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Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 17 khd
Stand:  3.3.2000   (22. Ed.)  –  File: Spiegel/17.html




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  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (18. Teil).
  • 19.02.2000: Telekom und Kirch planen europäische Allianz. (d-Box)
  • 14.02.2000: AOL-Werbung: Die Leiden des Herrn Schmidt. (Kommentar)
  • 14.02.2000: AOL-Werbung: „Bitte, Herr Bundeskanzler!“.
  • 12.02.2000: Kabelsender stören den Flugverkehr.
  • 11.02.2000: Telekom-Flatrate: Alles nur ein Marketing-Gag?
  • 10.02.2000: AOL contra Telekom: Die Flatrate muss her.
  • 02.02.2000: Deutschlands wichtigstes Internet-Drehkreuz ist umgezogen. (DE-CIX)
  • 31.01.2000: Michael Dell über die Zukunft des PCs.
  • 31.01.2000: Telefon: Bei Anruf Mailbox. (Chaos bei Viag Interkom)
  • 17.01.2000: Internet: Die Online-Revolution.
  • 17.01.2000: TV-Kabel: Neue Pläne der Telekom.
  • 15.01.2000: Bertelsmann will Musikriesen kaufen – Trennung von AOL?
  • 11.01.2000: Dient "Information Warfare" dem Ausbau von Staatsmacht?
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (16. Teil).



    Dient "Information Warfare" dem Ausbau von Staatsmacht?

    Während die Bundesregierung noch beratschlagt, liegen in den USA schon mehrere Studien zur Kriegsführung mit Mitteln der Informationstechnik vor. Das Problem scheint erkannt, das Geld fließt. Die persönlichen Freiheiten eines jeden Einzelnen könnten weiter eingeschränkt werden.

    Aus:
    Spiegel Online – 11. Januar 2000, 14.31 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    "Binnen 48 Stunden können zehn Superhacker mit einem Budget von zehn Millionen Dollar die USA ruinieren", sagt Arnaud de Borchgrave. Borchgrave ist Autor einer Studie des "Center for Strategic and International Studies" (CSIS) in Washington D.C. Und er liebt diesen Satz.

    Borchgrave zitiert auch gerne den ehemaligen CIA-Direktor John Deutch. Der sagte im Juni 1996 vor dem US-Senat aus, es lägen Hinweise vor, dass Hacker gezielt von Staaten angeheuert werden. Ein "elektronisches Pearl Harbor" sei nicht ausgeschlossen. Kurz darauf richtete Bill Clinton eine Kommission zum Schutz kritischer Infrastrukturen ein: die PCCIP – die Presidential Commission on Critical Infrastructure Protection. Im Oktober 1997 wurden die Ergebnisse der Untersuchungen in einem 200-seitigen Bericht vorgestellt.

    Es geht um die Sicherheit, aber es geht vor allem um viel Geld. An der CSIS-Studie "Cybercrime, Cyberterrorism, Cyberwarfare – Averting An Electronic Waterloo" waren Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, des U. S. Secret Service, der US-Navy sowie Rüstungsfirmen wie Raytheon Systems Company beteiligt – das liest sich wie ein Auszug aus dem "Who's who" der US-Rüstungslobby.

    Mit Erfolg: Die CSIS-Studie aus dem Jahr 1998 sorgte neben dem Regierungsbericht dafür, dass sich die Investitionen für Forschung und Entwicklung verdoppelten. Mit 500 Millionen US-Dollar wurde 1998 doppelt so viel Geld zur Sicherung der IT-Infrastruktur ausgegeben wie noch im Jahr zuvor. Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen die Ausgaben sogar auf eine Milliarde US-Dollar erhöht werden.

    Auch in Deutschland hat die Diskussion um "Information Warfare" und "kritische Infrastrukturen" längst begonnen – und dehnt sich wie Kaugummi. Der Regierungsbericht zum Thema, 1997 als große Anfrage vom grünen Bundestagsabgeordneten Manuel Kiper auf den Weg gebracht, sollte bereits 1998 vorliegen – und wird seitdem immer wieder verschoben.

    Immerhin: Die Enquete-Kommission des Bundestags "Neue Medien" hatte sich mit dem Thema befasst und im Sommer 1998 in ihrem vierten Zwischenbericht eine erste Analyse der Bedrohung vorgelegt. Schon jetzt steht für die noch vom ehemaligen Innenminister Kanther eingesetzte Arbeitsgruppe "Kritis" fest: Herkömmliche nachrichtendienstliche Aufklärungsmethoden greifen nicht. Spuren eines Angriffs oder Eindringens lassen sich leicht verwischen. Frühwarnsysteme, die aus allgemein zugänglichen Informationen diejenigen herausfiltern, die auf einen Angriff hindeuten könnten, sind bislang nicht vorhanden. Schutz und Abwehr sind somit lückenhaft.

    Keine Frage: Nicht nur in den USA, sondern auch in Europa wurde den Verantwortlichen mit dem Heranrücken des Jahrtausendwechsels bewusst, wo die Gefahren des Informationszeitalters liegen könnten. Rein hypothetisch können Hacker, Terroristen, kriminelle Organisationen oder feindliche Staaten die Infrastrukturen von High-Tech-Ländern verletzen.

    Folgt man der Logik der Cyberwar-Apologeten, müssen kritische Infrastrukturen sicher gemacht und Verteidigungs- strategien überarbeitet werden. Das kostet Geld, viel Geld. Wayne Madsen der EPIC- Studie "Critical Infrastructure Protection and the Endangerment of Civil Liberties", weiß, dass "viele kommerzielle Interessen" involviert sind.

    Aber die Diskussion kommt nicht nur der Industrie, sondern auch der Politik gelegen. Madsen: "Das Verteidigungsministerium braucht nach dem kalten Krieg neue Feinde." Wenn nun in anderen Industriestaaten nicht nur die US-amerikanische Diskussion, sondern auch Strategien aufgegriffen werden, wird die US-Industrie auch ihre Lösungen exportieren können.

    Die EPIC-Studie, die als Antwort auf den PCCIP-Bericht und die CSIS-Studie verfasst wurde, zeigt die Gefahren dieses militärischen Denkens für die Zivilgesellschaft auf. Der PCCIP-Bericht tangiert alle empfindlichen Bereiche – von Datenschutz und Informationsfreiheit über Zensur, Internetüberwachung und Kryptografie bis hin zu den Vollmachten des FBI. "Fast jede Lösung, die von der Kommission vorgeschlagen wurde, bedeutet eine Erweiterung von Regierungsautorität und ein neues Eindringen in persönliche Freiheiten", stellt EPIC-Direktor Marc Rotenberg fest.

    Merkwürdigerweise, so Rotenberg, habe das PCCIP hingegen die Schäden vernachlässigt, die durch natürliche Katastrophen, Computerfehler und Verwundbarkeiten der Computernetzwerke ausgelöst werden können. Anders als bei hypothetischen Terroristen handle es sich hier jedoch um "sehr reale Bedrohungen". Man darf daher gespannt sein, welche Lösungsvorschläge der deutsche Bericht präsentiert.



    Bertelsmann will Musikriesen kaufen – Trennung von AOL?

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 15. Januar 2000, 11.06 Uhr zum Artikel "Wir müssen unabhängig bleiben" im SPIEGEL – 3/2000, 17. Januar 2000, Seite 94–95 (Wirtschaft).

    HAMBURG. Der Medienkonzern Bertelsmann will in den nächsten Monaten ein großes Musikunternehmen kaufen, das meldet das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL. Danach stehen Sony Music und EMI ganz oben auf der Kaufliste. "Ich will noch in diesem Jahr die Nummer eins im Musikgeschäft werden", sagt Vorstandschef Thomas Middelhoff. Bislang ist die Bertelsmann Music Group Nummer vier.

    Um nach dem Kauf des größten Konkurrenten Time Warner durch den Onlinedienst AOL im weltweiten Mediengeschäft mithalten zu können, möchte Bertelsmann künftig stärker investieren und mehr Bankkredite aufnehmen, heißt es im SPIEGEL. So soll die Konzernregel, wonach jede Investition 15 Prozent Rendite auf das eingesetzte Kapital bringen muss, abgeschafft werden. "Der Konzern ist jetzt entfesselt", zitiert das Blatt einen Topmanager.

    Laut dem Bericht habe AOL-Chef Steve Case zunächst seinem langjährigen Geschäftspartner Bertelsmann im Oktober 1999 eine Fusion angeboten, bei der das deutsche Unternehmen mit 70 Milliarden Mark bewertet worden sei. Der Eigentümer, die Bertelsmann-Stiftung, habe aber rundweg abgelehnt, da der Gütersloher Konzern unabhängig bleiben solle.

    Nun will Bertelsmann wohl seinen Anteil an AOL (0,7) Prozent verkaufen. "Eine Finanzbeteiligung ist schließlich kein Stammgeschäft, wir brauchen die nicht", sagte Middelhoff dem Magazin. Auch der Bertelsmann- Anteil an dem 50:50-Unternehmen AOL-Europe könne noch vor einem geplanten Börsengang verkauft werden, so DER SPIEGEL weiter, er sei allein über 20 Milliarden Mark wert. Telekom-Chef Ron Sommer habe bereits Interesse gezeigt.

    24.1.2000 (t-off). Also aus dem Kauf von EMI wird schon mal nichts. Denn EMI wurde Bertelsmann heute von Time Warner vor der Nase weggeschnappt. [mehr]



    TV-Kabel: Neue Pläne der Telekom

    Aus:
    Der Spiegel – 3/2000, 17. Januar 2000, Seite 89 (Trends).

    Der Milliardenpoker um den Verkauf des TV-Kabelnetzes der Deutschen Telekom könnte sich weiter verzögern. Grund sind die Pläne von Finanzminister Hans Eichel, wonach Gewinne aus Veräußerungen von Beteiligungsgesellschaften demnächst nicht mehr versteuert werden müssen. Ursprünglich hatte die Telekom geplant, bis Ende Januar die Kabelnetze in Nordrhein- Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz zu veräußern. Die sechs anderen Regionen sollten im Laufe des Jahres folgen.

    „Mit den neuen Steuerplänen“, so ein hochrangiger Telekom-Manager, habe sich jedoch „die Ausgangslage entscheidend verändert“. Würde die Telekom den Verkauf des mit mehr als 20 Milliarden Mark bewerteten Netzes auf einen Zeitpunkt nach In-Kraft-Treten des Gesetzes verschieben, so die Überlegung, könnte sie Steuern in Millardenhöhe sparen. Allerdings würde eine erneute Änderung der Zeitpläne Konkurrenten und Wettbewerbshüter auf den Plan rufen – sie argwöhnen seit langem, dass Telekom-Chef Ron Sommer den Verkauf bewusst verzögert, um sich lästige Wettbewerber vom Hals zu halten.

    Vergangene Woche wies Sommer seinen neuen Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick deshalb an, einen Ausweg zu suchen. Ziel: Die Verträge mit den Investoren sollen wie geplant Ende Januar geschlossen werden, und auch die Geschäftsführung soll auf die neuen Käufer übergehen. Die eigentliche Eigentumsübertragung soll dagegen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Ob die von der Telekom ins engere Bieterverfahren aufgenommenen Kabelgesellschaften Callahan (USA), Klesch (USA) und UPC (Niederlande) einen solchen Deal mitmachen, ist indes fraglich. Aber auch für den Fall eines Scheiterns hat die Telekom bereits eine Lösung parat: „Dann“, so ein Vorstand, „würden wir ernsthaft überlegen, das gesamte TV-Kabelgeschäft an die Börse zu bringen.“



    Internet: Die Online-Revolution

    Die geplante Mega-Fusion zwischen AOL und Time Warner markiert eine Zeitenwende: Die Ära der Internet-Wirtschaft hat begonnen. Es ist eine ganz neue Ökonomie mit eigenen Gesetzen und tief greifenden Folgen für alle [Ed: und Deutschland ist dafür wegen ungenügender Deregulierung des Datenverkehrs (Internet) miserabel gerüstet].

    In: Der Spiegel – 3/2000, 17. Januar 2000, Seite 92–101 (Wirtschaft).

    [Ed: Dieser SPIEGEL-Titel mit vielen Grafiken und Abbildungen ist (derzeit nur) im aktuellen Heft nachlesbar].



    Telefon: Bei Anruf Mailbox

    Chaos beim Mobilfunk-Anbieter Viag Interkom. Handys werden erst nach Wochen freigeschaltet, Rechnungen kommen mit monatelanger Verspätung, die Hotline ist überlastet.

    In:
    Der Spiegel – 5/2000, 31. Januar 2000, Seite 84–85 (Wirtschaft).

    Bis vor einigen Monaten war Stefan Schulze eher genervt, wenn ständig das Telefon klingelte – heute würde ihn das freuen: Zwischen 18 und 21 Uhr ist der Münchner zu Hause so gut wie nicht mehr zu erreichen. Sein Telefon bleibt stumm. Schulzes Freundin hört bei ihren Wählversuchen die Ansage „Vorübergehend nicht erreichbar“ oder landet auf der Mailbox. Auch Schulzes Rückruf-Versuche werden häufig brüsk zurückgewiesen: „Netz derzeit belegt“. Schulze sieht sich in die Frühphase des Fernsprechens zurückversetzt: „Meine einzige Alternative ist die Telefonzelle.“

    Dabei fühlte sich der Münchner im vergangenen Sommer als Pionier der Kommunikationsgesellschaft, als er bei Viag Interkom einen „Genion“- Vertrag unterzeichnete. „Einfach genial“ fand Schulze die neue Technologie, mit der das Münchner Unternehmen Funk- und Festnetz verbinden und die normale Telefonbuchse zu Hause überflüssig machen will. Ihn lockte die Aussicht, nur noch mit seinem Handy zu telefonieren – zu Hause zu günstigen Festnetz- Tarifen, außerhalb der sogenannten Homezone zu den teureren Mobilfunk- Gebühren. Laut Viag-Werbung („Tarife, die mitdenken“) „erkennt“ Genion automatisch, wo sich der Kunde gerade befindet.

    Wie die meisten der mittlerweile rund 100.000 Genion-Kunden kündigte Schulze seinem bisherigen Festnetz-Anbieter, der Deutschen Telekom. Und wie viele Genion-Geschädigte bereut er das inzwischen – denn der Weg zurück ist lang: Genion-Verträge haben eine Laufzeit von bis zu zwei Jahren. Nicht alle erwischte es so hart wie Schulze: Bei dem Berliner Frank Laurinat kommen zwar Verbindungen zu Stande, brechen aber regelmäßig nach rund 10 Minuten wieder zusammen. Christian Beckmann, der in einem Vorort von Münster wohnt, kann zwar ungestört telefonieren – weiß aber nicht, zu welchem Preis: Vom versprochenen Häuschen im Display, das den Hometarif anzeigen soll, fehlt in seinen vier Wänden jede Spur.


    „Im Augenblick systemtechnische Schwierigkeiten“

    Aus dem VIAG-Ausredenkatalog

    Dieses Problem hat die Bayreuther Studentin Sabine Kemmer nicht mehr: Seit sie mehrfach monierte, dass bei ihr statt des Festnetz- Symbols schon mal die Kennung des Viag- Netzpartners D1 auftaucht, blinkt das Homezone- Zeichen unentwegt – auch in der Bayreuther Innenstadt. Glücklich ist sie mit Genion dennoch nicht: Neben der häufig schlechten Sprachqualität stört sie vor allem, dass sie noch immer auf ihre erste Rechnung wartet – ein Problem, das sie mit vielen Viag-Kunden teilt. Der Dachdecker Karsten Fritsche erhielt seine erste Zahlungsaufforderung nach 6 Monaten. „Die kriegen es nicht auf die Reihe“, so Fritsche, „jeder Handwerksbetrieb wäre längst pleite.“

    Immer mehr Unzufriedene lassen ihrem Missmut freien Lauf: Im Internet kursieren hunderte von Beschimpfungen und Brandbriefen, ein spezielles Diskussionsforum zum Thema „Viag Genion“ (www.de.one-list.com/ community/viaggenion) hat seit dem vergangenen Sommer mehr als 1500 Einträge. Was man als Viag- Kunde brauche, schreibt dort ein frustrierter Surfer, seien „V-erdrussfestigkeit, I-dealismus, A-usdauer und G-algenhumor“.

    Betroffen vom Chaos bei dem jungen Münchner Telekom- Unternehmen, das seit dem 1. Oktober 1998 den Frühstartern D1, D2 und E-plus mit Billigtarifen Marktanteile streitig macht, sind neben den Genion- Nutzern auch die klassischen Mobilfunk- und Festnetz- Telefonierer. So warten Kunden wie die Hamburgerin Nina Grygoriew 6 Wochen lang darauf, dass ihre Handy-Karte freigeschaltet wird. Nun kann sie telefonieren, ihre SMS-Nachrichten und Mailbox- Mitteilungen kommen aber häufig mit stundenlanger Verspätung. Andere wie der Berliner Laurinat haben im Vertrag ausdrücklich angekreuzt, mit ihrer Nummer nirgends erscheinen zu wollen – in den Telefonbüchern und Auskunftsverzeichnissen stehen sie jetzt trotzdem.

    Das Telekom-Unternehmen hat auf die Kritik bisher kaum reagiert. Bei der Viag- Hotline, von Netzdiskutanten „coldline“ getauft, ist tagsüber nur schwer durchzukommen. Zudem hat das Personal, so jedenfalls die Erfahrung von Stefan Schulze, „häufig von Tuten und Blasen keine Ahnung“. Schulze muss es wissen: Er hat bei der Hotline mittlerweile mehr als 100 Einträge. Dabei sind die rund 800 Mitarbeiter der Servicenummer selbst nicht zu beneiden – sie kriegen den Ansturm von Anrufern nicht mehr in den Griff. Allein bei einem der drei Viag-Call-Center laufen täglich bis zu 10.000 Gespräche auf.

    Hilflose Hotliner empfehlen Anrufern deshalb schon mal, sich besser schriftlich an die Geschäftsleitung zu wenden. Das stieß dort offenbar auf wenig Gegenliebe: In einer internen Anweisung im Call-Center heißt es in holprigem Deutsch: „Bitte nimmt alle telefonisch eingehenden Anliegen und Beschwerden entgegen.“ Seine Standard- Entschuldigungen entnimmt das Call-Center- Personal einem gedruckten Gesprächsleitfaden. Bei „zugesagten, nicht eingehaltenen Gutschriften“, einer weiteren häufig auftauchenden Beschwerde, empfiehlt das Handbuch die Antwort: „Wir haben im Augenblick systemtechnische Schwierigkeiten.“

    Auch wer, wie der Schauspieler und Regisseur Michael Oenike, nach wochenlangem Ärger seinen Vertrag stornieren will, kommt nicht viel weiter: Mit „Bedauern“ teilte im „Kundenbetreuer“ Joachim Buchfeld mit, eine Stornierung sei „leider nicht möglich“. Als Oenike daraufhin mit seinem Anwalt drohte, bat Buchfeld um etwas Geduld, „da wir auf Ihr Anliegen ausführlich eingehen möchten“. Nach Wochen erhielt der Schauspieler dann einen weiteren Buchfeld-Brief – wortgleich mit dem ersten Schreiben.


    „Viag Interkom steht wohl grundsätzlich mit ihrer Technik auf Kriegsfuß.“

    Richardt Q.
    am 1.7.1999 im UseNet

    Täglich bemühen sich Viag-Kunden vergebens, Kundenbetreuer Buchfeld, der offenbar hunderte von Beschwichtigungsbriefen schreibt, ans Telefon zu bekommen. Sie haben keine Chance: Denn Buchfeld gibt es gar nicht. Der Mann mit der schwungvollen Unterschrift ist ein Pseudonym, ausgedacht vom Viag- Management.

    Bei Viag Interkom will Hans-Burghardt Ziermann, Geschäftsführer und zuständig für das Privatkunden- Geschäft, „Schwierigkeiten gar nicht bestreiten“. Es handle sich um Pannen, sagt er, die einzeln leicht zu beheben wären – „schwierig wird es, wenn sie massenhaft auftreten“ [Ed: und warum treten sie massenhaft auf? Womöglich sind nun noch die Kunden schuld]. Trotz des „Rückstaus“ bei den Rechnungen und „mangelnder Rechnerkapazitäten“ will Ziermann, von der "Welt am Sonntag" noch im Dezember zum „Manager des Jahres“ gewählt, die Viag- Angebote weiter bewerben: „Wir werden da jetzt nicht den Druck rausnehmen.“ Bis Februar seien neue Rechner installiert und alle „Kinderkrankheiten“ bereinigt, verspricht er.

    Manche Kritik findet der Manager auch schlicht ungerecht: „Wir haben nie behauptet, Genion sein ein gleichwertiger Festnetz-Ersatz.“ In der Viag-Werbung las sich das bislang ganz anders: „Das Genion-Handy“, hieß es da, „kann das Festnetz-Telefon ersetzen oder ergänzen.“



    HighTech: „Vieles wird zerschlagen“

    Der Online-Pionier Michael Dell über die Zukunft des Personalcomputers

    In: Der Spiegel – 5/2000, 31. Januar 2000, Seite 86–87 (Wirtschaft). Interview: MATHIAS MÜLLER VON BLUMENCRON und RAFAELA VON BREDOW. [Original]

    SPIEGEL: Herr Dell, Handys und elektronische Adressbücher werden immer ausgefeilter und eleganter. Experten sagen voraus, dass sie schon bald den PC verdrängen werden. Neigt sich Ihre Erfolgsstory dem Ende zu?

    Dell: Ich hoffe, dass unsere Konkurrenten diesen Unsinn glauben, denn dann haben wir bald den ganzen Markt für uns.

    SPIEGEL: Schon heute können Taschencomputer fast so viel wie ein PC. Was sollen die Leute da noch mit einem klobigen Kasten auf ihrem Schreibtisch?

    Dell: Diese Geräte sind Ergänzungen zum PC. Gucken Sie sich doch mal deren Bildschirme an. Die sind winzig, da passen kaum Daten drauf. Das populärste Taschengerät ist der Palm Pilot. Der größte Knopf darauf ist jener, der Ihnen erlaubt, Daten mit Ihrem PC daheim abzugleichen. Palm Pilots, Telefone und ähnliche Geräte werden also den PC nie ersetzen, sondern ihn ergänzen. Sie werden die Sucht der Menschen nach Information noch steigern. Deshalb wird sich auch die Nachfrage nach PC noch erhöhen.

    SPIEGEL: Viele, die noch keinen Computer haben, wollen nur ein Gerät, mit dem sie im Internet umherwandeln können. Ihnen genügt ein Web-Fernseher oder ein Web-Handy.

    Dell: Das klingt ja alles ganz gut, so wie künstliche Intelligenz auch einmal ganz aufregend klang. Aber kaum eines dieser tollen Geräte gibt es schon auf dem Markt. Ich finde es interessant, dass trotzdem jede Menge Aufsehen darum entfacht wird. Wenn Sie heute ins Internet wollen, dann nutzen Sie gemeinhin einen PC. Fernseher jedenfalls sind kein Ersatz dafür.

    SPIEGEL: Warum nicht?

    Dell: Web-Fernseher geben Ihnen ein TV-Erlebnis und dazu ein bisschen Internet. Damit spielen Sie eine Weile auf der Wohnzimmercouch herum. Aber die Leute, die sich einen Web-Fernseher kaufen, haben in der Regel auf ihrem Schreibtisch auch einen PC, mit dem sie ernsthaftere Aufgaben erledigen. Kaum jemand wird am Fernseher seine Aktien handeln oder ernsthaft Informationen recherchieren.

    SPIEGEL: Scott McNealy, Chef der Software-Firma Sun, sagt voraus, dass in zwei Jahren 50 Prozent der Menschen das Netz nicht mehr durch einen PC ansteuern, sondern durch neue tragbare Geräte.

    Dell: Natürlich wird es neue Geräte geben, aber nicht so, wie sich McNealy das vorstellt. Der will nämlich dafür Programme verkaufen und hat deshalb ein gewisses Interesse daran, dass seine Vorhersagen eintreten ...

    SPIEGEL: ... so wie Sie weiter PC verkaufen wollen.

    Dell: Das ist wahr. Aber in diesem Fall habe ich Recht. Und was noch wichtiger ist: Die meisten scheinen mir zuzustimmen. Während alle über den Tod des PC reden, stieg der Verkauf weltweit gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent. Sehen Sie sich heute mal auf dem Campus einer amerikanischen Universität um. Die Studenten sind alle mit superschnellen Modems ans Internet angeschlossen. Sie nutzen den PC als Stereoanlage, um Videos abzurufen, als Unterhaltungszentrum, und zwar immer mehr. Das mag nicht die Vision von Herrn McNealy sein, aber das ist, was draußen in der Welt passiert.

    SPIEGEL: Wie lange werden wir noch PC haben?

    Dell: Noch viele, viele Jahre. Es ist ein Wachstumsmarkt, der weit davon entfernt ist, gesättigt zu sein. Es gibt selbst in den USA Millionen, die noch keinen PC haben. Europa ist größer als Amerika, hat aber nur halb so viele Computer. Ist das so, weil die Europäer alle in den Web-Fernseher gucken? Natürlich nicht. Außerdem sind PC Geräte, die Sie immer mal wieder erneuern müssen. Die Leute wollen zum Beispiel immer schneller ins Internet. Es gibt immer mehr Kabelmodems, ISDN-Leitungen, Satellitenanschlüsse. Wenn Sie so etwas im Haus haben, geben Sie sich nicht mehr mit Ihrer alten Kiste ab, dann wollen Sie einen schnelleren PC, ein feines Gerät nach dem neuesten Stand der Technik.

    SPIEGEL: Dennoch werden Computer immer billiger. Es gibt sogar schon Online-Firmen, die Ihnen den Computer umsonst hinstellen, wenn Sie nur ihren Service abonnieren. Wie wollen Sie da auf Dauer Geld verdienen?

    Dell: Sehen Sie sich unsere Bilanz an. Unsere Gewinne haben sich hervorragend entwickelt. Ich sehe nicht, dass der Computer zu einem billigen Haushaltsartikel verkommt. Natürlich werden sich Leute billige Computer kaufen, besonders wenn sie noch nie einen hatten. Aber sobald sie ein bisschen Erfahrung gesammelt haben, wollen sie was Besseres, und das wird es nicht umsonst geben. Es ist wie beim Autokauf. Wenn Sie noch nie eines hatten, wissen Sie auch nicht, wie gut ein Mercedes ist. Wenn Sie aber eine Zeit lang mit einer Klapperkiste durch die Gegend gekurvt sind, wollen Sie rasch ein besseres haben.

    SPIEGEL: Sie verkaufen fast die Hälfte Ihrer Computer übers Internet. Doch insgesamt wird E-Commerce in fünf Jahren nur gut sechs Prozent der Gesamtwirtschaft ausmachen. Ist die Aufregung über den elektronischen Handel nicht arg übertrieben?

    Dell: Das Internet bringt die größte Veränderung für unser Geschäft, die ich je erlebt habe. Es reduziert die Kosten ganz dramatisch, und für jeden, der das erkennt und ausnutzt, bedeutet das einen riesigen Vorteil im Markt. Vieles, was sich festgefahren hat, wird plötzlich zerschlagen, es bringt Bedrohung und Chance zugleich.

    SPIEGEL: Kann eine Firma ohne Online-Strategie noch überleben?

    Dell: Auf Dauer nicht. Das Internet gibt den Kunden einen nie da gewesenen Überblick über Leistungen und Preise. Das heißt nicht, dass es keine traditionellen Geschäfte mehr geben wird. Sie werden es nur schwerer haben, weil die Konsumenten besser informiert sind. Sie kennen die günstigsten Angebote im ganzen Land und lassen sich nicht mehr so einfach über den Tisch ziehen.

    SPIEGEL: Investment-Banker sagen voraus, dass drei Viertel der neuen Internet-Firmen die nächsten fünf Jahre nicht überleben werden.

    Dell: Wahrscheinlich werden sogar noch mehr verschwinden. Aber so etwas passiert bei jeder Geschäftsrevolution. 95 Prozent der Firmen, die am Anfang die Entwicklung vorantrieben, gibt's zehn Jahre später nicht mehr. Sie werden übernommen oder gehen Pleite. So ist das nun mal. Das wird aber die Wucht des Internet nicht abschwächen.

    SPIEGEL: Wie werden sich Firmen in der Online-Wirtschaft ändern?

    Dell: Es ist nicht damit getan, einfach nur irgendwelche Produkte online zu verkaufen. Das ganze Unternehmen wird sich ändern. Per Internet können Firmen viel besser mit ihren Lieferanten und Händlern zusammenarbeiten. Die Kommunikation verbessert sich, und dazu kostet es noch nicht einmal etwas. Sie können neue Produkte schneller entwickeln, flexibler bestellen und ihre teuren Lager abbauen. Sie haben also mehr Geld über. Sie können auch viel mehr Aufgaben nach außen abgeben, von Spezialisten außer Haus erledigen lassen. Wir haben in 16 Jahren eine Firma mit 33.000 Mitarbeitern und 24 Milliarden Dollar Umsatz aufgebaut. Das hätte nie geklappt, wenn wir wie eine traditionelle Firma gearbeitet und alles allein versucht hätten.

    SPIEGEL: Was bedeutet das für die Mitarbeiter?

    Dell: Die ganze Firma wird schneller werden. Das funktioniert aber nur, wenn alle mitmachen. Die Manager müssen ihren Leuten klarmachen, dass ständiger Wandel etwas Gutes ist.

    SPIEGEL: Wird sich das Internet-Geschäft in Deutschland ähnlich durchsetzen wie in den USA?

    Dell: Ich sehe keinen Grund, warum nicht. Sie brauchen allerdings eine Kultur, die mehr Scheitern akzeptiert. Denn wenn es viele neue Firmen gibt, gibt es auch viele, die scheitern. Wenn die Kultur das nicht akzeptiert, wird es auch nicht so viel Kreativität, so viele Experimente wie in Amerika geben. Das ist vielleicht die größte Herausforderung.



    Das Herz schlägt jetzt im Osten

    Deutschlands wichtigstes Internet-Drehkreuz ist umgezogen. Neue Räume und dicke Glasfaserleitungen sollen helfen, dem Stau auf der Datenautobahn Herr zu werden.

    Aus:
    Spiegel Online – 2. Februar 2000, 14.52 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    FRANKFURT/MAIN. Das Internet in Deutschland hat ein neues Zentrum: Ein unscheinbares Gewerbegebäude in Frankfurt am Main ist seit Mittwoch der wichtigste Umschlagplatz für den elektronischen Datenverkehr. Dort sind täglich mehrere Terabytes, also Billionen von Bytes, an Daten zu bewältigen.

    Der Austauschknoten bündelt nach Schätzungen des Verbands der deutschen Internet-Wirtschaft 85 Prozent des gesamten Internet- Datenverkehrs in Deutschland. Wenig überraschend, sind im Electronic Commerce Forum (eco), dem Betreiber des Knotens, doch fast alle deutschen Provider zusammengeschlossen – nur die Deutsche Telekom unterhält ihre eigene technische Infrastruktur.

    Das Herz des deutschen Internet – "Deutscher Commercial Internet Exchange", kurz DE-CIX genannt – befindet sich bereits seit 1995 in der Mainmetropole. Angesichts des rasant anwachsenden Datenvolumens und der steigenden Zahl an eco-Mitglieder wurden die alten Räumlichkeiten allerdings zu klein. "Frankfurt ist zu einem Datendrehkreuz geworden, wie es der Flughafen für den Luftverkehr ist", sagt eco-Geschäftsführer Harald Summa.

    Der Austauschknoten ist jetzt vom Westen in den Osten der Stadt gezogen, wo Fläche und eine neue Gigabit-Technologie zur Verfügung stehen: Vor dem DE-CIX-Gebäude wurden vor wenigen Monaten noch dicke Glasfaserstränge verlegt, über die die Datenmassen zu den Internet-Dienstleistern in Deutschland und von dort zu den Kunden geleitet werden [Ed: Bandbreite derzeit 1 Gigabit pro Sekunde, Ausbau bis 2003 auf 300 Gigabit pro Sekunde vorgesehen].

    Angeschlossen sind etwa 60 der 180 eco-Mitglieder. Jeder Provider hat in Frankfurt ein Endgerät stehen, das mit dem neuen Router des DE-CIX verbunden ist. Der wiederum stellt die Weichen zu den anderen Netzen. "Unsere alten Räume waren zu klein geworden, weil immer mehr Provider ihren Kasten aufstellten", sagt Summa. Jetzt stehen den Providern rund 1000 Quadratmeter für ihre Geräte zur Verfügung.

    "Fast jede Information, die über das Internet innerhalb Deutschlands verschickt wird, geht zuerst nach Frankfurt", sagt Summa. "Dort wird sie dann verteilt." Ohne den DE-CIX müsste zum Beispiel eine E-Mail, die von Offenbach nach Hanau gesendet wird, einen langen Weg zurücklegen: Sie würde, bevor sie ihr Ziel erreichen kann, erst zum Knoten nach London, wenn nicht sogar in die USA geschickt. "Ein leistungsfähiger Knoten hat für den Nutzer erhebliche Vorteile", meint Summa. "Der Verkehr wird nicht nur schneller, sondern auch billiger."

    "Dafür, dass der DE-CIX permanent läuft, sorgt in den neuen Räumen ein ausgeklügeltes Betreuungskonzept", sagt Gerd Simon, Geschäftsführer der Firma InterXion in Frankfurt. InterXion managt die technischen Einrichtungen, die für den hochmodernen Dauerbetrieb notwendig sind. Im Vordergrund steht dabei die Sicherheit, denn schließlich ist der Knoten laut Simon "ein Eckpfeiler der deutschen Internet-Wirtschaft". Zum Sicherheitskonzept gehören unter anderem ein Notstromdiesel und ein Zugangsschutz zum Gebäude.

    Die Internet-Surfer werden von dem Umzug und der technischen Aufrüstung nichts bemerken. Ohne den Ausbau wären allerdings schon bald Kapazitätsgrenzen spürbar geworden. "Der Umzug bildet die Grundlage für den nächsten Technologiesprung", sagt Summa.

    Das Internet wächst und wächst, aber zumindest die prognostizierten Kapazitäts-Steigerungen der nächsten drei Jahre werde der neue, größere Router des DE-CIX bewältigen können. Wie es danach weitergeht, kann in der schnelllebigen Branche aber noch niemand sagen.



    AOL contra Telekom: Die Flatrate muss her

    Bis zu 400.000 neue Arbeitsplätze könnten in Deutschland rund um das Internet entstehen – wenn das Netz zu einem günstigen Pauschaltarif erreichbar wäre.

    Aus:
    Spiegel Online – 10. Februar 2000, 21.23 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG. Zu diesem Ergebnis kommt eine jetzt veröffentlichte Studie der Universität Potsdam, die vom Online- Dienst AOL Europe in Auftrag gegeben wurde. Voraussetzung für den Wachstumsschub sei ausschließlich die Einführung eines zeitlich unbeschränkten Internet-Zugangs zum Festpreis, der so genannten Flatrate.

    Bei den führenden Online-Diensten in Deutschland, T-Online und AOL, fallen neben Pauschaltarifen für die Onlinenutzung noch immer zeitabhängige Telefongebühren von bis zu 3,9 Pfennig pro Minute an [Ed: sogar bis zu 8 Pf/Min für Nutzer anderer Internet-Provider]. Andere Provider wie Mannesmann Arcor bieten zwar bereits Pauschaltarife für Internetsurfer an. Allerdings liegen hier die Preise mit 149 Mark im Monat deutlich über den Kosten, die etwa in den USA für einen zeitlich unbefristeten Online-Zugang anfallen. AOL und andere Internet-Anbieter machen die Tarif-Politik der Deutschen Telekom dafür verantwortlich, dass bislang keine preisgünstige Flatrate angeboten werden kann.

    Die Studie, die von Professor Paul Welfens geleitet wurde, kommt zum Ergebnis, dass die "Internet-Nutzung in Deutschland bei Haushalten und Unternehmen deutlich unterhalb des Optimums" bleibe. In allen OECD-Ländern zeige sich ein "deutlich negativer Zusammenhang: Je höher die Netzpreise – desto geringer die Internet-Nutzung", heißt es in dem Gutachten.

    Im internationalen Vergleich von zehn EU-Ländern sei Deutschland in den Abend- und Nachstunden hinter Spanien am zweitteuersten. Sollte die Flatrate kommen, könne durch um 20 bis 50 Prozent reduzierte Telefongebühren allein das Bruttoinlandsprodukt um 0,5 Prozent oder 19 Milliarden Mark steigen. Der reine Beschäftigungseffekt würde sich auf bis zu 400.000 Arbeitsplätze belaufen.

    "Das Internet kann Deutschland ein zweites Wirtschaftswunder bescheren und schon kurzfristig zu einem radikalen Abbau der Arbeitslosigkeit führen", sagte der Chef von AOL-Europe, Andreas Schmidt. Deutschland habe die einmalige Chance auf eine europaweite Spitzenposition in der Informationsgesellschaft. "Das Internet ist die Jobmaschine der Zukunft."

    Schmidt forderte die Bundesregierung als Mehrheitsaktionär der Deutschen Telekom auf, jetzt zügig die letzten Hindernisse für eine breite Nutzung des Internet aus dem Weg zu räumen. "Wir brauchen in Deutschland eine Flatrate - einen Pauschalpreis für den Zugang zum Internet."

    Die Deutsche Telekom hatte am Mittwoch bestätigt, dass sie an der Einführung eines eingeschränkten Pauschaltarifs für Internet-Nutzer arbeitet. Dabei will die Telekom allerdings nur den langsamen ISDN-Datenkanal D nutzen, um den Rechner mit dem Internet zu verbinden. Dieser Plan stößt bereits auf scharfe Kritik, unter anderem bei der Verbraucherinitiative "Internet ohne Taktung" (IoT). "Wenn die Telekom ihre derzeitigen Pläne verwirklicht, gibt es keinen echten Pauschaltarif, sondern eine Mogelpackung auf veraltetem technischen Niveau", rügte der Sprecher von IoT, Philipp Sudholt. [mehr]



    Telekom-Flatrate: Alles nur ein Marketing-Gag?

    Ein "Schritt in die richtige Richtung" ist für Flatrate-Fans die Telekom-Ankündigung, einen Pauschalpreis bei T-Online einzuführen. Ob der Ex-Monopolist die Flatrate wirklich will, steht auf einem anderen Blatt.

    Aus:
    Spiegel Online – 11. Februar 2000, 20.13 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG. Die Ankündigung klingt viel versprechend: Alle T-Online- Kunden sollen, sofern sie wollen, schon bald zum monatlichen Pauschalpreis im Internet surfen können. Wie Telekom-Chef Ron Sommer in Berlin bekannt gab, wird die "Full Flat Rate" weniger als 100 Mark kosten und noch in der ersten Jahreshälfte eingeführt.

    Ein wenig überraschend kommt das schon, hatte der Ex-Monopolist bislang doch meist argumentiert, ein Pauschalzugang sei technisch und finanziell nicht machbar. Flatrate-Verfechter wie die Initiative "Internet ohne Taktung" (IoT) begrüßen den Verstoß daher auch als "Schritt in die richtige Richtung" und als Zeichen für die technische Machbarkeit.

    Ansonsten sind sie aber eher skeptisch, denn die Flatrate soll zunächst wohl nur für die Telekom-Tochter T-Online gelten. Ob der rosa Riese dieses Vorhaben durchhalten kann, bezweifeln seine Kritiker. Denn die "Full Flat Rate" werde, so IoT-Sprecher Philipp Sudholt, erst bei gleichzeitiger Änderung der so genannten Interconnection-Gebühren genehmigungsfähig.

    Bislang ist die "letzte Meile", das Telefonnetz zwischen den Hausanschlüssen und den Vermittlungsstellen, noch fest in der Hand der Telekom. Um einen Internet- Zugang anbieten zu können, müssen deren Konkurrenten tief in die Tasche greifen. Rund zwei Pfennig pro Minute kassiert die Telekom an Interconnection- Gebühren.

    "Das Ortsnetzmonopol der Telekom behindert die Einführung einer Flatrate", sagt daher auch AOL-Sprecher Frank Sarfeld. Der Onlinedienst, größter Konkurrent von T-Online, "geht jedoch davon aus", dass die heute "in groben Umrissen" angekündigten Telekom-Tarifmodelle, nicht nur für T-Online-Kunden gelten.

    Eines ist jetzt schon klar: Sollte die Telekom das anders sehen, sind Konflikte programmiert. Sudholt zieht für einen derartigen Fall das Telekommunikationsgesetz heran. Darin sei ein "diskriminierungsfreier Zugang" sichergestellt. Folglich müsse jeder Konkurrent die Möglichkeit haben, einen vergleichbaren Tarif anzubieten. "Schafft Ron Sommer diese Voraussetzungen nicht, muss die Regulierungsbehörde diesen Tarif verbieten", sagt Sudhoff.

    Vielleicht sei es ja gerade das, was Sommer wolle, spekuliert der IoT-Sprecher: "Die Telekom könne sich dann einmal mehr in die Argumentation flüchten, sie wolle zwar, dürfe aber nicht."



    Kabelsender stören den Flugverkehr

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 12. Februar 2000, 11.29 Uhr zum Artikel "Kabel-TV: Aus für Störsender" im SPIEGEL – 7/2000, 14. Februar 2000, Seite 17 (Panorama).

    HAMBURG. Im deutschen Kabelfernsehen werden die Kanäle knapp – bis zu drei müssen wahrscheinlich stillgelegt werden. Dadurch fallen nach einem Bericht des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL in einzelnen Regionen kleine Privatsender wie Super RTL, TM 3 und Hot aus dem Kabel. Grund dafür sind Gefahren für die Sicherheit im Flugverkehr und bei Rettungseinsätzen. Immer wieder war es – angeblich wegen des Kabel-TV – zu Störfällen gekommen, zuletzt im Dezember bei einem Flug von Maastricht nach Düsseldorf. Die Piloten hatten zeitweise keinen Funkkontakt, und auch die Navigation war gestört.

    Nach Auffassung des Bundesverkehrsministeriums, der Deutschen Flugsicherung und der Vereinigung Cockpit sind zahlreiche dieser Störungen auf schlecht verlegte und unzureichend abgeschirmte TV-Kabel in Wohnhäusern zurückzuführen. Die dort eingespeisten Fernsehsignale treten aus und stören den Funkbetrieb, der auf den gleichen Frequenzen wie das Kabelfernsehen läuft. Vergangene Woche kamen die Vertreter der Kabelnetzfirmen, der Fernsehsender und der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zu dem Schluss, dass wohl nicht alle TV-Sender im Kabel zu halten seien.

    "Wir kommen wahrscheinlich nicht ganz ohne Abschaltung aus", bestätigt Thomas Hirschle, Präsident der baden-württembergischen Landesanstalt für Kommunikation. Es gebe nun mal "punktuelle Störungen" und eine "gewisse Beeinträchtigung der Funk-Nutzung", so der Medienaufseher. Zudem sollen künftig die Frequenzbereiche neu geordnet werden und der Flugverkehr seine bisherigen Reservefrequenzen nutzen.

    Bereits 1998 hatte die Regulierungsbehörde bei einer Studie in Hannover festgestellt, dass 60 Prozent der untersuchten TV-Kabelhaushalte deutliche Störsignale aussandten. Die brisante Expertise blieb jedoch unbeachtet. In der zweiten Jahreshälfte 1999 orteten die Kontrolleure dann im Umfeld von Berliner Flughäfen 100 strahlende Häuser. Vieles werde hochgespielt und dramatisiert, erklärt dagegen die Deutsche Telekom zu der Debatte. Es sei etwa nicht restlos geklärt, dass Fernsehkabel tatsächlich die Ursache für Störungen des Flugverkehrs seien. Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt ließ bereits im Bundesrat eine Verordnung beraten, nach der die Regulierungsbehörde künftig bis zu 28 Fernsehkanäle eigenhändig wegen potenzieller Gefahren sperren könnte.



    AOL-Werbung: „Bitte, Herr Bundeskanzler!“

    Wenn die Ängste so groß sind wie die Anzeigen, müssen sie gewaltig sein. In ganzseitigen Zeitungsannoncen appelliert der Online-Dienst AOL Europe an Gerhard Schröder, den "Monopolstrukturen der Telekom" Einhalt zu gebieten.

    Aus: Spiegel Online – 14. Februar 2000, 21.17 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG. Die Werbung klingt pathetisch: "Sie sind angetreten mit einer neuen Politik für eine neue Zeit", schreibt AOL-Europe-Chef Andreas Schmidt in einem offenen Brief an Bundeskanzler Schröder. Und: "Sie haben den epochalen Wandel von der Industrie- zur Informations- und Wissensgesellschaft energisch eingeleitet."


    „Lieber Onkel Bundeskanzler, bitte mach', dass die böse Telekom uns ebenfalls tolle Konditionen einräumt.“

    Auch wenn es AOL Europe etwas anders formuliert, der offene Brief des Online- Dienstes verursacht bei vielen Beobachtern Kopfschütteln.

    Der Brief, als ganzseitige Anzeige zunächst in der "Welt am Sonntag" erschienen, hat inzwischen weite Kreise gezogen. Wie AOL-Europe-Sprecher Frank Sarfeld mitteilte, wurde das Schreiben ("Danke, Herr Bundeskanzler! Bitte, Herr Bundeskanzler!") am Montag in "allen großen deutschen Tageszeitungen" veröffentlicht.

    Offensichtlich bekommt AOL Europe kalte Füße: Nachdem die Telekom am Freitag angekündigt hatte, bei ihrer Tochter T-Online einen Pauschaltarif einzuführen, ist noch unklar, ob auch andere Provider von den neuen Konditionen profitieren können. Sollte sich die Telekom dagegen sperren und die Regulierungsbehörde kein Veto einlegen, könnte AOL Europe schwer in Bedrängnis kommen.

    Entsprechend ist der offene Brief formuliert: Neben dem Dank, dass Schröder ein "neues Wirtschaftswunder" möglich mache und die "letzen Barrieren und Hemmnisse für eine breite Nutzung des Internets" einreiße, enthält der auch eine "Bitte" – eine Bitte nach "fairem Wettbewerb".

    So schreibt Schmidt: "Unser Land hört mit Freude, dass die Deutsche Telekom die Zeichen der Zeit erkennt und den Zugang zum Internet erleichtern will." Im Zeichen der Globalisierung hätten Monopole "keinen Platz und keine Zukunft". Deshalb dürften sich die "Monopolstrukturen der Telekom" im Internetmarkt keinesfalls fortpflanzen. [mehr]



    Die Leiden des Herrn Schmidt

    Seit Jahren schon versuchen AOL Europe und sein Chef Andreas Schmidt dem Konkurrenten T-Online hier zu Lande den Rang als Branchenprimus der Online-Dienste abzulaufen – bislang ohne Erfolg. Mit dem Marketing-Gag des Kanzler-Briefs hat sich AOL Europe nun ein starkes Stück geleistet.

    Aus:
    Spiegel Online – 14. Februar 2000, 21.23 Uhr (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG. Was haben die beiden Unternehmen nicht schon alles gegeneinander ins Feld geführt. Da gab es Werbekampagnen, Klagen und Gegenklagen, Preiskämpfe und CD-Überschwemmungen mit Einstiegs-Software in den einschlägigen Blättern. Und immer hatte T-Online die Nase vorn. Jetzt versichert sich AOL-Europe-Chef Schmidt mächtiger Unterstützung – zumindest auf dem Papier.

    Ob das dem oft gescholtenen Medienkanzler Schröder passt, instrumentalisiert zu werden, steht auf einem anderen Blatt. Dass ein Unternehmenschef persönlich den Regierungschef auf dem Weg ganzseitiger Annoncen in die Pflicht zu nehmen versucht, ist mutig. Oder der Mut der Verzweiflung?

    Schröder hat sich die Kritik selbst zuzuschreiben. Denn die Probleme, die Schmidt in seinem offenen Brief anspricht, sind weder neu, noch vernachlässigbar. Die Telekom kann es sich leisten, durch Quersubventionierungen aus Monopolen wie Ortsgesprächen eine Riesenmaschinerie im Internet ins Laufen zu bringen und am Laufen zu halten. Wer will es dem einstigen Staatsbetrieb verdenken, da der Hauptaktionär und oberste Marktregulierer, der Bund, kaum Anstalten unternimmt, den Zustand zu ändern? Insofern ist die Schmidt-Aufforderung an Schröder verständlich.

    Allerdings: Schmidt jammert auf extrem hohem Niveau. Hinter seinem Unternehmen steht, eingedenk der Fusion des Mutterhauses mit Time Warner, ein Konzern mit gigantischer Schlagkraft. Was Know-how, Kooperationen und Inhalte im globalen Ausmaß angeht, kann auch T-Online nicht mithalten. Aus diesem Vorteil hat AOL Europe bislang erstaunlich wenig gemacht. Ob sich das nach einer Entmachtung von T-Online ändert, muss Schmidt erst beweisen. Eines ist sicher: Er kann sich dann nicht mehr hinter der angeprangerten Marktungerechtigkeit verstecken.



    Telekom und Kirch planen europäische Allianz

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 19. Februar 2000, 11.17 Uhr zum Artikel "Gefährliches Spiel" im SPIEGEL – 8/2000, 21. Februar 2000, Seite 96–97 (Wirtschaft).

    HAMBURG. Die Deutsche Telekom und die Münchner Kirch-Gruppe denken an internationale Allianzen im gemeinsamen Multimediageschäft, schreibt das Nachrichten- Magazin DER SPIEGEL. Als weitere Verbündete stehen Kirchs Partner Juan Villalonga von der spanischen Telefonica sowie Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch bereit. Für das Gemeinschaftsunternehmen Tele Research mit Kirch wird die Telekom 700 Millionen Mark bezahlen, so DER SPIEGEL. Noch in diesem Jahr soll ein Börsengang viel Geld einspielen. Als Vorstandschefin ist Gerrit Huy vorgesehen [Ed: die vor ihrem Wechsel zu Kirch im November Deutschland-Chefin von Compaq war].

    Nach dem Bericht plant Kirch mit der neuformierten Kirch New Media AG ebenfalls einen Börsengang für dieses Jahr. Die Tochter soll der vierte Grundpfeiler des Konzerns werden, sie vereint bestehende Internet- Inhalte wie Sport 1, Sat1 Online und die Online- Angebote der Pro-Sieben-Gruppe. Zusätzlich starten verschiedene neue Kanäle, etwa für Spiele, Reisen und Gesundheit. Auch Filme und Musik auf Abruf sowie E-Commerce-Geschäfte gehören zum Angebot. [Original-Artikel]

    [12.2.2000: Aufgepaßt! – BerTelKirch zum Dritten]
    [18.2.2000: Kartellamt hat Bedenken gegen Telekom/Kirch]




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      Zum Teil 18

    © 2000-2001 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 20.12.2009 12.34 Uhr