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Telekom rechtfertigt Reform mit Umfrage
Erneute Kritik aus der Politik
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 2. Februar 1996, Seite 15 (Wirtschaft).BONN. Die Bonner Staatsanwaltschaft prüft die Aufnahme eines Verfahrens gegen die Deutsche Telekom AG. Behördensprecher Peter Iwand sagte am Donnerstag [Ed: 1. Februar 1996] auf Anfrage, insgesamt lägen 25 Anzeigen wegen mutmaßlichen Betrugs, Wuchers und Untreue vor. Falsch sei jedoch die Erklärung des Verbandes der Postbenutzer, wonach die Staatsanwaltschaft bereits die Ermittlungen aufgenommen habe.
Die Telekom wies Kritik an ihrer Tarifreform vom Jahresbeginn erneut zurück. Erste Daten zeigten eindeutig, daß die meisten privaten Kunden durch das neue Tarifkonzept entlastet würden, sagte Vorstandsmitglied Herbert May. In den ersten 21 Januar-Tagen seien 40 Prozent der Gesamttelefonkosten auf Ortsgespräche entfallen, während die verbilligten Fernverbindungen 60 Prozent ausgemacht hätten. Die Telekom beruft sich auf Daten von 2200 Privatkunden.
Postminister Wolfgang Bötsch und der SPD-Postexperte Hans Martin Bury übten jedoch deutliche Kritik an Telekom-Vorstandschef Ron Sommer. Die Äußerung Sommers, Politiker sollten sich mit Empfehlungen an sein Unternehmen zurückhalten, könne nicht kommentarlos hingenommen werden.
Telekom: Jeder 2. Berliner betrogen?
B.Z. enthüllte Abzocker-Panne. System wurde abgeschafft. Jetzt kommt raus: Alles viel schlimmer
Aus: B.Z., Berlin, 5. Februar 1996, Titel. [Die B.Z. ist die größte Zeitung Berlins!]Eine böse Panne der Telekom vermutlich jeder zweite Berliner mit Telefon betroffen. Was ist passiert? Die B.Z. hatte enthüllt [Ed: am 27. Januar 1996], daß bei den sogenannten "Komfortleistungen" (Anklopfen, Makeln, Dreierkonferenz) manchmal Gespräche in der Leitung hängen bleiben und berechnet werden. Die Telekom schaltete daraufhin den Service ab. Jetzt kam heraus: Alles ist viel schlimmer! Die Telekom hatte klammheimlich bei jedem zweiten Anschluß die "Komfortleistungen" eingeschaltet, zuviel Gebühren kassiert.
Telekom: Jetzt wird wegen Betrugs ermittelt
Die neuen Telefongebühren: Doppel-Abzocke, alles viel schlimmer auf viele Berliner kommen Schockrechnungen zu
Von DIRK AUGELE
Aus: B.Z., Berlin, 5. Februar 1996, Seite 6 + 7 (mit 2 Fotos).Berlin Die neuen Telefongebühren, gültig ab 1. Januar sie tun schon verdammt weh. Aber es ist ja alles noch viel, viel schlimmer: Ungezählte Telefonbesitzer führten in den letzten Wochen zwei Gespräche nebeneinander und merkten es nicht. Sie werden es erst merken, wenn sie demnächst ihre Rechnung kriegen.
Die Doppel-Abzocke der Telekom, inzwischen eine Sache für den Staatsanwalt. (...) "Bei der Bonner Staatsanwaltschaft wird nun gegen die Telekom ermittelt wegen Betrugs", sagte Rechtsanwalt Dr. Volker Thieler, der gegen die Telekom wegen Gebührenwuchers klagt. (...) Und nun? Telekom-Sprecher Krüger verspricht, der Schaden wird erstattet. "Wer betroffen ist, sollte uns schreiben."
Sie glauben, Ihre Telefonrechnungen sei zu hoch? Sie fühlen sich als Opfer der sogenannten "Komfortfunktionen", bei denen zwei Telefonate nebeneinander liefen!? Was tun?
Dr. Volker Thieler, Rechtsanwalt und Telekom-Kritiker, empfiehlt: Mißtrauische Kunden sollten ihre Telefonrechnungen nur "unter Vorbehalt" bezahlen. Ein entsprechendes Schreiben an die Telekom könnte ungefähr so aussehen:
Hiermit fordere ich Sie auf, meine Telefonrechnung vom (Datum) auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Die Zahlung der Rechnung erfolgt nur vorbehaltlich einer Gerichtsentscheidung über die Zulässigkeit der erhobenen Gebühren.Den Brief sollte man möglichst per Einschreiben [Ed: mit Rückschein] abschicken, und zwar an die Rechnungsstelle der jeweiligen Telekom-Niederlassung. Die genaue Anschrift steht in der Regel unten links auf der Telefon-Rechnung. (...)Aus: B.Z., Berlin, 6. Februar 1996, Seite 9 (als Nachtrag):
Ermittlungen stehen erst bevor
Gestern zitieren wir in Zusammenhang mit den "Komfortleistungen" der Telekom den Rechtsanwalt Volker Thieler. Er sagte, die Bonner Staatsanwaltschaft ermittle gegen die Telekom bereits wegen Betrugs. Diese Ermittlungen stehen aber noch bevor. Ein entsprechender Antrag auf Überprüfung von Straftatbeständen ist am 5. Februar an die Bonner Staatsanwaltschaft ergangen.
Telekom: Parlament geht fremd
Aus: Der Spiegel 6/1996, 5. Februar 1996, Seite 16 (Panorama).Die Abgeordneten des Bundestages in Bonn werden der Telekom untreu und wechseln zur privaten Konkurrenz. Ende vergangenen Jahres hatte die Bundestagsverwaltung den gesamten innerdeutschen Telefonverkehr des Parlaments der privaten Gesellschaft WorldCom übertragen Die US-Firma [Ed: ist das nicht eher eine Schweizer-Firma?] verspricht, die Telefonrechnungen seien künftig 20 bis 30 Prozent niedriger als die der Telekom. Die Telekom verlangte rund fünf Millionen Mark Gebühren pro Jahr für die Inlandsgespräche der Parlamentarier. In den nächsten Tagen wird die Telefonanlage des Bundestags so umgestellt, daß die Telekom nur noch bei Auslandsgesprächen (rund 2,5 Millionen Mark Gebühren pro Jahr) zum Zuge kommt.
WorldCom nutzt dann eine Sonderregelung des Postministeriums [Ed: Und wo ist die Sonderregelung für die Privatkunden?]. Sie erlaubt, Leitungen der Telekom zu mieten und sie größeren Firmen als sogenannte Corporate Networks auf eigene Rechnung anzubieten. Der Bundestag ist nicht der einzige Großkunde, den die Staatsfirma verloren hat: "In den vergangenen vier Monaten", klagt Telekom-Chef Ron Sommer, "haben uns die Konkurrenten Firmenkunden mit einem Volumen von insgesamt rund 50 Millionen Mark abgeworben" [Ed: Und das müssen nun die kleinen Leute mit Wucherpreisen bei längeren Ortsgesprächen subventionieren, und sogar die SPD hat dazu "Ja" gesagt. ].
Gebührenzähler bemängelt
Postbenutzer fordern geeichte Geräte / Telekom wehrt sich
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 6. Februar 1996, Seite 13 (Wirtschaft).OFFENBACH. Der Verband der Postbenutzer hat der Deutschen Telekom vorgeworfen, bei der Erhebung der Telefongebühren ungeeichte Zähler und nicht überprüfte Software zu verwenden. Der Konzern berechne seinen Kunden jährlich 40 Mrd. DM, obwohl weder die Gebührenzähler in den analogen Vermittlungsstellen noch die Impulsgeber für den Zeittakt geeicht seien, erklärte der Verband am Montag [Ed: 5. Februar 1996] in Offenbach. Die Abrechnungspannen der vergangenen Wochen machten zudem deutlich, daß die Gebührenermittlung mit Hilfe von Programmen vorgenommen werde, die zuvor nicht von vereidigten Sachverständigen überprüft worden sei. Obwohl Zähler etwa für Strom, Gas und Wasser seit Jahrzehnten geeicht würden, habe schon die frühere Deutsche Bundespost stets behauptet, daß dies bei Telefonaten nicht möglich sei. Die Aussage sei jedoch falsch, erklärte die Interessenvereinigung. Sie forderte Postminister Wolfgang Bötsch auf, eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen zu beauftragen.
Die Telekom reagiert aufgebracht und bezeichnete die Vorwürfe als unsinnig. Keine Telefongesellschaft der Welt verfüge über geeichte Gebührenzähler, sagte ein Sprecher. Der Vorsitzende des Verbandes, Wilhelm Hübner, habe offenbar "die Nerven verloren". Die Telekom sei nicht länger bereit Hübners Anschuldigungen hinzunehmen.
Unterdessen hat die Deutsche Postgewerkschaft erhebliche Verbesserungen am Entwurf für das Telekommunikationsgesetz gefordert. Die Schwachstelle des Regulierungsmodells sei die geplante unbegrenzte Lizenzvergabe, erklärte DPG-Chef Kurt van Haaren am Montag in Hamburg. Sollten Bundestag und Bundesrat den Entwurf verabschieden, werde dies eine extreme Zersplitterung des Marktes zur Folge haben.
Telekom: Wirbt sie mit getürkten Zahlen?
Von DIRK AUGELE
Aus: B.Z., Berlin, 7. Februar 1996, Seite 20 (mit 1 Foto "Abgeordneter Manuel Kiper präsentierte in Bonn die Schocker-Zahlen").Berlin Wirbt die Telekom mit getürkten Zahlen? Ein Bonner Bundestagsabgeordneter behauptet: Ja! Schon vor der Tariferhöhung zum 1. Januar zahlten die Telekom-Kunden im Vergleich zu englischen und US-amerikanischen Telefon-Kunden im Ortsbereich das Dreifache an Gebühren. Die Telekom sagt aber: Die Deutschen liegen im internationalen Durchschnitt.
Bundestagsabgeordneter Dr. Manuel Kiper (46) vom Bündnis 90/Die Grünen hat den Beweis: die Studie "Nationale Telefontarife im internationalen Vergleich" des Mainzer Bundesamts für Post und Telekommunikation (BAPT, untersteht dem Postministerium). Diese noch unveröffentlichte Erhebung von 1995 liegt der B.Z. in Auszügen vor. Der Abgeordnete legte die Horrorzahlen Ende Januar im Regulierungsrat vor. Denn dieser Rat entscheidet in Bonn über die Höhe unserer Telefon-Gebühren. Das Mainzer Bundesamt empfiehlt in dem 125-Seiten-Bericht "Tarifsenkungen für den Orts- und Nahbereich, da die Tarife der Telekom AG dort um fast 300 Prozent über dem Durchschnitt liegen."
Kiper: "Telekom-Chef Ron Sommer bezeichnete die Ergebnisse der Studie als 'abenteuerlich', wollte oder konnte aber keine eigenen Zahlen vorlegen. Für uns steht fest: Die Telekom operiert mit getürkten Tarifinformationen." Ulrich Lissek von der Telekom: "Auch wir haben die Studie vorliegen, sie aber noch nicht abschließend bewertet. Wir fragen uns, ob man solche Vergleiche in dieser Form überhaupt anstellen kann." Auch Postministeriums-Sprecher Harald Dörr hält sich bedeckt: "Diese Studie ist noch nicht offiziell abgesegnet."
Dagegen fühlt sich Wilhelm Hübner vom Postbenutzerverband durch die Studie bestätigt: "Nach Preissenkungen wird die Telekom anschließend weit höhere Einnahmen bekommen." Ganz klar: Denn dann greifen wir wieder gerne zum Hörer.
Informationstechnik soll Stellen schaffen
Firmenkonsortium verspricht 5000 Arbeitsplätze
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 8. Februar 1996, Seite 17 (Wirtschaft).BONN. (...) Ein neues Bündnis der deutschen Industriekonzerne RWE und Viag mit der British Telecom (BT) will der Deutschen Telekom in allen Bereichen Konkurrenz machen. Bis zum Jahr 2000 wollten die Partner für 4 Mrd. DM ein flächendeckendes Telefonnetz aufbauen und 5000 Stellen schaffen, sagte RWE-Chef Dietmar Kuhnt am Mittwoch bei der Vorstellung der Allianz in Bonn. RWE wolle sich dabei auf die Privatkunden und Viag und BT auf die Geschäftskunden konzentrieren. Die entgültigen Beteiligungs- verhältnisse sollen bis Ende März festgelegt werden. Kuhnt rechnet zunächst mit etwa 5 bis 7 Millionen Privatkunden für die Allianz. Derzeit gibt es etwa 37 Millionen Privatkunden am deutschen Markt. (...)
Wenn die Telekom (ab)rechnet: Erneute Panne verärgert Kunden
Tausende erhielten überhöhte Januar-Rechnungen
Von BETTINA MESSER
Aus: Berliner Morgenpost, 13. Februar 1996, Seite 7 (Lokales).Ärger mit der Telekom ohne Ende: Einigen tausend Berlinern gingen jetzt überhöhte Januar-Abrechnungen zu. Anderen wurden ohne Benachrichtigung Nachforderungen aus zurückliegenden Monaten berechnet. Aber die Berliner zahlen nicht mehr ohne weiteres, sondern fragen nach.
Wie Michael H. aus Zehlendorf. Er traute seinen Augen nicht: 1724 Einheiten wies seine Rechnung für einen Zeitraum von nur 10 Tagen aus; 396,52 Mark sollten zwischen dem 22. und 31. Dezember durch die Leitung gerattert sein. Sein Sohn Markus kann sich das nicht erklären: "Auf unserem Gebührenzähler war nur ein Betrag von knapp 20 Mark angegeben." Ähnlich erging es C. Chen aus Dahlem. Auf seinem Einzelverbindungsnachweis waren für die Zeit von 18. Dezember bis 23. Januar 984 Einheiten ausgewiesen, die Telekom berechnete 1116.
"Falsch sind die Rechnungen nicht", erklärt Telekom-Sprecher Wolfgang Behrens. In beiden Fällen handele es sich um Nachforderungen aus zurückliegenden Monaten. Warum dies dann nicht so ausgewiesen wird, kann Behrens jedoch auch nicht erklären. Man wolle das nochmals prüfen: "Bei 200 000 Ummeldungen pro Jahr kann das schon einmal passieren."
Für die Kunden ebenfalls nicht ersichtlich war ein Abrechnungsfehler bei der Januar-Rechnung. Einigen tausend Berlinern, deren Rufnummern mit 441 und 442 beginnen, wurde bis zum 4. Januar für die ab Januar geltenden, wesentlich kürzeren Zeiteinheiten anstatt 12 Pfennig der alte Tarif von 23 Pfennig berechnet. "Ein Übermittlungsfehler einer unserer Vermittlungsstellen", begründet Behrens. Man habe den Fehler erst bemerkt, als die Rechnungen verschickt waren. Mit der Februar-Rechnung sei der zuviel gezahlte Betrag verrechnet worden. Das Vertrauen in die Telekom ist gesunken. Rechnungen werden genau unter die Lupe genommen. "Bei uns melden sich erheblich mehr Kunden wegen vermeintlich falscher Rechnungen als früher", gesteht Behrens ein.
Und die Kunden, wie zum Beispiel Renate und Paul S. aus Hermsdorf, wiederrufen ihre Einzugsermächtigung. Davon rät der Postbenutzerverband allerdings ab. "Damit schadet man nicht der Telekom, sondern sich selbst. Spätestens, wenn man den Zahlungstermin versäumt", so dessen Vorsitzender Wilhelm Hübner. Weitere Tips für Telefonbenutzer hat er nicht mehr. Drei einstweiligen Verfügungen hat die Telekom gegen den Verbraucherverband u. a. wegen Hübners Aufforderung. Rechnungen nur auf Widerruf zu zahlen, erwirkt. Streitwert: eine Million Mark.
Telekom: Telefonieren für Durchschnittshaushalt nicht teurer
Aus: Germany Live (Online-Zeitung im Internet), 15. Februar 1996,
Pfad: http://www.germany-live.de/gl/Ausgaben/46/824386213.html.Bonn (krz). Nach der umstrittenen Tarifreform zu Jahresbeginn ist das Telefonieren für private Haushalte nach Angaben der Telekom nicht teurer geworden. Dies habe eine erste Auswertung von repräsentativen Stichproben der Januar-Rechnungen ergeben, teilte die Telekom heute in Bonn mit.
Bei der zusammen mit "Infratest Burke" und dem Roland Berger Institut für Markt und Systemforschung vorgenommenen Untersuchung wurden etwa 5.000 Telefonanschlüsse, davon etwa 2.200 in privaten Haushalten, unter die Lupe genommen. Eine erste Auswertung habe ergeben, daß knapp 38 Prozent der Gesprächskosten von Privatkunden auf Citygespräche und 62 Prozent auf die übrigen Anrufe entfielen.
Da zum 1. Januar die Preise für Fern- und Auslandsgespräche zum Teil drastisch gesenkt wurden, profitiere auch der Privatkunde. Zudem hätten knapp die Hälfte aller Citygespräche nicht länger als 84 Sekunden [Ed: Aha, die Telekom hat endlich ihren systematischen Taktfehler begriffen, und nicht mehr von 90 Sekunden gesprochen] gedauert und damit nur zwölf statt 23 Pfennig gekostet. In 19 Prozent der Fälle hätten die privaten Telefonkunden nicht mehr als 174 Sekunden [Ed: Aha, die Telekom hat auch hier ihren systematischen Taktfehler begriffen, und nicht 180 Sekunden gesagt] telefoniert und damit maximal einen Pfennig mehr als im vergangenen Jahr bezahlt.
Nicht repräsentative Stichproben bei Niederlassungen von Unternehmen in dieser Woche hätten zu ähnlichen Ergebnissen geführt, berichtete die Telekom. Die Telekom hatte zuvor angekündigt, sie wolle bis Ende April Höhe und Form der Rabatte für ihre Privatkunden festlegen und von Ende des Jahres an einführen.
Telekom: So günstig wird der Familien-Rabatt
Von ROLF BIER
Aus: Bild, 15. Februar 1996, Seite 1 oben (Politik).
[Telefon: 040 347-22386]Jetzt kommen Sonderrabatte fürs Telefon! Wie BILD erfuhr, soll noch 1996 in mehreren Großstädten ein Pauschalpreis gelten:
Jeder kann dann im Monat 10 Stunden lang für 24 Mark/Monat telefonieren. Geltungsbereich: City (Ortsgespräche). Ersparnis gegenüber dem jetzigen Tages-Tarif: 50 %.
Die Teilnehmer müssen ihre Telefonnummern vorher anmelden (maximal 5 Anschlüsse pro Person). Sie brauchen außerdem digitale Anschlüsse (ab Jahresende 1996 in den 50 größeren Städten).
Telekom-Chef Ron Sommer will damit älteren Menschen die Telefonkontakte erleichtern. Ab 1997 soll der Sondertarif bundesweit gelten. Außerdem: Ab 1. Juli sollen Ferngespräche im Schnitt 5 % billiger werden.
Telekom: Berliner Initiative bündelt die Proteste
Aus: Berliner Morgenpost, 16. Februar 1996, Seite 11 (Lokales).Rund 100 000 Unterschriften gegen die neuen Gebühren der Telekom hat laut Initiativen-Gründerin Helga Frisch die Berliner "Aktion Billiges Telefon" in weniger als vier Wochen gesammelt. "Und täglich kommen 6- bis 10.000 hinzu". Damit sei die Aktion auf dem besten Wege, die größte Bürgerinitiative in der Geschichte zu werden. Inzwischen hat die Gruppe Kontakt zu Initiativen in anderen deutschen Großstädten aufgenommen, um die Proteste gegen die Gebührenreform zu bündeln.
Für morgen, 11 Uhr, plant die Bürgerinitiative unter dem Motto "Zug der Posträuber durch Berlin" vom Adenauerplatz über den Kudamm eine weitere Demonstration gegen die neuen Telefontarife. mes
Zieht die Nieten aus dem Verkehr!
Von DIRK BALLER
Aus: B.Z., Berlin, 21. Februar 1996, Seite 2 (Politik).[Ed: Auf den ersten Blick mag dieser B.Z.-Kommentar nichts mit der Deutschen Telekom zu tun haben. Doch er hat. Und das in vieler Hinsicht. Denn bereits 1992 zeigte der Wirtschaftsjournalist Günter Ogger in seinem Buch "Nieten in Nadelstreifen Deutschlands Manager im Zwielicht" (erschienen bei Droemer/ Knaur) klar und deutlich auf, daß viele Manager in Deutschland ganz kläglich "versagt haben".]
"Nieten in Nadelstreifen" gibt es nicht wenige unter Deutschlands Managern aber nur selten werden sie aus dem Verkehr gezogen.
So wie Ex-Vulkan-Chef Hennemann. So wie Ex-Mercedes-Chef Edzard Reuter, der angesichts der noch von ihm zu verantwortenden Vorjahres-Verluste kürzlich auch seinen Aufsichtsrats-Posten niederlegen mußte. Daß Reuter und sein (damals schon im Vorstand sitzender) Nachfolger Jürgen Schrempp jetzt die Strafanzeige eines Kleinaktionärs wegen fehlerhafter Darstellung der wirtschaftlichen Lage am Hals haben, ist zwar völlig folgerichtig, aber leider eine Seltenheit.
Denn diejenigen, die den Vorständen von Amts wegen auf die Finger schauen und nötigenfalls klopfen sollten, schauen selten genug genau hin: Sei es, daß sie (wie Daimler-Aufsichtsratschef Hilmar Kopper von der Deutschen Bank) auf zu vielen Hochzeiten tanzen und zum Geld anderer Leute ohnehin kein rechtes Verhältnis haben ("Peanuts"). Sei es, daß sie (wie Edzard Reuter) diejenigen kontrollieren sollen, die sie selber zu ihrem Nachfolger gekürt haben.
Die Krönung aber sind Aufsichtsräte wie der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder: Dem dürfte sowohl das betriebswirtschaftliche Know-how als auch die gebotene Distanz zu "seinem" VW-Vorstands-Chef Piech abgehen. Aber was soll's, wo der Laden doch gerade mal wieder schwarze Zahlen schreibt...
Kein Ermittlungsverfahren gegen die Telekom
Aus: Yahoo-News, 22. Februar 1996, 12.19 Uhr.BONN. Im Zusammenhang mit den neuen Telefongebühren wird die Staatsanwaltschaft Bonn kein Ermittlungsverfahren gegen die Telekom wegen des Verdachts auf Wucher einleiten. Das berichtete ein Sprecher der Behörde am Donnerstag auf Anfrage. Es gebe keinen Hinweis, daß ein strafbares Handeln der Telekom vorliege. Bei der Anklagebehörde waren über 30 Strafanzeigen von Privatleuten eingegangen, die sich meist gegen Telekomchef Ron Sommer richteten.
Nach Prüfung und Auswertung der Unterlagen über die Neustrukturierung der Telefontarife sei eine strafrechtliche Relevanz nicht zu erkennen, so daß es der Anordnung weiterer Ermittlungen nicht bedürfe, teilte die Staatsanwaltschaft nach dreiwöchiger Untersuchung mit. "Insgesamt gesehen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die jetzigen Tarifforderungen der Telekom den Wert ihrer Leistungen in einem völlig unangemessenen Umfang übertreffen."
Die Anzeigen bezogen sich auf den Wucher-Paragraphen 302a im Strafgesetzbuch. Der Paragraph stellt es unter Strafe, unter Ausnutzen einer Zwangslage eines anderen Leistungen zu völlig überteuerten Preisen anzubieten.
Die Telekom hatte zum Jahreswechsel einen neuen Telefontarif eingeführt. Dabei wurden längere Ortsgespräche deutlich teurer, kurze Ortsgespräche und Ferngespräche dagegen billiger.
Billigere Tarife nicht überall zum Jahresende
Mangel an digitalen Vermittlungsstellen / Flächendeckend ab Ende 1997
Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 27. Februar 1996, Seite 24 (Aus aller Welt).BONN. Die Telekom will ab Ende 1996 Rabatte für Telefongespräche im Nahbereich anbieten. Der Telekom-Vorstand beschloß dazu, wie erwartet, am Montag [Ed: 26.1.1996] in Bonn zwei Modelle: Im neuen Tarif "City Plus" sollen die Kunden für 24 Mark im Monat insgesamt zehn Stunden lang mit fünf vorher festgelegten Anschlüssen telefonieren können. Im Tarif "City Weekend" könnte jeder Kunde für monatlich fünf Mark an allen Wochenenden und Feiertagen rund um die Uhr zum billigen Mondscheintarif telefonieren. Die Postsprecher von CDU/CSU und SPD, Elmar Müller und Hans Martin Bury, kritisierten diese Angebote als noch nicht ausreichend und verlangten Nachbesserungen. Die Telekom will die Rabatte ab Mitte des Jahres in Pilotversuchen testen. Das flächendeckende Angebot hänge von der Digitalisierung des Netzes ab. Der Start solle bei "City Weekend" noch 1996 und bei "City Plus" Anfang 1997 erfolgen. Telekom will die Digitalisierung bis Ende 1997 abschließen. Dann könnten alle 40 Millionen Privatkunden die Rabatte nutzen.
"City Plus" bietet im Vergleich zum normalen Citytarif an Werktagen zwischen 9 und 18 Uhr bei voller Ausnutzung der zehn Stunden eine Ersparnis von 50 Prozent. Im Vergleich zum Freizeittarif würden 17 Prozent gespart. Das Angebot lohnt sich für Kunden, die mit den fünf angegebenen Gesprächspartnern im Monat mindestens fünf Stunden lang tagsüber telefonieren. "City Weekend" senkt den Preis für eine Stunde Telefonieren im Vergleich zum jetzigen Wochenendtarif von 2,88 auf 1,80 Mark. Dies entspricht 37,5 Prozent. Das Angebot lohnt sich ab einer Gesprächsdauer von etwa einer Stunde je Wochenende.
Für beide Angebote, die miteinander kombiniert werden können, will die Telekom eine einmalige Bereitstellungsgebühr von je neun Mark berechnen. Die Änderung der Zielnummern im "City Plus" solle fünf Mark kosten. Die Tarife müssen vom Aufsichtsrat und am 11. März [Ed: 1996] vom Regulierungsrat genehmigt werden.
Wenn das Geld der Kleinen in die Taschen der Großen fließt
Von Pfarrer JÜRGEN FLIEGE
Aus: B.Z., Berlin, 4. März 1996, Seite 6 (Wort zum Montag).[Ed: Zunächst, die B.Z. ist die größte Zeitung Berlins, eine Boulevard-Zeitung des Springer-Konzerns. Und auf den ersten Blick mag auch dieser Kommentar nichts mit der Deutschen Telekom zu tun haben. Doch auch er hat, und wie. Denn auch bei der "Tarifreform 96" der Deutschen Telekom sind es die kleinen Leute, die in die Taschen der Großen bezahlen. Und das geht (politisch) nicht. Werden es die Politiker in Bonn noch rechtzeitig bemerken? Ach, und wie war das noch mit dem Lügen? ]
In Bremen ist nur die Werft pleite und in Berlin die ganze Stadt. Und kaum einer regt sich auf. In Bremen geht's "nur" um Millionen, in Berlin um Milliarden. Fakt ist, sie sind nicht in die Taschen kleiner Leute geflossen. Fakt ist, daß es große Taschen gewesen sein müssen, die innerhalb von wenigen Monaten Milliarden verschlingen konnten. Und jetzt geht's wie in allen Krisen und Kriegszeiten mit Geheule auf zum kleinen Mann, der die Zeche bezahlen soll. Und keiner muckt wirklich auf.
In Bremen gibt es Anzeige gegen die Verantwortlichen. In Berlin keine Spur davon. Kein Rücktritt! Und alles ballt höchstens die Faust in der Tasche.
Auch wenn es bei uns strafrechtlich nichts zu holen gibt, frag' ich mich, ob es da eventuell moralisch nichts zu holen geben könnte. Schließlich sind wir alle schamlos belogen worden. Doch bei uns machen dieselben verantwortlichen Leute einfach weiter. Sie wollen weiterhin nicht nur unser Geld, sondern wie immer auch unser Vertrauen, unser Verständnis und unsere Mitarbeit. Ohne rot zu werden, wollen sie unsere Einsicht in die Notwendigkeit von einschneidenden Maßnahmen und was weiß ich, mit welchen holen Worten man die Steuern aus unseren Taschen säuselt. Das werden sie alles nicht bekommen. Okay, gegen neue Abgaben und Steuern kann ich mich nicht wehren, die muß ich geben, aber mein Vertrauen kriegt ihr nicht.
Wenn man sich nun auf die alte Berliner Mauschelgarde nicht mehr verlassen kann, muß vielleicht, wie in Bonn, eine ganz merkwürdige Garde die Sparsalons der Politiker stürmen, um die Armut der kleinen Leute nicht total vergessen zu machen.
Da klopfen mittlerweile sogar die Bischöfe unüberhörbar an, weil beim Sparzwang die neue Regel heißt, daß die Armen ja nur das bekommen können, was so vom Tisch der Reichen runterfällt.
Noch stehen sie da alleine. Aber es könnte auch der Tag kommen, wo sie an der Spitze eines Demonstrationszuges Richtung Grunewald marschieren, um in Erinnerung zu rufen, daß Geld nicht arbeitet, sondern daß das große Geld von vielen, vielen kleinen Leuten erarbeitet im Schutz der Kaufmannsgesetze in die wenigen Taschen der Großen fließt.
Herzlichst Ihr Jürgen Fliege
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