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Politische Dokumentationen – Teil 1 khd
Stand:  28.1.1999   (36. Ed.)  –  File: Politik/1.html




Diese Dokumentationen sind Bestandteil des Internet-Magazins »t-off«. Hier werden einige ausgewählte und besonders interessante Texte, Pressemitteilungen und Anträge im Originaltext dokumentiert und manches mit [Ed: ...] auch kommentiert. Die meisten Links sind redaktionell hinzugefügt worden.

  • Noch mehr Politik   (2. Teil).
  • 15.03.1996:  Stellungnahme von Elmar Müller (MdB, CDU).
  • 12.03.1996:  Presseerklärung von Jörg Tauss (MdB, SPD).
  • 11.03.1996:  Presseerklärung von H. M. Bury (SPD) und P. Fischer (SPD).
  • 02.03.1996:  Bötsch stärkt Telekom den Rücken.
  • 11.02.1996:  Parlament: Ungeheuer instinktlos.
  • 05.02.1996:  Telekom: Parlament geht fremd.
  • 31.01.1996:  Kleine Anfrage der PDS und Antwort der Bundesregierung.
  • 29.01.1996:  Antrag von Hans Martin Bury (SPD) an den Postregulierungsrat.
  • 24.01.1996:  Antrag vom Bündnis 90/ Die Grünen an den Postregulierungsrat.
  • 17.01.1996:  Pressemitteilung von Hans Martin Bury (MdB, SPD).
  • 05.01.1996:  Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen.
  • 04.01.1996:  Pressemitteilung von Arne Börnsen (MdB, SPD).
  • 10.11.1995:  Koalition und SPD über Telekom-Markt einig.



    Koalition und SPD über Telekom-Markt einig

    Aus:
    Der Tagesspiegel, Berlin, 10. November 1995, Seite 1.

    BONN. Nach monatelangen zähen Verhandlungen haben sich Regierung und Opposition am Donnerstag auf Marktregeln für die Telekommunikation nach Wegfall der Postmonopole geeinigt. Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) versicherte nach der abschließenden Verhandlung, die Verbraucher bekämen auch in Zukunft qualitativ gute Dienstleistungen zu bezahlbaren Preisen. Koalition und SPD wollen das Gesetz gemeinsam einbringen, damit es schon im Januar verabschiedet werden kann.

    14.11.1995 (khd). Ob sich da der letzte Postminister mal nicht mächtig irrt: "zu bezahlbaren Preisen". Und was werden erst die 40 Millionen Telekom- Privatkunden sagen, wenn zum 1. Januar 1996 die wegen der absoluten Mondpreise unsozialen und extrem kommunikationsfeindlichen Ortstarife der Telekom wirksam werden. Und bei Stundenpreisen von 4,80 DM bleibt eine sinnvolle Nutzung des Internets vollkommen auf der Strecke. Immerhin war es dieser Postminister, der diesen marktwirtschaftlichen Unfug hoch drei schon im Frühjahr 1994 genehmigte. Warten wir's ab, was das Volk dazu sagt.



    Pressemitteilung von Arne Börnsen (MdB, SPD) vom 4.1.1996

    [Ed: Arne Börnsen ist Vorsitzender des Ausschusses für Post und Telekommunikation des Deutschen Bundestags. ]

    Neue Telefongebühren: Nicht Rücknahme, aber Ergänzungen des neuen Tarifs sind notwendig

    Zur Telefongebühren-Tarifstrukturreform erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete Arne Börnsen:

    Die SPD hat 1994 im Postausschuß und im damaligen Infrastrukturrat beim Posministerium die Vorlage zur Tarifstrukrreform als zu kompliziert kritisiert. Verantwortlich für die Ausgestaltung der Tarife ist allerdings ausschließlich die Telekom, dem Postminister ist ein entsprechender Tarifantrag vorzulegen. Der Postminister hat im konkreten Fall Korrekturen veranlaßt und den Antrag dem Infrastrukturrat zur Genehmigung vorgelegt. Der Infrastrukturrat kann nur JA oder NEIN sagen, er kann keine Änderungen vornehmen.

    Aus Gründen der notwendigen Angleichung der Telekom-Preise an die Kosten hat im Infrastrukturrat auch die SPD dem Tarifmodell zugestimmt. Ohne "Rebalancing" der Kosten wäre die Telekom weder für den Börsengang 1996 noch für den Wettbewerb 1998 gerüstet. Spätestens 1998 hätten die Wettbewerber attraktive Tarifangebote für Ferngespräche vorgelegt und der Telekom die Haupteinnahmequelle genommen. Als Ausgleich zur jetzt vorgenommenen Senkung der Ferngebühren sind die bisher stark subventionierten Nahbereichsgebühren "angepaßt", also sehr wohl leicht erhöht worden. Diese Maßnahme war 1994 gewollt und dürfte allen Beteiligten auch heute noch bekannt sein!

    Wer heute die Rücknahme der Tarifreform fordert, gefährdet objektiv die Zukunft der Telekom. Wer dies tut und damals durch seinen Wirtschaftsminister an der Entscheidung beteiligt war (Ministerpräsident Stoiber, LM Wiesheu), handelt unglaubwürdig. Bei aller berechtigter Kritik am Detail (zu viele Tarifstunden, Undurchschaubarkeit, Nachttarife) ist daher die Berechtigung und Notwendigkeit einer Tarifreform dieser Art grundsätzlich nicht zu bestreiten. Seitens der SPD sind allerdings schon im Vorfeld Forderungen an die Telekom gerichtet und beantwortet worden, die auf eine flexible Ergänzung der Tarife abzielen.

  • Rabattsysteme sind orientiert an den Kundenbedürfnissen zu entwickeln (Beispiel Friends-and Family-Tarif, Variation von Grundgebühr/Kosten der Telefoneinheit u.a.m.). Damit können sowohl die besonderen Bedingungen sozial schwächerer Bürger als auch die spezifischen Telefongewohnheiten einzelner berücksichtigt werden.

  • Geringerer Tarif für ISDN-Anschlüssen, um die Anwendung neuer Technologien nicht zu blockieren.

  • Beschleunigte Umrüstung der Vermittlungsstellen auf digitale Technik als Voraussetzung für oben genannte Anwendungen.

    Als Vorsitzender des Ausschusses für Post und Telekommunikation sind mir seitens des Vorstandes der Telekom im November 1995 entsprechen Zusagen gemacht worden, diese sind im Regulierungsrat am 4. Dezember 1995 von dem Vorstandsmitglied Gerd Tenzer wiederholt worden. Als Zeitraum für die stufenweise Einführung wurde das zweite Halbjahr 1996, eher Ende 96, genannt. Diesen Zeitpunkt gilt es, vorzuziehen. Allein damit kann die Telekom verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen.



  • Pressemitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen vom 5.1.1996

    Bilder einer Privatisierung: Heuchelei und Chaos

    Zu den Telekom-Gebühren erklärt der postpolitische Sprecher Dr. Manuel Kiper:

    Es ist erstaunlich, daß CDU und SPD jetzt eine Korrektur der sozialen Schieflage beim neuen Tarifkonzept 96 fordern. Die Chance dazu haben sie fast vor einem Jahr verschlafen. Wir haben bereits im Mai 1995 im Postregulierungsrat, dem für Tariffragen zuständigen Gremium, für die Korrektur der Tarifreform geworben. CDU und SPD stimmten damals geschlossen dagegen. Heute die damals schon klar absehbaren Folgen zu bejammern, ist politische Blindheit oder Heuchelei.

    Vielleicht aber können die 15 Postregulierungsräte der großen Bundestags- Koalition in Postfragen nur nicht richtig rechnen. Schließlich rechneten ihnen erst Wirtschaftsvertreter auf einem Hearing des Postauschusses vor, wie schädlich die Telekom-Tarife für die Online-Dienste sein würden. Die Träume der Bundesregierung zur Entwicklung der breiten Informationsgesellschaft bleiben Hirngespinste, wenn KundInnen von Onlineservice-Providern nun bis zu 500,– DM im Monat vertelefonieren müssen, um für 25,– DM Daten von ihrem Provider zu beziehen. Telearbeit, Telebanking, Teleshopping und all die anderen neuen Dienst werden so verteuert, daß sie sich kaum noch rechnen.

    Sondertarife brauchen aber nicht in erster Linie die gutbetuchten KundInnen von Online-Diensten, sondern die sozial schwachen, die besonders hart von den neuen Telekom-Gebühren getroffen werden, wie Behinderte und Alte. Wir haben uns deshalb bereits auf der letzten Sitzung des Postregulierungsrates für die schnelle Einführung des Familiy- & Friends-Tarifes eingesetzt – Börnsen [Ed: SPD] und Müller [Ed: CDU] lehnten ab.

    Mit der Postreform III wird die soziale Schieflage der Telekom-Tarife weiter verschärft. Der Wettbewerb spielt sich nicht bei den kleinen KundInnen ab, es geht um potente Kunden. Für die Banken der Frankfurter City werden gerade drei verschiedene neue Glasfasernetze gelegt. PrivatkundInnnen werden davon keinen Vorteil haben – sie müssen ausgleichen, was die Telekom den Großkunden an Rabatten einräumt. Kleine PrivatkundInnen subventionieren mit den weltweit höchsten Ortstarifen die Großkunden der Telekom. Wir fordern die Telekom auf, sich ein Beispiel an Kanada zu nehmen. Dort sind alle Ortsgespräche mit der Grundgebühr bezahlt. Die Folge: bessere Netzauslastung, zufriedene KundInnen, gute Bilanz.



    Pressemitteilung von Hans Martin Bury (MdB, SPD)
    vom 17.1.1996 – 0076

    Tarifkorrekturen schnell umsetzen – Telekom-Bashing beenden

    Anläßlich der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Post und Telekommunikation zur Tarifreform der Deutschen Telekom AG erklärt der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Post und Telekommunikation, Hans-Martin Bury:

    Deutschland hat einen neuen Volkssport: Telekom-Bashing. Und seit Turnvater Stoiber sich mutig auf die Zeitgeistwoge schwang, ist das Eindreschen auf die Telekom zu einem echten Breitensport geworden. Klar, unser Land braucht Bewegung. Und angesichts von Stillstand und Konfusion in der Regierungskoalition kommt der, gemeinsame Feind gerade recht, um von eigenen Schwächen und Angriffen auf die sozial Benachteiligten abzulenken.

    Die Deutsche Telekom AG hat es ihren Angreifern allerdings wahrlich leicht gemacht. Die soziale Schieflage der vom Bundespostminister genehmigten Tarifstruktur wurde zunächst geleugnet, dann zögernd eingeräumt. Die Ankündigungen zur Korrektur bleiben leider vage. Und von der Werbekampagne des Unternehmens fühlen sich viele Kunden eher auf den Arm genommen, denn informiert.

    Die SPD fordert daher konkret:

    1. Die umgehende Einführung eines 35 prozentigen Rabattes für von den Kunden selbst benannte, häufig angewählte Telefonnummern oder für alle Gespräche über einem bestimmten Monatsumsatz. Damit wird die berechtigte Kritik von Alten, Behinderten und Familien aufgenommen. Menschen, die darauf angewiesen sind, ihre Kontakte zu anderen weitgehend über das Telefon zu pflegen, können dieses damit weiter tun. Auch die Nutzer von Online- Diensten, die durch die Telekom-Tarifreform extrem benachteiligt werden, erhalten mit diesem Rabattmodell attraktivere Nutzungs- konditionen. Dies ist nicht nur im Sinne der gleichberechtigten Teilhabe aller an der Entwicklung der Informationsgesellschaft von besonderer Bedeutung, es stärkt auch die Entwicklung neuer Dienste und Anwendungen in Deutschland.

    Da die Vermittlungsstellen der Deutschen Telekom AG noch nicht flächendeckend digitalisiert sind, muß der neue Tarif schrittweise in ganz Deutschland eingeführt werden. Mit der Einführung soll umgehend begonnen werden, sie muß im Laufe des Jahres 1997 mit der Digitalisierung abgeschlossen werden. Die Deutsche Telekom AG hätte sich viel Ärger ersparen können, wenn sie von vornherein notwendige Tarifkorrekturen mit vernünftigen Rabattmodellen für Privatkunden verknüpft hätte.

    2. Der Beschluß des Regulierungsrates vom 23. Oktober 1995 über eine Senkung der Tarife für Online-Nutzer ist umgehend umzusetzen. Die neuen Telefon-Tarife erschweren die Akzeptanz und Zugangsmöglichkeiten zu anwendungsorientierten, zukunftsweisenden Online-Diensten, die für die Entwicklung der Informationsgesellschaft und damit für die Zukunft unseres Landes von großer Bedeutung sind. Der Online-Anbieter CompuServe sieht das starke Wachstum der Online-Dienste in Deutschland durch die neuen Telefongebühren der Telekom gebremst, "der Durchbruch bei den Endkonsumenten verzögert sich dadurch". Die Burda Holding bezeichnet die neuen Tarife als "bitteren Schlag" für die wirtschaftliche Entwicklung der Online-Aktivitäten. In der Regierungskoalition herrscht auch hier Konfusion:

    Der CSU-Postminister genehmigt die Tarife, der CDU-Zukunftsminister Rüttgers sieht darin eine "ernstzunehmende Barriere für innovative Telekommunikationsdienste" und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion enthält sich bei der Abstimmung über den vom Regulierungsrat beim Bundespostminister angenommenen Antrag der SPD zur Senkung der Tarife für Online-Dienste ihrer Stimme.

    3. Die Telekom-Tarife müssen transparent und für die Kunden nachvollziehbar gemacht werden. Dazu zählt die Aufforderung an die Deutsche Telekom AG, den Kunden entsprechende Hilfsmittel an die Hand zu geben. Dazu gehört außerdem der von uns bereits in der Vergangenheit geforderte kostenlose Einzelverbindungsnachweis, der die Voraussetzung dafür ist, die Rechnung nachzuvollziehen und zu überprüfen.

    Die Tarifmaßnahmen müssen der Deutschen Telekom AG die Möglichkeit geben, in den entstehenden Wettbewerb hineinzuwachsen, die erforderlichen personellen und organisatorischen Anpassungsmaßnahmen sozial verträglich vorzunehmen und sich erfolgreich an der Börse zu plazieren. Politik und Wirtschaft sind gefordert, das Untemehmen auf diesem Weg zu unterstützen. Denn vom Erfolg der Telekom hängt zu einem nicht unerheblichen Teil die Position unseres Landes im globalen Wachstumssektor Telekommunikation und – im Zusammenhang mit dem Börsengang – der Zugang deutscher Unternehmen zum Kapitalmarkt ab. Die öffentliche Debatte läßt zudem einen erschreckenden Struktur- konservativismus erkennen, der mit Blick auf notwendige Reformen, die diesen Namen verdienen, skeptisch macht.



    Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen zur Sitzung des Postregulierungsrats am 29.1.1996 (TOP 1 + 2) vom 24.1.1996

    Perspektiven für das Tarifkonzept der Telekom

    Der Postregulierungsrat möge beschließen:

    1. Die Telekom AG muß das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wiedergewinnen. Deshalb muß das Tarifkonzept 96 sozial ausgewogen und für die Entfaltung der Informationsgesellschaft förderlich weiterentwickelt werden.

    2. Die Telekom AG und der genehmigende Bundespostminister werden aufgefordert, Vorschläge für ein Tarifkonzept vorzulegen, in dem Ortsgespräche (und damit auch die Nutzung von Online-Diensten) keiner gesonderten (bzw. lediglich einer geringfügigen) Tarifierung unterliegen, sondern mit dem Grundpreis (bzw. mit minimalen zusätzlichen Kosten) abgegolten sind.
    Begründung:

    Mit dem Tarifkonzept 96 verfolgte die Telekom vorrangig eine Absenkung der Preise für Ferngespräche unter stärkerer Belastung von Ortsgesprächen. Die deutschen Telefontarife im internationalen Vergleich schnitten bislang aber nicht nur bei Ferngesprächen ungünstig ab, sondern in weit stärkerem Maße noch bei Ortsgesprächen.

    "Betrachtet man die Tarife der Telekom AG unter Wettbewerbsgesichtspunkten, so ist festzustellen, daß bei einer Niveauangleichung in allen Entfernungszonen kräftige Tarifsenkungen durchzuführen wären. Dies gilt in besonderem Maß für den Orts- und Nahbereich, da die Tarife der Telekom AG dort um fast 300 % über dem Durchschnitt liegen."
    Diese Feststellung des
    BAPT vom Juni 1995 trifft nach der Gebührenänderung zum 1.1.1996 noch wesentlich stärker zu. Zum Stichtag 1.6.1995 verhielten sich im OECD-Warenkorb für Telefondienstleistungen die Aufwendungen der Privatkunden für Ferngespräche wie 21,23 DM (D) zu 13,42 DM im Durchschnitt von acht Telefongesellschaften der USA und GB, der Geschäftskunden wie 2.041,06 DM (D) zu 1.288,92 DM (USA und GB). Die Lokalgespräche (bis 20 km) ergab der OECD-Warenkorbvergleich für Telefondienstleistungen bei Privatkunden eine Relation von 43,52 DM (D) zu 15,51 DM (USA und GB), bei Geschäftskunden von 129,46 DM (D) zu 63,86 DM (USA und GB).
    [Ed: Diese Zahlen werden auf diesem WWW-Server auch in grafischer und tabellarischer Form aufbereitet präsentiert].

    In Kanada wird für Ortsgespräche (8-Meilen-Umkreis) kein Entgelt erhoben. In den USA erheben die meisten Telefongesellschaften für Lokalgespräche keine Entgelte oder minimale Tarife; so entstanden für Privatkunden 1995 bei 5 von 6 US-Telefongesellschaften keine Kosten für Lokalgespräche (3 km), in Deutschland im Warenkorbvergleich dagegen Kosten von 127,37 DM; für Nahgespräche (bis 20 km) standen Kosten von 6,18 DM (USA) Kosten von 43,52 DM (D) gegenüber.

    Die weitere verstärkte Nutzung von Online-Diensten wie in den USA oder Kanada wurde durch die Tarifreform 96 der Telekom konterkariert. Die von den Kunden zu zahlenden Entgelte für die Netzgebühren haben sich dadurch wenigstens verdoppelt. Die geplanten Friends&Family-Tarife werden nur eine geringfügige Entlastung bringen. Eine durchgreifende Absenkung der Ortstarife ist deshalb nicht nur unter sozialpolitischen Gesichtspunkten wünschenswert, sondern auch in Hinblick auf die Entfaltung der Potentiale einer Informationsgesellschaft notwendig.

    gez. Dr. Manuel Kiper, MdB, Telefon: 0228 – 16-815 47/ 815 48



    Antrag von Hans Martin Bury (MdB, SPD) zur Regulierungsratssitzung am 29. Januar 1996
    vom 29. Januar 1996 – 0161

    Druck auf die Telekom-Tarife

    Der Regulierungsrat beim Bundesminister für Post und Telekommunikation hat heute den vom Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Post und Telekommunikation, Hans Martin Bury, eingebrachten Antrag einstimmig beschlossen:

    Der Regulierungsrat möge beschließen:

    1. Der Regulierungsrat fordert die Deutsche Telekom AG auf, auch für Privatkunden sowie für kleine und mittlere Unternehmen umgehend attraktive Optionstarife einzuführen. Der Regulierungsrat regt an, in diesem Zusammenhang den Vorschlag zu prüfen, für von den Kunden selbst benannte, häufig angewählte Telefonnummern oder für alle Gespräche über einen bestimmten Monatsumsatz Rabatte einzuführen,

      Die vorgeschlagenen Rabatte sind erforderlich, um für diejenigen Bevölkerungsgruppen, die von der Tarifreform besonders negativ betroffen werden können, dies gilt insbesondere für alte Menschen, Behinderte und Familien, einen Ausgleich zu schaffen. Entsprechende Preisnachlässe führen für Bürgerinnen und Bürger, die auf das Telefon als Kommunikationsrnittel angewiesen sind, und für kleine und mittlere Unternehmen zu einer deutlichen Entlastung. Mit der Einführung dieser Optionstarife muß umgehend und unabhängig vom Stand der Digitalisierung der Vermittlungsstellen begonnen werden. Der Regulierungsrat erwartet eine Vorlage der Deutschen Telekom AG für ein entsprechendes Konzept zur nächsten Sitzung des Regulierungsrates am 11. März 1996.

    2. Der Beschluß des Regulierungsrates vom 23. Oktober 1995 über eine Senkung der Tarife für Online-Nutzer ist umgehend umzusetzen. Für Online-Dienste ist ein besonderer, nutzerfreundlicher Tarif, z. B. durch entsprechende Zugangsnummern wie bei T-Online, einzuführen. Das Nutzerverhalten bei Online-Diensten unterscheidet sich typischerweise von der Nutzung des Sprachtelefondienstes. Die neuen Telefon-Tarife erschweren die Akzeptanz und Zugangsmöglichkeiten zu anwendungsorientierten, zukunftsweisenden Online-Diensten, die für die Entwicklung der Informationsgesellschaft und damit für die Zukunft unseres Landes von großer Bedeutung sind. Um die innovative Entwicklung neuer Daten-Dienste nicht zu behindern, müssen für Online-Nutzer besondere Konditionen vorgesehen werden.

    3. Die Telekom-Tarife müssen transparent und für die Kunden nachvollziehbar gemacht werden. Der Regulierungsrat fordert die Deutsche Telekom AG auf, den Kunden entsprechende Hilfsmittel an die Hand zu geben. Dazu gehört nach unserer Auffassung die kostenlose Bereitstellung von Telefonrechnungen mit Einzelverbindungsnachweisen, die Voraussetzung dafür sind, die Rechnung nachzuvollziehen und zu überprüfen.

    4. Der Regulierungsrat fordert den Bundesminister fur Post und Telekommunikation auf, die von der Deutschen Telekom AG beantragte Einräumung von Rabatten an Geschäftskunden vor dem Hintergrund der genannten Verbesserungen für Privatkunden und möglicher Wettbewerbsbehinderungen zu bewerten. Insbesondere ist dabei zu prüfen, ob den Betreibern von Mobilfunknetzen und den Mietleitungskunden ein äquivalentes Angebot zu unterbreiten ist. Der Regulierungsrat bittet den BMPT die anstehenden Fragen unter Einbeziehung der Deutschen Telekom AG und der Wettbewerber zu klären und die Deutsche Telekom AG zu bitten, bis zum 11. 03.1996 ein Konzept, das rückwirkend zum 01.01.1996 genehmigt werden kann, vorzulegen. Der Vorsitzende des Regulierungsrates sowie sein Stellvertreter sollen an diesen Gesprächen beteiligt werden.

    5. Der Regulierungsrat bittet den Bundesminister für Post und Telekommunikation, dem Regulierungsrat bis zum 17. Juni einen Bericht zu den Auswirkungen der Telefontarifreform vorzulegen.


    Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des
    Abgeordneten Gerhard Jüttemann und der Gruppe der PDS –
    Drucksache 13/3482 vom 31.01.1996 – 3616

    Telekom-Telefontarife 1996

    Antwort der Bundesregierung
    auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Gerhard Jüttemann und der Gruppe der PDS – Drucksache 13/3482 Telekom-Telefontarife 1996

    Der Vorsitzende des Verbandes der Postbenutzer, Wilhelm Hübner, hat die Telekom beschuldigt, dem Bundesministerium für Post und Telekommunikation 1994 vor der Entscheidung über die Reform der Telefongebühren »alte, falsche und unvollständige Zahlen« vorgelegt zu haben (Deutsche-Presse-Agentur vom 3. Januar 1996 um 21.30 Uhr). Die Telekom habe Zahlen aus 1991 eingereicht, die nicht auf 1994 hochgerechnet worden seien. In der »Tagesthemen« Sendung vom 2. Januar 1996 erklärte Wilhelm Hübner, Ortsgespräche hätten der Telekom schon vor der Tarifreform einen Kostenüberschuß von 40 Prozent gebracht. Er berief sich dabei ausschließlich auf von der Telekom übermittelte Zahlen. Telekom-Chef Ron Sommer sagte dagegen im »Talk im Turm« vom 7.Januar 1996, auch nach der Tarifreform werden im Ortsgesprächsbereich noch Milliardenverluste eingefahren.

    1. Kann ausgeschlossen werden, daß die Telekom der Bundesregierung 1994 alte, falsche oder unvollständige Zahlen vorgelegt hat (Bitte um Begründung der Antwort)?

      Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, daß der Tarifvertrag seinerzeit auf falschen oder unvollständigen Angaben der damaligen Deutschen Bundespost TELEKOM basiert.

    2. Welche Statistiken haben der Bundesregierung zur Entscheidung über die Tarifstrukturreform vorgelegen (Bitte um detaillierte Angaben)? Falls diese Statistiken nicht übermittelt werden können, warum nicht?

      Der Bundesregierung haben seinerzeit aktuelle betriebswirtschaftliche Daten sowie die ermittelte Nachfrage nach Telekommunikationsleistungen zur Beurteilung des Tarifniveaus vorgelegen. Eine Übermittlung des Datenmaterials ist aufgrund der heutigen wettbewerblichen Gegebenheiten nicht möglich.

    3. Wie erklärt sich die Bundesregierung die in der Einleitung beschriebenen unvereinbaren Angaben der Telekom und des Verbandes der Postbenutzer?

      Es trifft zu, daß zum damaligen Zeitpunkt im Ortsbereich eher eine Kostenüberdeckung zu verzeichnen war. Demgegenüber stand eine deutliche Kostenunterdeckung im Nahbereich, die nicht durch die Überschüsse im Ortsbereich ausgeglichen werden konnte. Insgesamt war daher der einheitlich tarifierte Orts/Nahbereich als kostenunterdeckend ausgewiesen.

    4. Wieviel Prozent aller Telefongespräche im Orts- und Nahbereich bleiben unter einer Dauer von 90 Sekunden?

      Nach Angaben der seinerzeitigen Deutschen Bundespost TELEKOM in dem der Strukturreform zugrundeliegenden Tarifantrag sind dies 51 %.

    5. Wieviel Prozent aller Telefongespräche aus privaten Haushalten im Orts- und Nahbereich bleiben unter einer Dauer von 90 Sekunden?

      53 % aller Telefongespräche aus privaten Haushalten im Orts- und Nahbereich bleiben nach Auskunft der Deutschen Telekom AG unter einer Dauer von 90 Sekunden.

    6. Wie setzen sich die Rechnungen der Privatkunden der Telekom durchschnittlich zusammen, welchen Anteil haben Orts- und Nahgespräche, welchen Anteil haben Ferngespräche?

      Nach Auskunft der Deutschen Telekom AG machen beim Privatkunden Telefonverbindungen im Citybereich (früher Orts/Nahverbindung) im Durchschnitt 77% des Gesprächsaufkommens aus und verursachen 36% der Gesprächskosten.

    7. Von welchem Zeitpunkt stammt die Statistik für die Antworten zu den Fragen 4, 5 und 6?

      Die Basis-Daten und Statistiken für die Hochrechnungen und Planungen stammen gemäß Stellungnahme der Deutschen Telekom AG aus den Jahren 1991 und 1992. Sie wurden 1995 erneut durch die Deutsche Telekom AG überprüft.

    8. Wie hoch ist derzeit die Verschuldung der Deutschen Telekom AG?

      Die Summe der Verbindlichkeiten beträgt 125 Mrd. DM im Jahre 1994 (Quelle: Geschäftsbericht Deutsche Telekom 1994).

    Die Antworten wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation vom 29. Januar 1996 übermittelt.



    Telekom: Parlament geht fremd

    Aus: Der Spiegel – 6/1996, 5. Februar 1996, Seite 16 (Panorama).

    Die Abgeordneten des Bundestages in Bonn werden der Telekom untreu und wechseln zur privaten Konkurrenz. Ende vergangenen Jahres hatte die Bundestagsverwaltung den gesamten innerdeutschen Telefonverkehr des Parlaments der privaten Gesellschaft WorldCom übertragen. Die US-Firma [Ed: ist das nicht eher eine Schweizer-Firma?] verspricht, die Telefonrechnungen seien künftig 20 bis 30 Prozent niedriger als die der Telekom. Die Telekom verlangte rund fünf Millionen Mark Gebühren pro Jahr für die Inlandsgespräche der Parlamentarier. In den nächsten Tagen wird die Telefonanlage des Bundestags so umgestellt, daß die Telekom nur noch bei Auslandsgesprächen (rund 2,5 Millionen Mark Gebühren pro Jahr) zum Zuge kommt.

    WorldCom nutzt dann eine Sonderregelung des Postministeriums [Ed: Und wo ist die Sonderregelung für die Privatkunden?]. Sie erlaubt, Leitungen der Telekom zu mieten und sie größeren Firmen als sogenannte Corporate Networks auf eigene Rechnung anzubieten. Der Bundestag ist nicht der einzige Großkunde, den die Staatsfirma verloren hat: "In den vergangenen vier Monaten", klagt Telekom-Chef Ron Sommer, "haben uns die Konkurrenten Firmenkunden mit einem Volumen von insgesamt rund 50 Millionen Mark abgeworben" [Ed: Und das müssen nun die kleinen Leute mit Wucherpreisen bei längeren Ortsgesprächen subventionieren, und sogar die SPD hat dazu "Ja" gesagt. –].

    Anm. des Ed.: Im internationalen UseNet (de.org.politik.spd) war dazu am 7. Februar 1996 zu lesen: "Die Post hat dazu verlauten lassen, sie wäre imstande gewesen, dem Bundestag ebenso gute Rabatte anzubieten, wenn man sie nur gelassen hätte. Nun dürften sie ja aber keine Großkundenrabatte anbieten, solange sie kein entsprechendes Konzept für Privatkunden anbieten, aber sonst, wie schon gesagt. [flame on] Sind jetzt eigentlich alle durchgeknallt? [flame off]."


    Parlament: Ungeheuer instinktlos

    Aus: ARD/ZDF-Videotext, 11. Februar 1996 – 16.08 Uhr, Tafel 141 (Wirtschaft).

    BONN: Bundestagspräsidentin Süssmuth (CDU) hat laut "Spiegel" der Telekom in Aussicht gestellt, den Vertrag mit dem Telefonanbieter WorldCom wieder zu kündigen. Dieser hatte günstigere Tarife geboten. Die Deutsche Post- gewerkschaft hatte das Vorhaben als "ungeheure Instinktlosigkeit" und als Anschlag gegen deutsche Arbeitsplätze kritisiert.



    Bötsch stärkt Telekom den Rücken

    Aus: Der Tagesspiegel, Berlin, 2. März 1996, Seite 15 (Wirtschaft).

    BONN (wei). Die Deutsche Telekom nützt nach Ansicht von Bundespostminister Wolfgang Bötsch ihre marktbeherrschende Stellung durch die geplanten Großkundentarife nicht mißbräuchlich aus. Das teilte Bötsch nach Informationen aus Regierungskreisen der EU-Kommission nun mit. Die Kommission hatte ihn zu einer Stellungnahme aufgefordert, nachdem die privaten Anbieter von Telekommunikationsdiensten in Brüssel vorstellig geworden waren. Sie werfen der Telekom vor, sie mit Preisnachlässen vom Markt zu verdrängen, die nicht kostendeckend sind.

    Über die Genehmigung der Rabatte will der Regulierungsrat am 11. März entscheiden. Die Vertreter von Bund und Ländern hatten den Telekom-Vorstand in der letzten Sitzung aufgefordert, auch Rabatte für Privatkunden zu gewähren. Bötsch hatte sich am Donnerstag abend mit dem Vorsitzenden des Regulierungsrates, dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Fischer, sowie Vertretern der Telekom und der großen privaten Anbieter, getroffen. Eine Annäherung der Standpunkte konnte dabei aber offenbar nicht erzielt werden. Die privaten Anbieter wollen deshalb an ihrer Klage in Brüssel festhalten.



    Pressemitteilung von Hans Martin Bury (MdB, SPD) und
    Dr. Peter Fischer (niedersächsischer Wirtschaftsminister, SPD)
    vom 11.3.1996 – 0491

    Postminister ist überfordert

    Zu den heutigen Tarifbeschlüssen des Regulierungsrates beim Bundesminister für Post und Telekommunikation erklären der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Post und Telekommunikation, Hans Martin Bury, und der niedersächsische Wirtschaftsminister Dr. Peter Fischer:

    Der Regulierungsrat hat in seiner heutigen Sitzung die von der Telekom AG vorgesehenen Rabatte für Geschäftskunden und für Privatkunden genehmigt.

    Die SPD hat den Bundespostminister scharf kritisiert und ihm vorgeworfen, mit seinen Regulierungsaufgaben offensichtlich überfordert zu sein. Bis zur heutigen Sitzung des Regulierungsrates ist es dem Bundespostminister nicht gelungen, Vorwürfe der Wettbewerber der Telekom zweifelsfrei auszuräumen, daß die Geschäftskundenrabatte der Telekom AG – die bereits seit August 1995 zur Genehmigung beim Bundespostminister vorliegen – zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für andere Anbieter führen würden. Auch der Auftrag des Regulierungsrates zu prüfen, ob den Betreibern von Mobilfunknetzen und Mietleitungskunden ein äquivalentes Angebot zu unterbreiten ist, wurde nicht aufgegriffen. Gleichwohl hat der Bundespostminister das Konzept zur Einführung von Geschäftskundenrabatten der Telekom AG genehmigt.

    Die SPD hält es für notwendig, daß sich die Telekom AG auf den einsetzenden Wettbewerb auch durch entsprechende Rabattgewährung vorbereiten und einstellen muß. Sie hat deshalb im Intersse der Wettbewerbsfähigkeit der Telekom AG die Geschäftskundenrabatte im Regulierungsrat nicht verhindert. Wir halten jedoch die zögerliche Arbeit des Bundespostministers für unakzeptabel. Den Vorschlägen zur Einführung von Rabatten für Privatkunden, die von der SPD im Regulierungsrat mehrfach mit Nachdruck gefordert wurden, haben wir zugestimmt. Die Maßnahmen zielen in die richtige Richtung und bringen insbesondere für alte Menschen, Behinderte und Familien, die besonders auf das Telefon angewiesen sind, im Nahbereich Entlastungen.

    Die SPD wiederholt jedoch ihre Kritik, daß die Tarifmaßnahmen im Privatbereich unübersichtlich und zu kompliziert sind. Nach unserer Auffassung wären klare, überschaubare und mutigere Regelungen, wie ein allgemeiner Mengenrabatt notwendig gewesen. Völlig unzureichend ist, daß bei dem bisherigen Tarifangebot die vom Regulierungsrat geforderten besonderen Tarife für Online-Dienste völlig unberücksichtigt geblieben sind. Auch der vom Regulierungsrat geforderte kostenlose Einzelgesprächsnachweis fehlt. Die SPD hat heute erneut im Regulierungsrat entsprechende Anträge gestellt, die unverständlicherweise von der CDU/CSU abgelehnt wurden.

    12.3.1996 (khd). Für die Leser, die es nicht gewohnt sind, (partei)politische Presseerklärungen zu lesen, sei gesagt: Genau in dieser Art schreibt eine Partei eine Presseerklärung wenn sie über den Tisch gezogen worden ist. Die SPD ist in dieser und der letzten Wahlperiode vom Wähler in die Opposition gewählt worden. Und wenn die SPD dann nicht in diesen Fragen wirklich Opposition betreibt und dabei die Interessen der kleinen Leute vertritt, dann darf sie auch in Presseerklärungen nicht über die böse böse CDU/CSU jammern und sich auch nicht über das negative Echo in der Bevölkerung wundern. Die SPD hätte sehr wohl die hanebüchenen Privatkundenrabatte (ich verweise auf meine Berechnungen) verhindern können. Warum hat sie es nicht getan?



    Presseerklärung von Jörg Tauss, MdB (SPD) vom 12.3.1996

    Stellungnahme Telekom-Gebühren

    Zu den Telekom-Gebühren erklärt der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss:

    Im Zusammenhang mit den Telekomgebühren werden unverändert Fragen gestellt. Deshalb überlasse ich zur Klarstellung die Ergebnisse einiger Berechnungen der Verteuerung von langen Ortsgesprächen (mind. 10 min, bei noch längeren Gesprächszeiten sieht die Rechnung noch ungünstiger aus) seit dem 1. Januar 96:

    Citytarif Mo – Fr Sa + So
    00 – 05 Uhr + 56,5 % + 56,5 %
    05 – 08 Uhr + 150,4 % + 150,4 %
    08 – 09 Uhr + 25,2 %
    09 – 18 Uhr + 108,7 %
    18 – 21 Uhr + 150,4 %
    21 – 24 Uhr + 56,5 % + 56,5 %

    Für Privatkunden sollen aufgrund des allgemeinen Protests gegen diese Telekomgebührenpolitik jetzt die "Spartarife" City-Plus bzw. City-Weekend eingeführt werden. Für City-Plus wird mit dem Argument geworben, daß dies um 50 % billiger als der Normaltarif sei. Tatsächlich kann diese Ersparnis nur unter theoretischen Extrembedingungen erzielt werden.

    In Mark und Pfennig ausgedrückt kann man abhängig von den Tarifzeiten, in denen man telefoniert, maximal einen Betrag zwischen DM 4,80 und DM 24,– (Einstiegs- und Ummeldegebühren noch nicht einmal eingerechnet) sparen – und zwar beschränkt auf fünf im voraus festzulegende Telefonnummern im Citybereich. Offenbar einziger Zweck der Maßnahme ist es, die Telekomkunden mittels schwer durchschaubarer Tarife unverändert über die wirkliche Belastung zu täuschen.

    Daraus folgt, daß diese "Spargebühren" das Problem der Online-Nutzer nicht lösen. Unverändert sind sie einer starken Belastung ausgesetzt. Die Senkung ist im Vergleich zu der vorangegangenen Gebührenerhöhung vernachlässigbar gering. Hierdurch wird bewußt in Kauf genommen, daß finanzschwache Bürgerinnen und Bürger oder auch Institutionen von modernen Kommunikationstechnologien ausgeschlossen werden. Selbst beim gewöhnlichen Telefonieren muß diese Gruppe schmerzhafte Einschnitte hinnehmen. Man kann davon ausgehen, daß die Telekom entgegen ihrer eigenen Werbung für den "Info-Highway" zu einem tatsächlichem Entgegenkommen nicht bereit ist; nachdem der Regulierungsrat der Privatkunden"entlastung" (ab 1997) bei gleichzeitiger (rückwirkender!) erheblicher Gebührensenkung für Großkunden zugestimmt hat, besteht aus ihrer Sicht wohl auch keine Notwendigkeit mehr dazu.

    Umfangreiche Darstellungen der Problematik mit detaillierten Rechnungen zum Thema finden sich im Internet (http://userpage.fu-berlin.de/~dittbern/Telekom/Offline.html ff ).
    Diese Unterlagen können bei Bedarf gerne zur Verfügung gestellt werden.



    Stellungnahme der CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages vom 15.3.1996 (Auszüge)

    Optionstarife der Telekom: City Plus – City Weekend

    Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Post und Telekommunikation Elmar Müller, MdB schreibt:

    (...) Bereits Ende vergangenen Jahres hatten wir die Telekom aufgefordert ein Rabattsystem für Privatkunden vorzulegen, da ansonsten die von ihr vorgeschlagenen Geschäftskundenrabatte nicht genehmigt werden könnten. Erst als dies in der Sitzung des Regulierungsrates vom 29.1.96 mit dem Hinweis auf noch immer fehlende Privatkundenrabatte tatsächlich nicht geschah, hat die Telekom nun in der Sitzung vom 11. März 1996 auch für Privatkunden ein Rabattsystem vorgestellt. Nach unserer Vorgabe sollte eine Entlastung für Vieltelefonierer im deutlich verteuerten Bereich der City Tarife erfolgen. Damit sollten Nachteile für besonders tagsüber auf Gespräche im Ortsbereich angewiesene Menschen ausgeglichen und das Problem der zum Teil erheblich verteuerten Nutzung von Online-Diensten entschärft werden.

    Mit "City Weekend" und "City Plus" hat der Kunde nun die Möglichkeit, je nach seinen individuellen Telefoniergewohnheiten, d. h. abhängig von Gesprächsdauer und Tarifzeit, bis zu 50% Kosten einzusparen. Der von der CDU/CSU-Fraktion unterstützte Vorschlag der bayerischen Landesregierung, die vorgelegten Optionstarife für Privatkunden zu vereinfachen und diese ab einer bestimmten Menge ohne vorherige Zahlung einer Pauschale von 24 DM automatisch in den Genuß der Rabatte kommen zu lassen, scheiterte leider knapp an der ablehnenden Haltung der SPD und einiger Länder.

    Gleichwohl scheinen die danach fast einstimmig gebilligten Optionstarife für Privatkunden ein guter Ansatz zu sein, Vieltelefonierer gezielt dort zu entlasten, wo nach der Tarifreform erheblich höhere Preise für längere Verbindungen zu zahlen sind. Zu recht gelten die Rabatte daher nur im City-Bereich und verbilligen Gespräche z. B. bei "City Plus" besonders zur teuersten Tarifzeit. Hier kann der Kunde für 24 DM pro Monat (Abrechnungszeitraum) 400 Einheiten erwerben, was tagsüber einer Verbilligung von bis zu 50% und etwa 17% im Freizeittarif entspricht. Im noch günstigeren Mondscheintarif gilt "City Plus" natürlich nicht. Die Gesprächszeit wird also von den 400 Einheiten nicht abgezogen. 5 Zielnummern können angegeben werden. Die Bereitstellung kostet einmalig 9 DM und beinhaltet einen Einzelverbindungsnachweis, für den sonst allein schon 19 DM zu zahlen wären. Die Änderung der Zielnummern kostet 5 DM. Nicht vertelefonierte Einheiten verfallen allerdings am Ende eines Abrechnungszeitraumes. Lohnend ist der Tarif daher erst ab einer Gesprächsdauer von 5-Std. monatlich im City-Bereich mit 5 festen Gesprächspartnern. Ab 400 Einheiten, d. h. nach 10 Std. gilt wieder der übliche Normaltarif. Dies erscheint zunächst merkwürdig, ist aber notwendig, damit eben nicht Großkunden zu Lasten der Privatkunden bis zu 50% (!) Rabatt für Tausende von Gesprächen nutzen können. Für Geschäftskunden beginnen Rabatte nämlich erst ab 5000 DM Umsatz mit einigen % Nachlaß. Der Tarif "City Weekend" wird für 9 DM bereitgestellt und kostet monatlich 5 DM. Damit kann an Wochenenden und Feiertagen zum Mondscheintarif, das heißt auch von 5–21 Uhr für 1,80 DM statt für 2,88 DM mit 5 ausgewählten Zielnummern telefoniert werden. Ab einer Gesprächsdauer von knapp 5 Stunden pro Monat an diesen Tagen spart der Kunde damit tagsüber ohne zeitliche Begrenzung durchschnittlich 37,5%.

    Die Optionstarife sollen im Dezember 1996, bzw. Januar 1997 eingeführt werden. Ab Juli 1996 wird die Telekom die notwendigen Betriebsversuche durchführen und die technischen Voraussetzungen für die fast flächendeckende Einführung für über 80% der Bevölkerung schaffen. Noch im Jahre 1997 sollen alle Kunden die Optionstarife nutzen können. Eine schnellere Einführung ist im Hinblick auf die nach unserer Kenntnis sehr wohl notwendige Digitalisierung der Vermittlungsstellen nicht möglich. Heute sind etwa 60% digitalisiert.

    Durch die beschriebenen Optionstarife wird auch ein Problembereich entschärft werden können, der bei Genehmigung der Tarifreform vor etwa zwei Jahren noch nicht erkannt werden konnte, nämlich die stark angestiegene Nutzung von Online-Diensten. Für die Akzeptanz und die zukünftigen Entwicklungs- möglichkeiten auch multimedialer Dienste spielt die Preisgestaltung bei der Datenübertragung eine wesentliche Rolle. Online-Nutzer, die auf werktägliche teure Verbindungszeiten angewiesen sind, können 600 Minuten verbilligt nutzen. Am Wochenende und Feiertags ist die Nutzungsdauer unbegrenzt bei einem Rabatt von fast 40%. Darüber hinaus werden ab 1.06.1996 die Grundpreise für ISDN-Anschlüsse gesenkt. Gleichzeitig wird das ursprünglich auf Ende März befristete ISDN-Förderprogramm um drei Monate verlängert. Schließlich werden sämtliche Zugänge zum T-Online-Netz auf analoge Übertragungs- geschwindigkeiten von bis zu 14.400 kBit/sec. aufgerüstet. Eine darüber hinausgehende Sonderbehandlung für eine bestimmte Nutzung der Netze erscheint uns im Hinblick auf andere Bürger, die ebenfalls auf Telekommunikationsverbindungen angewiesen sind, nicht gerechtfertigt. Eine Subventionierung von Netzsurfern zu Lasten andere Kunden kann es nicht geben.

    Die seit dem 1.01.96 in Kraft getretene Tarifreform beinhaltet eine insgesamt einnahme-neutrale Umstrukturierung, verbunden mit einer 5%igen Absenkung der Telefontarife zum 1.7.96. Damit sollte nicht nur eine gerechtere Verteilung der Kosten auf die Kunden, sondern auch, bei einer Gesamtbetrachtung der Dienstleistungen, eine Preissenkung erzielt werden. Dabei entfällt der größte Teil der Entlastungen notwendigerweise auf die Geschäftskunden und kommt damit unmittelbar der deutschen Wirtschaft zugute. Allein durch die Möglichkeit des zukünftigen Vorsteuerabzugs ergibt sich für diesen Kundenkreis ein Preisvorteil von 13 % und eine Entlastung von etwa 3 Mrd. DM. Dies kommt selbstverständlich mittelbar allen Bürgem zugute, da ein Beitrag zur Preisstabilität geleistet wird. Zudem wird es mit zunehmender Konkurrenz wichtiger für die Telekom, auch im Großkundenbereich wettbewerbsfähig zu bleiben, da nur so im Rahmen einer Mischkalkulation für alle Bürger günstige Tarife angeboten werden können.

    Ich bin der Auffassung, daß insgesamt die neuen seit Januar gültigen Tarife den Kunden mehr Gerechtigkeit bringen, da sie sich deutlich an den tatsächlichen Kosten orientieren. Wer höhere Kosten verursacht, muß diese auch selbst tragen und kann nicht erwarten, daß dies andere für ihn tun. Wenn wir nun alle unsere Telefoniergewohnheiten etwas verändern müssen, so bedeutet dies nichts anderes, als daß wir uns mehr als früher den tatsächlichen Kosten anpassen. Diese Tendenz wird gerade im Hinblick auf den zukünftigen Wettbewerb sicher noch zunehmen. Einige Dienstleistungen werden den Kosten entsprechend teurer werden, andere deutlich billiger. Im Durchschnitt werden wir für die Telekommunikation zukünftig weniger zahlen. Es wird insbesondere auch von zukünftigen Wettbewerbern zahlreiche individuelle Spar-Angebote geben. Mehr Auswahl bedeutet – ähnlich wie heute schon im Mobilfunk – mehr und kompliziertere Tarife. Dies ist aber der Preis, den wir alle zahlen müssen, wenn wir ohne Monopol zukünftig weniger zahlen wollen. Die Optionstarife der Telekom sind sicher nicht der letzte Schritt auf dem Weg zu marktgerechten Preisen. Sie bieten nicht für alle Kunden gleich große Vorteile. (...)




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