zu Langzeiteffekten fehlten.
Trotz erheblicher Aufwendungen für Forschungen auf dem Gebiet der nicht ionisierenden Strahlung will das Ministerium seine Aktivitäten bis 2005 intensivieren, wie es hieß. Die Gelder für die Forschung würden verdoppelt. Für 2002 und jeweils die Jahre danach stünden rund 4 statt bisher 2 Millionen Mark zur Verfügung. Schwerpunkte seien Wirkungsmechanismen von Strahlungsfeldern im menschlichen Körper sowie in Tieren und Pflanzen bis hin zu möglichen Zusammenhängen mit Krebserkrankungen, Schlaf- oder Konzentrationsstörungen.
Trittin begrüßte es, dass die Hersteller von Handys von Herbst an die höchstmögliche Strahlungsintensität ihrer Geräte in Form des so genannten SAR-Wertes in der Gebrauchsanweisung angeben und im Internet zugänglich machen wollen. Eine verbraucherfreundlichere Ausgestaltung sei aber nötig. So könnte die Regelung getroffen werden, nach der die Bewertung Ñstrahlungsarmì als eine Art Umweltsiegel nur dann benutzt werden dürfe, wenn ein Viertel des SAR- Wertes erreicht werde.
Städte und Gemeinden sollen danach auch frühzeitig über Ausbaupläne der Netzbetreiber informiert und an den Entscheidungen über die Aufstellung von Funkantennen auf Grundstücken beteiligt werden. Dazu sollen sie das Recht auf Alternativvorschläge erhalten. Der erste wichtige Schritt für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bei der Errichtung von Sendemasten, insbesondere zum Aufbau der Zukunftstechnologie UMTS, seien Offenheit und Transparenz, erklärte Trittin. Zu den genehmigten Standorten solle auch eine Datenbank aufgebaut werden. Weiter hieß es, die Bundesregierung werde die Öffentlichkeit auch laufend über den aktuellen Stand der Wissenschaft über mögliche gesundheitliche Gefahren informieren.
[Handys: Und wie stark strahlt das Ding?] [Angst vor der Handy-Hysterie]
[Strahlenexperte Klitzing im Interview: "Handys können die Gesundheit gefährden"]
K O N Z E R N EBilligkonkurrenz für UMTS
In München geht in diesen Tagen das erste öffentliche WLAN-Netz in Betrieb lizenzfrei. Das ruft die Inhaber der UMTS-Lizenzen auf den Plan. Die großen Mobilfunkunternehmen fürchten die billigere Konkurrenz und fordern die Bundesregierung auf, den fairen Wettbewerb sicherzustellen.
Aus: Spiegel Online 5. Juli 2001, 13.34 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]BERLIN. So schnell war Richard Appelbaum noch nie im Internet. "Sie drücken auf die Taste und schon ist das Bild da", schwärmt der stellvertretende Direktor des Münchner Nobelhotels "Kempinski". Seit ein paar Tagen bietet das Haus in der Maximilianstraße seinen Gästen einen Zugang zum Internet, der nicht nur besonders schnell ist, sondern auch drahtlos. "Wireless Local Area Network" heißt das kabellose Funknetz, kurz "WLAN".
Über tausend solcher Funknetze werden bereits in Deutschland betrieben, bisher allerdings ausschließlich nicht-öffentlich, meistens in Großraumbüros von Unternehmen. Mit dem Start im Münchner Kempinski-Hotel ist nun das erste öffentliche WLAN in Betrieb genommen.
Angebot für Geschäftsreisende
Den Schlüssel zum drahtlosen Internet erhält der Hotelgast an der Rezeption. 150 Mark kostet die Zugangskarte für 24 Stunden. Den Service stellt die Firma Iobox, Tochter des spanischen Kommunikationskonzerns Telefónica und einer der größten Anbieter von mobilen Handydiensten in Europa. Vor allem auf Geschäftsreisende ziele das Angebot ab, erklärt Hotelier Appelbaum.
Alles, was der Nutzer mitbringen muss, ist ein Laptop oder ein so genannter Personal Digital Assistant (PDA), ein Gerät mit einem Bildschirm von der Größe einer Brieftasche. Bei Milchkaffee und Klaviermusik kann sich der Hotelgast damit einfach in die Lobby setzen und seine neuesten E-Mails lesen.
11 Megabit
pro Sekunde:
Fünfmal schneller als UMTS.Oder im Fernsehen die Nachrichten sehen ohne Ruckelbilder und verzerrte Töne. Denn WLAN transportiert die Daten mit einer Geschwindigkeit von 11 Megabit pro Sekunde, fünfmal schneller als der geplante UMTS-Mobilfunk. Und während die WLANs reihenweise in Betrieb gehen, startet der UMTS- Betrieb frühestens Ende 2002. "Wir sind uns bewusst, dass die WLAN- Technik mit UMTS konkurriert", sagt Max Grauart von Iobox. "Aber es ist uns natürlich lieber, dass die Leute diese Dienstleistung von uns kaufen als von der Konkurrenz." Einen Wettbewerbsvorteil haben die kabellosen Lokalnetze vor allem wegen der geringeren Kosten, denn im Gegensatz zu den UMTS-Frequenzen ist der Betreib eines WLAN- Netzes lizenzfrei.
Die CDU sieht die Bundesregierung in der Verantwortung
Das treibt nun jene Unternehmen auf den Plan, die für zweistellige Milliarden- Beträge UMTS-Lizenzen ersteigert haben. "Es kann nicht sein, dass WLAN kostenfrei zur Verfügung steht und UMTS teures Geld kostet", kritisiert Philipp Schindera von T-Mobile. Da sei ganz klar die Regulierungsbehörde gefordert.Mit einem Brief an den Präsidenten der Regulierungsbehörde hat T-Mobile- Chef René Obermann den Druck auf die Regulierungsbehörde erhöht. Obermann äußert darin seine Sorge über eine Beeinträchtigung der Erlöse aus dem UMTS- Betrieb, berichtete die Telebörse. Die Regulierungsbehörde müsse darauf achten, dass nicht ein sehr ungleiches Spielfeld entstehe, mahnte der Mobilfunkunternehmer.
Bei der Regulierungsbehörde steht das Thema nicht auf der Tagesordnung, sagt Sprecher Harald Dörr. Es gebe keinen Grund, gegen WLANs vorzugehen, schließlich stufe die Dachorganisation ITU diese Frequenzen als frei zugänglich ein. Dörr sagte aber, dass bereits mehrere UMTS-Lizenzunternehmen das Thema angesprochen haben.
Die CDU-Fraktion im Bundestag sieht die Bundesregierung in der Verantwortung. "Die Inhaber der UMTS- Lizenzen in Deutschland geraten durch die finanz- und ordnungspolitische Kurzsichtigkeit der Bundesregierung unter Druck", heißt es in einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Martina Krogmann. Die CDU-Expertin für Telekommunikation will wissen, seit wann der Regierung das Problem bekannt ist. Zudem solle die Regierung erklären, wie sie einen fairen Wettbewerb der Übertragungswege gewährleisten will.
Zwar sehen die Mobilfunkunternehmen ihre UMTS-Pläne in keiner direkten Konkurrenz zu den alternativen WLAN-Netzen. Das liegt vor allem an einem Nachteil des lokalen Funksystems: Es ist noch nicht möglich, von einer Funkzelle in die nächste zu wechseln, ohne dass die Internetverbindung unterbrochen wird. Die Mobilität ist mit WLAN also noch eingeschränkt.
Gefahr durch die billigere Konkurrenz
Aber an stark frequentierten Stellen wie Flughäfen oder öffentlichen Plätzen bestehe schon Gefahr durch die billigere Konkurrenz, so T-Mobil- Sprecher Schindera. Denn der technische Aufbau des UMTS-Netzes ist kompliziert. Während die Antennen erst noch entwickelt und errichtet werden müssen, sind die WLAN- Basisstationen bereits im Handel zu kaufen, für gerade einmal 700 Mark. Die dazugehörige Steckkarte kostet den Kunden nur 350 Mark.Allein mit dem Geld, das die Mobilfunk- Anbieter für die UMTS- Lizenzen ausgegeben haben, könnte man Deutschland flächendeckend mit WLAN- Boxen pflastern. Das hat Hannu Kari von der technischen Universität Helsinki unlängst vorgerechnet. WLANs sind auf dem Vormarsch, konstatierten übereinstimmend die Teilnehmer der Mobile Communication Conference 2001 im April in Finnland.
Rückendeckung erhalten die WLAN- Anbieter von einer kürzlich veröffentlichten Studie der Unternehmensberatung Frost & Sullivan. Danach steigt der Umsatz auf dem WLAN- Sektor von 2,2 Milliarden Mark im Jahr 2000 auf 10,6 Milliarden Mark im Jahr 2005.
In den USA sind bereits mehrere Flughäfen mit WLANs ausgestattet. In der Bundesrepublik machen sich vor allem die Universitäten die drahtlose Technik zueigen. Ob in Rostock, Mannheim oder Berlin die Studenten können es sich bei Sommerwetter mit ihren Laptops auf dem Campus- Rasen bequem machen und für die Hausarbeit im Internet forschen. Auch öffentliche WLANs wird es in Zukunft immer mehr geben. Dessen ist sich Richard Appelbaum vom Hotel Kempinski bereits sicher: "Das Interesse der Kollegen aus den anderen Hotels ist groß."
Start mit falschen Zahlen?
Die Immobilienaffäre ist noch nicht abgeschlossen, da droht der Telekom neuer Ärger. Auch die Technik könnte in der Bilanz überbewertet sein in Milliardenhöhe.
Aus: Der Spiegel 28/2001, 9. Juli 2001, Seite 90 (Wirtschaft). [Original]Der Chef der Deutschen Telekom AG gab sich wie stets kämpferisch und optimistisch. Nichts, aber auch gar nichts, versicherte Ron Sommer den Aktionären noch kurz vor der Hauptversammlung des Unternehmens vor knapp fünf Wochen, sei bei der Telekom "unseriös gelaufen. Weder beim Eröffnungsbörsengang noch später".
Er sei deshalb sehr zuversichtlich, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn und weitere Kollegen aus Vorstand und Aufsichtsrat wegen der vermeintlichen Fehlbewertung des Telekom-Vermögens schon recht bald eingestellt würden.
Sie fangen offensichtlich erst richtig an. Vergangenen Mittwoch zumindest haben die Ermittler kistenweise weiteres Aktenmaterial in der Bonner Telekom- Zentrale abholen lassen. Der Grund: Sie haben Anhaltspunkte, dass nicht nur das Immobilienvermögen in den Telekom- Bilanzen überbewertet gewesen sein könnte (SPIEGEL 12/2001), sondern auch das technische Anlagevermögen, also Telefonleitungen oder Vermittlungsstellen, eventuell zu überhöhten Preisen in die Bilanzen eingegangen ist.
Nach internen Telekom-Vermerken, die den Ermittlern vorliegen, soll die Technik des Telefonriesen in den Bilanzen um eine Summe zwischen 15 und 21 Milliarden Mark zu hoch bewertet worden sein. Die vermeintliche Bilanzmanipulation könnte den Unterlagen zufolge bis in die Gründungszeit der Aktiengesellschaft zurückreichen. Die laufenden Ermittlungen wegen Kapitalbetrugs, so hat die Staatsanwaltschaft der Telekom mitgeteilt, seien deshalb auf den Zeitraum zwischen 1990 und 1995 ausgedehnt worden.
Die Telekom hat die Ausweitung des Ermittlungsverfahrens auf das technische Anlagevermögen durch die Bonner Strafverfolgungsbehörde inzwischen bestätigt. Zu der Summe von bis zu 21 Milliarden Mark jedoch will das Unternehmen keine Stellung nehmen.
Das könnte gute Gründe haben: Denn sollte es sich tatsächlich um einen so gewaltigen Betrag handeln, hätte das Unternehmen die Kapitalmärkte in der vergangenen Woche womöglich in Form einer Pflichtmitteilung über die neuen Vorwürfe informieren müssen zumal die Telekom fast zeitgleich eine Rekordanleihe von 16 Milliarden Mark an den Aktienmärkten platziert hat, mit der sie ihre weitere Finanzierung sicherstellen will. Nach heftigen internen Diskussionen entschied sich der Telefonmulti jedoch gegen eine solche Mitteilung an die Börse.
Der gesamte Vorgang, so die Begründung von Telekom- Vorstandsmitglied Max Hirschberger, sei bisher noch so vage, dass man aus Sicht des Unternehmens "kaum etwas Konkretes dazu sagen" könne. Bisher hätten die Ermittler der Telekom zudem jede Akteneinsicht verweigert, so dass eine Mitteilung an die Finanzmärkte bei Anlegern und Aktionären womöglich mehr Verwirrung als Klarheit gebracht hätte.
Allerdings, gibt man sich beim Bonner Telefonmulti überzeugt, sei eine Überbewertung des technischen Anlagevermögens kaum möglich. Immerhin sei der Technikbesitz bereits mit der Erstellung der Eröffnungsbilanz im Jahr 1995 um rund 14,8 Milliarden Mark abgewertet worden. Außerdem seien viele Anlagen inzwischen vollständig steuerlich abgeschrieben oder wie das TV-Breitbandkabelnetz in andere Gesellschaften ausgegliedert. Darüber hinaus habe die Telekom in den vergangenen 6 Jahren durchschnittlich fast 14 Milliarden Mark pro Jahr in neue Technik investiert, so dass viele Anlagen, für die 1995 in der Eröffnungsbilanz rund 86 Milliarden Mark angesetzt wurden, heute gar nicht mehr vorhanden seien.
Doch genau hier könnte ein Problem liegen. Denn der Staatsanwaltschaft liegen nicht nur Hinweise vor, dass die 1995 vorgenommene Abwertung zu gering war. Auch Sonderwertberichtigungen könnten bei den zahlreichen Modernisierungsprogrammen wie der milliardenschweren Umrüstung von analoger Telefontechnik auf ISDN nicht in vorgeschriebenem Umfang getätigt worden sein. Solche Wertberichtigungen fallen beispielsweise an, wenn alte Anlagen durch modernere Technik ersetzt wird, bevor sie in der Bilanz vollständig abgeschrieben sind.
Auch solche Vermutungen hält die Telekom für unzutreffend. Sämtliche Bilanzen, so heißt es, seien von Wirtschaftsprüfern testiert worden. Innerhalb des Unternehmens gebe es weder Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei der Technik noch bei den Immobilien.
Die Notwendigkeit einer Wertberichtigung weist die Telekom deshalb auch weit von sich. Viele technische Anlagen wie beispielsweise das TV-Kabelnetz seien in der Bilanz "eher konservativ bewertet". Bei einem Verkauf könnten am Markt wesentlich höhere Preise erzielt werden. Doch eine gewisse Skepsis bleibt. Ähnliches hatte die Telekom auch über ihre Immobilien gesagt. Und die musste Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick am Ende doch noch abwerten um fast 4 Milliarden Mark.
[Deutsche Telekom: Sommer genehmigt sich Bonus-Programm]
[Deutsche Telekom: Neue Ermittlungen wegen Bilanzen]
T V - K A B E LInternet: Attacke von Bill Gates
Der Software-Gigant Microsoft will dem Telefonieren via Internet zum Durchbruch verhelfen. Die Bedrohung für die etablierten Telefonkonzerne wächst.
Aus: Der Spiegel 28/2001, 9. Juli 2001, Seite 9293 (Wirtschaft) von KLAUS-PETER KERBUSK. [Original]So schnell wie der Israeli Elon Ganor schaffte selten ein Unternehmer den Sprung vom Nobody zum internationalen Star. Als seine gerade gegründete Firma VocalTec im Februar 1995 in einem New Yorker Hotel erstmals Telefongespräche von Computer zu Computer vorführte, schien eine Revolution auszubrechen und Ganor galt als ihr Anführer.
Zwar krachte und knackte es bei Ganors Demonstration fast so stark wie vor mehr als hundert Jahren, als Graham Bell den Fernsprecher erfand. Bei der ersten Telefonverbindung über das Internet fehlten oft ganze Worte, und Sprechen war für die Beteiligten nur abwechselnd möglich doch für Jim Clark, den damals noch einflussreichen Chef des Browser- Pioniers Netscape, läutete der Vorstoß des Israeli "das Ende des klassischen Telefonierens" ein.
Die Aussicht, via Internet zum Ortstarif rund um den Globus telefonieren zu können, löste weltweit eine Welle von Firmengründungen aus und versetzte bald darauf die alteingesessenen Telefongesellschaften in Panik. In der Branche, vermerkten Manager der Deutschen Telekom 1997 in einem internen Papier, herrsche "große Überlebensangst". Die Internet- Telefonie, warnten die Autoren, "könnte zur strategischen Nuklearwaffe im Telekommunikationsmarkt werden".
Die Realität ist eher ernüchternd. Im vergangenen Jahr liefen gerade einmal 3 % aller Gespräche im internationalen Telefonverkehr über Internet- Verbindungen. In diesem Jahr, so rechnet die International Telecommunication Union, wird ihr Anteil bestenfalls auf 5 % steigen. Nicht einmal Pionier Ganor hat den Durchbruch geschafft. Mit einem erwarteten Umsatz von rund 35 Millionen Dollar ist VocalTec sechs Jahre nach dem fulminanten Start immer noch ein Zwerg. Die Firma, an der die Deutsche Telekom seit 1997 mit 20 % beteiligt ist, schreibt rote Zahlen und muss die Belegschaft von 390 auf 250 Mitarbeiter reduzieren.
Jetzt aber drängt ein neuer Angreifer aufs Spielfeld: Microsoft- Gründer Bill Gates, der die drohende Zerschlagung seines Monopolunternehmens durch ein US-Gericht fürs Erste abgewendet hat, will nun auch die Telefonfirmen attackieren. Der Computer soll zur privaten Telefonzentrale umgebaut werden. Gates will die Technik, die zum Telefonieren über das Internet notwendig ist, standardmäßig in seinem neuen Betriebssystem Windows XP integrieren und dann mit aller Macht durchsetzen so, wie er Windows, den Internet- Browser Explorer oder das E-Mail- Programm Outlook zur weltweiten Standardausrüstung fast jedes PC gemacht hat.
Wenn die neue Windows-Version Ende Oktober auf den Markt kommt, könnte sich innerhalb kurzer Zeit ein einheitlicher Standard für das Plaudern von PC zu PC etablieren. Der Monitor wird zum Telefonbuch, die Tastatur des Computers wird zur Wählscheibe, und die Übertragung der Sprache erledigt das World Wide Web. Bislang krankte die Durchsetzung der neuen Technik an vielen Problemen. Zwar hat sich die Internet- Telefonie in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Die Klangqualität ist akzeptabler geworden, und inzwischen können die Gesprächspartner auch gleichzeitig reden.
Wenn von PC zu PC telefoniert werden soll, müssen sich die Gesprächspartner allerdings erst einmal verabreden. Anders als beim normalen Telefonieren haben Internet- Anschlüsse nämlich meist keine feste Nummer. Damit die Verständigung reibungslos klappt, sollten beide Teilnehmer außerdem die gleiche Software benutzen. Sie wandelt die ins Mikrofon gesprochenen Worte in Bits und Bytes um.
Der Datenstrom wird dann in kleine Pakete zerlegt und über das World Wide Web zum anderen Gesprächsteilnehmer geschickt. Wenn alles gut läuft, kommen die Datenpakete dort in der richtigen Reihenfolge an, und die Software verwandelt die Bits und Bytes wieder in Worte und Töne. Egal, wohin das Gespräch geht bei der Online- Kommunikation fällt dann nur der Preis an, den die Teilnehmer in dieser Zeit für ihren Internet-Zugang zahlen jeweils etwa 2 bis 3 Pfennig pro Minute.
PC zu Telefon: Nicht ohne "Datenmakler"
Inzwischen sind nicht nur Verbindungen von PC zu PC möglich, sondern es können auch normale Telefone zu Hause und im Büro angerufen werden. Dazu muss man sich allerdings bei einem Service- Provider wie Net2Phone, HotTelephone oder Dialpad anmelden, der den Übergang auf das herkömmliche Netz erledigt und dafür meist eine Extragebühr kassiert.Trotz verlockender Angebote schaffte bislang jedoch keiner der zahlreichen neuen Anbieter den wirklichen Durchbruch. Selbst Net2Phone, führend in den USA, zählt nur rund drei Millionen Nutzer. Der Grund für den mäßigen Erfolg ist nicht allein die immer noch relativ komplizierte und störanfällige Technik. Auch die Einsparmöglichkeiten sind inzwischen deutlich geringer als anfangs erwartet.
Denn der Start der Web-Telefonie fiel zusammen mit der Liberalisierung der Telefonmärkte, in deren Folge die Preise in den meisten Industriestaaten dramatisch abrutschten. In Deutschland zum Beispiel fielen die Gebühren für Ferngespräche in den vergangenen 3 Jahren um 50 %, Auslandsgespräche verbilligten sich im Schnitt um 56 %.
Die Bertelsmann AG, die mit Callas ebenfalls in das neue Geschäftsfeld einsteigen wollte, beendete den Ausflug deshalb schon nach kurzer Zeit. Ein großes Zusatzgeschäft, entschied Bertelsmann- Chef Thomas Middelhoff, sei hier nicht zu machen.
VoIP: Eigentlich die ökonomischere Technologie
Dennoch ist die Sprachkommunikation via Web keineswegs tot. Denn die im Branchen-Slang Voice over Internet Protocol (VoIP) genannte Methode nutzt die Netz- Infrastruktur deutlich ökonomischer aus als die traditionelle Vermittlungstechnik, da für die in Datenpakete verpackten Gespräche nicht mehr eine komplette Leitung freigeschaltet werden muss.Das machen sich vor allem Firmen zu Nutze, die mit der neuen Technik ihre hausinternen Netze renovieren und in so genannten Intranets nicht nur Daten, sondern auch Sprache transportieren. Manche Firmen wie der Telekommunikationsausrüster Cisco haben die alte Telefonanlage bereits komplett abgeschafft.
Ohne dass die Kunden es merken, sind auch immer mehr Telefonkonzerne dabei, auf VoIP umzurüsten. Während die Telefonriesen bei der Verschmelzung der Netze weitgehend standardisierte Software einsetzen, herrscht bei den Privatanwendern im Web noch Wildwuchs. Der könnte durch den Vorstoß von Microsoft verschwinden. Und wenn Heimcomputer oder die Maschinen im Büro eine ganz normale Telefonnummer bekommen, könnte das Telefonieren im Web ähnlich populär werden wie das Chatten.
Erste Schritte dazu sind schon getan. So ließ sich die Internet- Firma Web.de von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation die Vorwahl 01212 genehmigen und teilte jedem der rund 5 Millionen registrierten E-Mail- Kunden eine individuelle Telefonnummer zu. Damit ist der Nutzer unter anderem in der Lage, zu normalen Online-Kosten Faxe zu verschicken und einen virtuellen Anrufbeantworter im Netz zu betreiben. So ganz entspannt sind die Telefonfirmen daher nicht. Andrew Kessler, Manager bei der Investmentfirma Velocity Capital, meint gar: "Die Telekommunikationskonzerne sollten ernsthaft besorgt sein."
Anders als in den Anfangstagen der Internet-Telefonie herrscht derzeit jedoch keine Alarmstimmung. "Eine Euphorie zu Gunsten der Internet- Telefonie wie vor 5 Jahren", glaubt Telekom- Manager Wulf Bauerfeld, "wird es nicht wieder geben." Dazu seien die Preisunterschiede inzwischen viel zu gering. "Eine Bedrohung" sei die neue Technik allenfalls für Telefongesellschaften in Afrika und Asien. Denn die, so Bauerfeld, "wiegen ihre Tarife noch immer in Gold auf".
In den Fängen des Denver-Clans
Die deutschen TV-Konzerne fürchten sich vor dem Amerikaner John Malone. Der neue Besitzer der Kabelnetze kann den Sendern reichlich unbequem werden. Hauptbetroffener: Leo Kirch. In seiner Not ruft der Rechtehändler nach der Politik.
Aus: Der Spiegel 28/2001, 9. Juli 2001, Seite 104106 (Medien). [Original]John Malone reist nicht gern, schon gar nicht ins Ausland. Es müssen wichtige Deals sein, damit sich der Medienbaron aus Denver im US-Staat Colorado aufmacht, so wie im vorigen Herbst, als er in Tokio seinen Aufstieg zum größten Kabelnetzbetreiber Japans feierte. In Kürze wird Malone wieder mal eine Fernreise antreten. Der 60-jährige Unternehmer jettet nach München, und auch dort darf er sich als King Kabel fühlen Bayern ist eine von sechs Regionen, deren Kabelnetze sich Malone gerade für viele Milliarden Mark gesichert hat.
An der Isar will er unter anderem mit dem Medienhändler Herbert Kloiber reden er soll Serien und Filme liefern, mit denen Malone seine Kabelkunden beglücken kann. Die mächtigste bayerische Branchengröße, den Kaufmann Leo Kirch, hält Malone auf Distanz: Es gebe keinen Termin, sagen die Kirch-Leute, es komme doch zu einem Treffen, sagen Vertraute des Amerikaners. Malones Kalkül: Hat er erst mal andere Lieferanten als Partner gewonnen, lässt es sich mit dem größten deutschen TV-Händler besser verhandeln.
Kirchs Misstrauen ist geweckt. Machtvoll will er dem Widersacher entgegentreten, den er seit langem kennt. Sein Geld, seine politischen Kontakte und den zuweilen spürbaren Einfluss auf Zeitungen und Fernsehender wird Kirch zu nutzen wissen. Erst kürzlich machte der Unternehmer den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement zum Mitstreiter. Auf einem "Leaders Brunch" am Rande eines Kongresses beschwor er Gefahren für den Medienstandort Deutschland.
Im Kabel-TV braue sich ein brisantes Monopol zusammen, so Kirchs Botschaft auf dem Deck des Rheindampfers MS "Loreley", die Politik müsse sich damit beschäftigen. Clement anschließend über Malones Vorstoß in Deutschland: "Wir haben es annähernd mit einem Monopol zu tun." Fernsehen paradox: Jahrelang war Kirch mit seinen vielen Sendern und Filmen der Lieblingsgegner der Medienwächter gewesen, permanent stand er unter Monopolverdacht, nun auf einmal fordert er selbst Schutz vor einem angeblich viel gefährlicheren Unternehmer: Malone und seiner Firma Liberty Media.
Quasi über Nacht ist der Mann aus Denver zum Schreckgespenst der deutschen TV-Größen geworden. Schlagartig wurde klar, dass sich ein Cowboy aus dem Mittelwesten anschickt, zum Herr über die Verbreitungswege für TV-Ware zu werden. Viele Fragen drängen sich auf: Wird Malone bald bestimmen, was die Deutschen sehen dürfen? Was wird aus den kleinen Sendern, die für die Programmvielfalt so wichtig sind? Müssen die TV-Konzerne und Zuschauer mehr Geld zahlen? Welche Rolle spielt das Pay-TV, wenn Malone überall digitale Abrechnungssysteme installiert? Oder will der Finanzakrobat am Ende nur einen seiner vielen schnellen Investmentdeals machen und das Kabel in einigen Jahren Gewinn bringend weiterverhökern?
Die Fernsehmacher jedenfalls fürchten, dass künftig andere entscheiden, wie ihre Filme und Shows dem Publikum präsentiert werden. Gesetzlich festgelegt ist nur, dass die Hauptkanäle der Öffentlich- Rechtlichen weiter zu sehen sind. Die anderen müssen sich Gedanken machen: Er wolle nicht, dass eine kleine Holding in den USA bestimme, "welche TV-Sender wir im Kabel sehen können", sagt ProSiebenSat.1-Chef Urs Rohner. Und dass die Kabelfirmen, die Spediteure auf diesen Info-Bahnen, einen dicken Teil vom Erlös verzehren, gilt als gesichert. Selbst die zwei Großanbieter, die RTL Group aus dem Bertelsmann-Konzern und Kirchs TV-Verbund, sind von der Aussicht auf sinkende Margen nicht gerade erfreut.
Das hoch profitable TV-Geschäft ist bei Bertelsmann der wichtigste Gewinnbringer. "Die hatten es sich gerade in ihrem Oligopol gemütlich gemacht und dann kommt so ein Mitspieler von außen", kommentiert Ex-RTL- Chef Helmut Thoma. Auch deutsche Medienpolitiker sind aufgeschreckt. Eine neuerliche Machtzusammenballung wie jetzt im TV-Kabel sei nicht zu erahnen gewesen, erklärt die schleswigholsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). "Das haben wir verschlafen", nun müsse wohl "nachreguliert" werden.
Bevor die Politik den Multimilliardär überhaupt registrierte, hat Malone im großen Stil investiert. Den Einstieg in Deutschland lässt sich seine Liberty Media rund zehn Milliarden Mark kosten so viel zahlt sie voraussichtlich für den größten Teil des TV-Kabelsystems der Telekom. Schon im Juni 2000 hatte sich Liberty der hoch verschuldeten United Pan-Europe Communications (UPC) und ihrer ebenfalls in Denver ansässigen US-Mutter bemächtigt - UPC kauft emsig deutsche Kabelfirmen auf, demnächst folgt die Übernahme der börsennotierten Primacom.
Zwar agiert UPC nach außen unabhängig, Malone sicherte sogar zu, nicht ins Management einzugreifen - doch ohne sein Geld wäre die Firma kaum überlebensfähig. Am Ende der Aktionen dürfte der Denver-Clan, der auch eine große Nähe zum US-Investor Callahan hat, Zugang zu 10 Millionen von 18 Millionen deutschen Kabelhaushalten besitzen (siehe Grafik). Malone und seine Truppe versuchen, die entstandene Unruhe zu dämpfen. Ihr Ziel sei es, mit hiesigen Partnern und deutschem Management lokale Inhalte zu entwickeln, sagt Liberty-Manager Robert Bennett.
Der anstehende Ausbau der Netze bedeute, dass "alle Programmhäuser ihren Platz bekommen können", erklärt auch der UPC-Beauftragte Peter Bogner, möglichst viele Produkte sollten dem Kunden angeboten werden. Unternehmen wie die angeschlagene Kinowelt Medien AG bekämen jetzt eine neue Chance. Bogner: "Es gibt keinen Anlass zur Hysterie." Allerdings auch keinen Anlass, den gewieften Medienbaron Malone zu unterschätzen. Der Mann zählt Leute wie CNN-Gründer Ted Turner und TV-Tycoon Rupert Murdoch zu seinen Freunden. Unter den bevorzugten Geschäftspartnern befinden sich der Technikkonzern Motorola, der die erforderlichen TV-Zusatzgeräte (Decoder) für die neuen Kabeldienste liefern soll, oder der Riese Microsoft, der die Software beisteuern könnte.
Die hiesigen Fernsehchefs wissen, das ihr innerdeutscher Konflikt um Werbebudgets, Reichweiten und Mediengesetze zweitrangig ist. Ihnen steht nun ein schwer einzuschätzender Gegner gegenüber. Malone hat Allianzen geschmiedet, die von eigenen Programmen bis hin zur Technik alles beinhalten. Besonders für Leo Kirch könnte es bitter werden. Denn neben seinem alten Geschäft mit den Lizenzrechten hat er massiv auf die Technik gesetzt. Seine Firma Beta Research, mit dem Chefentwickler Gabor Toth an der Spitze, setzte auf ein staatliches Kabel, das sie mit einem privaten Decoder aus dem Hause Kirch beherrschen wollte.
Diese Box sollte über einen Programm-Führer die frei empfangbaren Sender des Münchners bewerben, im Pay-TV den Durchbruch bringen, eine Art Video-Service (Pay-per-View) bieten und auch Internet-Zugang ermöglichen. Die Telekom ließ Kirch gewähren. Nun gehört das Kabel nicht mehr dem Staat, und der neue private Eigentümer hat kein Interesse daran, dass Kirch in allen deutschen Haushalten sein Decoder- Bezahlsystem installiert. Dieses Mauthäuschen für den Empfang diverser Dienste will er lieber selbst kontrollieren.
Kommt es zu keinem Arrangement, wäre Kirchs Milliarden- Investition in den Decoder quasi wertlos. "Eigentlich", so ein Kenner der Verhältnisse, "müsste Kirch zu den Banken gehen und diese Technik-Investitionen voll abschreiben." Vor allem bei Kirchs Pay-TV-Angebot Premiere World, das es trotz Bundesliga-Fußball, Kino-Hits und Erotik-Filmen von Beate Uhse nur auf 2,3 Millionen Abonnenten gebracht hat, drohen massive Änderungen. Malone stört sich an den einst von Kirch mit der Deutschen Telekom vereinbarten Konditionen - danach kann er fünf wertvolle Kabelkanäle bis 2008 für jährlich 7,5 Millionen Mark anmieten.
Nach Auffassung der Liberty-Manager ist das ein Spottpreis und Verschwendung von Kapazitäten. "Das war ein fragwürdiges Geschenk der Telekom", sagt ein US-Kabelmanager. Auch wollen Malones Leute Pay-per-View- Rechte künftig direkt bei den Hollywood-Studios kaufen. Zudem sollen die US-Filmriesen eigene Kanäle wie Studio Universal ebenfalls direkt anliefern, was einen Rechtehändler wie Kirch stören muss. Und schließlich droht etwa Kirchs quotenschwachem Mitmachkanal TM3 eine schlechtere Platzierung auf der Fernbedienung. Denn der Herr der Kabelnetze entscheidet, wo ein Sender zu finden ist. "Klar machen wir uns Sorgen", sagt TM3-Chefin Christiane zu Salm, "andererseits haben wir am Ende ähnliche Interessen."
Noch ist für den Münchner nichts verloren, er könnte auch zum Profiteur der Entwicklung werden. Bei einer Einigung mit Malone und dessen Partner Murdoch würde man zu dritt den Markt kontrollieren gegen Bertelsmann und gegen die kleinen, unabhängigen TV-Stationen. Utopisch ist der Dreierbund nicht: Schließlich sind Murdoch und Malone über den britischen Sender BSkyB heute bei Premiere World mit 22 % beteiligt.
Die Unsicherheit hat bereits zu neuen Koalitionen geführt: Früher bekämpften sich Privatsender und Öffentlich-Rechtliche, nun geht's gemeinsam gegen den neuen König des Kabels. In einem Papier mahnen ARD, ZDF und die Kommerziellen die Medienpolitik zur Wachsamkeit. Allzu lange, sagt ARD- Chef Fritz Pleitgen, dürfe man nicht mehr warten: "Man sieht, wie die Dinge der Politik entgleiten."
Weitere Services im Rahmen des Archivs "t-off" von khd | ||
|
|
|
Hier gibt es keine gekauften Links! |
|