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Münchner Musterprozeß – OLG-Urteil 1997 khd
Stand:  1.6.2004   (23. Ed.)  –  File: Recht/OLG_Muenchen_1997.html




Hier wird wegen seiner sehr grundsätzlichen Bedeutung das vollständige (28-seitige) Berufungs-Urteil vom 22. Juli 1997 des Oberlandesgerichts München (OLG) im "Münchner Musterprozeß" (Tarifreform 1996) gegen die Deutsche Telekom AG dokumentiert. Für die korrekte Digitalisierung des Textes wird keine Gewähr übernommen.

Erläuternde Kommentierungen sind hier mit [Ed: ...] zugefügt worden. Auch wurden zur besseren Lesbarkeit der Web- Publikation einige Textstellen durch Fettdruck hervorgehoben. Einige offensichtliche Tippfehler im Urteil (beispielsweise wird im Urteilstext der 19. Antrag mit "IXX" bezeichnet) wurden hier richtiggestellt. Zugefügt wurden Links zu den zitierten Paragraphen von Gesetzen, die im Internet verfügbar sind [Ed-18.2.2004: sorry, nun offensichtlich nicht mehr]. Leider konnten bisher für die TKV von 1992 und von 1995 keine Links im Netz lokalisiert werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Denn das OLG hat trotz eines Streitwerts von 15.000 DM wegen der "grundsätzlichen Bedeutung" des Rechtsstreits die Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zugelassen. Der Telekom dürfte dieses OLG-Urteil unangenehm sein. Denn das OLG hat im Urteil beispielsweise die grundsätzliche Frage der Überprüfbarkeit der Tarife bejaht und damit zu Lasten der Telekom geklärt. Und das hat auch für die Telefon-Tarife der neuen Telefongesellschaften Bedeutung. Die Deutsche Telekom ging davon aus, daß die behördliche Genehmigung durch das Bundespostministerium (künftig durch die neue Regulierungsbehörde) ausreicht, und daß deshalb ordentliche Gerichte die Tarife nach den Kriterien des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht mehr überprüfen dürfen. Unklar bleibt in dem Urteil die Rolle des EU-Wettbewerbsrechts.

Die Revisionsentscheidung des BGH erfolgte bereits am 2. Juli 1998 unter dem Aktenzeichen III ZR 287/97. Der Bundesgerichtshof entschied, daß die Telekom-Preise von 1996 nicht überhöht sind. [mehr]

Index:



OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN     – 25. Zivilsenat –

Aktenzeichen:   25 U 5688/96  –  3 O 11256/96 LG München I

Urteil vom 22.7.1997:



In dem Rechtsstreit

Prof. Dr. Volker Thieler, (...), 81379 München

– Kläger und Berufungskläger –

(...)

gegen

Deutsche Telekom AG, Niederlassung 4 München, vertreten durch (...)

– Beklagte und Berufungsbeklagte –

(...)

wegen Feststellung

erläßt der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Reichold, die Richter am Oberlandesgericht Dr. Stroh-Lenz und Dr. Hüßtege auf Grund der mündlichen Verhandlung am 10.6.1997 folgendes


ENDURTEIL:

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 24.9.1996 wird zurückgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  3. Der Wert der Beschwer des Klägers übersteigt DM 60.000,– nicht.
    Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.



Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die von der Beklagten zum 1.1.1996 vorgenommene Erhöhung der Leistungsentgelte für den Telefondienst im Verhältnis zum Kläger wirksam geworden ist.

Der Kläger ist seit dem 12.10.1995 Inhaber des Telefonanschlusses 089/ (...), den er in seiner Anwaltskanzlei für Gespräche mit Mandanten einsetzt.

Die Beklagte änderte zum 1.1.1996 ihre bis dahin geltenden Tarife für die Benutzung des Telefondienstes. Die geänderten Tarife wurden im Amtsblatt des BMPT [Ed: Bundesministerium für Post und Telekommunikation] Nr. 25/95 vom 15.11.1995 veröffentlicht. Dem Kläger wurde im November 1995 die "Preisinformation Teil 1" und die "Preisinformation Teil 2" (Anlagen ... d.A.) übersandt. Ferner ging ihm mit der Telefonrechnung für November 1995 das Faltblatt "Tarifkonzept 1996" (Anlage ... d.A.) zu. Die in der "Preisinformation Teil 2" und in dem Faltblatt "Tarifkonzept 1996" aufgeführten und im Amtsblatt des BMPT veröffentlichten Tarifentgelte wurden vom BMPT am 31.10.1995 genehmigt. Die Beklagte hat ab November 1995 über die zum 1.1.1996 in Kraft tretenden Tarife in den Medien durch Anzeigen und Werbesendungen informiert.

Der Kläger hat gemeint, die Erhöhung der Leistungsentgelte in Bezug auf seinen Anschluß sei nicht wirksam. Die in der Form einer Änderung der dem Vertragsverhältnis zu Grunde liegenden AGB der Beklagten erfolgte Anpassung der Tarife verstoße gegen § 5 II, III TKV (1992). Die geänderte AGB der Beklagten seien auch nicht wirksam in den Vertrag mit dem Kläger einbezogen worden, denn die geänderten AGB hätten nicht in allen Niederlassungen der Beklagten aufgelegen. Die Erhöhung sei auch unter Verletzung von § 315 BGB erfolgt, da die einseitige Tariferhöhung nicht der Billigkeit entspreche. Sie sei auch nichtig, weil die von der Beklagten geforderten Leistungsentgelte unter mißbräuchlicher Ausnutzung einer Monopolstellung verlangt würden. Wegen der Einzelheiten der klägerischen Rechtsauffassung wird auf die erstinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die mit Wirkung vom 1.1.1996 erfolgte Änderung der Leistungsentgelte und der Leistungsbeschreibung für den Telefondienst (abgedruckt im Amtsblatt des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation Nr. 25/95 vom 15.11.1995) auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bezüglich des Telefonanschlusses 089/ (...) keine Auswirkungen hat.

  2. hilfsweise festzustellen, daß die für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien betreffend den Telefonanschluß 089/ (...) von der Beklagten zum 1.1.1996 vorgenommene Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist. Insbesondere wird festgestellt, daß in folgenden Bereichen folgende Änderungen nicht eingetreten sind:

    1.3.1 (Tarifierungsgrundsätze)
    1.3.2 (Tarifentfernung)
    1.3.6 (Preise bzw. Zeiteinheiten Inlandsverbindungen)
    1.3.5 (Tarifzeiten Inlandsverbindungen)


Die Beklagte [Ed: Telekom] hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung gewesen, daß die von ihr vorgenommene Tariferhöhung im Vertragsverhältnis zum Kläger wirksam sei. Die geänderten AGB seien gem. § 23 Abs. 2 Nr. 1 a AGBG und § 5 II, III TKV wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Die geänderten AGB einschließlich der Leistungsbeschreibungen und Preislisten mit dem Inhalt der Veröffentlichung des Amtsblattes des BMPT Nr. 25/95 vom 15.11.1995 seien von den Niederlassungen der Deutschen Telekom AG, Deutschen Post AG und Postbank AG ab Anfang Dezember 1995 zur Einsichtnahme bereitgehalten worden. Die Kunden der Beklagten und somit auch der Kläger seien über die Tarifänderungen ausreichend informiert worden. Die Tarife seien auch angemessen und nicht sittenwidrig. Wegen der Einzelheiten der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung wird auf deren erstinstanzliche Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht München I hat mit Endurteil vom 24.9.1996 die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, daß der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wegen der privatrechtlichen Natur des Anspruchs, den der Kläger geltend macht, gegeben sei. Die Genehmigung der Leistungsentgelte durch das BMPT führe zwar für sich allein nicht zur Anwendung der AGB im Verhältnis zwischen den Parteien; insbesondere seien die AGB am Maßstab der §§ 242, 134, 138 BGB zu messen. Jedoch seien die Ausführungen des Klägers zur Unwirksamkeit der AGB zu pauschal und damit unbeachtlich. Die Entgelte seien auch nicht wucherisch. Es sei gerichtsbekannt, daß die allgemeinen Kosten im Telefonbereich gegenüber früher seit dem 1.1.1996 nicht in einer Weise gestiegen seien, daß von der Ausnützung einer Notlage und wucherischen Preisgestaltungen gesprochen werden könne. Soweit der Kläger diese Auffassung in Bezug auf einzelne Tarife vertrete, könne dem nicht gefolgt werden. Es müsse das ganze Tarifwerk der Beklagten betrachtet werden, das zwar in sich differenziert, aber für das Rechtsverhältnis zwischen Anbieter und Kunden als Einheit anzusehen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Tarife wirksam gem. § 5 TKV veröffentlicht worden seien. Denn jedenfalls jetzt lägen in allen Postämtern und Telefonzellen die Tarifveröffentlichungen der Beklagten vor. Mögliche Verzögerungen im Januar 1996 rechtfertigen den Klageantrag nicht. Die Tarifinformationen der Beklagten seien auch leicht verständlich und gut illustriert.

Gegen das dem Kläger am 11.10.1996 zugestellte Endurteil hat dieser am 11.11.1996 Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung am 3.1.1997 begründet.

Er rügt das Verfahren erster Instanz. Ferner setze sich das Ersturteil nicht mit den rechtlichen Argumenten des Klägers auseinander. Insbesondere habe das Gericht nicht den Vorwurf des Wuchers geprüft. Es sei unzulässig, das gesamte Tarifgemenge der Beklagten, welches aus 4.000 Tarifbereichen bestehe, als einen Tarifblock anzusehen und deshalb zu argumentieren, es liege kein Wucher vor. Der Kläger habe bei Benutzung einer öffentlichen Telefonzelle nicht den Wunsch, mit 4.000 verschiedenen Tarifzonen und Tarifgebieten einen Vertrag zu schließen; vielmehr wolle er einen Vertrag über die Benutzung eines öffentlichen Fernsprechers schließen, um ein Ortsgespräch zu führen. Das Argument der Beklagten, sämtliche Gebührentatbestände seien mit der Benutzung der Telefonzelle als Einheit angeboten, sei lebensfremd und juristisch abwegig. Der Kläger schließe mit der Beklagten für jede von ihr angebotene Leistung einen Vertrag. Die Beklagte müsse, wenn sie alle Leistungen zur Verfügung stellen wolle, in ihren AGBs darauf hinweisen.

Der Kläger habe daher einen Anspruch darauf, daß die einzelnen Tariftatbestände, die von ihm gerügt werden, überprüft werden. Jede einzelne Leistung der Gebühr müsse nachvollziehbar nachgewiesen werden. Nur für diese Leistung müsse er ein Entgelt zahlen. Die Beklagte habe die Telefongebühren nur deshalb drastisch erhöht, um genügend Geld für eine Werbeaktion in Höhe von DM 600 Millionen zur Verfügung zu haben, damit sie ihre Aktien verkaufen konnte, weil sonst kein Aktionär eine Aktie eines Unternehmens, das fast DM 100 Milliarden Schulden habe, gekauft hätte. Soweit sich das Erstgericht mit § 5 TKV auseinandersetze, habe das Gericht verkannt, daß bei der von ihm unterstellten fehlerhaften Veröffentlichung der Tarife die Erhöhung nicht in Kraft trete. Zur inhaltlichen Verständlichkeit der Bekanntmachung über die Tarifänderungen habe das Landgericht nur ungenügende Allgemeinplätze von sich gegeben.

Der Kläger beantragt:

  1. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 24.9.1996 zum Aktenzeichen 3 O 11256/96 wird aufgehoben.

  2. Es wird festgestellt, daß die mit Wirkung vom 1.1.1996 erfolgte Änderung der Leistungsentgelte und der Leistungsbeschreibung für den Telefondienst (abgedruckt im Amtsblatt des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation Nr. 25/95 vom 15.11.1995) auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bezüglich des Telefonanschlusses 089/ (...) keine Auswirkungen hat.

  3. Hilfsweise wird festgestellt, daß die für das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien betreffend den Telefonanschluß 089/ (...) von der Beklagten zum 1.1.1996 vorgenommene Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ist. Insbesondere wird festgestellt, daß in folgenden Bereichen folgende Änderungen nicht eingetreten sind:

    1.3.1 (Tarifierungsgrundsätze)
    1.3.2 (Tarifentfernung)
    1.3.6 (Preise bzw. Zeiteinheiten Inlandsverbindungen)
    1.3.5 (Tarifzeiten Inlandsverbindungen)

    Hilfweise:

  4. Es wird festgestellt, daß die Erhöhung der monatlichen Grundgebühr für den Zweitanschluß von 10,60 DM auf 24,60 DM um 132,08 % nichtig ist.

  5. Es wird festgestellt, daß die Erhöhung der einmaligen Anschlußkosten für den Erstanschluß von 65,– DM auf 100,– DM zzgl. Fahrtkosten und Arbeitsstunden nach Aufwand und Mehrwertsteuer um mehr als 53,85 % nichtig ist.

  6. Es wird festgestellt, daß die Erhöhung der einmaligen Anschlußkosten für den Erst- und Zweitanschluß von 130,– DM auf 200,– DM zzgl. Fahrtkosten und Arbeitsstunden nach Aufwand und Mehrwertsteuer um mehr als 53,85 % nichtig ist.

  7. Es wird festgestellt, daß die Erhöhung der betriebsfähigen Bereitstellung des zweiten Telefonanschlusses, wenn der erste vorhanden ist, von 65,– DM auf 100,– DM zzgl. Fahrtkosten und Arbeitsstunden nach Aufwand und Mehrwertsteuer um mehr als 53,85 % nichtig ist.

  8. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung im früheren Orts- und Nahbereich – dem jetzigen Citybereich – von 360, bzw. 720 Sekunden auf 90, bzw. 150 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 6 (360 Sekunden bzw. 720 Sekunden) minütiges Gespräch um 108,70 % bzw. 45,52 % ist unwirksam.

  9. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Regionalverbindungen von 50 km von 360, bzw. 720 Sekunden auf 336, 30, 45 bzw. 60 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist.

  10. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Verbindungen zu Mobilfunkanschlüssen C (Zugangskennzahlen 01610 bis 01617 und 01619) von 10,6 bzw. 23 Sekunden auf 5,4 bzw. 11,5 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 23-Sekunden- Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  11. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für C-Mobilboxen (Zugangskennzahl 01618) von 10,6 bzw. 23 Sekunden auf 11,4 bzw. 16,7 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 23-Sekunden-Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  12. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Verbindungen zum Mobilfunknetz D1 von 10,54 bzw. 26,3 Sekunden auf 5,4 bzw. 13 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 26,3-Sekunden-Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  13. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Verbindungen zum Mobilfunknetz D2 von 10,45 bzw. 26,33 Sekunden auf 5,4 bzw. 13 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 26,33-Sekunden-Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  14. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Verbindungen zum Mobilfunknetz E-plus von 10,45 bzw. 26,33 Sekunden auf 5,4 bzw. 13 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 26,33-Sekunden-Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  15. Es wird festgestellt, daß die Neueinführung eines Entgeltes für die Auskunftsleistung über Inlandsnummern von derzeit 4 Tarifeinheiten zzgl. eines Verbindungsentgelts in Höhe von 1 Tarifeinheit unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für die Inlandsauskunft von 0,23 DM auf 0,60 DM um 160,87 % ist unwirksam.

  16. Es wird festgestellt, daß die Neueinführung eines Entgeltes für die Auskunftserteilung durch die Auslandsauskunft von 8 Tarifeinheiten unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für die Auslandsauskunft 0,00 DM auf 0,96 DM ist unwirksam.

  17. Es wird festgestellt, daß die Taktumstellung für Verbindungen zum Televotumsdienst mit Zugangskennzahl 0137 von 21 bzw. 42 Sekunden auf 20 Sekunden bei gleichzeitiger Halbierung der Einheit von 0,23 DM auf 0,12 DM unwirksam ist. Die Verteuerung der Kosten für ein 42-Sekunden-Gespräch um 56,52 % ist unwirksam.

  18. Es wird festgestellt, daß die Erhöhung der Kosten für die Änderung der Rufnummer je Anschluß von 65,00 DM auf 100,00 DM um 53,85 % unwirksam ist.

  19. Es wird festgestellt, daß die Kosten für die Benutzung öffentlicher Fernsprecher in Postämtern von 0,20 DM auf 2,20 DM um 1000 % unwirksam ist.



Die Beklagte [Ed: die Telekom] beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit der Kläger seine Klage in der Berufungsinstanz erweitert hat, läßt sich die Beklagte hierauf ein. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie aus, daß die Tarife der Beklagten nicht wucherisch seien. Dies ergebe sich daraus, daß die Orts- und Ferngespräche in den alten Bundesländern um 4,5 % und in den neuen Bundesländern um 4,7 % billiger geworden seien. Bei der Tarifgestaltung sei auch der enorme Kostenaufwand für die Aufbauleistung der Beklagten und ihrer Rechtsvorgänger in den neuen Bundesländern zu berücksichtigen. Das Landgericht habe zu Recht das Tarifwerk als Einheit betrachtet. Nur in ihrer Gesamtheit seien die Tarife an § 138 BGB [Ed: Wucherparagraph] zu messen. Das Tarifwerk umfasse auch nur 4 Tarifbereiche und 5 Tarifzeiten, so daß 20 verschiedene Tarife entstanden seien. Die übrigen Tarife würden sich auf zusätzliche Leistungen, die jeweils gesondert zwischen der Beklagten und dem Telefonkunden zu vereinbaren seien, beziehen.

Die Anträge in den Ziffern XV, XVI und XIX des Klägers beträfen nicht Leistungen der Beklagten über den Telefondienst für den streitgegenständlichen Anschluß. Der Antrag IV sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger nicht behaupte, Inhaber eines zweiten Telefonanschlusses zu sein. Im übrigen sei er auch unbegründet, weil es einen Zweitanschluß seit dem 1.1.1996 nicht mehr gebe. Der Antrag V sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Anschluß des Klägers unstreitig bereits vor dem 1.1.1996 hergestellt worden sei. Der Antrag VI sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, weil der Kläger Altkunde sei und deshalb der angegriffene Tarif bei ihm nicht mehr zutreffen könne. Dasselbe gelte auch für den Antrag VII. Das Bereitstellungsentgelt könne im konkreten Fall nicht mehr entstehen.

Die Anträge VIII und IX seien unbegründet; die Tarife müßten in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Die Anträge X bis XIX seien unbegründet, weil es in den gerügten Tarifen nicht zu einer Verteuerung der Tarife gekommen sei, sondern lediglich zu einer Anpassung der Tarife an den neuen Zeittakt, ohne daß sich dieses auf die Gebühren niederschlage. Auch die Anträge XV und XVI seien unbegründet. Die Verbindung zur Auslandsauskunft sei weiterhin unentgeltlich. Die Verbindung zur Inlandsauskunft sei günstiger geworden. Die Auskunftserteilung selbst sei aber nicht Gegenstand des Vertrags über die Verbindung. Hierfür fallen gesonderte Entgelte an. Im übrigen sei die Auskunftserteilung keine Monopol-, sondern Wettbewerbsleistung. Der Antrag XVII gehe von einer falschen Berechnung aus. Der Anruf beim Televotumsdienst koste jetzt 0,24 DM anstelle von bisher 0,23 DM. Für den Antrag XVIII fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, da er nicht vorgetragen habe, seine Rufnummer ändern zu wollen. Der Antrag XIX sei unbegründet, weil die Benutzung öffentlicher Fernsprecher in Postfilialen nicht Gegenstand des zwischen den Parteien bestehenden streitgegenständlichen Vertragsverhältnisses sei. Der Kläger könne jederzeit die öffentlichen Fernsprecher der Beklagten oder von Mitbewerbern nutzen.

Soweit der Kläger die Tarife im Hinblick auf § 315 BGB [Ed: Leistungsbestimmung durch eine Partei, Billigkeit] beanstande, könne dieses Vorbringen nicht zum Erfolg der Berufung führen. Denn sie dürfe ihre Telefondienstleistungen nur zu den Tarifen auf dem Markt anbieten, welche zuvor vom BMPT genehmigt worden seien. § 315 BGB sei daher auf das vom BMPT genehmigte Tarifwerk nicht anzuwenden. Dies ergebe sich aus § 13 III TKV (1995). Selbst wenn aber § 315 BGB anzuwenden wäre, sei im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen, daß es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein als Abrufvertrag gestaltetes Dauerschuldverhältnis handele, welches den Kläger bei ständiger Leistungsbereitschaft der Beklagten berechtige, diejenigen Standardleistungen für sich in Anspruch zu nehmen, die er für sich auswählt. Dies berücksichtige der Kläger nicht, wenn er nur auf einzelne Tarife abstelle, ohne auf das Gesamtgefüge zu achten. Soweit der Kläger sich auf eine Studie über Preisvergleiche stütze, sei diese methodisch fehlerhaft und sachlich unzutreffend. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die in der Berufungsinstanz eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist sowohl im Hauptantrag, als auch in den Hilfanträgen unbegründet. Seine Berufung ist daher zurückzuweisen.


I. Zu Ziffer II des Berufungsantrags:

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 25/95 des Bundesministeriums für Post und Telekommunikation vom 15.11.1995, Seite 1467 ff. sind wirksam und in das zwischen dem Kläger und der Beklagten über den Telefonanschluß 089/ (...) bestehende Vertragsverhältnis einbezogen worden.

  1. Die geänderte AGB der Beklagten sind gem. § 5 TKV (1992) wirksam geworden.

    1. Die TKV (1992) vom 5.10.1992 ist für diese Frage maßgeblich. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der streitgegenständlichen AGB der Beklagten war diese Verordnung noch in Kraft.

    2. Die AGB der Beklagten samt deren Änderungen wurden gem. § 5 II S. 1 TKV (1992) amtlich im Amtsblatt des BMPT veröffentlicht.

      Der Kläger wurde über die Änderungen der AGB auch ausreichend gem. § 5 III S. 1 TKV informiert.

      1. § 5 III S. 1 TKV (1992) schreibt nicht vor, welche Anforderungen an die Information über die Änderungen zu stellen sind.

        § 5 III S. 1 TKV (1992) verlangt nicht eine Bekanntgabe des Inhalts der Änderung, sondern nur eine geeignete Information über den Umstand, daß eine Änderung der AGB vorgenommen wurde. Daraus folgt, daß nicht sämtliche Änderungen dem Kunden mitzuteilen sind, sondern nur der Kern der Änderungen in einer für den Verbraucher verständlichen Art und Weise. Diese Auslegung folgt aus § 5 II S. 1 2. Hs. TKV (1992). Dem Bedürfnis des Kunden, den genauen Inhalt der Änderungen zu erfahren, wird nämlich dadurch Rechnung getragen, daß die AGB bei den Ämtern des Post- und Fernmeldewesens bereitzuhalten sind.

      1. Die von der Beklagten erstellten Preisinformationen Teil 1 und Teil 2 sowie die ergänzenden Preisinformation zum Tarifkonzept 1996 (Anlagen ....) entsprechen den Anforderungen an eine geeignete Information des Klägers über die vorgenommenen Änderungen der AGB.

        Die wesentlichen Informationen über die geänderten AGB enthält die Preisinformation Teil 2 beginnend ab S. 9. Zunächst wird auf der S. 9 die entscheidende Änderung vorgestellt, nämlich Verkürzung des Zeittakts und Änderung des Entgelts pro Zeittakt. Ab S. 11 werden die Tarifzeiten dargestellt. Ab S. 16 werden die vier nationalen Tarifbereiche, ergänzt durch das Vorwahlverzeichnis (Preisinformation Teil 1) und ab S. 22 die internationalen Tarifbereiche vorgestellt. Ergänzt werden diese Angaben durch zahlreiche Berechnungsbeispiele. Auch wenn diese Preisinformationen durch Werbung und Grafiken unterbrochen werden, so informieren sie in noch verständlicher Weise die Telefonkunden über die Änderungen der Tarife zum 1.1.1996, da der Kern der Änderung der AGB dargestellt wird. Hierbei darf nicht übersehen werden, daß die Beklagte unstreitig auch in den Medien über ihr zum 1.1.1996 geändertes Tarifkonzept informiert hat, so daß jedenfalls diese Informationen in ihrer Gesamtheit geeignet waren, den Kunden über die Änderungen der AGB zu informieren.

      1. Nicht zu beanstanden ist, daß die Beklagte nicht selbst, sondern durch einen Dritten die Preisinformationen an ihre Kunden versandt hat. Bei diesem Dritten handelt es sich um einen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) der Beklagten. Es ist der Beklagten weder vertraglich noch durch eine Rechtsnorm verboten, zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen einen Dritten einzusetzen.

    3. Die AGB der Beklagten sind allein mit der Veröffentlichung im Amtsblatt des BMPT am 15.11.1995 gem. $ 5 II S. ?? TKV (1992) allgemein wirksam geworden. Denn § 5 II S. 2 TKV (1992) stellt für das Wirksamwerden nicht darauf ab, daß die AGB in den dort genannten Ämtern aufliegen.

      Die AGB sind auch gem. § 5 III S. 2 TKV (1992) gegenüber den Kunden wirksam geworden, weil die Information über die Änderung der AGB in geeigneter Weise erfolgte.

  2. Die zum 1.1.1996 geänderten und wirksam gewordenen AGB der Beklagten sind auch Bestandteil des zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Vertrags geworden.

    1. Aus § 5 I TKV (1992) folgt, daß die AGB Bestandteil des Vertragsverhältnisses mit dem Kunden sind, wenn die Voraussetzungen des § 5 II, III TKV (1992) vorliegen, was – wie dargestellt – zutrifft.

    2. Ob daneben § 23 II Nr. 1 a AGBG zu prüfen ist, ist fraglich.

      1. Dagegen spricht vor allem, daß § 5 TKV (1992) als lex specialis die Frage des Wirksamwerdens der AGB und deren Einbeziehung bereits regelt und damit für andere Vorschriften mit gleichem Regelungsgehalt kein Raum ist. § 23 II Nr. 1 a AGBG könnte aber auch als Ergänzung zum § 5 TKV (1992) zu verstehen sein, da § 5 TKV (1992) die Einigung der Parteien über die Geltung der AGB i. S. von §§ 145 ff BGB nicht ausdrücklich regelt. So gesehen würde § 23 II Nr. 1 a AGBG lediglich von dem Erfordernis eines Einbeziehungsvertrags nach § 2 AGBG, wenn die in § 23 II Nr. 1 a AGBG genannten Voraussetzungen gegeben sind (so BGH NJW 1996, 2374), befreien.

      1. Letztlich kann diese Frage dahingestellt bleiben. Denn die Voraussetzungen von § 23 II Nr. 1 a AGBG liegen auch vor.

        1. Die AGB einschließlich der darin festgelegten Leistungsentgelte wurden unstreitig ordnungsgemäß im Amtsblatt des BMPT veröffentlicht.

        1. Zwar behauptet der Kläger, daß die geänderten AGB Ende Dezember 1995/Anfang Januar 1996 bei den von ihm oder den benannten Zeugen aufgesuchten Niederlassungen der Beklagten nicht aufgelegen hätten. Selbst wenn dies zutrifft, rechtfertigt dieser Umstand noch nicht, § 23 II Nr. 1 a AGBG nicht anzuwenden. Sinn und Zweck des § 23 II AGBG ist es, dem Kunden eine Einsichtsmöglichkeit in den Wortlaut der AGB zu geben, falls bei ihm ein erhöhtes Informationsbedürfnis entstanden ist, das durch die allgemeine Information, die er auf Grund des § 5 III TKV (1992) erhalten hat, nicht befriedigt worden ist. Da der Kunde über den Inhalt der geänderten AGB durch die Information der Beklagten nach § 5 III TKV (1992) informiert ist, reicht es daher für § 23 II Nr. 1 a AGBG aus, daß die Beklagte alles Erforderliche getan hat, damit die AGB in ihren Niederlassungen bereitgehalten werden. Es ist nicht erforderlich, daß die AGB bei jeder Niederlassung am 1.1.1996 tatsächlich bereitlagen (Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., §§ 23 / 24 AGBG Rn. 5), sofern die Beklagte ihren Niederlassungen ihre geänderten AGB zur Verfügung gestellt hat. Dieses ist nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten der Fall gewesen. Daß der Kläger oder von ihm benannten Zeugen die AGB in einzelnen Niederlassungen nicht sofort erhalten haben, steht daher einer Einbeziehung nach § 23 II Nr. 1 a AGBG nicht entgegen.

    3. Die Einbeziehung der geänderten AGB der Beklagten scheitert auch nicht an § 3 AGBG. Eine ungewöhnliche Klausel kann zwar vorliegen, wenn das Entgelt für eine vertragliche Leistung hoch ist (Palandt/Heinrichs, § 3 AGBG Rn. 2 m.w.N.), jedoch muß noch hinzukommen, daß die Klausel für den Verwendungsgegner überraschend ist. Der Klausel muß ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen (BGHZ 100, 82/85). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden (BGH NJW 1995, 2637/2638). Dies ist hier deshalb nicht gegeben, weil die Telefontarife der Beklagten seit spätestens Anfang 1995 in der öffentlichen Diskussion standen. Die Beklagte hat vor dem Inkrafttreten der Änderungen zudem unstreitig in den Medien über die geänderten Leistungsentgelte informiert. Die äußere Gestaltung der AGB, insbesondere die Listen über die Leistungsentgelte, bieten ebenfalls keinen Anhaltspunkt für die Anwendung von § 3 AGBG.

    Da die geänderten AGB der Beklagten somit wirksam in das Vertragsverhältnis mit dem Kläger einbezogen worden sind, ist der Hauptantrag unbegründet.



II. Zu Ziffer III des Berufungsantrags:

Der in Ziffer III gestellte Hilfsantrag des Klägers ist unbegründet.

  1. Die AGB der Beklagten über die Leistungsentgelte verstoßen nicht gegen das Transparenzgebot.

    Dies wäre nur dann der Fall, wenn die AGB der Beklagten so unklar und undurchschaubar wären, daß dies zu einer Unwirksamkeit nach § 9 I AGBG führen müßte (vgl. BGHZ 106, 42/49). Die Ziffer 1.3 der Anlage 2 (Preisliste Telefondienst) ist weder unübersichtlich aufgebaut, noch sind die Kosten für ein Telefongespräch aus sich heraus unklar oder auch nur besonders schwer zu berechnen. Eindeutige Zusammenhänge zu erkennen, überfordert die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden ebensowenig wie einfache Berechnungen unter Zuhilfenahme des Einmaleins anzustellen. Auch wenn nicht alle Berechnungen mühelos durchzuführen sind, so verstößt das Tarifsystem der Beklagten nicht deshalb schon gegen das Transparenzgebot. Denn die Transparenzanforderungen dürfen nicht überspannt werden (BGH NJW 1993, 2052/2054). Auch der Umstand, daß die Tarife in verschiedene Tarifbereiche und Tarifzeiten gespalten sind, reicht nicht für die Bejahung eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus. Denn eine Intransparenz scheidet dann aus, wenn der Verwender diese durch mündliche oder schriftliche Informationen ausgeräumt hat (BGH NJW 1993, 2052/2054). So ist es hier. Die Beklagte hat durch ihre Informationsschriften den Kläger umfangreich über die Berechnung der einzelnen Leistungsentgelte informiert. Die Beklagte hat dem Kläger Berechnungsbeispiele und eine Art Rechenschieber, mit dessen Hilfe weitere Berechnungen durchgeführt werden können, zukommen lassen. Der Kläger kann auf Grund der ihm von der Beklagten überlassenen Informationen mit Hilfe einer Uhr, Bestimmung der Uhrzeit, zu welcher er telefoniert und nach Information über das Tarifgebiet, in das er telefoniert, das Leistungsentgelt für das konkrete Telefongespräch berechnen.

  2. Die vom Kläger als unwirksam gerügten Leistungsentgelte unterliegen nach § 8 AGBG nicht der Inhaltskontrolle (Horn, WM Sonderbeilage Nr. 1/1997, S. 8 m.w.N.), weil die Vertragsparteien nach dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Privatautonomie Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei bestimmen können (vgl. auch BGHZ 124, 254/256). Bei den von der Beklagten verlangten, vom Kläger gerügten Entgelten gem. Ziffer 1.3.6 der Anlage 2 handelt es sich auch nicht um kontrollfähige (Preis-) Nebenabreden, d. h. Abreden, die das Hauptleistungs- versprechen einschränken, verändern oder aushöhlen (Horn, aaO, S. 12) und damit mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Recht treten kann (BGHZ 124, 254/256). Bei diesen Entgelten handelt es sich vielmehr um die primäre Gegenleistung für die Zurverfügungstellung eines Telefonanschlusses. Daran ändert auch nichts, daß die Preise aufgespalten sind. Denn das Prinzip der Kontrollfreiheit gilt auch für eine Aufschlüsselung des Preises in einzelne Teilpreise oder Preisbestandteile für Teilleistungen oder Leistungselemente, die zusammen die Hauptleistung ausmachen (Horn, aaO, S. 9/10).

  3. Die Leistungsentgelte, die sich zusammen aus den Ziffern 1.3.1, 1.3.2, 1.3.3, 1.3.5 und 1.3.6 der Anlage 2 der AGB der Beklagten ergeben, sind auch nicht nichtig gem. § 138 BGB [Ed: Wucherparagraph].

    1. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit gem. § 138 II BGB bestehen nicht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die verlangten Leistungsentgelte in einem auffälligen Mißverhältnis zur Gegenleistung stehen, denn der Kläger trägt nicht ausreichend Tatsachen für die subjektive Seite des § 138 II BGB vor.

      1. Der Kläger konnte das Vertragsverhältnis mit der Beklagten auf Grund des Sonderkündigungsrechts gem. § 5 IV TKV (1992) kündigen.

      1. Der Kläger trägt auch keine Zwangslage vor, aus der sich die Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung des streitgegenständlichen Anschlusses ergibt, zumal der Kläger über weitere Telefonanschlüsse für die von ihm betriebene Anwaltskanzlei verfügt.

    2. Die Leistungsentgelte der Beklagten sind auch nicht nichtig gem. § 138 I BGB. Die Entgeltfestsetzung durch ein Monopolunternehmen ist zwar am Maßstab des § 138 I BGB zu messen (Palandt/Heinrichs, § 138 Rn. 93). Jedoch hat die Beklagte ihre noch bestehende Monopolstellung auf dem Bereich des leitungsgebundenen Telefondienstes bei der Festsetzung der Entgelte ab 1.1.1996 nicht mißbräuchlich ausgenutzt.

      Voraussetzung hierfür wäre zunächst, daß die Beklagte einen überhöhten Preis für ihre Dienste verlangt. Ob ein Preis als überhöht anzusehen ist, richtet sich nach den gesamten Umständen. Dabei kann zum Vergleich auf andere Preise zurückgegriffen werden, soweit vergleichbare Sachverhalte gegeben sind (BGH NJW 1976, 710/711).

      1. Soweit der Kläger zur Feststellung dieses Merkmals auf die bis zum 31.12.1995 geltenden Preis abstellt, ist dieser Vergleichsmaßstab nicht tauglich, um einen Mißbrauch begründen zu können.

        Zum einen handelt es sich bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Deutschen Bundespost, um ein staatliches Unternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge. Die Preise mußten daher unter Berücksichtigung dieses Zwecks festgesetzt werden.

        Der Kläger trägt zum anderen nicht vor, daß die Entgelte, die bis zum 31.12.1995 verlangt wurden, für die erbrachten Leistungen ein angemessenes Äquivalent waren. Aus dem Berufungsvorbringen des Klägers folgt sogar das Gegenteil, indem er vorträgt, daß die Beklagte fast 100 Milliarden DM Schulden hat. Hieraus ist zu schließen, daß die Beklagte jedenfalls bis zum 1.1.1996 nicht kostendeckend gearbeitet hat [Ed: Moment, sie hatte immerhin erhebliche Abgaben an den Bund zu leisten, 1992–1996 waren das rund 28 Milliarden DM]. Die bis zum 31.12.1995 geltenden Preise können daher nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden.

      1. Soweit der Kläger zum Vergleich auf die angeblich niedrigeren Leistungsentgelte ausländischer Telefonunternehmen verweist, liegen nicht vergleichbare Sachverhalte vor, so daß es nicht des Beweises bedarf, ob deren Entgelte günstiger sind als die der Beklagten. Sofern die Entgelte der Beklagten tatsächlich höher sind als die ausländischer Anbieter, ergeben sich diese aus den in Deutschland höheren Kosten, vor allem aus den höheren Lohn- und Lohnnebenkosten (Palandt/Heinrichs, § 138 Rn. 93). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Beklagte selbst im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands einen erhöhten Finanzbedarf hatte, um das Telefonnetz in den neuen Bundesländern aufzubauen. Die ausländischen Unternehmen waren einem solchen Investitionsdruck nicht ausgesetzt.

        Der gegenüber den Preisen der ausländischen Unternehmen möglicherweise höhere Preis ist daher gerechtfertigt, so daß er nicht überhöht und daher sittenwidrig ist (BGH NJW 1976, 710/711).

      1. Soweit der Kläger darüber hinaus die Sittenwidrigkeit der Leistungsentgelte daraus ableiten will, daß die Beklagte für Inlandsgespräche die Preise gegenüber den bis zum 31.12.1995 geltenden Preisen erhöht hat, während sie die Preise für Auslandsgespräche gesenkt hat, kann er hiermit nicht gehört werden. Die Leistungsentgelte stellen sich gegenüber dem Kunden der Beklagten als eine Einheit dar. Mit dem Abschluß eines Vertrags über einen Telefonanschluß kann der Kunde auf das gesamte Leistungsangebot der Beklagten, welches ihm mit dem Anschluß zur Verfügung gestellt wurde, zurückgreifen. Die Beklagte ist verpflichtet, während der gesamten Vertragsdauer für den Kunden sämtliche Leistungsangebote, die Gegenstand des Vertrags sind, bereitzuhalten, auch wenn der Kunde im Einzelfall nicht alle Leistungen in Anspruch nehmen will. Solange der Kunde mit seinem Anschluß sämtliche Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen kann, sind die Tarife als eine Einheit zu betrachten. Die Beklagte ist daher berechtigt, diesen Umstand bei der Preisberechnung zu berücksichtigen, so daß sie die Preise für die einzelnen Leistungen auf Grund einer Mischkalkulation festsetzen kann.

        Da die Beklagte nunmehr ein Wirtschaftsunternehmen ist, muß sie ihre Entgelte für ihre Leistungen nicht nur kostendeckend, sondern auch gewinnorientiert berechnen, um, solange sie noch ein Monopol auf dem leitungsgebundenen Telefonmarkt hat, ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen zu können und zukünftig auf dem Markt konkurrenzfähig zu sein. Denn durch die nichtleitungsgebundenen Telefondienstanbieter und durch den Wegfall des leitungsgebundenen Monopols zum 31.12.1997 entsteht für die Beklagte ein erhöhter Konkurrenzdruck, so daß sie auch jetzt schon zukunftsorientiert denken und arbeiten muß.

    3. Soweit der Kläger vorträgt, daß der mit der Beklagten geschlossene Vertrag gegen Art. 86 EGV verstoße und damit gem. § 138 I oder § 134 BGB nichtig sei, ist diese Vorschrift gem. Art. 90 II EGV zwar auch auf die Beklagte anzuwenden, jedoch enthebt Art. 90 II EGV den Kläger nicht von seiner Darlegungslast für die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 86 EGV. Warum die AGB der Beklagten den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen, legt der Kläger aber nicht dar.

  4. [Ed: Billigkeitsprüfung:] Die in den AGB der Beklagten festgesetzten Leistungsentgelte sind auch nicht unbillig i. S. v. § 315 III BGB.

    1. Die Festsetzung der Tarife durch die Beklagte unterliegt der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 315 III BGB durch das ordentliche Gericht, und zwar unabhängig von der behördlichen Genehmigung durch das BMPT [Ed: Bundesministerium für Post und Telekommunkation] gem. § 4 I PTRegG (BGH WM 1997, 1116/1117; BGHZ 115, 311/316). Dem stehen die Ausführungen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14.7.1997 [Ed: die mündliche Verhandlung war am 10.6.1997] nicht entgegen. Letztlich kann die Frage aber offenbleiben, weil keine Unbilligkeit vorliegt.

    2. Die Beklagte ist zwar für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung darlegungspflichtig (BGH NJW 1992, 174). Sie trägt jedoch ausreichend Tatsachen vor, aus denen sich unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen die Ausgewogenheit des Tarifsystems (vgl. auch § 11 I TKV (1992)) ergibt. Die Einwendungen des Klägers hiergegen rechtfertigen keine andere Beurteilung.

      Das Tarifsystem der Beklagten beruht auf drei Komponenten:
      1.)   Zeitpunkt des Gesprächs,
      2.)   Zeitdauer des Gesprächs,
      3.)   Entfernung zwischen den Teilnehmern.

      Diese drei Faktoren beruhen auf objektiven Maßstäben und können von jedem, der die Dienstleistungen der Beklagten in Anspruch nimmt, nachvollzogen werden (vgl. auch § 9 I TKV (1992)). Jede der drei vorgenannten Komponenten ist für sich auch ein geeignetes Mittel, um einerseits Angebot und Nachfrage sachgerecht regulieren zu können, andererseits zum Funktionieren des Systems beizutragen.

      1. Mit der Einteilung des Tages bzw. der Woche in Tarifzeiten wird das Ziel verfolgt, daß das Telefonleitungssystem gleichmäßiger genutzt wird. Bei Massenschuldverhältnissen müssen nicht die individuellen Interessen jedes einzelnen Kunden berücksichtigt werden. Vielmehr kommt es darauf an, über den Preis zu einer gleichmäßigen Ausnutzung der Telefonleitungen zu gelangen, um so allen Teilnehmern ein bequemes Telefonieren zu ermöglichen. Den Interessen des Kunden wird dadurch Rechnung getragen, daß er außerhalb der Stoßzeiten zu günstigeren Tarifen telefonieren kann. Diejenigen, die während des Vormittags- bzw. Nachmittagstarifs telefonieren müssen, haben den Vorteil, daß genügend Leitungen freistehen.

      1. Durch die Einführung eines Zeittaktes wird gewährleistet, daß jeder gleichmäßig nach dem tatsächlichen Umfang der Inanspruchnahme der Leistungen der Beklagten zahlt. Da die Beklagte zudem die Zeittakte gegenüber dem alten Tarifsystem in kleinere Einheiten unterteilt hat, wird das Tarifsystem gerechter; denn je genauer die Zeiteinteilung ist, desto genauer kann die Berechnung für den Umfang der in Anspruch genommenen Leistung erfolgen [Ed: Ein klares Votum für die technisch mögliche Abrechnung nach Sekunden].

      1. Auch die Einteilung der Tarife in Tarifbereiche ist nicht zu beanstanden. Je weiter die Entfernung zwischen den Gesprächsteilnehmern ist, desto größer ist der technische Aufwand, um den Ansprüchen, die an eine moderne Telekommunikation gestellt werden, zu genügen (vgl. auch §§ 9 I, 21 TKV (1992)).

      1. Durch die Kombination der drei vorgenanten Komponenten trägt die Beklagte auch dem Umstand ausreichend Rechnung, daß sie noch ein Monopol auf dem leitungsgebundenen Telefonmarkt hat. Denn durch die durch das Tarifsystem geschaffenen Möglichkeiten, zu verschiedenen Tageszeiten zu unterschiedlichen Tarifen telefonieren zu können, wird den Bedürfnissen aller Kunden Rechnung getragen. Dies entspricht auch der sich aus § 9 I TKV (1992) ergebenden Verpflichtung der Beklagten, allen Kunden den gleichen Zugang zu allen Monopoldienstleistungen zu gewähren.

        Es mag zwar zutreffen, daß einzelne Kunden auf Grund des zum 1.1.1996 in Kraft getretenen Tarifsystems mehr für die Dienstleistungen der Beklagten zahlen müssen. Jedoch darf bei der Billigkeitsprüfung nicht nur auf eine Zielgruppe abgestellt werden, vielmehr müssen die Interessen aller Teilnehmer und auch die der Beklagten berücksichtigt werden. Denn solange die Beklagte noch ein Monopol auf dem leitungsgebundenen Telefonmarkt hat, hat sie für eine Anschlußmöglichkeit eines jeden, der dies wünscht, Sorge zu tragen, unabhängig davon, mit welchem Kostenaufwand dies verbunden ist. Die Beklagte differenziert daher auch entsprechend § 11 I TKV (1992) zwischen Festengelten für bestimmte Dienstleistungen (vgl. z. B. Ziffer 1.1, 2 der Anlage 2) und Rahmenentgelten (vgl. z. B. Ziffer 1.3.6 der Anlage 2).

    Der Hilfsantrag III der Berufungsbegründung ist daher unbegründet.



III. Zu IV – XIX des Berufungsantrags:

  1. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich gemacht, daß die Anträge IV – XIX der Berufungsbegründung weiter Hilfsanträge nach dem Hilfsantrag III sein sollen. Die in der ersten Instanz noch nicht in der mündlichen Verhandlung gestellten und wegen §§ 261 II, 297 ZPO dort nicht zu berücksichtigenden Anträge (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl., § 296 a Rn. 2) werden erstmals in der Berufung gestellt.

    Damit liegt eine Klageerweiterung vor, deren Zulässigkeit sich nach §§ 523, 263 ff ZPO richtet (Thomas/Putzo, ZPO, 20. Aufl., § 528 Rn. 8). Nachdem die Beklagte sich jedoch ausdrücklich auf die Klageerweiterung eingelassen hat, bestehen insoweit keine Bedenken gegen deren Zulässigkeit.

  2. Die Anträge in Ziffern IV, V, VI, VII, XVIII und XIX sind mangels Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig.

    1. Bei diesen Anträgen handelt es sich um Feststellungsklagen i. S. v. § 256 I ZPO, so daß der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung als besondere Prozeßvoraussetzung der Feststellungsklage schlüssig dartun muß.

    2. Hieran fehlt es. Der Kläger greift die AGB der Beklagten zu den in den vorgenannten Ziffern angesprochenen Fragen an, ohne darzutun, warum er konkret ein Interesse an der Feststellung hat. Dieses darzulegen ist er jedoch verpflichtet, weil sich sonst seine Klage nicht von der eines Verbraucherverbandes nach § 13 AGBG unterscheidet (vgl. hierzu auch Palandt/Heinrichs, § 13 AGBG Rn. 11).

      Im Einzelnen gilt folgendes:

      1. Zu Ziffern IV, VI und VII des Berufungsantrags trägt der Kläger nicht vor, daß er einen Zweitanschluß zu dem bestehenden Anschluß wünscht.

      1. Ein einmaliges Anschlußentgelt (Ziffer V des Berufungsantrags) kann im Rahmen des Vertragsverhältnisses über den Telefonanschluß 089/ (...) nicht mehr anfallen, da der Kläger bereits an das Telefonleitungsnetz der Beklagten vor dem 1.1.1996 angeschlossen worden ist.

      1. Zu Ziffer XVIII des Berufungsantrags trägt der Kläger nicht vor, daß er beabsichtigt, seine Rufnummer zu ändern.

      1. Das Feststellungsinteresse hinsichtlich Ziffer XIX des Berufungsantrags fehlt, weil der Kläger nicht schlüssig darlegt, daß er mit der Beklagten bei der Benutzung einer öffentlichen Telefonzelle in Postämtern in einem Vertragsverhältnis steht. Die Beklagte hat – vom Kläger unwidersprochen – vorgetragen, daß die Erhebung der Gebühren für die Benutzung der öffentlichen Fernsprecher in Postämtern in die Zuständigkeit der Deutschen Post AG fällt. Mit dieser wird ein Vertrag über die Nutzung des Telefons geschlossen. So wie der Kläger mit dieser Klage nicht angreifen kann, daß die Telefongebühren in Hotels nicht denen entsprechen, die er für die Nutzung einer Telefonzelle auf öffentlichen Straßen zahlen muß, so kann er in diesem Verfahren auch nicht das Gebührensystem der Deutschen Post AG zur Überprüfung bringen.

  3. Die Anträge in den Ziffern VIII und IX der Berufungsbegründung sind unbegründet.

    Wie bereits oben unter II 2 b. bb. dargestellt, kann das Tarifsystem der Beklagten nicht nur in einem Teilbereich auf seine Wirksamkeit hin untersucht werden. Vielmehr ist das gesamte Tarifgebilde als eine Einheit auf seine Wirksamkeit am Maßstab des § 138 I BGB zu überprüfen. Dies folgt aus dem Umstand, daß der Kläger mit Zurverfügungsstellung eines Telefonanschlusses die Möglichkeit hat, sämtliche Leistungen, die die Beklagte für diesen Anschluß anbietet, in Anspruch zu nehmen. Etwas anderes mag gelten, wenn die Beklagte dem Kläger nur Ausschnitte aus ihrem Leistungsangebot anbieten könnte, beispielsweise nur das Führen von Gesprächen im City-Bereich. Diese Frage ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreit.

    Die Beklagte hat gem. § 9 TKV (1992) bzw. § 10 I TKV (1995) allen Kunden den gleichen Zugang zu ihren Leistungen zu gewähren. Diese gesetzliche Auflage bedeutet auch, daß die Beklagte die Kosten für die verschiedenen Telefonleistungen so gestalten muß, daß jeder Vertragspartner der Beklagten anteilig an der Unterhaltung und Erweiterung des Telefonnetzes beteiligt werden muß. Dem trägt die Beklagte dadurch Rechnung, daß sie zum einen einen Zeittakt einführt, zum anderen die Tarife nach der Entfernung aufspaltet. Durch die Kombination von Zeit und Entfernung wird der gleiche Zugang zu allen Leistungen der Beklagten gewährleistet. Daher kann das Tarifsystem der Beklagten auch nur auf der Grundlage einer Mischkalkulation entstehen. Wenn nur die Tarife innerhalb eines Tarifbereichs auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen wären und es hier zu einer Unwirksamkeit käme, würde zwangsläufig das Gesamttarifwerk ausgehebelt werden.

    Der Kläger berücksichtigt bei seinem Antrag VIII zudem nicht, daß die Beklagte zusätzlich noch einen Mondschein- und einen Nachttarif eingeführt hat. Diese Tarife müßten, wollte man dem Kläger folgen, auch in die Vergleichsberechnung eingeführt werden.

  4. Die Anträge in den Ziffern X – XIV der Berufungsbegründung sind unbegründet.

    Eine Verteuerung der Gespräche im Vergleich zu den bis zum 31.12.1995 geltenden Tarifen ist nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht eingetreten. Die Beklagte hat lediglich die Tarife an die neuen Zeittakte angepaßt, indem sie sowohl den Zeittakt als auch die Gebühr für eine Zeiteinheit halbiert hat. Auch wenn sich hierbei geringfügige Verschiebungen ergeben haben, weil der Zeittakt überwiegend, der Preis für eine Zeiteinheit jedoch nicht vollständig halbiert worden ist, rechtfertigt dies noch nicht die Anwendung von § 138 I BGB. Soweit der Kläger bei seinem Antrag XI von einer früheren Zeiteinheit von 21 bzw. 42 Sekunden ausgeht und die Beklagte dies bestreitet, hat der Kläger für die Richtigkeit seiner Behauptung keinen Beweis angeboten.

  5. Die Anträge XV und XVI der Berufungsbegründung sind unbegründet.

    1. Soweit der Beklagte die Gebühren für die Telefonauskunft rügt, differenziert er nicht zwischen der Gebühr für das Zustandekommen der Verbindung mit der Auskunftsstelle und der Gebühr für die Erteilung der Auskunft. Die Gebühr für die Verbindung zur Inlandsauskunft ist gegenüber der früheren Gebühr um 0,11 DM gefallen, bei der Verbindung zur Auslandsauskunft fällt weiterhin keine Gebühr an, wie sich aus dem Vergleich der Anlage B 4 und B 5 ergibt.

    2. Die Beklagte hat – vom Kläger nicht bestritten – vorgetragen, daß die Erteilung einer Auskunft keine Monopolleistung der Beklagten ist, sondern auch von anderen Wettbewerbern erbracht wird. Insoweit entfällt eine Überprüfung der Gebühren am Maßstab des § 138 I BGB. Darüber hinaus ist die Auskunftsleistung gem. Ziffer 1.3.6 Nr. 5.4.4 und 5.4.5 nicht Gegenstand des Vertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten. Der Kläger schließt vielmehr mit der Beklagten mit dem Zustandekommen der Verbindung konkludent einen Vertrag über die zu erteilende Auskunft. Der Kläger trägt zudem nicht vor, warum die für die Auskunftserteilung verlangten vier bzw. acht Gebühren nicht angemessen sein sollen. Zwar ist die Beklagte für die Billigkeit der getroffenen Bestimmung beweispflichtig. Jedoch muß sie, wenn der Kläger keinerlei Umstände darlegt, die gegen die Billigkeit sprechen können, nichts vortragen.

    3. Darüber hinaus bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Unbilligkeit. Die Inlandsauskunft selbst kostet 0,48 DM, die Auslandsauskunft 0,96 DM. der Kläger erspart sich mit der Erholung einer Auskunft das Vorhalten sämtlicher inländischer und ausländischer Telefonbücher und das langwierige Suchen der gewünschten Nummer. Auch wenn die Auskunftserteilung bis zum 31.12.1995 kostenlos und Teil des Leistungsangebots für den streitgegenständlichen Vertrag war, so wiederspricht es nicht der Billigkeit, wenn die Beklagte nunmehr ein Entgelt für die Auskunft begehrt. Zum einen hat die Beklagte – wie allgemein bekannt – die technischen Voraussetzungen für die Auskunftserteilung wesentlich verbessert, so daß langes Warten auf eine Verbindung zur Auskunftsstelle entfällt. Zum anderen ist die Auskunftserteilung auch personalintensiv, so daß hier hohe Kosten anfallen. Da die Beklagte nunmehr am Wettbewerb teilnimmt, kann sie für die Erbringung dieser Dienstleistung ein angemessenes Entgelt verlangen. Da die Beklagte zwischen der Inlandsauskunft und der arbeitsintensiveren Auslandsauskunft unterscheidet, entsprechen die Gebühren der Billigkeit.

  6. Der Antrag Ziffer XVII der Berufungsbegründung ist unbegründet.

    Die Beklagte hat – vom Kläger unbestritten – vorgetragen, daß jeder Anruf beim Televotumsdienst innerhalb von 20 Sekunden registriert wird, so daß nunmehr ab dem 1.1.1996 0,24 DM statt bisher 0,23 DM an Gebühren anfallen. Diese Steigerung um 0,01 DM rechtfertigt weder eine Prüfung nach § 138 I BGB, noch nach § 315 I BGB.



IV. Nebenentscheidungen:

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 I ZPO. Der Wert der Beschwer wurde gem. § 546 II ZPO festgesetzt.

Die Revision zum Bundesgerichtshof ist gem. § 546 I Nr. 1 ZPO, § 7 I EGZPO zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind vom Bundesgerichtshof noch nicht vollständig geklärt. Die Entscheidung hat über den anhängigen Rechtsstreit hinaus für eine unbestimmte Vielzahl von Verträgen der Beklagten Bedeutung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.




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