Die Telekommunikation im SPIEGEL – Teil 42 khd
Stand:  24.7.2006   (20. Ed.)  –  File: Spiegel/42.html




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  • Neuere SPIEGEL-Berichte   (43. Teil).
  • 28.12.2005: Galileo: Deutsche Unternehmen haben Start fast verpennt.
  • 23.12.2005: EU-Kommission stoppt neues Telekom-Monopol.
  • 22.12.2005: Telekom und Bundesliga.
  • 22.12.2005: Premiere-Chef Kofler verliert Millionen.
  • 13.12.2005: 22.500 Dollar für 30 Songs.
  • 05.12.2005: Spion in der Mailbox.
  • 03.12.2005: Aldi bringt 5-Cent-Tarif auf den Markt.
  • 29.11.2005: Satelliten-TV: Privatsender wollen Gebühren nehmen.
  • 27.11.2005: "Breitband" für das platte Land. (WiMAX)
  • 19.11.2005: E-Mails für Fahnder tabu?
  • 19.11.2005: Kartellamt fürchtet bei Axel Springer und Bertelsmann "Interessenkongruenzen".
  • 11.11.2005: Große Koalition setzt Regulierung aus.
  • 09.11.2005: Rickes Flucht nach vorne.
  • 04.11.2005: Der Kampf für die T-Online-Eingliederung wird hart.
  • 02.11.2005: T-Com auf dem Weg in die Vergreisung.
  • Ältere SPIEGEL-Berichte   (41. Teil).
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    S T E L L E N A B B A U

    T-Com auf dem Weg in die Vergreisung

    Mit dem Plan, weitere 32.000 Stellen abzubauen, hat Telekom-Chef Ricke Gegner und Freunde mobilisiert. Ver.di spricht von "Horrorzahlen", der künftige Wirtschaftsminister Glos lässt Sympathie erkennen. Das wirkliche Dilemma der Telefongesellschaft aber wird durch den Jobabbau nicht gelöst.

    Aus:
    Spiegel Online – 2. November 2005, 19.14 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BONN. Den Gedanken an das Alter seiner Belegschaft verdrängt Telekom-Personalchef Heinz Klinkhammer lieber. Kein Wunder: Selbst nach den Maßstäben derjenigen, die nicht dem Jugendwahn verfallen sind, sind die Zahlen alarmierend: Bis 2010, so die Berechnungen, werden die Hälfte der Mitarbeiter älter als 50 Jahre sein. Und es sind kaum Jüngere im Haus, die für frischen Wind sorgen könnten. Weniger als zehn Prozent haben das Dreißigste noch vor sich.

    Das Problem wird sich eher noch verschärfen, wenn der Stellenabbau im jetzt angekündigten Tempo durchgezogen wird. Denn Nachwuchskräfte haben in dieser Situation – besonders, wenn sie von außen kommen – kaum eine Chance.

    20.000 Stellen sollen allein in der Festnetzsparte T-Com wegfallen, die besonders unter dem scharfen Wettbewerb zu leiden hat. Die Konkurrenz durch andere Festnetzbetreiber hat zwar zu drastischen Preissenkungen für Telefongespräche auf breiter Front geführt, zugleich aber auch für Umsatzeinbrüche der Telekom gesorgt. In der letzten Zeit macht sich zudem immer stärker bemerkbar, dass Verbraucher sich mit dem Mobiltelefon begnügen und auf einen Festnetzanschluss ganz verzichten.

    Ein gravierendes Problem stellen die gut 46.000 Beamten aus alten Postzeiten dar, die damit immer noch fast ein Drittel der deutschen Telekom-Gesamtbelegschaft stellen. Für sie will Ricke mit der neuen Bundesregierung eine Vorruhestandsregelung aushandeln, die von der Telekom bezahlt werden müsste.

    Ver.di kündigt Widerstand an

    Wie viele der hauptsächlich noch bei der T-Com beschäftigten Beamten das Unternehmen verlassen sollten, stehe noch nicht fest, sagte Telekom-Sprecher Mark Nierwetberg. Zunächst stünden Gespräche mit der Gewerkschaft Ver.di auf dem Plan, so sehe es der Tarifvertrag vor.

    Ver.di-Vizechef Franz Treml blockte jedoch schon im Vorfeld ab: Im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE warf er der Telekom Verantwortungslosigkeit vor. Dem Konzern gehe es glänzend, wie auch der Rekordüberschuss und die hohe Dividende verdeutlichten. Von den "Horror-Zahlen", die nun im Raume stünden, sei man überrascht und schockiert, sagte Treml, der auch Vize-Aufsichtratschef der Telekom ist.

    Die Beschäftigten würden unnötig in "Angst und Not" versetzt, so Treml weiter. Wichtiger und richtiger wäre es aus seiner Sicht, die Telekom durch Investitionen und eine Verbesserung des Service ihre Position gegenüber der Konkurrenz stärke. Treml sagte, die Telekom sei aus seiner Sicht nicht personell überbesetzt. "Wenn Sie mit den Leuten im Betrieb sprechen und von ihrer Arbeitsbelastung hören, kann man das sicher nicht sagen."

    Der designierte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bedauerte den Stellenabbau bei dem einstigen Staatskonzern zwar. "Wir können nicht künstlich Arbeitplätze halten, die nicht mehr gebraucht werden", schränkte er aber ein. In Deutschland müssten neue Arbeitsplätze gerade auch im Hochtechnologiebereich global wettbewerbsfähig sein. Dafür müsse die Politik die Rahmenbedingungen setzen, fügte er hinzu.

    Auf betriebsbedingte Kündigungen will Ricke ohnehin verzichten und sich damit an das im März mit Ver.di vereinbarte Beschäftigungsbündnis halten. Die Gewerkschaft hatte unter anderem einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 34 Stunden ohne vollständigen Lohnausgleich sowie einer Nullrunde für das Jahr 2004 zugestimmt. Er räumte gegenüber der "Welt" ein, angesichts der guten Ergebnisse sei es nicht leicht, die Pläne verständlich zu machen. Die Ergebnisse müssten sich aber nachhaltig sichern lassen. "Wir müssen das Unternehmen sehr viel flexibler machen."

    Der Stellenabbau will der Telekom-Chef mit Hilfe von Altersteilzeit, durch Abfindungen, die ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Unternehmen attraktiv machen, und Vorruhestandsregelungen für Beamte realisieren. 2000 Mitarbeiter sollen ein Angebot in einem anderen Bereich des Konzerns bekommen.

    Die Chance ergreifen die Jungen

    Die Frage ist nur, ob das Angebot auf ein großes Echo stößt. Bereits beim Thema Altersteilzeit ist die Chance gering: Derzeit sind weniger als drei Prozent der Belegschaft älter als 55 Jahre, viele liegen knapp darunter. Die Gelegenheit dürften allenfalls wieder jüngere Mitarbeiter ergreifen, die auf dem Arbeitsmarkt noch eine Perspektive sehen - das aber dürfte kaum die Klientel sein, die Ricke gerne ziehen lassen will.

    Einziger Lichtblick: Zeitgleich mit dem Stellenabbau sollen an anderer Stelle im Konzern etwa 6000 Arbeitskräfte neu eingestellt werden. "Netto" liegt der Abbau von Stellen damit bei 19.000.

    Insgesamt 3,3 Milliarden Euro will sich die Telekom das Dreijahresprogramm kosten lassen. Die Schuld für den massiven Stellenabbau schiebt Ricke nicht zuletzt der Regulierungsbehörde zu, die der Telekom durch die Verschärfung des Wettbewerbs im Festnetz- und Breitbandbereich das Leben schwer mache. Weitere 5000 Stellen könnten bedroht sein, sollten Entscheidungen der Bundesnetzagentur den Aufbau eines Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetzes aus Telekom-Sicht unattraktiv machen, sagte Ricke.

    An der Börse wurden Rickes Pläne erfreut aufgenommen. T-Aktien gehörten zu den größten Gewinnern am Markt und kletterten um 2,55 Prozent auf 14,87 Euro.



    D E U T S C H E   T E L E K O M

    Der Kampf für die T-Online-Eingliederung wird hart

    So einfach, wie die Deutsche Telekom sich das vorgestellt hat, lassen sich die Einwände gegen die Eingliederung der Internet-Tochter T-Online nicht vom Tisch wischen. Das Landgericht Darmstadt jedenfalls ließ erkennen, dass der Eilantrag durchaus noch scheitern kann.

    Aus:
    Spiegel Online – 4. November 2005, 19.26 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    DARMSTADT. In der Verhandlung müsse vor allem geprüft werden, ob das Interesse von Telekom und T-Online am sofortigen Vollzug durch die Eintragung der Fusion ins Handelsregister schwerer wiege als die Anfechtungsgründe zahlreicher T-Online-Aktionäre, sagte die Vorsitzende Richterin Ursula Emmenthal heute zu Beginn des Verfahrens in Darmstadt. Die Kleinaktionäre fühlen sich bei der Verschmelzung benachteiligt und blockieren das Verfahren mit Einsprüchen. T-Online hatte einen Freigabeantrag gestellt, um die Integration in die Deutsche Telekom trotz der anhängigen Anfechtungsklagen gegen den Hauptversammlungsbeschluss wirksam werden zu lassen.

    Doch so einfach, wie die Telekom-Anwälte sich das vorstellen, wird dieser Beweis nicht zu erbringen sein. Nach Einschätzung von Emmenthal kommen von den drei Tatbeständen, die nach dem Gesetz eine vorzeitige Freigabe erlaubten, in diesem Fall zwei von vornherein kaum in Betracht: Weder die Unzulässigkeit noch die Unbegründetheit der Anfechtungsklagen, auf die sich T-Online beruft, lägen auf der Hand. Damit muss die Telekom nachweisen, dass T-Online ohne sofortigen Vollzug wesentliche Nachteile erleiden würde.

    Emmenthal sagte, zwar bringe eine Verschmelzung in der Regel vor allem finanzielle Vorteile. Dem stünden jedoch die in den Klagen genannten Gründe gegen die Fusion gegenüber. Nicht alle seien, wie von T-Online vorgetragen, offensichtlich unbegründet und könnten deshalb unbeachtet bleiben, sagte die Richterin.

    Kleinanleger beklagen Preisdumping

    Die Kleinanleger werfen der Telekom vor, das Bar- und Umtauschangebot für die T-Online-Papiere unangemessen niedrig angesetzt zu haben. 8,99 Euro je T-Online-Aktie hatte die Telefongesellschaft bezahlen wollen – vor fünf Jahren hatte der Ausgabepreis beim Börsengang 27 Euro betragen. Einige Kläger behaupten, die Telekom habe die T-Online-Aktie mit der Absicht an die Börse gebracht, sie später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen. Damit habe sie als Großaktionär treuwidrig gehandelt. Andere Kleinaktionäre weisen auch auf Formfehler vor der Hauptversammlung, etwa im Verschmelzungsbericht, hin.

    T-Online halte alle Anfechtungsklagen für unbegründet, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hätten, sagte Rechtsanwalt Bodo Riegger, der das Unternehmen vertritt. Selbst wenn es im Zusammenhang mit der Hauptversammlung Fehler gegeben habe, wären sie für den Fusionsbeschluss nicht relevant gewesen. Und selbst wenn eine Anfechtungsklage begründet wäre, überwiege der Schaden für T-Online aus einer Nicht-Verschmelzung jede Rechtsverletzung bei weitem.

    Die Telekom-Festnetzsparte T-Com und T-Online könnten dem aggressiven Wettbewerb vor allem im Breitbandmarkt nur als Einheit bestmöglich begegnen, sagte Riegger. Bis zu einer Entscheidung über die Anfechtungsklagen könnten bis zu fünf Jahre vergehen. "Dann ist der Breitbandmarkt verteilt." Auch den Vorwurf der Treuwidrigkeit wies der Anwalt zurück. Internet und Telefon wüchsen, anders als im Jahr 2000 vorhersehbar, zusammen. Daher sei es sinnvoll, beide Geschäftsfelder nun unter ein Dach zu führen.

    Der Prozess soll am 29. November fortgesetzt werden. Über die Anfechtungsklagen selbst werde wohl nicht vor Ende Februar verhandelt, sagte die Richterin.



    T E L E K O M   U N T E R   Z U G Z W A N G

    Rickes Flucht nach vorne

    Wachstum geht vor Gewinn – gemäß dieser Logik verkündet Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke eine Investitionsoffensive für den Bonner Konzern. Beobachter sehen in dem Vorstoß einen Hinweis darauf, wie sehr die Konkurrenz dem Ex-Monopolisten mittlerweile zu schaffen macht.

    Aus:
    Spiegel Online – 9. November 2005, 18.38 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    HAMBURG/BONN. Die guten Nachrichten zuerst: Die Deutsche Telekom hat im dritten Quartal nach eigenen Angabe wieder einen Milliarden-Gewinn eingefahren. Der Überschuss betrug gut 2,4 Milliarden Euro nach einem Minus von 1,36 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Seit Anfang des Jahres verdiente der Konzern damit 4,37 Milliarden Euro gegenüber einem Verlust von 150 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Der Quartalsumsatz stieg zudem um 4,8 Prozent auf 15 Milliarden Euro.

    Für die Börse waren die Nachrichten nicht gut genug. Im Tagesverlauf verlor die T-Aktie mehr als 3 Prozent. Was die Anleger vor allem zum Verkauf trieb, war der schwache Ausblick. Für 2005 rechnet die Telekom mit einem bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von bis zu 21 Milliarden Euro, 2006 soll der Wert nur noch zwischen 20,2 bis 20,7 Milliarden Euro liegen.

    Der Bonner Konzern plane Milliardenausgaben für die Kundengewinnung, begründete Vorstandschef Kai-Uwe Ricke den Rückgang. Er will mit neuen Tarifen und Produkten, mehr Kunden gewinnen. Dazu zählt das so genannte "Triple Play", also Breitband-Telefonie, Internet und Fernsehen aus einer Hand. Bis 2007 will die Telekom hier eine Million Kunden gewinnen. Außerdem sollen 500.000 Kombi-Telefone verkauft werden, die in Mobilfunk und Festnetz gleichermaßen funktionieren.

    Ein ehrbares Ziel, wobei die Märkte mit Rickes Strategie, dem Wachstum Vorrang vor Gewinn zu geben, nicht viel anfangen können. "Da werden jetzt einige Gewinnschätzungen gekürzt werden müssen", kommentierte ein Beobachter die Zahlen. "Das zeigt vor allem, dass der Konkurrenzdruck auf die Telekom weiter steigt", sagte Theo Kitz, Technology-Analyst beim Bankhaus Merck Finck, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. "Der Markt öffnet sich schneller als erwartet."

    "Trotz der guten Ergebnisse bleibt der Eindruck bestehen, dass die Telekom weiterhin in einer Zwickmühle steckt", schreibt auch Per-Ola Hellgren, Analyst bei der Landesbank Rheinland-Pfalz, in einer Studie. Die Telekom ist laut Hellgren "nun am Zug, denn die Zeit läuft ihr weg".

    Ein genauer Blick auf die 3 Telekom-Säulen zeigt, dass der Konzern tatsächlich vor allem dank der Erfolge mit ihrer Tochter T-Mobile im Mobilfunkgeschäft ein starkes Quartal verbucht hat. In den beiden anderen Sparten Geschäftskunden und Breitband/Festnetz stagniert das Geschäft oder verliert sogar. Überdies erhöht sich auch der Druck auf T-Mobile.

    Insofern muss Vorstandschef Ricke handeln. SPIEGEL ONLINE analysiert die Sparten und zeigt, wo auf ihn im kommenden Jahr am meisten Arbeit zu kommt:



    B R E I T B A N D N E T Z E

    Große Koalition setzt Regulierung aus

    Die Deutsche Telekom wird besonders ein Detail der Koalitionsvereinbarung mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Das neu zu bauende Breitbandnetz soll zeitlich befristet von der Marktregulierung freigestellt werden.

    Aus:
    Spiegel Online – 11. November 2005, 19.36 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BERLIN. "Die Koalitionsparteien werden zur Sicherung der Zukunft des Industrie- und Forschungsstandorts Deutschland Anreize für den Aufbau beziehungsweise Ausbau moderner und breitbandiger Telekommunikationsnetze schaffen", heißt es dazu im vorläufigen Entwurf des Koalitionsvertrages.

    "Dazu sind die durch entsprechende Investitionen entstehenden neuen Märkte für einen gewissen Zeitraum von Regulierungseingriffen freizustellen, um für den Investor die notwendige Planungssicherheit herzustellen." Eine gesetzliche Absicherung sei in die zu verabschiedende Novelle des Telekommunikationsgesetzes aufzunehmen.

    Ende Oktober hatte sich zwischen der Deutschen Telekom und der Bundesnetzagentur ein Konflikt um die Aufsicht über das geplante Glasfasernetz angebahnt. Die Telekom will 3 Milliarden Euro in den Bau des Internet- Hochgeschwindigkeitsnetzes investieren, mit dem Übertragungsraten in fünfzigfacher DSL-Geschwindigkeit möglich sind. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, forderte den Bonner Konzern auf, sein geplantes Glasfasernetz für Wettbewerber zu öffnen: "Da ist die Telekom am Zuge, mit anderen Marktteilnehmern zu reden, bevor wir uns damit befassen".

    Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hatte sich hingegen gegen eine Regulierung des neuen Netzes ausgesprochen. Mit dem Bau des Glasfasernetzes schaffe das Unternehmen eine technische Infrastruktur für einen neuen Markt. "Und mit Verlaub wollen auch wir darüber entscheiden, ob und zu welchen Konditionen ein anderer Anbieter diese Infrastruktur nutzen kann und nicht der Regulierer."



    Kartellamt fürchtet bei Axel Springer und Bertelsmann "Interessenkongruenzen" und setzt Frist bis zum 8. Dezember

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 19. November 2005, 10.40 Uhr MEZ zum Artikel "xxx" im SPIEGEL – 47/2005, 21. November 2005, Seite xxx–xxx (xxx).

    HAMBURG. Bei Axel Springer war man offenbar vorgewarnt: Am Freitag [18.11.2005] schickte der Berliner Medienkonzern, der Anfang August verkündet hatte, für bis zu 4,2 Milliarden Euro die ProSiebenSat.1 Media AG zu übernehmen, seine Anwälte eigens zum Sitz des Bundeskartellamts nach Bonn, um einen brisanten 45-seitigen Schriftsatz in Empfang zu nehmen und den langwierigeren Postweg zu vermeiden.

    Was die Juristen in der Zwischenmitteilung der Behörde, die den geplanten Deal seit dem Sommer prüft, dann als Erste zu lesen bekamen, hat es für Deutschlands größten Zeitungsverlag ("Bild", "Welt", "Hamburger Abendblatt") in sich: Danach sieht das Kartellamt nach bisherigem Stand "die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt". Brisant ist vor allem die Begründung, denn sie geht an die Grundfesten des Geschäfts und lässt wenig Raum für Korrekturen.

    Durch die angemeldete Übernahme, argumentieren die Kartellwächter, würden Axel Springer und Bertelsmann (mit seiner RTL-Senderfamilie) "hinsichtlich ihrer Geschäftsfelder symmetrischer", dies führe "zu einer Reihe von Interessenkongruenzen" – und damit einer Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen. Auch werde die Stellung des Verlages auf dem Lesermarkt für Kaufzeitungen sowie auf dem Anzeigenmarkt für bundesweit erscheinende Tageszeitungen in bedenklicher Weise gestärkt.

    Bei Springer gab man sich am Freitag unbeeindruckt – schließlich habe es schon bei früheren Geschäften ablehnende Zwischenmitteilungen aber letztlich Genehmigungen gegeben. Bis zum 8. Dezember hat man nun Zeit, Stellung zu nehmen. Mit einer Entscheidung von Kartellamtschef Ulf Böge rechnen die Verfahrensbeteiligten bis Ende Dezember. Parallel prüft die Kommission zur Ermittlung der Konzentration (KEK) den Deal auf seine medienrechtlichen Implikationen – auch von dort, so ein Insider, müsse Springer mit erheblichen Einwänden rechnen.



    G R U N D S A T Z U R T E I L   E R W A R T E T

    E-Mails für Fahnder tabu?

    Das Bundesverfassungsgericht plant eine Grundsatzentscheidung zum polizeilichen Zugriff auf E-Mails und Handy-Verbindungsdaten. Politiker befürchten einen schweren Rückschlag bei der Bekämpfung von Kinderpornografie oder ähnlich schwerwiegenden Delikten.

    Aus:
    Spiegel-Pressemeldung – 19. November 2005, 13.34 Uhr MEZ zum Artikel "xxx" im SPIEGEL – 47/2005, 21. November 2005, Seite xxx–xxx (xxx).

    HAMBURG. Anlass ist eine Wohnungsdurchsuchung bei einer Heidelberger Amtsrichterin, über die am Mittwoch verhandelt wird; dabei, so die Sprecherin des Verfassungsgerichts, soll der "Schwerpunkt der Prüfung" aber auf dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses liegen.

    Insbesondere gehe es darum, ob die Suche nach gespeicherten E-Mails oder Telefonverbindungen nur unter den strengen gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt ist, die für einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis gelten.

    In vielen Fällen kleinerer und mittlerer Kriminalität wären die gespeicherten Daten damit tabu. Bereits im Februar hatte eine Kammer des Verfassungsgerichts anlässlich einer Handy- Beschlagnahme so entschieden. Ermittler übten daraufhin massive Kritik an dem Beschluss; das baden-württembergische Justizministerium zweifelte sogar seine Verbindlichkeit an.

    Sollte jetzt diese Entscheidung vom Zweiten Senat bestätigt und auch auf E-Mail-Inhalte ausgeweitet werden, wäre dies nach Ansicht von Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP) "das praktische Ende der Bekämpfung von Kinderpornografie oder ähnlich schwerwiegenden Delikten".



    D S L - A L T E R N A T I V E N

    "Breitband" für das platte Land

    Wer in Deutschlands Osten oder im ländlichen Raum lebt, hat in Sachen Breitband verloren: DSL kennt man dort nur aus den Nachrichten. Die Telekommunikationsfirmen scheuen die Investition. Zum Glück kündigen sich nun bezahlbare Alternativen an – per Funk.

    Aus:
    Spiegel Online – 27. November 2005, 9.32 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    T-LAND. Die Nachfrage nach Breitband-Internet-Anschlüssen boomt in Deutschland. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hält es für möglich, dass noch vor Jahresende der zehnmillionste DSL-Anschluss in einem Haushalt oder einem Unternehmen geschaltet wird. Gleichzeitig ist Deutschland beim schnellen Internetzugang nach wie vor ein geteiltes Land. Vor allem in ländlichen Regionen und in Ostdeutschland auch in Städten ist nach wie vor kein DSL zu bekommen. Da auch Angebote mit alternativen Zugangstechnologien rar sind, haben viele Internetnutzer bisher keine Chance, auf einen Breitband-Anschluss umzusatteln.

    Schuld sind Investitionsentscheidungen der Deutschen Telekom in den 90er Jahren. Nach der Wiedervereinigung sanierte der Konzern das ostdeutsche Telefonnetz und verlegte Glasfaserkabel. DSL setzt jedoch den herkömmlichen Kupferdraht voraus. Der liegt zwar in vielen ländlichen Gegenden im Westen im Boden. Für die Telekom lohnt sich die Anbindung ans schnelle Internet jedoch nur bei einem entsprechenden Kundenpotenzial, das sie in kleineren Dörfern aber nicht vermutet.

    Die Breitband-Lösung für Gebiete ohne DSL könnte aus der Luft kommen. Mit Wimax (Worldwide Interoperability for Microwave Access) steht inzwischen eine Technik zur Verfügung, mit der sich Haushalte per Funk ans Internet anschließen lassen. Da keine Kabel verlegt werden müssen, geschieht das deutlich billiger als bei DSL. Während Telekom und Konkurrent Arcor noch mit der Technik experimentieren, ist ein bisher weitgehend unbekannter Anbieter nun vorgeprescht. Deutsche Breitband Dienste (DBD) liefert im Berliner Ortsteil Pankow seit Anfang November Breitband-Internet per Wimax-Antenne aus.

    Damit erhalten rund 70.000 Einwohner des Bezirks im Nordosten der Hauptstadt nicht nur erstmals schnellen Zugriff auf das Internet. Sie können nun außerdem zum Pauschalpreis surfen und auch über das Internet telefonieren. Der bisherige Festnetzanschluss wird damit überflüssig.

    Deutlich teuerer als DSL

    WIMAX: BREITBAND-INTERNET PER FUNK
    Aus: Spiegel-Online, 27.11.2005.
    Die Abkürzung Wimax steht für Worldwide Interoperability for Microwave Access. Dahinter verbirgt sich der Standard IEEE 802.16. An dieser Technik hängen große Hoffungen, ermöglicht sie doch theoretisch den breitbandigen Internet- Zugang per Funk über weite Distanzen. Im Unterschied zu bisherigen lokalen Drahtlos- Netzwerken (WLAN), die unter optimalen Bedingungen eine Reichweite von nur 100 Metern bieten, können mit Wimax bis zu 50 Kilometer überbrückt werden.

    Bei Datendurchsatzraten von bis zu 70 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) bietet der Standard zudem eine höhere Geschwindigkeit. WLAN schafft bisher höchstens 54 Mbit/s. Allerdings funktioniert auch bei Wimax immer nur eine der beiden Varianten, also entweder große Distanzen oder schneller Zugang. Eingesetzt werden könnte Wimax vor allem in ländlichen Regionen, die aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mit DSL ausgerüstet werden.

    Informationen über die Verbreitung von Internet- Zugangstechniken in Deutschland hat die Bundesregierung in ihrem "Breitbandatlas" zusammengestellt (siehe Linkverzeichnis im Artikel).

    Die Basisversion des Wimax-Breitbandanschlusses der DBD-Marke Maxxtelekom kostet knapp 34 Euro. Dafür erhält der Kunde eine Datenübertragungsrate von 1,5 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) für das Herunterladen von Daten aus dem Netz und 320 Kilobit pro Sekunde (Kbit/s) für das Hochladen. Damit ist die Wimax-Lösung von Deutsche Breitband Dienste deutlich leistungsfähiger als der Basis DSL-Anschluss der Deutschen Telekom. Der Upload ist mehr als doppelt so schnell, der Download immerhin um 50 Prozent.

    Hinter der maximalen DSL-Bandbreite von zurzeit 6 Mbit/s bleibt das Wimax-Angebot allerdings noch zurück. Privat- und Geschäftskunden erhalten maximal 3,5 Mbit/s für 44 Euro im Monat. Enthalten ist in den Tarifen jeweils auch eine Flatrate fürs Surfen im Internet. Die Telefongebühren kommen jedoch noch hinzu.

    Als reine Internetlösung ist die Wimax-Lösung von DBD damit deutlich teurer als ein DSL-Anschluss. Attraktiv wird die Funktechnik erst dann, wenn der Kunde seinen Festnetzanschluss abschafft. Allerdings ist er in diesem Fall zum Telefonieren auf die Tarife von Maxxtelekom festgelegt. Call-by-Call funktioniert nicht mehr.

    Für ein Ortsgespräch berechnet das Unternehmen 1,5 Cent in der Minute, für Ferngespräche 2,5 Cent. Call-by-Call ist je nach Tageszeit mitunter deutlich billiger. Vergleichsweise teuer sind Auslandsgespräche. Nach Großbritannien telefoniert ein Wimax-Teilnehmer für 4,5 Cent. Mit einem Call-by-Call- Anbieter ist das selbst tagsüber für weniger als ein Drittel dieses Preises zu haben. Länder wie Peru und Kolumbien sind mit 1,36 Euro pro Minute extrem teuer. Anwender sollten deshalb die eigenen Telefon-Gewohnheiten abwägen, bevor sie den Festnetzanschluss kündigen.

    Bisher ist Wimax eine Nischen-Technik für Gebiete, in denen noch kein DSL verfügbar ist. DBD hat zum Start des Netzes in Pankow allerdings versprochen, innerhalb von 18 Monaten ganz Berlin zu versorgen, also auch die Bezirke, in denen es bereits jetzt Breitband-Internet über das Telefonkabel gibt.

    Voraussichtlich steigen jedoch auch weitere Unternehmen in den neuen Markt für drahtloses Internet ein. Arcor startet am 7. Dezember ein Wimax-Pilotprojekt in Kaiserslautern. Der wichtigste Telekom-Verfolger sieht Wimax nach eigener Darstellung jedoch eher als Technik für ländliche Regionen. Die Telekom-Festnetztochter T-Com testet Wimax ebenso. Entscheidungen über eine kommerzielle Verwendung der Technik werden nach Aussage eines Sprechers jedoch frühestens im kommenden Jahr fallen.



    S A T E L L I T E N - F E R N S E H E N

    Privatsender wollen Gebühren nehmen

    Wird Fernsehen bald teurer? Die Privatfernsehsender RTL und ProSiebenSat.1 wollen laut einem Zeitungsbericht ihre Programme im digitalen Satelliten-Empfang verschlüsseln. Für die Freischaltung soll eine Monatsgebühr fällig werden.

    Aus:
    Spiegel Online – 29. November 2005, 21.23 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    FRANKFURT/MAIN. Die Sender verhandeln einem Bericht der Frankfurter Allgemeine Zeitung zufolge seit Monaten mit dem Satellitenbetreiber SES Astra über eine Verschlüsselung ihrer Programme im digitalen Satellitenfernsehen.

    Würden die Pläne umgesetzt, benötigten Millionen deutscher Fernsehzuschauer ein Zusatzgerät zur Entschlüsselung der Programme, berichtete die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf Verhandlungskreise. Dafür sei eine Gebühr von rund 3 Euro im Monat im Gespräch. Die Verschlüsselung könnte 2007 eingeführt werden. [mehr]



    H A N D Y - V E R T R Ä G E

    Aldi bringt 5-Cent-Tarif auf den Markt

    Der Discounter Aldi wird einem Zeitungsbericht zufolge in der kommenden Woche erstmals einen eigenen Mobilfunk-Tarif anbieten. Kunden des Billig-Angebots sollen untereinander für 5 Cent die Minute sprechen können.

    Aus:
    Spiegel Online – 3. Dezember 2005, 20.11 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    BERLIN. Aldi und das Handy werden in Zukunft ein PaarBerlin – Bei dem Angebot der Discounter- Kette arbeitet Aldi nach einem Bericht der "Bild" mit dem drittgrößten deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber E-Plus sowie dem Elektronikhändler Medion zusammen. Dem Blatt zufolge werden Kunden von Mittwoch [7.12.2005] beziehungsweise Donnerstag an in mehr als 4000 Geschäften von "Aldi Nord" und "Aldi Süd" vorbezahlte Handykarten (Prepaid) für den Tarif "Aldi Talk" erwerben können.

    Nach nicht näher präzisierten Informationen der Zeitung soll das Startpaket 19,99 Euro kosten. In diesem Paket sei ein Gesprächsguthaben von 10 Euro enthalten. Der Minutentarif werde bei 15 Cent für Gespräche ins deutsche Festnetz und in andere deutsche Mobilfunknetze liegen. Die künftigen Mobilfunkkunden von Aldi könnten für 5 Cent pro Minute miteinander telefonieren.



    T E L E K O M M U N I K A T I O N

    Spion in der Mailbox

    Zahlreiche Mobilfunknetze haben ein eklatantes Sicherheitsleck. Es erlaubt Hackern den Zugriff auf die Anrufbeantworter von Millionen argloser Handy-Nutzer.

    Aus:
    Der Spiegel – 49/2006, 5. Dezember 2005, Seite 96 (Wirtschaft) von KLAUS-PETER KERBUSK. [Original]

    Mit einem Computer-Hacker hat Volquard Schaa, 38, nichts gemein. Normalerweise kümmert sich der gelernte Fernsehtechniker um defekte Videokassetten aller Art. Nach der Hightech-Behandlung in seiner Hamburger Cassettenklinik seien demolierte Bänder oft wieder wie neu, verspricht er seinen Kunden.

    Schaa repariert aber nicht nur defekte Kassetten. Er weiß auch um die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik. "Durch einen puren Zufall" stieß er dabei auf eine hierzulande bislang unbekannte Sicherheitslücke in der Mobilfunktechnik, durch die die Privatsphäre von Millionen Handy-Nutzern massiv bedroht wird.

    Ohne großes technisches Equipment und mit relativ bescheidenem Fachwissen ist es möglich, die im Netz gespeicherten Anrufbeantworter argloser Handy-Nutzer illegal abzuhören. In den meisten Fällen merken die Betroffenen nicht einmal etwas davon.

    "Das ist ein schwerwiegendes Problem, von dem wir bisher keine Ahnung hatten", räumte O2-Sprecher Stefan Zuber vergangene Woche ein, nachdem der SPIEGEL verschiedenen Netzbetreibern die Sicherheitslücke demonstriert hatte.

    Bislang galten Handy-Netze als relativ gut geschützt gegen Hackerangriffe. Neben vereinzelten Viren, die einige moderne Handys teilweise lahm legen können, machte den Datenschützern allenfalls der sogenannte Bluebug ernste Sorgen. Damit ist es möglich, auf einem Handy gespeicherte Daten auszuspionieren, wenn das Mobiltelefon mit der Funktechnik Bluetooth ausgestattet ist.

    Gegenüber dem neuentdeckten Leck wirkt der Klassiker aber wie ein Kindergeburtstagsspaß. Denn bei Bluebug klappt der Lauschangriff nur, wenn das Handy eingeschaltet und Bluetooth aktiviert ist. Zudem muss sich der Spion im unmittelbarer Nähe des Mobilfunkgerätes aufhalten.

    Von der neuen Sicherheitslücke dagegen sind Handys jeder Bauart betroffen. Der Hacker kann Tausende Kilometer entfernt sitzen. Er muss nur die Rufnummer des Mobiltelefons kennen, das er illegal aushorchen will. Und das Problem, so vermuten Experten, betrifft fast alle Netze weltweit.

    Die Lücke riss offenkundig auf, als etwas anderes zusammenwuchs: klassische Telefonnetze und Internet. Dutzende Firmen bieten dort die Möglichkeit, zu äußerst geringen Kosten rund um die Welt zu telefonieren. Voice-over-IP (VoIP) heißt das Zauberwort im Jargon der Techniker.

    Anders als in den klassischen Telefonnetzen ist es bei einigen VoIP-Diensten möglich, die Angabe, von welcher Nummer der Anruf ausgeht, nach Belieben zu verändern. Durch diese Manipulation an der Identifikation, die eine Art Passierschein des Anrufers darstellt, kann dem Gesprächspartner vorgetäuscht werden, das Gespräch komme von einem anderen Anschluss.

    Durch diesen Trick ist es zum Beispiel möglich, einer Mailbox vorzugaukeln, der Handy-Besitzer rufe selbst von seinem eigenen Mobiltelefon an. In der Regel wird damit bislang auch der Zugang auf den Anrufbeantworter im Netz freigegeben.

    Das blinde Vertrauen in diese Technik hat böse Folgen. Ist der Spion erst einmal in der Mailbox, kann er nicht nur sämtliche gespeicherten Mitteilungen abhören. Er kann auch die Nachrichten löschen, die Einstellungen der Mailbox ändern und sogar auf Kosten des Opfers telefonieren – zumindest zu allen Personen, die auf dem Anrufbeantworter um Rückruf gebeten haben.

    Damit werden bösartige Manipulationen möglich. Das Leck könnte nicht nur erklären, warum sich Kunden über Gebühren für Gespräche beschweren, die sie nie geführt haben. Es könnte auch dafür verantwortlich sein, dass manche Bürger ins Netz der staatlichen Telefonüberwachung geraten, obwohl sie nie mit Kriminellen zu tun hatten. Ihr Handy wurde von Hackern virtuell gekapert.

    Ganz unbekannt war die Bedrohung zumindest bei der Telekom nicht. Schon im Februar war das ehemalige Staatsunternehmen von T-Mobile-Kunden in den USA auf das Problem aufmerksam gemacht worden.

    Da die Gefahr im Prinzip bekannt war, reagierten die deutschen Netzbetreiber schnell. Schon am Freitag vergangener Woche wurde damit begonnen, die Sicherheit zu erhöhen. Alle Firmen versprachen, das leidige Problem innerhalb weniger Tage in den Griff zu bekommen.

    Die Lösung scheint relativ einfach: Ab sofort werden sich alle Handy-Nutzer vor der Abfrage ihrer Mobilbox über eine Geheimnummer identifizieren müssen, wenn sie nicht direkt aus dem eigenen Netz heraus anrufen. Die entsprechende Zahlenkombination sollen sie bei speziellen Hotlines erfahren oder zugeschickt bekommen – per SMS.



    T E U R E   D O W N L O A D S

    22.500 Dollar für 30 Songs

    Eine US-Amerikanerin hat in letzter Instanz gegen die Musikindustrie verloren – und muss nun kräftig zahlen. 22.500 Dollar Schadensersatz soll die Frau leisten – für 30 in Tauschbörsen angebotene Titel.

    Aus:
    Spiegel Online – 13. Dezember 2005, 18.32 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    USA. Der United States Court of Appeals wies den Einspruch der Frau gegen ein früheres Urteil zurück. Bei der Tauschbörse KaZaA hatte sie 30 Stücke heruntergeladen und, dem Prinzip der Tauschbörse folgend, dort auch weiterverbreitet. Für jeden der 30 Songs muss Cecilia Gonzalez nun 750 Dollar zahlen, zusammen also 22.500 Dollar.

    Eine außergerichtliche Einigung mit Schadensersatzforderungen von 3.500 Dollar hatte sie zuvor abgelehnt. Ihr Anwalt sagte der Zeitung "Chicago Meter" damals, die Summe hätte die Sekretärin in den Bankrott getrieben.

    Gonzalez argumentierte, dass sie die einzelnen Songs nur heruntergeladen habe, um besser entscheiden zu können, welche Musik sie später käuflich erwerben wolle. Bei zumindest 30 der insgesamt 1.370 Musikstücke, die Gonzalez auf ihrer Festplatte gespeichert hatte, konnte sie aber den Nachweis nicht erbringen, dass sie die Musik später auch auf legalem Weg erworben hat. Nach eigenen Angaben hatte Gonzalez viele Musikstücke heruntergeladen, die sie bereits auf CD besaß – um sich den Aufwand des Umkopierens auf die Festplatte zu ersparen.

    Gonzalez gehört zur ersten Gruppe von Tauschbörsenteilnehmern, die von der Recording Industry Association of America (RIAA) wegen Copyright-Verletzungen im September 2003 verklagt wurden.

    Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Beschuldigte die Stücke sofort nach dem Anhören wieder hätte löschen müssen. "Eine Kopie, die heruntergeladen, gespielt und auf einer Festplatte für den zukünftigen Gebrauch gespeichert wird, dient als vollwertiger Ersatz für einen legal erhältlichen Tonträger", so die Urteilsbegründung. Gonzalez' Rechtfertigung sei ungefähr so Ernst zu nehmen, wie wenn ein Ladendieb behauptete, er habe 30 CDs nur zum Anhören gestohlen und würde die entsprechenden Tonträger später bezahlen.

    Gonzalez dagegen hatte im Vorfeld des Prozesses gesagt, sie habe gemeinsam mit ihrem Mann ohnehin 30 Dollar im Monat für CDs ausgegeben, und daran hätte sich nach der Installation der Tauschsoftware nichts geändert.



    A K T I E N A B S T U R Z 

    Premiere-Chef Kofler verliert Millionen

    Anteilseignern des Pay-TV-Kanals Premiere dürfte der gestrige Tag noch lange in schlechter Erinnerung bleiben. Weil der Sender im Rennen um die Bundesligarechte unterlag, stürzte der Aktienkurs ab. Zu den großen Verlierern gehört auch Vorstandschef Georg Kofler.

    Aus:
    Spiegel Online – 22. Dezember 2005, 11.36 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    MÜNCHEN. Kofler ist mit 13,9 Prozent größter Einzelaktionär von Premiere. Angesichts dessen dürften ihn die jüngsten Kursentwicklungen geschmerzt haben. Bis zum Vormittag brach das Papier von 23,60 Euro auf zeitweise 13,20 Euro ein.

    Für Kofler bedeutet dies, dass sein Premiere-Paket praktisch über Nacht rund 120 Millionen Euro weniger wert ist. Insgesamt verlor Premiere rund 850 Millionen Euro an Börsenwert. Neben Kofler sind nach Angaben von Premiere noch die Beteiligungsgesellschaft Permira (5,9 Prozent), die HypoVereinsbank und die BayernLB (je 1,1 Prozent), die österreichische Bawag (0,4 Prozent) sowie aus dem Management Michael Börnicke und Hans Seger (je 0,5 Prozent) an Premiere beteiligt.

    Die Finanzinvestoren und Kofler hatten teilweise bereits beim Börsengang im März Kasse gemacht. Damals waren die Aktien für 28 Euro ausgegeben worden. Wer damals Anteile zeichnete und die Aktien bis jetzt hielt, hat nach aktuellen Kursen mehr als die Hälfte seines Einsatzes verloren. In Streubesitz sind 76,6 Prozent der Anteile.

    Premiere hatte sich beim Wettbieten um die Übertragungsrechte für die Fußballbundesliga verspekuliert. Der Sender setzte auf eine spätere Ausstrahlung von Spielberichten im frei empfangbaren Fernsehen und verlor die Pay-TV-Lizenz an ein Konsortium von Kabelnetzbetreibern. Premiere hatte damit seinen wichtigsten Programminhalt eingebüßt. Beobachter fürchten nun, dass die Zuschauer flüchten und es schwieriger wird, neue Kunden zu gewinnen.

    Die schlechten Aussichten sorgten heute dafür, dass die Analysten der Bank Lehman Brothers das Kursziel für die Premiere-Aktie in einer Studie von 38,5 Euro auf 12,7 Euro senkten. Die Experten verwiesen in der Analyse auf die Gefahr, dass das MDax-Unternehmen keinen Plan B in der Schublade habe. Die Niederlage bei den Bundesliga-TV-Rechten sei das Resultat eines schweren Versagens des Premiere-Managements. Nun drohe dem Unternehmen ein starker Rückgang bei den Abonnenten.

    Auch die HypoVereinsbank senkte das Kursziel von 36 Euro auf 13 Euro. Rund ein Drittel der Abonnenten des Bezahl-TV-Senders dürften Fußball-Fans sein und der Verlust dieser Gesamtheit stelle das größte Risiko für die Aktien dar, erklärten die Analysten der Bank.



    T E L E K O M   U N D   B U N D E S L I G A

    „Die brauchen einen Partner“

    Mit dem Recht, Bundesligaspiele live im Internet zu übertragen, könnte die Telekom dem "IPTV", dem Fernsehen via Internet, auch in Deutschland zum Durchbruch verhelfen. Wenn man sie lässt.

    Aus: Spiegel Online – 22. Dezember 2005, 20.03 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Wenn alles glatt geht, waren die 40 Millionen Euro pro Jahr ein Schnäppchen, obwohl der Wert der Online-Fußballrechte vorab auf nur 15 Millionen Euro geschätzt worden war.

    So viel Geld nahm die Telekom angeblich in die Hand, um über ihre vorgeschickte Tochter T-Online die Lizenz zur Live-Übertragung der Bundesliga über das Internet zu erlangen. In den Meldungen über die Neuvergabe der Liga-Rechte war das nicht mehr als eine Randnotiz: Da stand natürlich Premiere im Mittelpunkt. Der Pay-TV-Sender gilt als der große Verlierer der Bieterschlacht und blutet nun an der Börse. Bald dürften den Münchnern zudem etliche Abonnenten abhanden kommen.

    Die, hofft derweil das Kabelnetzbetreiber-Konsortium Arena, könnten der Live-Lizenz zum nächsten Pay-TV-Anbieter folgen. Arena wird die Spiele nun live übertragen, während die ARD-Sportschau eine Zusammenfassung in gebührendem zeitlichen Abstand bringen wird. Zwanzig Euro soll das Bundesliga-Paket die Fans künftig kosten und den Kabelnetzbetreibern Völkerscharen neuer Kunden zutreiben.

    Doch es gibt eine Unbekannte in dieser Rechnung: Die Fans haben nun eine Alternative.

    In einer Probephase wahrscheinlich kostenfrei, später gegen ein wie auch immer geartetes Entgelt wird man sich die Spiele live auch über die Onsport-Seite von T-Online anschauen können. Wahrscheinlich zumindest, denn ausgemacht ist bisher gar nichts.

    Wie genau T-Online wem was anbieten wird, das können die Sprecher des Unternehmens nicht sagen: "Das wird jetzt intern erst einmal diskutiert werden müssen."

    Diskussionsbedarf dürfte es allerdings einigen geben. Schon im Vorfeld hatten sich Medienexperten dahingehend geäußert, dass das mit dem "Rundfunk im Web" so einfach nicht werden würde – denn dafür bräuchte die Telekom eine entsprechende Sendelizenz. Die zu erhalten wird allein schon dadurch erschwert, dass noch immer der Staat Teile des Konzerns hält: Rundfunk hat in Deutschland aber per Gesetz staatsfern zu sein.

    Der erste zu klärende Punkt wäre also, wo Web-Video aufhört und Rundfunk anfängt.

    Keine Ambitionen?

    "Rundfunk", sagt dazu T-Online-Sprecher Martin Frommhold, "wollen wir gar nicht machen." T-Online sei nur bemüht, seinen Kunden ein möglichst attraktives Breitband-Angebot zu liefern. Dazu gehörten heute auch multimediale Inhalte und der Ausbau attraktiver Breitband-Angebote wie beispielsweise Spiele-Server.

    Ein "Medienhaus" wollten T-Online oder die Telekom sicherlich nicht sein. Deshalb sei auch die bereits im Vorfeld kolportierte Partnerschaft mit einem Medienhaus, das über eine Lizenz verfügt, "vorstellbar".

    Der Rest ist Mauern: Mit wem? "Da kann ich noch nichts zu sagen." Gegen Zahlung? "Auch dazu kann ich noch nichts sagen."

    Natürlich nicht.

    Immerhin aber kann man gemeinsam ein wenig träumen und visionieren: Dass sich der T-Online-Kunde dereinst über seinen Media-Server nicht nur die per Internet übertragende Bundesliga, sondern noch etliche andere Programme und Dienstleistungen auch ins heimische Wohnzimmer holt, kann sich Frommhold sehr gut vorstellen.

    Dickes DSL als Königsweg ins Wohnzimmer

    Schließlich plant die Telekom den Aufbau eines 50Mbit-Netzes, und das wäre dann wahrlich fit für alles. Das Fernsehen hätte einen neuen Vertriebskanal gefunden, der anders als die Alternative "Kabel" bald so gut wie allgegenwärtig wäre. Per Funk-Anbindung ließe sich dann noch das letzte Dorf erreichen und "vernetzen".

    Auch das aber würde die Telekom nicht zum Medienhaus, sondern zum "Carrier" machen. Für die Verwirklichung solcher Visionen, so Frommhold, brauche man natürlich Partner. Denn dann sei ja der Vertrieb von "80 bis 100 Fernsehkanälen" denkbar, und natürlich wäre dabei "das Thema HDTV" künftig ein ganz wichtiges.

    Klar, vor allem jetzt, wo Premiere taumelt. Ob der Pay-TV-Sender nach Verlust der Bundesliga-Lizenzen noch die Argumente und die Kundschaft hat, den neuen Standard durchzudrücken, muss man erst einmal abwarten. Da könnte der alternative Verbreitungsweg über Internet-Leitungen völlig neue Märkte öffnen.

    Doch so weit sind wir noch nicht – auch, wenn die Telekom in Hamburg gerade einen kleinen, nicht-öffentlichen Betatest mit einem TV-Vertrieb per dicker DSL-Leitung abgeschlossen hat. Die funkte mit "nur" 25 MBit, über die "rund zehn Kanäle" übertragen wurden.

    IPTV: Weltweit im Kommen

    Kinderkram ist auch das nicht. 24 MBit reichten dem französischen Unternehmen free Telekom, um ein DSL-Netz aufzubauen, über das es prinzipiell HDTV-fähig 200 TV-Kanäle überträgt. Zum pauschalen Abopreis von 30 Euro gehört dann nicht nur Internet- Surfen, sondern auch unbegrenztes Telefonieren. Ähnliche Entwicklungen sind in Italien, Spanien und den USA zu beobachten. Bis 2009, behauptet eine Markterhebung der Institute Screen Digest und Gold Media, könnte dieses "IPTV" in Europa einen Marktanteil von 16 bis 20 Prozent gewinnen. Und Telekommunikationsdienstleister wie die Telekom so mächtig unter Druck setzen. Bei der hat das Wegbrechen der Umsätze im Telefon-Festnetz längst begonnen.

    "Conquer the home!" ruft Telekom-Chef Ricke: Die Attacke aufs Wohnzimmer hat begonnen. Die TV-via-Internet-Zukunft dürfte schneller beginnen, als bisher gedacht. [Weiter beim SPIEGEL]



    S U P E R - D S L

    EU-Kommission stoppt neues Telekom-Monopol

    Die Telekom kann ihr neues Hochgeschwindigkeits-DSL nicht wie gewollt als Monopolist betreiben. Die EU-Kommission hat entsprechende Pläne gestoppt. VDSL ist die Voraussetzung für Fernsehen über Internet und das sogenannte Triple Play.

    Aus:
    Spiegel Online – 23. Dezember 2005, 17.22 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    Es war ein typischer Kuhhandel. Politiker von SPD und CDU hatten Telekom-Managern zugesichert, dass diese ihr neues Hochgeschwindigkeits- DSL-Netz vorerst ganz allein nutzen können, ohne das die Regulierungsbehörde dazwischenfunkt. Als Gegenleistung für dieses im Koalitionsvertrag garantierte Monopol versprach die Telekom die Sicherung von 5.000 Arbeitsplätzen und Investitionen von 3 Milliarden Euro bis 2007. Das superschnelle DSL wird benötigt, damit Fernsehen über das Internet funktioniert.

    Doch aus dem vor dem Hintergrund europäischen Rechts anrüchigen Deal wird nun nichts. Die Telekom muss nach einer Entscheidung der EU-Kommission ihren Mitbewerbern Zugang zu ihrer Breitbandinfrastruktur und grundsätzlich auch zu ihrem geplanten neuen Hochgeschwindigkeitsnetz (VDSL) gewähren. Die Kommission genehmigte heute in Brüssel eine entsprechende Regelung der Bundesnetzagentur.

    VDSL: DIE TECHNIK FÜR TRIPLE PLAY
    Aus: Spiegel Online, 23.12.2005.
    Die heute üblichen ADSL- Verbindungen mit Downloadraten von 1 bis 3 Mbit/s reichen für Triple Play nicht aus. Allein der Videostream benötigt 1,5 bis 2 Mbit/s, für HDTV sind es sogar 5 bis 8 Mbit/s. Hinzu kommen IP- Telefonie und der Traffic beim Surfen.

    Der kommende Standard VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line) ermöglicht Datenraten von bis zu 50 Mbit/s über die herkömmliche Telefonleitung. Die Datenrate sinkt allerdings mit zunehmender Länge der Leitung. Deshalb plant die Telekom den großflächigen Ausbau von Glasfasernetzen, so dass quasi nur noch auf den letzten Metern bis zum Kunden Kupferkabel liegt. VDSL 2 soll sogar bis zu 100 Mbit/s erreichen.

    Im November hatte die deutsche Regulierungsbehörde VDSL aus dem Breitbandzugangsmarkt herausgenommen. Nach Intervention der Kommission änderte sie ihren Vorschlag jedoch. EU-Kommissarin Viviane Reding sagte: "Der Wettbewerb im Breitbandbereich ist in Deutschland bisher schwächer ausgeprägt als in den meisten anderen Mitgliedsstaaten."

    Die EU-Kommission war von Anfang an gegen die Pläne der Bundesregierung, die Telekom vor unliebsamer Konkurrenz zu schützen. Die Telekom hatte darauf bestanden, dass sie ihr geplantes VDSL-Netz zunächst allein nutzen kann und der Konkurrenz nicht zur Verfügung stellen muss. Andernfalls, so drohte Telekom-Chef Kai Uwe Ricke, könne man weniger neue Stellen schaffen, so dass der angekündigte Stellenabbau bei der Telekom noch größer ausfallen würde als geplant.

    Dass die Telekom sich mehr Schutz vor Konkurrenten wünscht, ist nachvollziehbar, denn dem Konzern laufen die Kunden weg. Bei Anrufen ins Ausland greifen immer mehr Telekom-Kunden zu billigen Vorwahlen. Ihren DSL-Anschluss ordern sie bei Alternativanbietern wie Arcor, Alice oder 1&1, die einfach günstiger sind als die Angebote aus dem Telekomkonzern.

    Bei VDSL-Anschlüssen, mit denen die Telekom ins sogenannte Triple Play einsteigen will, hoffte das Unternehmen auf eine staatlich abgesicherte Schutzzeit, um als Monopolist wie in alten Zeiten Preise festlegen und abkassieren zu können. Zu Recht hat die EU-Kommission das jetzt untersagt. Triple Play heißt, dass der DSL-Anschluss nicht nur Internet, sondern auch IP-Telefonie und IP-Fernsehen bieten soll. Den Löwenanteil der Bandbreite beansprucht das IP-Fernsehen – fürs Surfen und Telefonieren sollen kleinere Teile der Bandbreite fest reserviert sein, so dass alle 3 Dienste auch problemlos parallel funktionieren.

    Um die dafür erforderlichen Bandbreiten zu erreichen, will die Telekom bis 2007 ihr Kupferkabelnetz zwischen Hauptverteilern und den Verteilern an den einzelnen Straßenzügen in den 50 größten deutschen Städten mit Glasfaser aufrüsten. Die schnellen Breitbandanschlüsse sollen so Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde ermöglichen.

    Dass die Telekom nach der Brüsseler Entscheidung ihr Investitionsprogramm radikal zusammenstreicht, ist eher unwahrscheinlich. Denn wenn der Konzern nicht noch mehr Umsatz an die Konkurrenz verlieren will, muss er Kunden mit neuen Angeboten locken beziehungsweise den Wechsel zu teureren Angeboten schmackhaft machen.

    Dazu könnte IPTV zählen, zumal der Telekom-Konzern erst vorgestern die Rechte für die Internet- Übertragung der Fußball-Bundesliga ab 2006 erworben hat. Über IPTV können hunderte TV-Kanäle in DVD-Qualität übertragen werden – prinzipiell sogar in High Definition (HDTV). In Belgien und Hong Kong ist IPTV bereits verfügbar; Swisscom will sein Angebot im kommenden Jahr starten.

    Die Telekom wird die Brüsseler Entscheidung also kaum davon abhalten, in Triple Play einzusteigen. Entlassungen lassen sich damit aber sicher gut rechtfertigen.



    G A L I L E O

    Deutsche Unternehmen haben Start fast verpennt

    Der erste Start eines Galileo-Satelliten bedeutet für deutsche Technologie-Hersteller: Rasch überlegen, wie sie das Projekt nutzen wollen. Denn inzwischen sind so viele Länder an dem Vorhaben beteiligt, dass die Europäer um ihren Wissensvorsprung bangen müssen.

    Aus:
    Spiegel Online – 28. Dezember 2005, 16.48 Uhr MEZ (nur elektronisch publiziert). [Original]

    KÖLN. Obwohl Galileo eine europäische Idee ist, ist es längst kein europäisches Projekt mehr. Die EU kann die Vorherrschaft des mächtigen amerikanischen GPS nicht allein brechen, sie braucht politische Verbündete. Im September einigte sich die EU auf eine Zusammenarbeit mit Indien, zuvor hatten sich schon China, Israel und die Ukraine an dem Projekt beteiligt.

    Die neuen Partner geben Geld und bereiten alles dafür vor, dass sich Galileo in ihren Ländern ohne Probleme nutzen lässt. Verhandelt wird derweil noch mit Argentinien, Südkorea, Malaysia und einigen anderen Staaten.

    "Galileo soll als weltweiter Standard etabliert werden. Es ist strategisch klug, andere Länder hinter sich zu bekommen", sagt Alexander Mager, Vice President Business von Galileo Industries, dem Koordinator der Satelliten- Entwicklung. "Aber diese Länder werden das nicht umsonst machen", fügt er hinzu. Fest stehe schon jetzt: "Die Massenproduktion der Endgeräte wird nicht in Europa stattfinden."

    Vor allem die Chinesen sind nicht bereit, sich mit bloßen Handlangerdiensten zufrieden zu geben – immerhin haben sie bereits Investitionen von 200 Millionen Euro für das Projekt zugesichert. Wie Brancheninsider berichten, zeigten Konzerne aus der Volksrepublik großes Interesse am Bau der Atomuhren, die für die Präzision des Galileo-Signals verantwortlich sein werden. Europas Raumfahrtindustrie hat sich geschworen, in kritischen Bereichen nicht mit außereuropäischen Partnern zu kooperieren. Doch der Schwur schützt nicht vor der Angst.

    "Der Abfluss von Kerntechnologie bereitet uns Bauchschmerzen", so Galileo-Experte Mager. Auch Sascha Lange von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin warnt: "Wenn die Chinesen mit eingebunden sind, kann man sich vorstellen, wer die Galileo-Produkte später anbieten wird." Bereits jetzt besteht an der Uni Peking ein Forschungszentrum, das sich Galileo widmet. Chinesische Parter haben Aufträge für die Entwicklung von Anwendungen unter anderem für die Fischerei erhalten – weitere werden folgen.

    "Der Weg, den die deutsche Industrie zu oft gegangen ist"

    Dabei setzt die EU in das Vorhaben große wirtschaftliche Hoffnungen. Man geht davon aus, dass sich für Galileo-Empfänger und Galileo- Dienstleistungen ein gigantischer Markt entwickelt. 150.000 Arbeitsplätze sollen dadurch allein in Europa geschaffen werden. Damit in Deutschland die Joboffensive gelingt, muss der Mittelstand den Jobmotor spielen.

    Doch dort ist man sich der Herausforderung noch nicht bewusst. "Wir müssen dafür sorgen, dass die kleinen und mittleren Unternehmen der Branche eine Vorstellung von den Galileo-Möglichkeiten bekommen", sagt Michael Sandrock, Vorsitzender von TelematicsPRO. In diesem Verein sind rund 100 Firmen organisiert, die mit Datenverarbeitung und Nachrichtentechnik ihr Geld verdienen. Sandrock warnt: "Wer jetzt wartet, geht den Weg, den die deutsche Industrie schon zu oft gegangen ist" – immerhin haben sich chinesische Hersteller auch in Bereichen wie Unterhaltungselektronik oder beim Bau von Haushaltsgeräten in nur wenigen Jahrzehnten an die Weltspitze vorgearbeitet.

    Der Kampf um den Standort für Massenproduktion der Galileo-Geräte lässt sich schon nicht mehr gewinnen – dafür sind die Bedingungen in China zu verführerisch. Und im Wettbewerb um die besten Galileo-Entwicklungen ist schnelles Handeln nötig. Das Problem: Ein kleiner Forschungsbetrieb mit dünner Personaldecke kann nicht mal eben eine Projektgruppe für eine Entwicklung abstellen, deren Grundlage erst 2010 existiert.

    Deswegen haben vier Unternehmensverbände aus Berlin und Brandenburg im Sommer das Galileo Anwendungszentrum in der Hauptstadt gegründet. Dort sollen die 300 vertretenen Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen gemeinsam nach Innovationen suchen. Zu einer ersten Diskussionsrunde mit Vertretern von Galileo aus Brüssel und des Raumfahrtkonzerns EADS kamen rund 90 Firmenchefs – mehr als erwartet.

    "Münchner Sippschaft"

    Auch die fernöstliche Konkurrenz war ein Thema: Einige der Raumfahrtvertreter berichteten, sie seinen auf China-Reisen von den Gastgebern mit Fragen geradezu überrannt worden. Der Wissenshunger im Reich der Mitte ist gewaltig. Klar ist: "Der Wettbewerb wird hart. Dem können wir nur standhalten, wenn wir zusammen kämpfen", sagt Peter Hecker, Vorsitzender des Verbands der GeoInformationswirtschaft.

    Laut Ulrich Theis vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) planen die Asiaten sogar ein eigenes GATE-Programm. Ursprünglich ist GATE ein deutsches Projekt, finanziert vom Bundesforschungsministerium. Es will Firmen und Universitäten ermöglichen, bereits jetzt mit dem Galileo-Signal zu forschen – lange bevor alle Satelliten im Orbit sind. Durch GATE wird sich die süddeutsche Stadt Berchtesgaden im Sommer 2006 in ein großes Labor verwandeln, in dem  Wissenschaftler und Ingenieure auf 65 Quadratkilometern die Zukunft simulieren. Sechs Sendemasten werden auf den Hügeln um die Stadt das Galileo- Signal ausstrahlen – ganz so, als seien die Satelliten schon unterwegs. Gegen eine Gebühr können Forscher und Ingenieure dort ihre Galileo-Erfindungen auf Tauglichkeit testen.

    Eigentlich perfekte Bedingungen, um sich für den Kampf um die besten Galileo-Innovationen zu rüsten. Aber schon gibt es Streit darüber, wie förderlich das Projekt für den Technologie-Mittelstand wirklich ist. GeoInformations- Vertreter Hecker bemängelt, kleine Betriebe – zudem nichtbayerische – hätten es schwer, dort einen Fuß in die Tür zu bekommen. Branchenvertreter aus Norddeutschland teilen diese Einschätzung. Einer spricht sogar von der "Münchner Sippschaft". Bei GATE werden diese Vorwürfe zurückgewiesen. Im Gegeneinanderkämpfen hat man bereits Weltniveau.




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      Zum Teil 43

    © 2005-2006 – Dipl.-Ing. Karl-Heinz Dittberner (khd) – Berlin   —   Last Update: 20.12.2009 12.25 Uhr