21.11.2005: Heise-Newsticker, 15.43 Uhr (Mehrwertdienst-Abzocke). [Original
KARLSRUHE (hob/c't). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 20. Oktober 2005 (Az: III ZR 37/05) die Rechte von Verbrauchern bei Abrechnungen von Mehrwertdienste- Rufnummern für etwa über Internet- Dialer abgerechnete Angebote oder für andere, per kostenpflichtiger 0190/0900-Rufnummer zu bezahlende Dienste gestärkt. Der BGH sprach den zwischen Kunden und Diensteanbietern geschalteten Verbindungsnetzbetreibern das Recht ab, in Streitfällen ausstehende Rechnungsbeträge für die Mehrwertdienstleistung zu inkassieren. Aus Sicht des Nutzers seien die Durchleitungsprovider lediglich "Erfüllungsgehilfen" von Dritten, ein Vertrag mit ihnen bestehe nicht, folglich exisistiere auch keine Zahlungsverpflichtung.
Im konkreten Fall aus dem Jahre 2002 hatte die Deutsche Telekom einem Verbraucher 1427 Euro unter dem Posten "Beträge anderer Anbieter" in Rechnung gestellt. Als dieser die Forderung bestritt, machte der nummernverwaltende Provider Druck. Zähneknirschend zahlte der Kunde die Summe ausdrücklich "unter Vorbehalt" an die Telekom, um sie sogleich vom Nummernbetreiber wieder zurückzuverlangen. Das Amtsgericht Elmshorn gab dem Verbraucher mit seiner Rückforderung Recht, das Landgericht Itzehoe hob dieses Urteil aber nach einer Berufung des Betreibers Anfang 2005 wieder auf. Der Verbraucher ging in Revision und schließlich hob der BGH nun das Landgerichtsurteil auf, sodass der Betreiber zahlen muss.
Der BGH definiert in seinem lang erwarteten Grundsatzurteil, wer im Mehrwertdienste-Geschäft Verträge miteinander abschließt. Die Telekom als erste Rechnungsstellerin fungiert demnach lediglich als "bloße Zahlstelle". Aber auch mit dem Verbindungsnetz- beziehungsweise Plattformbetreiber für Mehrwertdienste-Rufnummern habe der Verbraucher durch die Einwahl keinen Vertrag abgeschlossen. Dem "durchschnittlich verständigen und informierten Telefon- und Internet-Nutzer" sei "die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem Mehrwertdiensteanbieter nicht bekannt". Daher lasse sich der "Anwahl des Mehrwertdiensts nicht die Erklärung des Nutzers entnehmen, einen Vertrag mit dem Nummernverwalter schließen zu wollen". Der Anbieter sei "aus Sicht des Kunden Erfüllungsgehilfe eines Dritten".
Gläubiger des Kunden sei lediglich derjenige, der die Mehrwertdienstleistung erbracht habe. Unerheblich ist dem 3. Zivilsenat des BGH zufolge, ob der Rufnummernbetreiber das Entgelt bereits an seinen Mehrwertdienste-Partner ausgeschüttet hat. Dies sei Sache des Vertragsverhältnisses zwischen diesen beiden Parteien. Wichtig sei allerdings, dass der Nutzer die Zahlung "unter Vorbehalt" getätigt habe.
Das Urteil dürfte gravierende Auswirkungen auf die Geschäftspraxis von Plattformbetreibern wie Next ID (ehemals Talkline ID), In-telegence oder dtms haben. Kunden, die strittige Rechnungen bereits "unter Vorbehalt" bezahlt haben, könnten jetzt diese Zahlungen zurückfordern. Hinter der oft kritisierten und durch die Registrierungspflicht teilweise aufgehobenen Wiederverkaufskette bei Dialern dürfte sich nun kein dubioser Anbieter mehr verstecken können.
21.11.2005: Berliner Zeitung, Seite 2 (Politik). [Original]
Abrupte Tarifwechsel, Preisaufschläge von 1.000 Prozent ohne Ansage im Markt für Call-by-Call- Gespräche tummeln sich zunehmend unseriöse Anbieter. Wer nicht zum Opfer werden will, muss sich informieren.
BERLIN. Von außen betrachtet ist die Hamburger Freenet AG eine Erfolgsgeschichte: Unter dem jugendlich-alerten Firmenchef Eckhard Spoerr hat sich die kleine Internet-Tochter der Mobilcom AG zu einem veritablen Telefonkonzern mit zuletzt 471 Millionen Euro Jahresumsatz entwickelt. Mit Billig-Flatrates für DSL-Kunden und Kampfpreisen in der Festnetz- Telefonie setzt Freenet (Werbespruch: "Normal ist das nicht!") den Branchenführer Telekom unter Druck.
Normal ist daran tatsächlich wenig. Denn Gewinn macht Freenet auch dank eines Geschäftsgebarens, das sowohl bei Verbraucherschützern als auch in der Telekommunikationsbranche Stirnrunzeln auslöst. Freenet, einer der größten Anbieter auf dem heiß umkämpften Markt für Call-by-Call- Gespräche, ist gleich mit 4 Vorwahlnummern für günstiges Telefonieren (01019, 01024, 01050, 01074) präsent. Und die Hamburger wissen, wie sich in dem Geschäft die Gewinne mehren lassen durch urplötzliche Tarifwechsel und Preisaufschläge von bis zu 1.000 Prozent oder mehr.
"Das sind die schlimmen Finger im Markt", schimpft der Manager eines Konkurrenzunternehmens. Die Einzigen sind sie nicht. Auch andere Call-by-Call-Anbieter tricksen die Bilanzen schön und lassen treuherzige Kunden in die Tarif-Falle tappen in eine legale, versteht sich.
Besonders dreist ging Freenet mit seiner Marke 01050 vor. Call-By-Call- Kunden, die über
die Vorwahl bis Dienstag beispielsweise noch für günstige 1,59 Cent je Minute in die
USA telefonieren konnten, blechen jetzt stolze 14,5 Cent. Die Gesprächsminute nach
Norwegen verteuerte sich gar von 1,85 Cent auf 25,5 Cent eine Steigerung um 1.278
Prozent. Auf den plötzlichen Preissprung werden die Kunden nicht aufmerksam gemacht.
Preisansage? Keine Spur. Diese Tarife seien teilweise doppelt so teuer wie ein Gespräch
über die T-Com, wetterte der Branchendienst
Teltarif.de.
Abrupte Preisänderungen sind aber nicht die einzige Möglichkeit, abzukassieren. Der
Anbieter Callax (01077) etwa verlangte vorübergehend saftige Preisaufschläge von
Call-by-Call- Kunden, die Telefonanschlüsse anwählten, die von Telekom-Konkurrenten
geschaltet worden sind. Freenet wiederum hat bei seinem aktuellen Angebot für
Gespräche nach Spanien über die Vorwahl 01050 eine regionale Splittung vorgenommen:
Wer auf dem iberischen Festland anruft, kommt mit guten 1,5 Cent je Minute davon, wer Bekannte
auf den bei Winter-Urlaubern beliebten Kanarischen Inseln anklingelt, muss hingegen 14,5 Cent
zahlen. "Es gibt sogar andere Firmen, die rechnen im Fünf-Minutentakt ab", berichtet Uwe
Rosenhahn vom Düsseldorfer Fachdienst Netzquadrat, der das Webangebot
billiger-telefonieren.de betreibt.
Mit solchen Tricksereien werden erkleckliche Summen verdient. 16,2 Millionen
Bundesbürger, ermittelte die Marktforschungsfirma Dialog Consult, nutzten bereits
Call-by-Call. Durchschnittlich 157 Millionen Minuten telefonieren Kunden täglich
über echte und vermeintliche Billignummern deutlich mehr, als die Anbieter von
Komplettanschlüssen und fest eingestellter Vorwahl
("Preselection") zusammen über ihre Netze
abwickeln.
Die in die Kritik geratenen Unternehmen verteidigen ihr Vorgehen. "Es gibt eine große
Dynamik im Markt", sagt Freenet-Sprecherin Elke Rüther. "Unsere Konkurrenten ändern
den Tarif, wir ändern, die anderen dann wieder." Im Kampf um die vorderen Plätze der
Vergleichslisten gehe es nicht darum, "die Kunden abzuzocken". Einer der Freenet-Tarife sei
schließlich immer unter den Top-Drei der günstigsten Vorwahlen, sagt Rüther.
Mit den sich schnell ändernden Billigtarifen ziele Freenet auf Kunden, die so genannte
Leastcost-Router nutzten Geräte, die aus dem Internet aktuell mit Tarifdaten
gefüttert werden und automatisch jeden Anruf über die jeweils billigste
Call-by-Call-Nummer leiten. Für alle anderen sei die Vorwahl 01019 Eigenwerbung:
"Die unverschämt günstige Sparvorwahl" da, die mit einer Tarifansage aufwarte.
Rüther: "Die 01019-Tarife werden ganz selten angefasst."
Dennoch: Der Zorn seriöser Anbieter ist groß. Er richtet sich aber vor allem gegen
den Gesetzgeber: "Ich verstehe nicht, warum sich die Politik so schwer tut, eine Tarifansage
generell vorzuschreiben", sagt ein Manager.
Die Antwort ist ernüchternd. Sie hat wahrscheinlich weniger mit Brancheninteressen,
dafür aber viel mit den Eigenarten des Politikbetriebes zu tun. Eine entsprechende
Vorschrift sollte nämlich längst erlassen sein. Der Bundesrat wollte sich aber vor
der parlamentarischen Sommerpause damit nicht mehr befassen. Nun bleibt vorerst alles beim
Alten. [mehr]
18.11.2005:
Berliner Zeitung,
Seite xx (Politik).
[Original=501253.htmlGewinne durch Tricksereien
Das Schema ist immer gleich: Am vergangenen Dienstag [15.11.2005] beispielsweise, kurz nach 16
Uhr, verkündete die Freenet-Pressestelle per E-Mail-Rundschreiben, dass sie in der darauf
folgenden Nacht für mehrere Billigvorwahlen die Tarife umstelle. Telefon-Kunden der
Telekom, die bislang über die Freenet-Vorwahl 01024 zwischen 16 und 18 Uhr Werktags
für günstige 1,19 Cent pro Minute Ferngespräche führen konnten, müssen
seit Mittwoch mehr als das Dreifache, nämlich 3,9 Cent, zahlen. Umgekehrt senkte Freenet
für die Vorwahl 01074 im gleichen Zeitraum den Tarif von 2,9 Cent auf 1,15 Cent - was
sicherstellt, dass das Unternehmen in Tarifvergleichen im Internet weiter unter den billigsten
Anbietern rangiert.
HAMBURG. Das Schlimme ist, dass man nicht mal ins Telefon brüllen kann, sagt Edda Castello. Da ist diese Stimme in der Leitung, sie wünscht einen guten Tag und säuselt etwas von einem Gewinn. Ein Scheck läge bereit, sagt die Stimme. Dann bittet sie eindringlich um einen Rückruf, unter einer Nummer, die mit 0190-8 beginnt.
"Das sind die Nummern, bei denen einen Anruf 1,86 Euro pro Minute kostet", sagt Edda Castello. Die Rechtsexpertin von der Verbraucherzentrale Hamburg ist wütend. "Extrem belästigend" sei diese neue Art der Telefonwerbung vor allem, weil sie vom Band kommt. Anbrüllen und Auflegen zwecklos: Der Computer, der die Lockanrufe steuert, meldet sich im schlimmsten Fall noch mal. Mit der selben Säuselstimme.
Jeden Monat beschweren sich etwa 200 Kunden bei der Hamburger Verbraucherzentrale über die Anrufe. Besonders gern melden sich die Stimmen aus dem Computer am Wochenende, am liebsten versprechen sie Geldgewinne um die 3.000 Euro, manchmal auch Reisen oder Sachpreise. Wer drauf reinfällt und die angesagte Nummer zurückruft, landet in einem Callcenter mit richtigen Mitarbeitern. "Die verwickeln den Anrufer in ein sinnloses Gespräch", sagt Edda Castello. Je länger es dauert, desto besser für das Callcenter. Die Verbraucherschützerin weiß von Fällen zu berichten, in denen es zwanzig Minuten dauerte, die Adresse des vermeintlichen Gewinners zu notieren. Der Preis kommt trotzdem nie, nur die nächste Telefonrechnung. Zwanzig Minuten für 1,86 Euro zu telefonieren kostet mehr als 37 Euro.
Die Automatenanrufe sind eine besonders fiese Form der sogenannten Cold Calls, der "kalten Anrufe". So werden Werbeanrufe von Firmen bezeichnet, mit denen man gar nichts zu tun hat, Anrufe, die mit Fragen beginnen wie: "Möchten Sie Steuern sparen?" Cold Calls sind in Deutschland seit Juli 2004 per Gesetz verboten, die Verbraucherzentrale Hamburg hat mehr als 100 Firmen abgemahnt.
Gegen die Automaten anzugehen, ist schwieriger. "Wir haben zwei Düsseldorfer Firmen verklagt, die dafür 0190-Nummern vermietet haben", sagt Edda Castello. Sie hofft, dass viele Verbraucher die Locknummern melden, damit die gesperrt werden können. Die Betreiber der Callcenter, die mit den Rückrufen abzocken, geben als Firmensitz Barbados, die British Virgin Islands oder Ungarn an Klagen sind ziemlich aussichtslos.
15.11.2005: ARD-PlusMinus, ??.?? Uhr MESZ (Plusminus vom SWR). [Zum Text]
5.11.2005: Heise-Newsticker, 11.53 Uhr (Internet-Zugang). [Original
HANNOVER (ll/c't). Least-Cost-Router sind eine feine Sache für Anwender, die sich via ISDN-Adapter oder Analogmodem in das Internet einwählen: Die Programme wählen den zum aktuellen Zeitpunkt günstigsten Tarif aus, der Anwender muss sich nicht selbst mit den mitunter deftigen Preissprüngen der Internet-by-Call- Anbieter beschäftigen. Einer der bekanntesten IbC-Router ist der Smartsurfer von web.de, der mit der Übernahme des Geschäftsbereichs Internet-Portal durch United Internet jetzt bei einem der führenden Internet-Service-Provider Deutschlands gelandet ist.
Nach übereinstimmenden Medienberichten sind seit dem 1. November, dem Stichtag der Übernahme, die Preise für die im Smartsurfers gelisteten Zugänge etwas gestiegen, gleichzeitig ist die Anzahl der gelisteten Provider gesunken. Der Grund liegt nach den Berichten in einer Listinggebühr von 0,15 Cent netto pro über den Smartsurfer aufgebauter Internet- Verbindungsminute. Diese soll von einem Provider jedoch nur erhoben werden, wenn die Anzahl der über den Smartsurfer für ihn vermittelten Minuten eine Million übersteigt. Die Pressesprecherin von web.de, Eva Vennemann, legte gegenüber dem Newsdienst des Internet-Portals Verivox Wert auf die Feststellung, dass web.de nicht in die Tarifhoheit der Provider eingreife; web.de sei daher nicht für die Tariferhöhungen verantwortlich. Für weitere Angaben stand sie am Wochenende nicht zur Verfügung.
Bei den aktuellen Preisen für den Schmalband-Internet-Zugang via Modem oder ISDN-Adapter dürfte allerdings kaum ein Provider in der Lage sein, den zusätzlichen Betrag aus den seinen Minutenpreisen zu finanzieren. Den meisten Anbietern wird daher kaum anderes übrig bleiben, als die erwähnten 0,15 Cent zuzüglich Mehrwertsteuer auf den Minutenpreis aufzuschlagen. Im heise online-Software-Verzeichnis sind neben dem Smartsurfer noch andere Least-Cost-Router verzeichnet, darunter das Windows-Program Oleco und die Linux-Lösung BongoSurfer.
Der Smartsurfer war bereits in der vergangenen Woche in die Kritik geraten: Der Internet-Service-Provider avanio hatte seinen IbC-Tarif umgestellt, sodass mit der Einwahl automatisch eine monatliche Grundgebühr von 5,22 Euro fällig wurde, web.de darüber aber anscheinend nicht informiert. Betroffene Nutzer können sich bei der Verbraucherzentrale Sachsen Rat holen.
Mit großem Tamtam bewirbt die Deutsche Telekom zurzeit ihre neue Online-Auskunft. DasTelefonbuch.de will mit mehr Übersichtlichkeit und neuen Features punkten dummerweise weist die Suchfunktion der selbsternannten "Findemaschine" etliche Macken auf.
26.10.2005: Spiegel Online, 18.47 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Zum Artikel]
24.10.2005: Der Tagesspiegel, Berlin, Seite xx (Wirtschaft). [Original]
BERLIN (Tsp). Am kommenden Dienstag beginnt ein neues Kapitel in der deutschen Rechtsgeschichte: Im Schadenersatzprozess gegen die Deutsche Telekom wird nach Tagesspiegel-Informationen wohl zum ersten Mal das neue Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (kurz: KapMuG) zur Anwendung kommen. Das könnte den Prozess entscheidend beschleunigen, in dem es um Schadenersatz bis zu 100 Millionen Euro geht. Aus Sicht der Kläger hat die Deutsche Telekom in den Prospekten zu den Börsengängen 1999 und 2000 falsche oder unvollständige Angaben gemacht, vor allem was ihr Immobilienvermögen betraf. Die Kläger verlangen daher Schadenersatz aus Prospekthaftung.
Das KapMu-Gesetz tritt zwar erst am 1.November in Kraft. Da es sich aber um eine reine Verfahrensregelung handelt, kann der zuständige Richter am Landgericht Frankfurt am Main, Mainrad Wösthoff, es rückwirkend anwenden. Die Anwälte gehen davon aus, dass das Verfahren so beschleunigt wird. Und es könnte am Ende einen überraschenden Ausgang nehmen: Einer der Anlegeranwälte, Ralf Plück aus Wiesbaden, erwartet, dass die Telekom auch wenn sie am Ende verurteilt werden sollte nicht zahlen muss.
Der Prozess gegen die Deutsche Telekom ist der größte Anlegerprozess, der jemals in Deutschland verhandelt wurde. Die Zahl der Kläger ist ein Rekord: Es sind mehr als 15000. Wie viele genau, hat nicht einmal das Gericht gezählt. Allein im Jahr 2000 hatte die Telekom 200 Millionen T-Aktien zum Preis von 63,50 Euro an die Börse gebracht seither haben die Aktien massiv an Wert verloren. Die ersten Klagen sind bereits im Jahr 2001 eingegangen. An diesem Dienstag ist der zweite Verhandlungstag.
Dass nun das neue KapMuG zur Anwendung kommt, hat zwar keinen Einfluss auf die rechtlichen Fragen oder die Ansprüche der Kläger. Mit diesem Gesetz ist es im deutschen Recht aber erstmals möglich, kapitalmarktrechtliche Klagen von Anlegern zu bündeln. Dazu müssen mindestens zehn Kläger einen Antrag stellen, was als sicher gilt. Mehrere Kanzleien haben bereits Anträge in Vorbereitung. Richter Wösthoff kann in diesem Fall die zentralen Fragen aus den Klagen an die nächst höhere Instanz verweisen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entscheidet sie dann verbindlich in einem Musterverfahren. Was dort entschieden wird, gilt dann auch für die übrigen Kläger.
"Das wird das Verfahren deutlich beschleunigen", sagt Christian Heise von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Und das sei nicht nur im Interesse der Kläger, sondern auch der Aktionäre der Telekom. Auch die könnte einen Antrag stellen. "Wenn die Anwendung des KapMuG dazu führt, dass das Verfahren insgesamt beschleunigt wird, ist das natürlich auch in unserem Sinne", sagte ein Konzernsprecher. Die Telekom hält die Vorwürfe für "unbegründet".
Aber was heißt beschleunigt? Bei den Kanzleien Rotter aus München und Tilp aus Kirchentellinsfurt, die jeweils eine Vielzahl von Klägern vertreten, gehen die Anwälte davon aus, dass das Oberlandesgericht seine Musterentscheidung nicht vor dem Jahr 2007 trifft. Und: "Ich gehe fest davon aus, dass sich anschließend noch der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen wird", sagt Rotter. Spannend wird die Frage, welche der Kanzleien die Musterklage stellen wird. "Da wird hitzig diskutiert werden", sagt Anwalt Plück. Seine Kanzlei hat die meisten Klagen eingereicht, die Kanzlei Tilp argumentiert, dass sie den Kläger mit dem höchsten Streitwert vertritt.
Doch selbst wenn die Telekom in ein paar Jahren zu Schadenersatz verurteilt werden sollte: "Ich gehe davon aus, dass sie sich am Ende das Geld bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zurückholen wird", sagte Plück dem Tagesspiegel. Der Grund: Die Telekom hatte im dritten Börsengang T-Aktien aus dem Besitz der staatseigenen KfW platziert, die auch das Geld einnahm. "Die Telekom hat angegeben, dass sie sich für den Fall einer Haftung an der KfW schadlos halten kann.".
18.10.2005: Heise-Ticker, 21.21 Uhr (Betrug). [Original
DÜSSELDORF. Eine Bande von Telefonbetrügern hat von Düsseldorf aus bundesweit mehrere tausend Menschen mit falschen Gewinn-Versprechen um mehrere Millionen Euro geschädigt. Gegen fünf Hauptverdächtige im Alter von 29 bis 34 Jahren werde wegen schweren Bandenbetrugs ermittelt, berichtete die Polizei am Dienstag [18.10.2005]. Polizisten hatten bei einer Durchsuchungsaktion in fünf Düsseldorfer Firmen 25 Kartons mit Beweismaterial und acht Computer beschlagnahmt.
Mit Hilfe computergesteuerter Band-Ansagen soll die Bande vielen tausend Menschen Gewinne wie etwa Traumreisen im Wert von mehreren tausend Euro versprochen haben. Manche Haushalte seien mit 30 Anrufen täglich regelrecht terrorisiert worden. Um an die Gewinne zu kommen, sollten die Opfer teure 0190-Nummern anrufen. Pro Fall belaufe sich der Schaden auf 15 bis 20 Euro.
Die Bande habe ihre Betrugsmasche mehrere Monate lang fortsetzen können. Ihr illegaler Profit sei in einen aufwendigen Lebensstil und Luxuswagen geflossen. Die Ermittlungskommission Aida entdeckte 35 Konten des Firmengeflechts. Bislang sei es aber nicht gelungen, die Gewinne abzuschöpfen.
16.10.2005: Heise-Newsticker, 15.10 Uhr (Handy-Payment). [Original
MÜNCHEN (ad/c't). Nach O2, T-Mobile und E-Plus kündigt nun auch Vodafone an, die Kosten für strittiges Handy-Payment zurückzuerstatten. Ein Vodafone-Sprecher erklärte gegenüber dem Nachrichtenmagazin Focus, betroffene Kunden sollten die Vodafone- Hotline anrufen, um eine Gutschrift zu beantragen [Ed: hm, ihr Computer weiß doch, wer da abgezockt wurde...].
Nachdem die seit 17. Juni 2005 geltenden schärferen Regelungen Dialer- Anbietern das Geschäft vermiest hatten, stellten etliche Dialer-Seiten auf Handy-Payment um. Einige versuchten dabei, den Besuchern teure Abonnements unterzujubeln. Laut O2 lag die durchschnittliche Schadenssumme bei seinen rund 8000 betroffenen Kunden zwischen 100 und 200 Euro. Bei T-Mobile sollen nach Recherchen des Wirtschaftsmagazins Plusminus sogar über 20.000 Kunden betroffen sein. Nach einem Bericht des Magazins ergriffen die Netzbetreiber Maßnahmen gegen die Abrechnung fragwürdiger Angebote. [mehr]
14.10.2005: Heise-Ticker, 16.07 Uhr (Telekom). [Original
BONN. Ein Softwarefehler bei einigen Handy-Modellen hat bei der Deutschen Telekom zur fehlerhaften Abrechnung von Kurznachrichten geführt. Betroffen seien so genannten Smartphones, bei denen Sonderzeichen die Zeichenzahl einer SMS-Kurznachricht vom Kunden unbemerkt deutlich verlängern, sagte ein Sprecher von T-Mobile am Freitag in Bonn und bestätigte damit einen Fernsehbericht des Hessischen Rundfunks. Dadurch könnte eine SMS mehrfach abgerechnet werden.
Dem Hessischen Rundfunk zufolge wurden bei einigen Kunden SMS bis zu zehnfach berechnet. Der Fehler blieb zwei Jahre lang unbemerkt. Nach Angaben der Telekom schicken rund 100.000 Smartphone-Kunden SMS-Nachrichten mit ihrem Gerät. Diese Nutzer sollen nun informiert und mögliche Mehrfachabrechnungen beglichen werden. [mehr]
14.10.2005: Heise-Newsticker, 11.58 Uhr (Telekom). [Original
FRANKFURT/MAIN (rop/c't). Kurznachrichten sind praktisch: Mit 160 Zeichen lässt sich offensichtlich mehr sagen, als die Techniker bei der Gestaltung der Mobilfunknetze gedacht hätten. SMS machen derzeit noch immer den Löwenanteil am mobilen Datenverkehr aus und das trotz nicht gerade günstiger Preise. Bei T-Mobile kostet eine SMS zum Beispiel innerhalb deutscher Mobilfunknetze 19 Cent. Kommt allerdings ein MDA zum Einsatz, egal ob eine der früheren Versionen oder die aktuelle Pro-Variante, kann eine SMS allerdings auch ein Vielfaches kosten, wie T-Mobile jetzt gegenüber dem Hessischen Rundfunk bestätigte.
Beim Versenden von SMS-Kurznachrichten mit den Pocket-PC-Smartphones von T-Mobile kann es infolge eines Software-Fehlers passieren, dass die Nachrichten mehrfach berechnet werden. In einem Test des HR wurden statt 19 Cent pro SMS bis zu 80 Cent pro SMS vom Kartenguthaben abgebucht. Geschädigte Kunden berichten sogar von bis zu zehnfacher Berechnung einer SMS.
Schuld an der Abrechnungspanne ist die Texteingabehilfe der MDA-Smartphones. Beim Tippen beispielsweise von "Hallo, wie gehts?" wird automatisch ein Hochkomma eingefügt: "Hallo, wie geht's?". Diese kleine Änderung bewirkt, dass die SMS ein Mehrfaches kostet. Grund ist die fehlerhafte Erkennung einiger Sonderzeichen. Statt des Hochkommas wird beispielsweise ein "accent grave" eingesetzt ein Sonderzeichen, das mehr Bits (16 anstatt 7) benötigt als ein Apostroph oder ein Hochkomma. Genau hier liegt der Fehler in der Software, der dazu führt, dass durch erhöhten Speicherbedarf eines winzigen Zeichens die maximale Länge einer SMS auf 70 Zeichen zusammenschrumpft. Der Kunde bemerkt davon nur etwas, wenn er sehr aufmerksam ist und die Zeichenzahl kontrolliert.
Der Fehler blieb 4 Jahre lang unentdeckt. Vielen Kunden bleibt diese Panne verborgen, weil Kurznachrichten nicht einzeln, sondern gesammelt auf der Telefonrechnung ausgewiesen werden. T-Mobile ist dieses Problem aber nun seit längerem bekannt; der Mobilfunkbetreiber hat dies aber nicht öffentlich bekannt gegeben. Erst auf Anfrage des HR wurde der Fehler offen eingestanden.
Unternehmenssprecher Philipp Schindera bedauerte gegenüber dem HR, dass der Softwarefehler erst jetzt kommuniziert werde. Man werde aber alles tun, um das Vertrauen der Kunden nicht weiter zu erschüttern und auf verschiedenen Wegen zu informieren. Außerdem werde man im Schadenfall kulante Lösungen für die betroffenen Kunden finden. Insgesamt, erklärte T-Mobile, werden derzeit 120.000 betroffene MDAs zum SMS-Versand eingesetzt. Ob baugleiche Smartphones anderer Mobilfunkbetreiber betroffen sind, ist derzeit noch unklar.
Abhilfe schafft vorerst nur das Abschalten der Sonderzeichen. Damit wird der Fehler ausgeschlossen einige SMS werden dann aber nur verstümmelt verschickt. Auf jeden Fall aber sollte jeder Mobilfunkkunde, der einen MDA oder ein baugleiches Gerät benutzt, seine SMS-Abrechnung genau überprüfen: Stellt man unverhältnismäßig hohe Abrechnungen für übertragene SMS fest, sollte man Widerspruch gegen die Rechnung einlegen. Zur Überprüfung kann man auch eine SMS mit Sonderzeichen verschicken und kontrollieren, ob dafür mehr als eine SMS berechnet wird ist dies der Fall, sollte man ebenfalls Widerspruch gegen die Mobilfunkrechnungen einlegen.
13.10.2005: Heise-Newsticker, 18.10 Uhr (Mobilfunk). [Original
BERLIN (anw/c't). Das Verbraucherministerium hat die Rückerstattung strittiger Gebühren für Internetdienste durch die Mobilfunkanbieter T-Mobile und O2 begrüßt und andere Firmen ebenfalls dazu aufgerufen. "Diesem Beispiel sollten die anderen Mobilfunkunternehmen folgen, die dieses Geschäftsmodell zunächst ebenfalls praktiziert hatten", sagte Verbraucherstaatssekretär Alexander Müller heute in Berlin. Für alle Anbieter dieser Seiten sei Schadenersatz die logische Konsequenz aus der Sperrung der Handy- Abonnements.
E-Plus hatte bereits zugesagt, Kunden bei der Rückforderung des Geldes zu unterstützen. Dabei geht es um Internetseiten, auf denen Mobilfunkkunden Abonnements über die Angabe ihrer Handy-Nummer wählen konnten. Die Kunden bekamen Rechnungen über Internetleistungen, zum Teil aber nur wenig oder überhaupt keinen Gegenwert. Das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus hatte als Beispiel auf das Internet-Angebot hausaufgaben.de verwiesen. Kinder und Jugendliche seien davon ausgegangen, Unterstützung bei Hausaufgaben zu erhalten. Dafür seien ihnen täglich 9,98 Euro in Rechnung gestellt worden.
13.10.2005: Heise-Ticker, 10.48 Uhr (Telekom). [Original
FRANKFURT/MAIN. Im Frankfurter Prozess um die Millionenklagen enttäuschter Kleinanleger gegen die Deutsche Telekom bahnt sich ein Durchbruch an. Das Landgericht Frankfurt ist fest entschlossen, für den Mammutprozess mit über 15.000 Klägern ein juristisches Verfahren anzuwenden, das noch nicht einmal in Kraft ist. Der Vorsitzende Richter Meinrad Wösthoff hat vor dem zweiten Verhandlungstag am 25. Oktober angekündigt, dass er der nächsthöheren Instanz die zentralen Rechtsfragen zur Klärung vorlegen will.
Grundlage für das bislang nicht mögliche Bündeln tausender Klagen ist das Gesetz über die Kapitalanleger- Musterverfahren (KapMuG), das erst am 1. November in Kraft tritt. Nach Wösthoffs Meinung kann es ohne weiteres auf laufende Verfahren angewendet werden, die noch nicht entschieden sind. Das trifft auf den Telekom-Prozess zweifelsfrei zu, denn bislang ist in der Sache mit einem geschätzten Streitwert von rund 150 Millionen Euro erst ein einziges Mal verhandelt worden. Die Kläger verlangen von dem ehemaligen Staatsunternehmen Schadensersatz für erlittene Kursverluste, weil sie sich von dem Börsenprospekt getäuscht fühlen. Wichtigster Angriffspunkt ist die deutlich zu positive Bewertung der Immobilien.
Fast flehentlich hatte Richter Wösthoff im November 2004 seine Probleme mit der Klageflut geschildert. "Das Gericht leidet. Wir sind auf einen solchen Ansturm nicht eingerichtet." In klassischer Manier würde es nach seinen Berechnungen 15 Jahre dauern, um die Klagen in der ersten Instanz abzuarbeiten. Erlösung verspricht nun das KapMuG, bei dem ein Musterkläger ausgewählt wird, dem neun weitere mit der selben Rechtsfrage beispringen müssen. Die übrigen Kläger werden -- sofern sie nicht die Klage fallen lassen -- zu so genannten Beigeladenen gemacht. Für sie ist die Entscheidung des OLG im "Zwischenstreit" verbindlich und auch die entstehenden Kosten müssen sie mittragen. "Ich halte das Gesetz für einen gangbaren Weg, der uns aus der Misere hinausführt", sagt der Handelsrichter.
In der Anwaltschaft trifft Wösthoffs Idee nicht nur auf Zustimmung. "Im laufenden Verfahren fällt auf einmal eine Tatsacheninstanz weg", sagt Ralf Plück von der Kanzlei Doerr und Partner zu der Tatsache, dass jetzt gleich das OLG die zentralen Fragen entscheidet. Die Wiesbadener Anwälte vertreten nach eigenen Angaben 7.000 der rund 15.000 Telekom-Kläger und haben schon daher die besten Aussichten, die Musterklage zu betreuen. Plück will dabei nicht ohne Not Positionen aufgeben und behält sich eine Verfassungsklage gegen die mögliche Verkürzung des Rechtsweges vor. "Wir betreten schließlich absolutes Neuland." Eine weitere Gefahr sieht Plück darin, dass wesentliche Aspekte vergessen werden könnten. Richter Wösthoff sieht seine Rolle als kundiger Moderator mit Eigeninteresse: "Alle müssen bemüht sein, die richtigen Streitpunkte zu sammeln. Ein lückenhafter Musterbeschluss hilft auch mir wenig." Denn sämtliche nicht erfassten Streitpunkte müsste er wieder mit seiner Kammer entscheiden Fall für Fall.
Die streitenden Parteien, so sehen es wohl alle Beteiligten, werden sich in die neue Gesetzeslage fügen. Die Telekom allerdings lehnte eine Stellungnahme zu dem neuen Musterverfahren ab. Der Bremer Anlegeranwalt Jens-Peter Gieschen spricht von einer "erheblichen Verfahrenserleichterung", die den Prozess überhaupt erst handhabbar mache. Sein Münchner Kollege Klaus Rotter hofft sogar auf prozesstaktische Vorteile: Wösthoff hatte im November deutlich gemacht, dass er die meisten vorgebrachten Kritikpunkte an dem Telekom- Börsenprospekt für nicht stichhaltig oder relevant hält. "Das OLG sieht das vielleicht ganz anders", sagt der Anwalt.
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