Dilettanten im World Wide Web khd
Stand:  2.9.2007   (31. Ed.)  –  File: Internet/Web_Dilettanten.html




30.12.1999 (t-off). Jede(r) blamiert sich selbst, so gut er kann. Das gilt auch für den Auftritt im World Wide Web (WWW) des Internets. Auch ich mache Fehler beim Entwurf von Webseiten. Wir reden hier aber nicht vom Design bzw. dem Layout von Homepages. Das ist zwar oft auch kritikwürdig, aber letztlich ist es eine Geschmackssache. Wir reden hier vom Funktionieren der Webseiten, also der realen Nutzungsmöglichkeit durchs weltweite Publikum.

Immer häufiger trifft man im Internet auf miserabel formulierte und offensichtlich unzureichend unter verschiedenen Browsern getestete (wichtige) Webseiten. Das verwundert insofern, da sich diese Anbieter durchaus professionelle Unterstützung leisten. Die Idee mit dem WWW (und dem Internet), weltweit ein wirklich Computerplattform- und Software- unabhängiges Medium zu schaffen, wird von vielen Homepage- Anbietern ignoriert. Sie haben das Internet nicht verstanden und wollen ihr eigenes Ding machen. Zum Betrachten von Webseiten werden von solchen Anbietern immer häufiger nur ganz bestimmte Web- Browser zugelassen. Ob das allerdings ihre Geschäfte fördert, muß bezweifelt werden.

In der folgenden „The Hall of Names“ sind einige solcher „Glanzleistungen“, die beim Recherchieren aktueller Informationen besonders ärgerten, exemplarisch zusammengestellt. Mit dem Datum wird der Tag der Prüfung des Web- Angebots angegeben. Bei neueren Erkenntnissen und wenn dafür Zeit bleibt, wird „The Hall of Names“ fortgeschrieben werden.


The Hall of Names
Von besonders peinlichen Auftritten im World Wide Web


1   Land Berlin 20.06.1999

URL http://www.berlin.de/

Dieses offizielle Stadtinformationssystem wurde erst am 8. Dezember 1998 mit Unterstützung von Debis und Metro gestartet. Aber was ist von der Homepage eines Bundeslandes zu halten, auf deren Leitseite bereits über 100 Grafiken eingebunden sind? Wegen der langen Ladezeit wird man da nicht wieder hingehen, nur um sich dann noch mühsam zu mehr oder weniger vorhanden Infos über die Hauptstadt durchzuklicken. Denn beim Internet tickt hierzulande noch immer der Gebührenzähler!

2   Buch + Medien Online  (Deutscher Buchhandel) 23.10.1999

URL http://www.buchhandel.de/

Lange Zeit funktionierte dieser Pfad zum Nachschlagen im Gesamtkatalog des deutschen Buchhandels. Aber nun geht für Nutzer etwas älterer Browser nichts mehr: „Sie verwenden leider keinen Browser der 4. Generation. Sie kommen somit nicht in den Genuß der vollen Funktionalität und des Designs der WebSite von Buch+Medien Online. Besorgen Sie sich bitte eine neuere Browserversion.“

Den Machern dieses Web-Angebots ist offensichtlich völlig unklar, daß es u. a. wegen des geringeren Memory- Bedarfs sehr sinnvoll sein kann, ältere Web-Browser zu verwenden. US-Buchhändler wissen das und bedienen auch Kunden mit Browsern der 3. Generation. Da wird einem nicht die Tür zugeschlagen.

3   Regulierungsbehörde für Telekommunikation + Post 15.07.2000

URL http://www.regtp.de/

Nach einem Relaunch der Web-Site nimmt nun das Hauptinformationsfenster des Frame-sets nur noch rund 30 % (!) der Fensterbreite ein. Dafür hat der Regulierer gleich an beiden Seiten breite Navigationsleisten mit OnMouseOver- Spielereien angebracht. Und das bedeutet, daß die eigentlichen Texte kaum noch zu lesen sind. Es sei denn, man scrollt ganz viel horizontal hin und her. Aber wer will das schon? [mehr]

Vielleicht sollte der mit reichlich Personal ausgestattete Bonner Regulierer mal nach Washington schauen. Vom staatlichen US-Regulierer FCC kann man nicht nur das Markt- Regulieren lernen, sondern auch, wie man sich angemessen und für alle nutzbringend im Web präsentiert.

4   Arcor  (Tarifseite Call-by-call) 13.08.2000

URLhttp://www.arcor.de/telefon/arcor_call_by_call/cbc_tarife.shtml

Das völlig überflüssige JavaScript auf dieser Seite mit schlichten Preisinfos produziert JavaScript- Errors („StatusCode is not defined!“, „revCode is not defined!“, „div Css is not defined!“) und kann Computer zum Absturz bringen. Als Lösung empfiehlt Arcor: „Diese Website ist auf Browser ab der 4. Generation optimiert. Bitte installieren Sie die aktuelle Version des Microsoft Internet Explorer oder des Netscape Navigator.“ Die aber verschlingen so reichlich Computer- Ressourcen, daß zunächst ein neuer Computer her müßte.

5   OnlineKosten-News 17.08.2000

URL http://www.onlinekosten.de/news/

Durch die sehr tiefgeschachtelten HTML-TABLEs mit viel überflüssigem Overhead auf den einzelnen News-Seiten wird fürs Rendering reichlich Computer- Memory gebraucht. Zudem verzögert dieser Unfug unnötig die Bildschirmausgabe. Sehr häufig stürzt der Computer ab. Und eigentlich ist das News- Angebot nur mit LYNX nutzbar, was nicht jedermanns Sache ist.

6   Bundesumweltministerium 20.08.2000

URL http://www.bmu.de/

Das Umweltministerium geriert sich hier als Diktator. Nur wer offenbar einen dem Ministerium genehmen Web- Browser einsetzt, wird zum eigentlich Info- Angebot durchgeschaltet. Für alle anderen bleibt der Bildschirm leer – dafür aber in kräftigem Grün. Denn der JavaScript- Code  onLoad="JavaScript:window.setTimeout('weiter()',1);  im BODY-Tag der Leitseite funktioniert nicht.

7   Ärzte-Zeitung 13.11.2001

URL http://www.aerztezeitung.de/medizin/bse/

Die Beiträge der Ärzte-Zeitung zum BSE-Thema sind nur mit großer Mühe lesbar. Denn die Macher der Website haben hier die Konstruktion von HTML-Tabellen völlig falsch eingesetzt. Die Folge: Selbst auf modernen, sehr schnellen PCs dauert es ewig lange, bis die Seiten auf dem Bildschirm angezeigt werden.

8   Wirtschaftswoche 20.12.2002

URL http://www.wiwo.de/

Nähert man sich dieser Website mit dem sehr kostensparenden Lynx-Browser, dann wird einem folgendes vom WiWo-Team mitgeteilt: „Leider kann diese Website mit dem von Ihnen verwendeten Browsertyp nicht korrekt angezeigt werden. Bitte verwenden Sie einen aktuellen Internet Explorer, Netscape- oder Opera-Browser.“ Und dabei wollte man doch nur den Text lesen...

9   Arbeitsagentur des Bundes 28.12.2003

URL http://www.arbeitsagentur.de/

Das neue virtuelle Arbeitsamt des Bundes startete am 1. Dezember 2003. Auch nach 4 Wochen klappt das noch immer nicht so richtig. Viel zu oft stürzt der Browser ab – egal ob Explorer oder Netscape. Und oft ist der Absturz so heftig, daß ein Neustart (Reboot) des PCs oder Macs notwendig wird. Offensichtlich hat die Behörde einen drittklassigen Web-Designer eingekauft, der nicht in der Lage ist, die produzierten Webseiten sorgfältig zu testen. Außerdem dauert das Suchen in den Datenbanken der amtlichen Job-Börse viel zu lange (hierzulande tickt der Gebührenzähler!). Job-Pilot und Step-stone können es besser.

Die Arbeitsagentur wurde auf der CeBIT 2004 von der Computer- Zeitschrift Chip zur „Bremse des Jahres“ gekürt. Die dilettantisch gestaltetet Website der Bundesagentur habe dem Image des IT-Standorts Deutschland einen schweren Schlag versetzt, begründete Chip die Denkzettel- Ehrung.

10   Bundesverbraucherministerium 04.03.2004

URL http://www.verbraucherministerium.de/

Beim Bundesverbraucherministerium gab es bislang die Infos zu den amtlich festgestellten BSE-Fällen immer unter der eingängigen URL http://www.verbraucherministerium.de/verbraucher/bse/anzahlbse.htm. Damit ist nun plötzlich Schluß. Der neue Pfad heißt jetzt: http://www3.verbraucherministerium.de/index-0006C4EFA695102BA55D6521C0A8D816.html. Alles klar?

Aber das ist nicht das Problem. Bei Eingabe des alten Pfades wird man nicht automatisch auf die neue Seite umgeleitet. Vielmehr erscheint die Homepage des Ministeriums, von der man sich dann mühsam bis zur BSE-Fallseite durchklicken muß. Vermutlich mußte das Ministerium auch viel für den Relaunch ihrer Website bezahlen. Nur professionell ist das insofern nicht gelungen, da der alte Pfad nicht auch zum Erfolg führt. Denn sicher ist: Auf vielen externen Webseiten ist der alte Pfad als Link angegeben – und die funktionieren nun alle nicht mehr. Und zu befürchten ist dann noch, daß die BSE- Fallseite bei jedem Update einen neuen Dateinamen erhalten wird. Die „Verbraucherfreundlichkeit“ wäre total!

5.3.2006 (khd). Und nach dem Regierungswechsel spendierten sich die neuen Ministerialen ein weiteres Relaunch – vor allem wohl weil sie sich nun alphabetisiert haben. Besser ist's dadurch aber nicht geworden. Im Gegenteil: Der Browser zeigt vermurksten, überlagerten Text an. Und die BSE-Fallseite ist nun unter der besonders ‚einprägsamen‘ URL http://www.bmelv.de/cln_045/nn_752016/DE/07-SchutzderTiere/Tierseuchen/BSE/BSE-FaelleDeutschland2006.html__nnn=true zu finden, wobei das Finden wieder nicht automatisch erfolgte. Denn bei der alten URL meldete sich die Homepage... Wann nur wird die Bundesregierung endlich etwas vom Internet verstehen?

11   Department of Health  (UK) 28.05.2004

URL http://www.dh.gov.uk/

Beim britischen Department of Health (Gesundheitsministerium) gab es seit Jahren die aktuelle Statistik der in Großbritannien festgestellten nvCJD- Todesfälle immer unter der eingängigen URL http://www.doh.gov.uk/cjd/cjd_stat.htm in kompakter Tabellenform (alle relevanten Daten in einer Tabelle). Damit ist nun nach einem Relaunch der Website Schluß. Der neue Pfad heißt jetzt: http://www.dh.gov.uk/PublicationsAndStatistics/PressReleases/PressReleasesNotices/fs/en?CONTENT_ID=4078998&chk=F11WGI. Alles klar?

Aber das ist nicht das Problem. Bei Eingabe des alten Pfades wird man nicht automatisch auf die neue Seite umgeleitet. Vielmehr erscheint die Homepage des Ministeriums, von der man sich dann mühsam bis zu einer Seite „Monthly Creutzfeldt Jakob Disease Statistics“ durchsuchen muß. Professionell ist das insofern nicht gelungen, da der alte Pfad nicht auch zum Erfolg führt. Denn sicher ist: Auf vielen externen Webseiten in aller Welt ist der alte Pfad als Link angegeben – und die funktionieren nun alle nicht mehr. Und zu befürchten ist dann noch, daß die Statistiken bei jedem Update einen neuen Dateinamen erhalten wird – und die Sucherei von vorn beginnt.

12   Vivico Real Estate  (Frankfurt/Main + Berlin) 23.07.2004

URL http://www.vivico.com/

Nur 15 % (sic!) der Fläche des Browserfensters nutzt Vivico zur Anzeige der angewählten Informations- Seiten. Zudem unterliegt auch Vivico der Fiktion, daß Browserfenster immer bildschirmfüllend sein werden. Ist das Browserfenster beispielsweise nur (500 x 400) px groß (denn man will noch ein anderes Fenster im Blick haben), dann wirkt das Vivico- Textfeld wie ein Behörden-liker Sehschlitz – allerdings vertikal scrollbar. Außerdem enthält die Vivico- Homepage Java-Code von der Art, der Browser leicht abstürzen läßt.

Vivico Real Estate ist die reiche Immobilien- Verwerterin der Deutschen Bahn. Die betuliche Behörde „Verwaltung des ehemaligen Reichsbahnvermögens in Berlin (West)“ (VdeR) ging nach der deutschen Einheit zunächst in der „Eisenbahn Immobilien Management GmbH“ (EIM) auf, woraus dann 2001 die „Vivico Real Estate GmbH“ mit riesigem Immobilien- Vermögen in besten Lagen wurde. Sie sollten genug Geld auf dem Konto haben, um sich professionelle Hilfe leisten zu können.

13   Der Tagesspiegel  (Berlin) 02.09.2007

URL http://www.tagesspiegel.de/

      Tagesspiegel vom 2.9.2007
^   Verkleinerter Screenshot-Ausschnitt vom 2.9.2007.
Vor einigen Wochen gab es bei der Online-Ausgabe der Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ einen Relaunch mit totaler Umstellung. Mißlich daran ist, daß die Seiten nun völlig überladen sind und seitdem vieles nicht mehr einwandfrei funktioniert. Der nebenstehende Screenshot spricht für sich.

Immer wieder wird HTML-Code auf den im Browser angezeigten Seiten sichtbar. Ein Blick in den Quellcode zeigt, daß die Seite an diesen Stellen eindeutig falsch codiert worden ist, es also kein Problem des anzeigenden Browsers ist. Das ist für eine Qualitätszeitung peinlich!

War früher oberhalb eines Artikels eindeutig auch immer das Erscheinungsdatum des Artikels in der Druckausgabe in runden Klammern angegeben, beispielsweise so: „(02.09.2007)“, wird nunmehr nur noch der Zeitpunkt der Online-Stellung in einem extrem schwachen Grauton angegeben, was kaum noch lesbar ist.

Eine eindeutige Angabe der URL in sichtbarem Klartext, wo ein Artikel (auf Dauer) archiviert ist, fehlt noch immer. Damit wird das Zitieren von Artikeln durch Links sehr erschwert. Andere Zeitungen wie „DIE WELT“ haben schon lange erkannt, daß eine Zeitung dieses unbedingt – wg. der Erfordernisse des Wissensnetzes – immer mitliefern muß.

(Rest folgt).



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Anmerkungen:

In t-off wird unter „Internet“ durchgehend das weltweite Computernetz verstanden, über das Daten jedweder Bedeutung ungefiltert nach den Internet- Protokollen (TCP / IP u. a.) – wie sie in den RFC-Normen festgelegt sind – digital transportiert werden.


Edit-History:

  1. Diese Webseite "The Hall of (bad) Names" wurde seit 1999 recherchiert und zusammengestellt. Die Editionen 1–7 wurden nicht veröffentlicht.
  2. Die Erstpublikation erfolgte im Internet am 20. August 2000 mit der 8. Edition unter dem Pfad http://userpage.fu-berlin.de/~dittbern/Telekom/Internet/Web_Dilettanten.html.
  3. 9. Edition: Ärzte-Zeitung hinzugefügt.
  4. 10. Edition: Wirtschaftswoche hinzugefügt.
  5. In den Editionen 11 + 12 wurden kleine Ergänzungen sowie Verweise (Links) hinzugefügt.
  6. Mit der 13. Edition erfolgt die Umstellung auf den neuen Speicherort http://earth.prohosting.com/khdit/Internet/Web_Dilettanten.html.
  7. 14. Edition: Arbeitsagentur des Bundes hinzugefügt.
  8. 15. Edition: Bundesverbraucherministerium hinzugefügt.
  9. 16. Edition: Links korrigiert + Feedback verbessert.
  10. 17. Edition: Text bei Arbeitsagentur ergänzt.
  11. 18. Edition: Department of Health (UK) zugefügt.
  12. 19. Edition: Kleinere Korrekturen vorgenommen.
  13. 20. Edition: Link-Korrekturen.
  14. 21. Edition: Vivico formal zugefügt.
  15. 22. Edition: Text bei Vivico ergänzt.
  16. 23. Edition: Umstellung auf den neuen Speicherort http://t-off.khd-research.net/Internet/Web_Dilettanten.html.
  17. 24. Edition: Link-Korrekturen.
  18. 25. Edition: Weitere Link-Korrekturen.
  19. 26. Edition: Neues Chaos beim Bundesverbraucherministerium ergänzt.
  20. 27. Edition: Link-Korrektur.
  21. 28. Edition: Link-Korrektur.
  22. 29. Edition: Link-Korrektur.
  23. 30. Edition: Tagesspiegel zugefügt.



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